Ein Mitglied der Grünen im HSK (das nicht zur SBL gehört) ist mit den bisherigen Aussagen der früheren NRW-Umweltministerin zu der Entstehungsgeschichte des PFT-Skandals unzufrieden. Daher hat er einen Fragenkatalog an Bärbel Höhn geschickt, die mittlerweile stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen Bundestagsfraktion ist und über ein personell gut besetztes Büro im Bundeshaus verfügt.
Nach 24 Tagen kam die Antwort aus Berlin. Leider enthält sie keine einzige inhaltliche Aussage, sondern nur Vorwürfe an den Anfragenden, weil seine Anfrage angeblich (!!) polemisch wäre und er etwas gegen Bärbel Höhn hätte. Dann folgt noch der Hinweis auf eine geplante (aber noch nicht terminierte) Veranstaltung im Sauerland.
Da hätte man sich schon etwas mehr inhaltliche Substanz erhoffen dürfen …
Und im Rahmen der angekündigten Veranstaltung werden sich die detaillierten Fragen des Fragestellers wohl kaum klären lassen!
Wir dokumentieren im Folgenden die Anfrage und die Antwort:
Guten Tag Frau Höhn,
als Grünes Mitglied im Sauerland verfolge ich die Diskussion um PFT im Wasser sehr aufmerksam und ich möchte Ihnen ein paar Fragen zu Ihrer Mail vom Donnerstag 21.09.2006 stellen.
In dieser Mail haben Sie das Interview mit der ‚taz-nrw’ und die ‚Grüne Gedanken und Problembewältigung zu PFT und Trinkwasserversorgung’ an alle KVs in NRW versendet.
Bei der Lektüre der ‚Grünen Gedanken’ und des Interviews stellen sich mir so einige Fragen, die ich dann von Ihnen (als meine von mir gewählt Bundestagskandidatin, Listenplatz 1) beantwortet hätte.
Ich bin mir sicher, dass Sie ein sehr hohes Arbeitspensum haben und nicht jede Mail persönlich lesen, aber wer auch immer meine Mail liest, sollte auf meine Fragen eingehen und mir keine allgemeingültigen Antworten geben.
Soviel Aufmerksamkeit erwarte ich dann doch von Ihnen als Bundestagsmitglied und ehemalige Landesministerien in NRW.
Frage 1:
Zitat aus den ‚Grünen Gedanken’ (Seite 1, letzter Satz):
„Es wird somit deutlich, dass perfluorierte Tenside allgemein verbreitet in den Gewässern in Mitteleuropa vorkommen.“
Meine Frage dazu:
Welche Art von Statistik ist es die hier verwendet wird?
Es wird vom Rhein und einigen Nebenflüssen des Rheins auf alle Flüsse bzw. Gewässer in Mitteleuropa geschlossen.
Es gibt ja nur in Deutschland ja auch noch die Elbe, Donau, Inn, Weser usw.. Diese Verallgemeinerung die aus dem Rhein und einigen Nebenflüssen des Rheins auf alle Gewässer folgert ist mir etwas unklar.
Bei meinem Studium zum Dipl.-Ing. Elektrotechnik und beim darauffolgenden Studium zum Dipl. Wirtschaftsingenieur hätte ich mit so einer Auslegung einer Tatsache, die Mathe Prüfung nicht bestanden!! Sie als Diplom-Mathematikerin, können mir sicherlich erklären wie diese Statistik aufgestellt wurde.
Diese Art und Weise der Auslegung einer Tatsache (PFT im Rhein) führt mich dann zur nächsten Frage.
Frage 2:
War Ihnen bzw. Ihrem Ministerium vor 2006 die PFT Belastung in Rhein, Ruhr und anderen Gewässern (Elbe, Donau, Inn, Weser) bekannt?
Frage 3:
Zitat aus den ‚Grünen Gedanken’ (Seite 2, oben):
„Die Wasserwerke zur Trinkwasserversorgung am Rhein zwischen Basel und den Niederlanden, die Rheinwasser zu Trinkwasser aufbereiten, verfolgen seit Jahren das Vorkommen dieser Substanz PFT und vieler anderer gefährlicher Stoffe (Pestizide, Medikamente, Psychopharmaka, Hormone, Röntgenkontrastmittel, Flammschutzmittel u.a.) im Rohwasser, das sie zur Trinkwasseraufbereitung verwenden.
Ein Durchbruch von perflourierten organischen Tensiden vom Rohwasser ins Trinkwasser wurde in den letzten 5 Jahren nicht beobachtet, weil alle Wasserwerke am Rhein über eine Trinkwasseraufbereitung nach Stand der Technik verfügen, die solche Substanzen bei der Aufbereitung zu 100 % zurückhalten.“
Meine Frage dazu:
Wenn bekannt ist, dass diese Wasserwerke seit Jahren das Vorkommen von PFT verfolgen, dann stellt sich die Frage, warum wurde nur am Rhein nach PFT gesucht und nicht an der Ruhr?
Dabei gebe ich dann zu bedenken, dass es in NRW nicht nur den Rhein und die Ruhr gibt, vielleicht hätten die anderen Gewässer auch untersucht werden sollen?
Weiter würde mich die angegebene Tatsache interessieren „Ein Durchbruch von perflourierten organischen Tensiden vom Rohwasser ins Trinkwasser wurde in den letzten 5 Jahren nicht beobachtet…“
Gab es vor 6 oder 7 oder in anderen Jahren ein Durchbruch von PFT vom Rohwasser ins Trinkwasser am Rhein?
Frage 4:
Wieso ist die Filtertechnik zwischen Rhein und Ruhr so unterschiedlich?
Welche Technik z.B. ein KfZ Hersteller einsetzt um die angegebenen Grenzwerte einzuhalten ist egal, er muss nur die Grenzwerte einhalten. Wie hoch waren die Grenzwerte für PFT am Rhein bzw. an der Ruhr?
Frage 5:
Zitat aus den ‚Grünen Gedanken’ (Seite 2, unten):
„Die bekannte absolut unzureichende Trinkwasseraufbereitung war der Grund dafür, dass die Universität Bonn bei der Rheineinzugsgebietsweiten Untersuchung das Trinkwasser nur im Einzugsgebiet des Rheinnebenflusses Ruhr auf PFT untersuchte.“
Bei der Diskussionsveranstaltung, zum Thema PFT im Trinkwasser, am 03.07.2006 im Rathaus von Neheim, hat der Prof. Dr. Exner die Gründe für die durchgeführten Untersuchungen an der Ruhr ziemlich anders dargestellt.
An dieser Veranstaltung haben ja auch Sie teilgenommen und so bin ich dann doch etwas verwundert hier unterschiedliche Gründe für die Untersuchung zu lesen.
Weshalb wurde das Ruhrwasser nun untersucht, weil
– sehr viel PFT an der Ruhrmündung gemessen wurde, oder wegen
– unzureichende Trinkwasseraufbereitung?
Frage 6:
Zitat aus den ‚Grünen Gedanken’ (Seite 3, unten):
„Das Vorkommen dieser Substanzfamilie in Oberflächengewässer, in dem geografisch großen Gebiet am Rhein macht deutlich, dass es sich bei dieser Verschmutzung nicht um eine lokale Quelle handeln kann.“
Zitat aus dem ‚taz Interview’:
„Die bisherigen Ermittlungsergebnisse zeigen, dass hier jemand kriminell Industrieabfälle entsorgt hat.“
Das sind zwei sehr widersprüchliche Angaben, welche ist korrekt?
Die Staatsanwaltschaft geht auch von krimineller Energie aus, dann würde ich aber von einer Bundestagsabgeordneten erwarten, dass das was von Ihrem Büro in Umlauf gebracht wird auch entsprechend geprüft wird.
Ich frage mich also, handelt es sich um eine lokale Quelle zur PFT Verschmutzung oder nicht?
Frage 7:
Zitat aus den ‚Grünen Gedanken’ (Seite 4, oben):
„Ein Streit mit einem Düngeraufbereiter kann aus dem Lehnstuhl gefahren werden.“
Wenn das so einfach ist, warum ist dann nicht schon längst was passiert??
Wieso ist dann die Bioabfallverordnung nicht überarbeitet worden, schließlich war dazu 7 Jahre unter Rot-Grün Zeit?
Frage 8:
Wieso wird in den ‚Grünen Gedanken’ die Klärschlammproblematik so ausführlich dargestellt?
PFT kann nicht über eine Kläranlage ausgeschieden werden. Wenn das ging, dann hätten wir die Problematik nicht. Demnach kann PFT auch nicht in die Klärschlämme gelangen, weshalb also Seitenweise Infos über Klärschlämme?
Diese lange Ausführung zu Klärschlämmen führt zur nächsten Frage.
Frage 9:
Wurde PFT in NRW in Klärschlämmen gefunden?
Frage 10:
Zitat aus den ‚Grünen Gedanken’ (Seite 6, mitte):
„Für den Bereich der Ruhr wurde eine weitere spezielle Untersuchung für eine spezielle Stoffgruppe die „Flammschutzmittel“ durchgeführt.“
Wieso wurde die Ruhr nur auf Flammschutzmittel untersucht? Wenn seit 5 Jahren die Wasserwerke am Rhein nach PFT suchen, wieso wurde an der Ruhr nicht nach PFT gesucht?
Frage 11:
Zitat aus den ‚Grünen Gedanken’ (Seite 6, unten):
„Dies hat letztlich dazu geführt, dass in der Novelle des Landeswassergesetzes zum ersten Mal festgeschrieben wurde, dass die Wasserversorger nachzuweisen haben, falls sie gefährliche Stoffe in dem aufzubereitenden Rohwasser nachweisen, dass sie dieses auch mit technischen Verfahren zu 100% wieder eliminieren.“
Verstehe ich das richtig, die Wasserwerke müssen untersuchen und wenn die Wasserwerke etwas gefährliches entdecken, dann müssen Sie handeln? Wer gibt den Wasserwerken die Vorgaben wonach sie suchen müssen, ab wann ist eine Konzentration gefährlich?
Das führt dann wieder zu der Frage, wieso wird das Rheinwasser seit Jahren auf PFT untersucht und die Ruhr bzw. die anderen Gewässer nicht?
Wenn diese Tatsache bekannt war, dann frage ich mich als Außenstehender „Weshalb geben die Wasserwerke am Rhein Geld für etwas aus (PFT Untersuchungen), was sie eigentlich gar nicht untersuchen müssen?
Ist aus dem betriebswirtschaftlichen Standpunkt äußerst unsinnig! Was ist da passiert, weshalb gibt jemand Geld aus, wenn er nicht muss? Welcher Hintergrund besteht da?
Frage 12:
Zitat aus den ‚Grünen Gedanken’ (Seite 7, oben):
„Wenn, obwohl man alle Möglichkeiten vor Ort hat, nichts unternommen wurde, dann ist dieses in Sachlichkeit zu begründen. Es hilft aber nichts, Untätigkeit vor Ort mit Nebelkerzen zu kaschieren. Weiter stellt sich die Frage, warum auf die Hinweise und vielen Vorlagen aus Düsseldorf zu Problematik der Schlämme und Empfehlung welche Stoffe in die Kompostanlagen gehören und welche nicht, überhaupt nichts passiert ist.“
Was hat dieser Absatz mit dem Problem PFT zu tun? Das Unternehmen GW Umwelt liegt nicht im HSK sondern bei Paderborn, da haben also die Mitglieder vor Ort gar keine Einflussmöglichkeit.
Ich verstehe diesen Absatz und die darin enthaltenen Angriffe nicht und frage mich weshalb das so an alle KV in NRW verschickt wurde?
Frage 13:
Zitat aus den ‚Grünen Gedanken’ (Seite 7, mitte und unten):
„Am Ende bleibt die Frage, warum ausgerechnet der Verharmlosungsstrategie von Gelsenwasser Vorschub geleistet wird, die nur ein Interesse an Gewinnmaximierung aber nicht am gesunden Trinkwasser haben. Es ist schon merkwürdig, dass Gelsenwasser als einzige Reaktion auf das PFT – Problem im Trinkwasser die Belastung der Ackerflächen als Ursache wie ein Kaninchen aus dem Hut zog und einzelne versprengte individuell arbeitende GRÜNE dann auf dieser ausgelegten „Leimroute“ sich verlustieren.
Die ernsthafte Untersuchung durch die Wissenschaftler der Uni Bonn hat sich auf das Trinkwasser in der Ruhr konzentriert und auf das große Problem der Trinkwasser-Vergiftung hingewiesen. Da sie das Vorkommen im gesamten Rheineinzugsgebiet untersucht haben, lag für sie auf der Hand, dass es keine Punktquelle für diese großflächige Umweltverschmutzung gibt.“
Was haben Sie als ehemalige Ministerin bzw. jetzige Bundestagsabgeordnete gegen Gelsenwasser? Ich kenne Gelsenwasser nicht und bin da auch nicht angestellt. Es wundert mich nur das hier gegen Gelsenwasser argumentiert wird?
Dazu wundert wird das Sie in Ihrem Interview von „Die bisherigen Ermittlungsergebnisse zeigen, dass hier jemand kriminell Industrieabfälle entsorgt hat.“ Sprechen aber in der Veröffentlichung ‚Grüne Gedanken’ von einer „Leimroute“ gesprochen wird.
Die Außenwirkung, dieser unterschiedlichen Aussagen, ist auf einen aufmerksamen Leser verheerend!
Was ist den nun richtig??
Genauso die Angabe in den ‚Grünen Gedanken’ es handelt sich um keine Punktquelle sondern um eine großflächige Umweltverschmutzung. Diese Aussage steht ebenfalls im Widerspruch zu Ihrer Aussage im ‚taz Interview’.
Deshalb noch mal die Frage,
‚Was ist den nun richtig??’
Frage 14:
Zitat aus den ‚Grünen Gedanken’ (Seite 7, unten):
„Die Untersuchung war für jeden ernsthaften umweltbewussten Menschen als Druck an die Wasserversorger zu verstehen.“
Der letzte Satz auf der Seite 7 führt mich dann zu meiner letzten Frage, stehen Sie dahinter das nur Druck auf die Wasserversorger aufgebaut werden sollte und nicht nur auf die Kompostierwerke, Bodenmischwerke, Kläranlagenbetreiber usw.?
Mir sind diese ‚Grünen Gedanken’ teilweise sehr ungenau, es werden zu viele unterschiedliche Themenbereiche gemischt, mal Wasser dann Kompost und dann Klärschlämme, so dass eine sachliche Information meines Erachtens damit nicht erfolgt ist.
Ich verstehe also nicht weshalb Sie als ehemalige Ministerin bzw. jetzige Bundestagsabgeordnete so ein Schreiben verbreiten das so viele Fragen aufwirft?
In den Augen eines Technikers ist diese Schreiben teilweise sehr ungenau und teilweise wird Versucht durch so viele Informationen das eigentliche Problem zu verdecken.
Der letzte Punkt betrifft die angegeben Quellen in den ‚Grünen Gedanken’, können Sie mir diese Quellen per Mail zusenden, da ich die angegeben Seiten doch mal studieren möchte.
Mit freundlichen Grüßen
W.
Bärbel Höhn
Mitglied des Deutschen Bundestages
Herrn W.
– Per Mail –
Berlin, den 17.10.2006
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 24. September. Ich will nicht verhehlen, dass der Stil Ihrer
E-Mail ungewöhnlich ist. Wenn Sie Ihre E-Mail an mich als Mitglied der eigenen Partei
gleich mit polemischen Spitzen beginnen, fällt es schwer zu glauben, es ginge Ihnen nur um
die Sache. Aber was Sie auch immer aus welchen Gründen auch immer gegen mich haben
sollten, es soll einer sachlichen Klärung Ihrer Fragen nicht im Wege stehen. Ich möchte Sie
daher darauf hinweisen, dass die Grünen in Meschede Mitte November eine Veranstaltung
mit mir zum Thema PFT planen. Wenn Sie zu der Veranstaltung kommen, können wir dort
uber alles sachlich diskutieren. Ich habe bereits im Juli eine ähnliche Veranstaltung mir den
Grünen in Arnsberg gemacht, die nicht nur gut urid in der Sache konstruktiv war, sondern
auch auf große Resonanz in der Bevölkerung gestoßen ist. Die Einladung zu der Mescheder
Veranstaltung leitet mein ßüro gerne an Sie weiter, sobald sie vorliegt.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Bärbel Höhn