Informationen und Meinungen zur Kreispolitik im HSK

Ammoniak-Belastung und andere Auswirkungen der Massentierhaltung

By adminRL at 11:03 am on Friday, May 29, 2015

Vorab
Vorab und kurz und knapp, der Hochsauerlandkreis hat offenbar nur wenige Erkenntnisse über die Auswirkungen von Massentierhaltung. Das gilt auch für mögliche Schäden durch Ammoniak-Belastung.

Lang und breit, die Fragen der Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) und die Antworten der Kreisverwaltung inklusive „Vorwort“ der SBL-Fraktion:

Vorrede I
Das Umweltministerium hat neue Erkenntnisse zu Umweltbelastungen durch Ammoniak (einer chemischen Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff). Demnach ist die Ammoniak-Menge, die in die  Umwelt freigesetzt wird, deutlich höher als bisher bekannt. Das Problem  resultiert zum großen Teil aus der Tiermast. Die Chemikalie gelangt durch die Verwertung von Gülle in die Umwelt, bildet Feinstaub und belastet das Trinkwasser. Die bisherige Angabe der Bundesregierung zur Ammoniak-Belastung müsse nach oben korrigiert werden. Sie liege wahrscheinlich um bis zu 22 % höher als bisher angenommen. Das berichtete der NDR am 11.04.2015.
Siehe:
http://www.focus.de/finanzen/news/lage-dramatisch-landwirtschaft-belastet-umwelt-massiv_id_4605766.html

Unter diesem Gesichtspunkt muss u.E. auch die Tiermast/Massentierhaltung in unserem Kreisgebiet neu betrachtet und die Genehmigungspraxis hinterfragt werden. Tierfabriken sind offenbar „Ammoniak-Hotspots“ und somit eine Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt.

Vorrede II
Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die  Anfrage der SBl/FW „Neuer Putenmastbetrieb in Schederberge“ vom 09.09.2014. Mit dem Antwortschreiben vom 23.09.2014 teilte die Kreisverwaltung der SBL/FW die aktuelle Anzahl der Putenmastbetriebe im Hochsauerlandkreis mit. Nach diesen Angaben handelte es sich im September letzten Jahres um sechs Putenmastbetriebe, davon zwei „Kleinbetriebe“ mit bis zu 2.000 Puten und vier weitere Betriebe mit zwischen 7.000 und 25.000 Masttieren. Wir können also davon ausgehen, dass in den Ställen im HSK hier und heute bis zu 100.000 Puten gehalten werden. Die Masttiere hinterlassen tagtäglich große Mengen von Exkrementen, die als Dünger entsorgt werden. Wir stellen uns die Frage, ob die Böden im Hochsauerlandkreis mit Dünger überfrachtet werden. Das Freisetzen größerer Mengen Ammoniak kann z.B. Waldschäden zur Folge haben; denn Stickstoff versauert die Böden. Aus diesem Grund müssen in Niedersachsen Tierhaltungsanlagen in die Betrachtung möglicher Waldschäden einbezogen werden. Zudem besteht die Gefahr, dass Ammoniak in die Luft entweicht und aufgrund seiner toxischen Wirkung nicht nur die Natur, sondern auch Menschen und Tiere schädigt, z.B. durch seine ätzende Wirkung auf Augen, Haut, Schleimhäute und Atemwege.

SBL-Anfrage und Antworten des HSK
Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) bat daher die Kreisverwaltung erneut  um Antworten auf mehrere Fragen. Im Folgenden veröffentlichen wir sowohl die Fragen der SBL/FW wie die Antworten der Verwaltung:

1.) Gülle und Biogasanlagen

Laut Ihrem Antwortschreiben vom 23.09.2014 soll der zukünftig in Meschede-Schederberge anfallende Putenmist nach den Angaben in den Bauantragsunterlagen in die Biogasanlage von Herrn Heinemann verbracht, dort verwertet, gelagert und dann zur landwirtschaftlichen Düngung ausgebracht werden. Biogasanlagen arbeiten bekanntlich nicht immer einwandfrei. Daher fragen wir:
a)      Wie viele Biogasanlagen zur Verwertung von Gülle betreibt Herr Heinemann? Antwort: Herr Heinemann betreibt am Standort Horbach eine Biogasanlage, in der Gülle bzw. Festmist aus der Tierhaltung vergoren werden.
b)      Über welche Kapazität verfügen die Anlagen von Herrn Heinemann? Antwort: Die Anlage verfügt über eine Kapazität von 290 KW.
c)      Wie groß ist die Menge Mist, die im letzten Jahr in der oder den Biogasanlagen des Betriebs Heinemann verwertet wurden? Antwort: Hierzu liegen der Kreisverwaltung keine Erkenntnisse vor; möglicherweise kann die Kreisstelle der Landwirtschaftskammer entsprechende Zahlen liefern.
d)      Wie viele weitere Biogasanlagen zur Verwertung von Gülle aus der Tiermast werden im HSK betrieben? Antwort: Neben der Anlage von Herrn Heinemann werden nach hiesigem Kenntnisstand 14 weitere Biogasanlagen im Hochsauerlandkreis betrieben, in denen Gülle und / oder Festmist verwertet werden.
e)      Wie viele Tonnen Mist, Gülle etc. sind im letzten Jahr in allen im HSK betriebenen Biogasanlagen verwertet worden? Antwort: Hierzu liegen der Kreisverwaltung keine Erkenntnisse vor; möglicherweise kann die Kreisstelle der Landwirtschaftskammer entsprechende Zahlen liefern.
f)       Mit wie vielen Tonnen verwertbarem Mist/Gülle pro Jahr ist nach Inbetriebnahme der neu genehmigten sowie der derzeit eventuell neu beantragten Mastanlagen insgesamt zu rechnen? Antwort: Hierzu liegen der Kreisverwaltung keine Erkenntnisse vor; möglicherweise können die Baugenehmigungsbehörden der Städte bzw. die Kreisstelle der Landwirtschaftskammer entsprechende Zahlen liefern.
g)      Sind Ihnen Berechnungen oder realistische Schätzungen bekannt, wie viel Ammoniak täglich aus allen Biogasanlagen im HSK entweicht? Wenn ja, wie ist das Ergebnis? Antwort: Zahlen zur täglichen Ammoniakemission aller Biogasanlagen im Hochsauerlandkreis sind der Kreisverwaltung nicht bekannt.
h)      Ist Ihnen bekannt, ob es in den letzten Jahren im HSK zu Umweltbeeinträchtigungen durch nicht störungsfrei laufende Biogasanlagen gekommen ist? Wenn ja, wann und wo gab es derartige Probleme?  Antwort: Diese Frage entspricht der Frage 6 der SBL-Anfrage zu Biogasanlagen vom 21.04.2015. Daher wird auf das Antwortschreiben vom 04.05.2015 verwiesen, in dem diese Frage ausführlich beantwortet wird.

Hier tragen wir die entsprechende Frage (vom 21.04.2015) und die Antwort des HSK (vom 04.05.2015) nach:
zu 6. Kam es Ihres Wissens in den letzten 5 Jahren bei Biogasanlagen im HSK zu Störungen und Unfällen? Besteht eine Meldepflicht für Störfälle?

Antwort:
Bei der Unteren Wasserbehörde des HSK sind seit 2010 vier Störfälle bzw. Unfälle an Biogasanlagen im HSK registriert. Ein Störfall ist der zuständigen Behörde, bei Austritt von wassergefährdenden Stoffen der Untere Wasserbehörde zu melden.

2.) Düngeplan des Betriebs Heinemann

Sie antworteten der SBL-Fraktion am 23.09.2014, Herr Heinemann bewirtschafte rund 110 ha. Davon lägen rund 18,8 ha im Wasserschutzgebiet „Stockhausen”, Schutzzone III B. Gemäß der Wasserschutzgebietsverordnung sei das Ausbringen von Nährstoffträgern wie Gülle, Jauche und Stallmist erlaubt, wenn die Düngung auf der Grundlage eines Düngeplans erfolge, der alle Nährstoffeinträge berücksichtige und auch die den wasserwirtschaftlichen Belangen angepassten Empfehlungen der Beratung durch die Landwirtschaftskammer entspräche. Der Düngeplan würde vom Betrieb Heinemann angefordert.

Unsere Frage:
a)      Liegt der Düngeplan des Betriebs Heinemann jetzt vor?
b)      Wenn ja, welche Mengen Dünger (unbehandelt wie aus Biogasanlagen) beabsichtigt Herr Heinemann in diesem Jahr auf seinen Flächen insgesamt und welche speziell im Wasserschutzgebiet „Stockhausen“ aufzubringen?
c)      Wann und wie oft erfolgt der Nährstoffeintrag?

Antwort:
Zu den Frage a) bis c): Diese Fragen können von der Unteren Wasserbehörde nicht beantwortet werden; es ist die Zuständigkeit der Kreisstelle der Landwirtschaftskammer gegeben.

3.) Antibiotika-Datenbank

In unserer Anfrage vom 09.09.2014 fragten wir:
„Wie genau finden die arzneimittelrechtlichen Änderungen, die auf Bundesebene beschlossen wurden und seit Mitte dieses Jahres gelten sollen, im Hochsauerlandkreis Berücksichtigung?“

Dazu antworteten Sie:
„Halter von Masttieren sind ab einer bestimmten Bestandsgröße verpflichtet, die Anwendung von Antibiotika an eine Datenbank zu melden, die online im Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (HI-Tier) zur Verfügung steht. Diese Meldungen sind jeweils für ein Halbjahr (Erhebungszeitraum) abzugeben und müssen spätestens am 14. Tag desjenigen Monats, der auf den letzten Monat des Halbjahres folgt, im System vorliegen. Der erste Erhebungszeitraum begann am 01.07.2014 und endete am 31.12.2014, so dass z. Zt. noch keine Ergebnisse vorliegen können.“

Dazu unsere Fragen:
a)      Liegen Ihnen die Ergebnisse zwischenzeitlich vor?
b)      Wenn ja, welche Mengen Antibiotika wurden im Erhebungszeitraum vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 im HSK insgesamt in der Tiermast eingesetzt?

Antwort:
Die Ergebnisse des Erhebungszeitraumes vom 01.07. bis 31.12.2015 liegen vor. Hierbei handelt es sich um die betriebsspezifische Therapiehäufigkeit (Anzahl der Behandlungen mit Antibiotika) der hiesigen Betriebe im Vergleich zur bundesdurchschnittlichen Therapiehäufigkeit. Hieraus lässt sich jedoch nicht ablesen, in welchen Mengen Antibiotika im Erhebungszeitraum in den meldepflichtigen Betrieben des Hochsauerlandkreises eingesetzt wurden.

4.) Zoonosen-Monitoring

Abschließend möchten wir noch einige Fragen zum Zoonosen-Monitoring stellen:
a)      Liegt die abschließende wissenschaftliche Bewertung der Proben auf Handelsebene zu multiresistenten Keimen in der Tiermast für das Jahr 2014 jetzt vor?
b)      Wenn ja, wie sind die Ergebnisse?

Antwort:
Die wissenschaftliche Bewertung des Zoonosen-Monitoring 2014 liegt noch nicht vor. Erfahrungsgemäß ist damit erst im I. Quartal 2016 zu rechnen (die Erkenntnisse aus dem Monitoring 2013 wurden Anfang April 2015 veröffentlicht).

c)      Welche Vorgaben hat der HSK für das laufende Jahr?
Wird er 2015 Proben auf Erzeugerebene durchführen?

Antwort:
Im Rahmen des Zoonosen-Monitoring 2015 sind Probenahmen bei Erzeugern von Ziegenmilch und Wildschweinefleisch vorgesehen. In beiden Fällen steht nicht die bakterielle Resistenzlage im Fokus.

Weitere Antwort des HSK

Auch die Kreistagsfraktion „Die Linke“ hatte im April dem HSK einige Fragen zur Massentierhaltung und Ammoniakemissionen gestellt. Ihre Anfrage vom 14.04. beantwortete die Verwaltung mit Schreiben vom 27.04.2015 dahingehend:
„Es existiert keine Definition, ab welcher Anzahl gehaltener landwirtschaftlicher Nutztiere ein Haltungsbetrieb als „Massentierhaltung” einzustufen ist. Daher kann keine Aussage getroffen werden, ob und ggf. wie viele Haltungsbetriebe im Hochsauerlandkreis hierzu zu rechnen sind. Zum Ammoniakausstoß der Tierhaltungsbetriebe im Hochsauerlandkreis liegen keine Zahlen vor.
Eine Erhebung zum Ammoniakausstoß ist gegenwärtig nicht vorgesehen.
Über die Genehmigung größerer Tierhaltungsanlagen in Gebieten mit Mischbebauung entscheiden die Baugenehmigungsbehörden, die sowohl bei den Städten als auch bei der Kreisverwaltung angesiedelt sind. Sofern bei derartigen Bauvorhaben die gesetzlichen Vorgaben  eingehalten werden, sind diese genehmigungsfähig.“

Unser Resümee
Siehe oben unter „Vorab“!

Filed under: Landschaftsschutz,TierschutzComments Off on Ammoniak-Belastung und andere Auswirkungen der Massentierhaltung

5,45 Mio Euro Einnahmen aus Parkgebühren

By adminRL at 7:43 pm on Saturday, May 23, 2015

Vom Flugbetrieb zum Parkplatzbetreiber: diesen Eindruck kann man bei der Lektüre der aktuellen Daten zum Flughafen Paderborn/Lippstadt gewinnen. Denn der Flughafen ist tief in die Verluste gerutscht. Nur durch erhebliche zusätzliche Einnahmen aus der Vermietung von Parkplätzen kann nun ein Desaster verhindert werden.

In der für die Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 08.06.2015 versandten Drucksache 9/263 mit dem Titel “Beteiligung des Hochsauerlandkreises an der Flughafen Paderborn-Lippstadt GmbH – hier: Änderungen zum Verlustabdeckungsvertrag und zum Gesellschaftsvertrag” werden  genauere Daten zur Entwicklung des Flughafens Paderborn/Lippstadt veröffentlicht. Der HSK ist einer von sieben kommunalen Gesellschaftern dieses bei Büren-Ahden gelegenen Flughafens.

Dort heißt es u.a.:

“So haben sich die Ergebnisse der Gesellschaft seit 2005 wie folgt entwickelt:
2005 + 2.780.467 €
2006 + 2.247.793 €
2007 + 2.513.510 €
2008 + 1.368.675 €
2009 – 1.461.478 €
2010 – 391.841 €
2011 – 1.451.140 €
2012 – 1.361.256 €
2013 – 1.919.802 €
2014 – 2.208.000 € (vorläufig)
2015 – 2.504.000 € (lt. W-Plan)”

Und weiter:
“Die seit 2009 eingetretene negative Ergebnisentwicklung hatte dazu geführt, dass die Gesellschafter beginnend mit dem Abschlussergebnis 2012 in die Verlustfinanzierung eingetreten sind, und zwar mit dem unter Ziff. 1 genannten Betrag von jährlich max. – 1,25 Mio €. …

Die Geschäftsführung hat in mehreren Veranstaltungen …  zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens berichtet. Schwerpunkte der Berichte waren:

– die in den vergangenen Jahren rückläufige Entwicklung der Passagierzahlen und der damit verbundenen jährlichen Mindererträge im Aviationbereich. Lag die Frequentierung des Flughafens in 2005 bei 1,34 Mio Passagieren, ist sie in 2014 auf 765.000 Passagiere zurück gegangen. Nachdem sich im 2. Halbjahr 2014 eine Trendwende abgezeichnet hat, geht die Geschäftsführung von wieder leicht steigenden Fluggastzahlen aus, für 2015 von unterstellten + 2,0 %;

– die deutliche Ausweitung der Erlöserzielung außerhalb des Flugbetriebs (Non-Aviation). So sind in den vergangenen Jahren erhebliche Mehrerträge generiert worden aus der Verpachtung gewerblicher Flächen und der Bewirtschaftung der Parkplätze. Ab 2014 unterliegen alle Kundenparkplätze der Bewirtschaftung. Lagen die diesbezüglichen Erträge in 2005 bei 2,79 Mio€ so zeigt der W-Plan 2015 der Gesellschaft eine Verdoppelung auf 5,45 Mio€;

– Innerhalb des Flughafenmanagements wurden und werden alle Möglichkeiten genutzt bzw. mobilisiert, Einsparpotentiale zu erzielen.

– Bei Aufrechterhaltung der nicht ausreichenden Verlustabdeckungszahlungen der Gesellschafter tritt zu starker, nicht mit Liquidität hinterlegter Eigenkapitalverzehr ein mit der Folge, dass notwendige Investitionen nicht mehr finanziert werden können.
..
Allerdings benötigt die Gesellschaft zu Sicherstellung ihrer finanziellen Basis ein höheres finanzielles Engagement der Gesellschafter.

Mit dieser Vorlage wird dem Kreistag nunmehr die auf Gesellschafterebene abgestimmte Neufassung des § 4 des Verlustabdeckungsvertrages mit einer Festschreibung der max. von den Gesellschaftern zu tragenden Verlustabdeckungsverpflichtung von 2,5 Mio€ zur Beschlussfassung vorgelegt.”

Wo ist die Perspektive? Reicht die Verdoppelung der “Verlustobergrenze” von 1,25 auf 2,5 Mio Euro pro Jahr aus? Wer kommt für zu erwartende höhere Verluste auf? Und wie sollen die Investitionen, für die die Gesellschafter in den letzten Jahren viele Mio Euro bereit gestellt haben, die aber nicht durchgeführt wurden, nun finanziert werden? Hat der Aufsichtsratsvorsitzende, der vor wenigen Jahren in ähnlicher Funktion bereits eine (absehbare!) Millionen-Pleite einer anderen Gesellschaft mit zu verantworten hatte, die Lage im Griff?

Allerdings darf auch nicht übersehen werden, dass die beiden anderen westfälichen Regionalflughäfen in Greven (Münster/Osnabrück) und in Dortmund-Wickede noch höhere Verluste schreiben.

 

 

 

 

 

 

Filed under: Kommunale Finanzen,VerkehrspolitikComments Off on 5,45 Mio Euro Einnahmen aus Parkgebühren

EFO und VCD: Es geht um ein zukunftsweisendes Projekt

By adminRL at 8:42 am on Sunday, May 17, 2015

Gemeinsame Stellungnahme der Eisenbahnfreunde Obere Ruhrtalbahn Arnsberg
und des Kreisverbandes Hochsauerland des VCD
zum Thema Tunnelsanierung auf der Oberen  Ruhrtalbahn

Am 19. Mai soll es einen weiteren „Bahngipfel“ beim Regierungspräsidenten in Arnsberg geben. Vor dem Hintergrund dieses „Bahngipfels“ fordern Eisenbahnfreunde Obere Ruhrtalbahn und der VCD-Hochsauerland im Interesse der Region und der Fahrgäste gemeinsam:

  • Zweigleisige Sanierung des Glösinger Tunnels und des Freienohler Tunnels
  • Sanierung der Tunnel bei laufendem Betrieb (wie im Lahntal erfolgt) und nicht in einer zweijährigen Vollsperrung, die hohe Fahrgastverluste nach sich ziehen würde.
  • Zweigleisige Sanierung des Elleringhauser- Tunnels bei Brilon-Wald

Vor etwa einem Monat wurden in der örtlichen Presse Berichte veröffentlicht, nach denen die DB Netz AG ein Mitfinanzierungs-Angebot des Zweckverbandes Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL), sich mit einem Betrag von elf Millionen Euro an den Mehrkosten der zweigleisigen Tunnelsanierung zu beteiligen, abgelehnt habe. Die für die DB Netz AG dann noch verbleibenden Mehrkosten von ca. 10 Millionen Euro seien nicht durch betriebliche Notwendigkeiten zu begründen. Den Hinweis der DB Netz AG, der NWL könne ja durch die Bestellung von Mehrverkehren die Auslastung der Strecke erhöhen, betrachten wir als zynisch. Zunächst muss die DB Netz AG die Leistungsfähigkeit der Strecke sicherstellen, und dann kann ein gutes Verkehrsangebot zu mehr Nachfrage führen.

Seit Bekanntwerden der Sanierungspläne im Jahre 2012 fordern NWL, Wirtschaft und Politik einhellig und fraktionsübergreifend die Sanierung der  Tunnel  zwischen Oeventrop und Freienohl  zweigleisig durchzuführen.

Wie wichtig dem NWL die Obere Ruhrtalbahn ist, zeigt die Tatsache, dass anders als bei den meisten Bauvorhaben nicht nur Forderungen aufgestellt werden, sondern die Bereitschaft besteht, ca. 50% der Mehrkosten für die Zweigleisigkeit zu übernehmen. Solche Angebote haben absoluten Seltenheitswert, uns ist so ein Angebot bisher nicht bekannt.

Es geht hier um ein zukunftsweisendes Projekt, das eine Lebensdauer von ca. 100 Jahren haben soll. Jeder private Bauherr würde sich absolut glücklich schätzen, wenn ihm jemand anbieten würde, die Hälfte der Kosten für die Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit zu übernehmen.

Nicht so die DB Netz AG. Man lehnt den zweigleisigen Ausbau mit Hinweis auf ein Gutachten mit einem Prognosezeitraum bis 2025 ab. Der Baubeginn soll aber nicht vor 2020 erfolgen und die Bauzeit zwei Jahre betragen. Man schaut also nach dem Abschluss der Baumaßnahme noch drei Jahre in die Zukunft. Schon jetzt ist die Kapazität der Strecke sogar dann zu über 70 Prozent ausgelastet, wenn man eine gleichmäßige Verteilung der Züge über 20 Stunden am Tag unterstellt. Diese Verteilung ist aber reine Theorie. In der Praxis gibt es zu den Hauptverkehrszeiten eine Vollauslastung. Im Zeitraum von 1996 bis heute haben sich die Fahrgastzahlen auf der Oberen Ruhrtalbahn um bis zu 92% erhöht! Wie viel Kapazitätsreserven bleiben da noch bis beispielsweise zum Jahr 2050? Die DB will den Fernverkehr massiv ausbauen, unter anderem auf der „Mitte-Deutschland-Verbindung“ (MDV; Ruhrgebiet – Soest – Paderborn – Kassel – Erfurt). Doch die Umstiegsbahnhöfe zum  Fernverkehr müssen auch aus unserer Region gut erreichbar sein. Für die Obere Ruhrtalbahn erfolgt die Verknüpfung mit der MDV in Kassel-Wilhelmshöhe und Warburg. Diese künftigen Fahrgastpotentiale können jedenfalls in dem vorliegenden Gutachten nicht enthalten sein.

Darüber hinaus riskiert das Unternehmen Deutsche Bahn AG, dass sich zukünftig die Verspätung eines einzigen Zuges auf die folgenden Züge überträgt. Denn durch eine längere eingleisige Strecke werden die Möglichkeiten für Zugkreuzungen erheblich eingeschränkt. Daraus ergeben sich erhebliche negative Konsequenzen für Anschlüsse an den Fernbahnhöfen in Dortmund/Hagen und Kassel/Warburg sowie für zahlreiche Busanschlüsse im sehr flächengroßen Hochsauerlandkreis!

Zudem bestehen erhebliche Zweifel an den methodischen und mathematischen Grundlagen des von der DB Netz in Auftrag gegebenen Gutachtens (s. Anhang).
AnalyseTunnelgutachten-20150507
Mit diesem Gutachten sollte dargestellt werden, dass bei einer Eingleisigkeit angeblich keine Einschränkungen des Leistungsangebots auftreten würden.

Wie würde sich eine Kapazitätseinschränkung zukünftig auf unseren heimischen Tourismus auswirken, der derzeit so viele Touristen ins Sauerland bringt, dass in den Sommermonaten teilweise der Andrang auf die Züge kaum noch zu bewältigen ist, z.B. durch Nutzer des Ruhrtalradwegs?

Was für einen Sinn machen denn die aufwendigen Bahnhofsmodernisierungen z.B. in Arnsberg, Fröndenberg, Wickede und demnächst in Neheim-Hüsten und Meschede, wo pro Bahnhof fünf bis acht Millionen Euro verbaut werden, wenn in den Tunnelabschnitten der Zustand von 1871 (eingleisige Eröffnung des Abschnittes Arnsberg-Meschede) wiederhergestellt würde?

20130315-DSC_0415-3

Die Zweigleisigkeit der Tunnel zwischen Oeventrop und Arnsberg kann in den vorhandenen Tunnelbauten und sofort realisiert werden.

Für den Tunnel zwischen Olsberg und Brilon-Wald muss jedoch auf Grund seiner Länge von über 1.300 Metern nach den aktuellen Richtlinien eine zweite Röhre gebaut werden, was Kosten von ca. 90 Millionen Euro verursachen würde. Dies könnte daher auch noch später geschehen. Wenn im Sauerland für eine einzige 600 m lange Autobahn-Talbrücke über 100 Millionen Euro ausgegeben werden, dürfen 90 Millionen für einen doppelt so langen Tunnel auch nicht zu viel sein.

Außerdem sollte auch die Frage nach der Sinnhaltigkeit die neuen Tunnel-Richtlinie gestellt werden. In ca. 100 Jahren mit Dampfbetrieb (!!!) ist es nie zu einem Unfall mit Todesfolge durch Brand in diesen Tunneln gekommen. Sollte es woanders zu Streckenstilllegungen durch zu hohe Tunnelsanierungs-Kosten kommen und werden dadurch die Menschen von der Bahn auf die Straße gezwungen, sind sie einem ca. 50fachen Risiko ausgesetzt, bei einem Verkehrsunfall getötet zu werden. Das Ergebnis wäre eine deutliche Erhöhung des Risikos für die Fahrgäste.

Man sieht am Streit um die Tunnelsanierung auch, wie schwierig sich die Aufsplittung eines  staatlichen Infrastrukturunternehmens in vier einzelne, der Gewinnmaximierung verpflichtete Teilgesellschaften (DB Fernverkehr, DB Regio für den Nahverkehr, DB Station und Service, und DB-Netz für die Wartung der Schienen und Tunnel) ist: Am Ende sucht jeder nach seinem Gewinn, die Bedürfnisse des Gesamtsystems geraten in den Hintergrund und an die Fahrgäste wird zu wenig gedacht!

Hier bedarf es auch Korrekturen durch Bundesregierung und Bundestag, beispielsweise hinsichtlich der von der DB AG an den Bundesfinanzminister abzuführenden Gewinne! Oder anders formuliert: Aus den in den Bundeshaushalt abgeführten Gewinne der DB AG könnten die für die Verbesserung der Infrastruktur fehlenden Mittel ohne Probleme bereit gestellt werden! Die DB AG ist nicht mit einer börsennotierten Kapitalgesellschaft vergleichbar, sondern sollte weiterhin dem Gemeinwohl verpflichtet sein.

Wir wünschen den lokalen Politikern und Verantwortungsträgern viel Glück und Erfolg für den Bahngipfel am 19.05.2015 und bei den weiteren Verhandlungen mit der DB.

Eisenbahnfreunde Obere Ruhrtalbahn Arnsberg,  Wilfried Schiwek
Verkehrsclub Deutschland, Kreisverband Hochsauerland,  Stefan Weh

Filed under: VerkehrspolitikComments Off on EFO und VCD: Es geht um ein zukunftsweisendes Projekt

SBL fragt nach dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln

By adminRL at 10:40 pm on Wednesday, May 13, 2015

Wissenschaftler warnen vor dem weltweit am häufigsten eingesetzten Pflanzenschutzmittel. Die Weltgesundheitsorganisation ist der Auffassung, dass das Pflanzengift der Firma Monsanto  wahrscheinlich krebserregend ist. Aufgrund des öffentlichen Drucks soll in der EU die Zulassung von Glyphosat, der Basis für Roundup, überprüft werden. In einigen Ländern, z.B. in den Niederlanden, wird von offizieller Seite ein Verbot von Glyphosat bzw. Roundup  in Erwägung gezogen.

In der Vergangenheit wurden rund um das Kreishaus bereits Pflanzengifte eingesetzt. Um über den aktuellen Stand in der Kreisverwaltung informiert zu werden, bat die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) am 5. Mai 2015 den Landrat um die Beantwortung der Frage:

  • Welche Pflanzenschutzmittel (Handelsname/Hersteller) wurden wo und in welchen Mengen in diesem Jahr auf kreiseigenen Grundstücken aufgebracht bzw. sollen in den nächsten Monaten eingesetzt werden?
Filed under: LandschaftsschutzComments Off on SBL fragt nach dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln

16 Biogasanlagen im HSK, davon 5 in Wasserschutzgebieten / 4 Störfälle in den letzten 5 Jahren

By adminRL at 10:31 am on Friday, May 8, 2015

Biogasanlagen sind offenbar störungsanfällig. Im Jahr 2012 gab es beispielsweise im Landkreis Rotenburg in Niedersachsen eine große Umweltkatastrophe durch den Ausfall des Pumpsystems einer Biogasanlage. Als Folge des technischen Defekts liefen ca. 400 Kubikmetern Gärsubstrat aus. Die Flüssigkeit ergoss sich in einen angrenzenden Bach. Das hatte wiederum das sofortige Absterben des Fischbestands zur Folge. Die wiederholten Meldungen über folgenreiche Unfälle durch Biogasanlagen veranlasste die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) am 21.04.2015 zu einer Anfrage.

Wir veröffentlichen hier nun die Antwort der Kreisverwaltung vom 04.05.2015 im vollen Wortlaut:

„Ihre Anfrage gem. § 11 Gesch0 für den Kreistag des Hochsauerlandkreises;
hier: Biogasanlagen vom 21.04.2015

Sehr geehrter Herr Loos,

Ihre Anfrage zum Thema Biogasanlagen beantworte ich wie folgt:

zu 1. Wie viele Biogasanlagen werden aktuell im HSK betrieben?

Z. Zt. werden nach hiesigem Kenntnisstand 16 Anlagen betrieben.

zu 2. Wo befinden sie sich und wer sind die jeweiligen Betreiber?

Die Standorte mit den hier bekannten Betreibern können der folgenden Tabelle entnommen werden.

Stadt / Gemeinde Ortsteil Betreiber
Brilon Keffelke: Biogas-Keffelke GbR
Eslohe Oesterberge: Oesterberger Biogas GmbH
Marsberg Borntosten: Stadtwerke Marsberg
Marsberg Canstein: Freiherr von Elverfeldt, Alexander
Medebach Titmaringhausen: Frese, Christoph
Medebach Medabch: Naturstrom Faustweg GmbH & Co. KG
Medebach Medebach: Schmidt, Andreas
Meschede Horbach: Heinemann, Karl-Johannes
Meschede Obermielinghausen: Heinemann, Johannes
Meschede Mielinghausen: Kotthoff, Franz-Josef
Meschede Wallen: Seemer, Wilhelm
Schmallenberg Ebbinghof: Ebbinghof Biogas GmbH & Co. KG
Sundern Allendorf: Bioenergie GmbH
Sundern Estinghausen: Heymer, Matthias
Sundern Allendorf: Freiburg-Neuhaus, Stefan
Winterberg Altenfeld: Wegener, Antonius

zu 3. Wie viele Anlagen stehen in Wasserschutzgebieten oder in deren Nähe?
Welche Abstandregeln gelten ggfls. zu Gewässern und anderen empfindlichen Öko-Systemen?

Von den o. g. Anlagen befinden sich 5 Anlagen in Wasserschutzgebieten.

Nach § 38 Wasserhaushaltsgesetz ist für Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen ein Mindestabstand von 5 m ab Böschungsoberkante einzuhalten.

zu 4. Welche Sicherheitsstandards müssen die Betreiber gewährleisten?

Eine Biogasanlage ist in wasserrechtlicher Hinsicht eine Anlage zum Herstellen, Behandeln und Verarbeiten von wassergefährdenden Stoffen, die so beschaffen sein und betrieben werden muss, dass eine Verunreinigung der Gewässer oder eine sonstige nachteilige Veränderung ihrer Eigenschaften nicht zu besorgen ist. Diese Anforderungen werden im Wesentlichen durch folgende technischen Ausführungen erfüllt:
– Bezüglich der Sicherheitsstandards ist die “TI 4 (Technische Information) Sicherheitsregeln für Biogasanlagen” der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft als Standardwerk zu nennen.

Aufgrund wasserrechtlicher Bestimmungen sind im Wesentlichen folgende Anforderungen erfüllt sein:

Behälter aus Stahlbeton sind nach der Norm DIN EN 206-1 und DIN 1045 zu planen, bemessen und auszuführen.

Einrichtungen zur Befüllung und Entleerung der Behälter, wie Rohrleitungen, Schieber, Pumpen, sind einsehbar auszuführen. Ist dies nicht möglich, müssen Rohrleitungen doppelwandig mit Leckerkennung versehen sein.

Im Fahr- und Rangierbereich der Behälter ist ein Anfahrschutz von oberirdischen Rohrleitungen, Schiebern, etc. anzubringen.
– Alle Behälter sind mit einer Füllstandsüberwachung und Überfüllsicherung auszustatten.

Bei nicht einsehbaren Behälterböden und Behälterwandungen ist der Einbau eines Leckerkennungssystems mit Kontrolleinrichtung einzubauen.

In der Nähe von Gewässern, Gräben-, Drainage- oder sonstigen Entwässerungssystemen ist eine Rückhalteeinrichtung für den Fall des Versagens der Behälter oder der Anschlüsse erforderlich. Dies wird in der Regel durch eine entsprechend dimensionierte Umwallung erreicht.

Rohrleitungen müssen an beiden Enden mit Absperrschiebern (doppelte Armaturen) versehen sein.

zu. 5. Wer überwacht wie und in welchen zeitlichen Abständen die Sicherheit von Biogasanlagen? Wer ist für die Dokumentation verantwortlich?

Die Überwachung der Biogasanlagen obliegt mehreren Stellen. Grundsätzlich ist die Überwachung der Anlagen auf Funktionsfähigkeit der Sicherheitseinrichtungen und Dichtheit zunächst eine Betreiberpflicht.

Die behördliche Überwachung richtet sich zunächst nach den Zuständigkeiten. Die zuständige Behörde kann je nach Größe und Art der Anlage die Obere Umweltschutzbehörde (Bezirksregierung) oder die untere Umweltschutzbehörde (Kreise und kreisfreie Städte) sein.

Die Anlagen unterliegen gern. der Verordnung zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VAwS) der Prüfpflicht durch einen anerkannten Sachverständigen. Die Überprüfung durch einen Sachverständigen ist vor Inbetriebnahme der Anlage und wiederkehrend spätestens nach 5 Jahren vorzunehmen. Die Dokumentation der Überprüfungen und Überwachungen obliegen den v. g. Stellen.

zu 6. Kam es Ihres Wissens in den letzten 5 Jahren bei Biogasanlagen im HSK zu Störungen und Unfällen? Besteht eine Meldepflicht für Störfälle?

Bei der Unteren Wasserbehörde des HSK sind seit 2010 vier Störfälle bzw. Unfälle an Biogasanlagen im HSK registriert.

Ein Störfall ist der zuständigen Behörde, bei Austritt von wassergefährdenden Stoffen der Unteren Wasserbehörde zu melden.

 zu 7. Wer haftet für durch Biogasanlagen verursachte Schäden und Folgeschäden, z. B. wenn die Umwelt nachhaltig beeinträchtigt wird?

Die Haftung für Schäden an der Umwelt, die durch Biogasanlagen verursacht werden richtet sich nach nach dem Umwelthaftungsrecht und dem Umweltschadensrecht. In der Regel haftet der Betreiber für Schäden an der Umwelt, auch für Personen- und Sachschäden.

Nach Umweltschadensgesetz ist der Verantwortliche einer Biogasanlage verpflichtet, Maßnahmen der Gefahrenabwehr durchzuführen und eine Sanierung des Umweltschadens vorzunehmen.“

 

 

Filed under: LandschaftsschutzComments Off on 16 Biogasanlagen im HSK, davon 5 in Wasserschutzgebieten / 4 Störfälle in den letzten 5 Jahren

Dialoge führen und Brücken bauen

By adminRL at 11:27 pm on Tuesday, May 5, 2015

 

Die SBL/FW lud ein

Nach mehreren Wochen des Überlegens, Vorbereitens und Organisierens ist sie nun schon wieder Geschichte – unsere Veranstaltung „Migranten im Sauerland in Gesellschaft und Politik“.  Am 4. Mai 2015 fand sie in Form einer Podiumsdiskussion im Kreishaus Meschede statt. Dazu eingeladen hatten wir. Wir, das ist die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW).

Podiumsgäste

Unser Moderator Stefan Rabe, Kreistagsmitglied der SBL/FW, stellte zunächst die vier Podiumsgäste Dr. Ahmet Arslan, Gülay Kahraman, Wilfried Oertel und SBL-Fraktionssprecher Reinhard Loos vor.

00008_04-5-2015-R

Viel Arbeit mit der Vielfalt

Dr. Arslan ist hauptberuflich Lehrer an einer Gesamtschule außerhalb des Hochsauerlandkreises. Trotzdem scheint es so, als sei er fast immer und überall in Meschede präsent. Nebenberuflich ist er Dialogbeauftragter des türkisch-islamischen Kulturvereins Meschede. Zum Auftakt des Podiumsgesprächs erläuterte Dr. Arslan seine Rolle innerhalb und außerhalb seiner rund 300 Mitglieder zählenden Gemeinde. Er sehe sich als Brückenbauer zwischen den Gruppen in der Gesellschaft. Zu seinen ganz praktischen ehrenamtlichen Tätigkeiten zählen auch die Presse- und Archivarbeit.

Ein gutes Beispiel für die Vielfalt des türkischen Kulturvereins ist Gülay Kahraman. Als die Mitarbeiterin der Stadtverwaltung Meschede vor 5 Jahren Deutschland weit zur ersten und einzigen weiblichen Vorsitzenden einer Moschee-Gemeinde gewählt wurde, widmeten ihr die Medien einige Aufmerksamkeit. Gülay Kahraman erinnerte an die schwierigen Anfangszeiten ihrer Gemeinde: „Es war ein Riesenprojekt!“ Sie hätten immer den Dialog gepflegt, Feste organisiert und Einladungen ausgesprochen. „Der Verein ist für jeden offen!“ Immer am 3. Oktober lade der Kulturverein alle Mitbürgerinnen und Mitbürger zum Tag der Offenen Moschee ein.

Viel Arbeit mit Dokumentation „Vielfalt …“

Der ehemalige evangelische Studentenpfarrer und Buchautor Wilfried Oertel war, als er vor 5 Jahren für sein Buchprojekt „Vielfalt Meschede“ recherchierte, beim türkisch-islamischen Kulturverein ein gern gesehener Gast. Die Werbekampagne des Stadtmarketings „Vielfalt Meschede“ hätte ihm den Anstoß für sein Buch gegeben, erläuterte Wilfried Oertel. Für seine Dokumentation habe er zahlreiche Gespräche geführt, beispielsweise mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Kitas, Schulen, der Flüchtlingsberatung, dem Integrationsbüro des Hochsauerlandkreises, den unterschiedlichsten Kirchengemeinden und Religionsgemeinschaften, aber auch mit Einzelpersonen wie z.B. dem griechischen Wirt Thomas Bakaras und einer Familie aus Sri Lanka, die in einem kleinen Dorf bei Meschede wohnt. In seinem Bericht stelle er auch einige junge Migranten vor, die Lehrstelle oder Arbeitsplatz in alteingesessenen Betrieben haben. Das Buch habe er auf Basis direkter Gespräche geschrieben. Die Straße, in der er früher gewohnt hat, sei wie das osmanische Reich, meinte Wilfried Oertel. Doch sollten wir nicht vergessen, dass neben Bosniern, Syrern und Türken auch Letten und viele andere Nationalitäten in Meschede leben. Er erinnerte sich, in einer Kita hatten im Jahr 2011 80 % aller Kinder eine Integrationsgeschichte.

Dr. Ahmet Arslan ergänzte, freitags träfen sich in der Moschee-Gemeinde Menschen 12 unterschiedlicher Nationalitäten.

Zahlen, Fakten, Hintergründe

Reinhard Loos, beruflich als Fachmann für Demographie tätig, präsentierte dann harte Zahlen, Fakten und Aussichten. Aber zuerst erzählte er über seine eigenen Integrationserfahrungen. Die ersten habe er vor 30 Jahren in Meschede als Trainer einer Volleyballmannschaft gemacht, als es darum ging, einen iranischen Flüchtling zu integrieren. In einem statistischen Vergleich zeigte Reinhard Loos, dass die Einwohnerzahl im Hochsauerlandkreises viel stärker als im Nachbarkreis Soest zurückginge. Der HSK verliert laut aktuellen Prognosen von 1987 bis 2030 ca. 54.000 Einwohner und damit in etwa die Einwohnerzahl von Meschede und Brilon zusammen. Jährlich weist der Kreis im Durchschnitt der letzten Jahre einen Fortzugsüberschuss von etwa 1.000 Personen und einen Sterbefallüberschuss von ebenfalls etwa 1.000 Personen auf. Am drastischten seien die Abwandernugen bei den jungen Menschen zwischen 19 und 25 Jahren, bei Frauen noch höher als bei Männern. „Es ziehen also die Leute fort, die Kinder bekommen können!“ So das Resümee des Demographie-Experten. Nur 5 von 53 Landkreisen und kreisfreien Städten in NRW hätten Wanderungsverluste, darunter weise der HSK den zweithöchsten Wanderungsverlust auf.. Reinhard Loos hatte auch Informationen über die Anzahl der türkischen Migranten. Deren Anteil sei im HSK geringer als in vielen anderen Landkreisen und Städten. Im HSK lebten große Gruppen aus dem Osten wir Polen, Russen und Kasachen. Zur groben Aufteilung nach Religionsgemeinschaften im HSK: 70 % Katholiken, 15,4 %  Evangelische, 11 % Konfessionslose, die restlichen 3,6 % gehören zu „anderen Religionsgemeinschaften“, u.a. zu den muslimischen.

00015_04-5-2015-R

Fragen, Antworten, Diskussionen

Der Moderator forderte dann Zuhörerinnen und Zuhörer auf, Fragen zu stellen und sich an der Diskussion zu beteiligten. Davon wurde dann auch lebhaft Gebrauch gemacht. Unter den Gästen waren auch einige Lokalpolitiker. Daher kam die Rede schnell auf die mehrfach im Kreistag gescheiterten Anträge, ein Mitglied der muslimischen Gemeinden als Sachkundigen Bürger in den Kreisjugendhilfeausschuss aufzunehmen. Ob und welche Strukturen es bei dem muslimischen Gemeinden gebe, fragte in diesem Zusammenhang ein Kreistagsmitglied. Daraufhin erläuterte Dr. Arslan, im HSK gehörten von den 12 Gemeinden 6 zum Dachverband der DITIB. Alle 12 Gemeinden hätten sich seinerzeit geeinigt und zusammen den Antrag bzgl. des gemeinsamen Vertreters im Kreisjugendhilfeausschuss gestellt. Eine Zuhörerin merkt an, dass vor einigen Jahren auch der entsprechende Antrag „Sachkundiger Bürger“ im Schulausschuss gescheitert sei. Sie könne sich an eine heftige Kontroverse erinnern.

Ein anderes brisantes Thema sind die Flüchtlinge. Dazu gab es Kritik aus den Reihen der Zuhörer/innen. Die muslimischen Gemeinden sollten sich der Flüchtlinge mehr annehmen. Schließlich seien ja viele Muslime darunter. Die Menschen wären sehr dankbar, wenn sich jemand ihrer Glaubensrichtung um sie kümmern würde. Gülay Kahrman antwortete, sie wisse nicht wie das z.B. in Hallenberg sei, aber für die Moschee-Gemeinde Meschede sei das selbstverständlich. Sie sprächen die Flüchtlinge persönlich an und bemühten sich, ihnen zu helfen.

Ein kommunalpolitisch und offenbar ehrenamtlich aktiver Gast berichtet von seinen Erfahrungen. Leider sei es ihnen in Brilon nicht gelungen, die Menschen bei der Annäherung an einen für sie fremden Kulturkreis zu unterstützen und zu motivieren.

Bei der Diskussion um die Flüchtlinge geraten dann die Behörden in die Kritik. Ein Gast ist der Meinung, die Stadtverwaltung arbeite so, dass sich die Flüchtlinge hier nicht wohl fühlen. Die Verwaltung sei nicht bereit, zu verstehen. Kreistagsmitglied Reinhard Loos äußerte dazu, die Befassung mit den demographischen Veränderungen benötige eine breite Basis. Dazu reiche die Verwaltung nicht aus, auch die Kommunalpolitiker und viele weitere gesellschaftliche Gruppen gehörten dazu. Dies sei in anderen Kreisen und Städten gut gelungen, aber mit der bisherigen (politischen) im HSK schwer zu erreichen. Stefan Rabe führte das weiter aus. Er sagte: “Wir rennen hier in demographischer Hinsicht vor eine Wand. Vieles wird hier wegbrechen!“

Eine Pädagogin äußerte ihre Auffassung: „Wir brauchen ein attraktives Bildungsangebot.“ Ihre besten Schülerinnen seien türkische Mädchen gewesen. Denen hätten wir nichts zu bieten. Die ehemalige Lehrererin fände es richtig, im HSK beispielsweise eine Fachhochschule für Gesundheitswesen einzurichten. Gülay Kahraman greift diesen Punkt auf. Aus eigener Erfahrung kann sie die gerade gemachte Aussage bestätigen. Ihre Tochter hätte leider das gewünschte Praktikum in einer Kita nicht machen dürfen. Gescheitert sei das an dem katholischen Träger. Die Konsequenz, ihre Tochter wolle nun Meschede und das Sauerland so schnell wie möglich verlassen.

Die Punkte „kirchliche Arbeitgeber“ und „angebliche höhere Zahl ausländischer Jugendlicher unter den  Straftätern“, „Diskriminierungen bedingt durch das Schulsystem“  (ausländische Kinder werden früh und oft aussortiert),  „fehlende Gesamtschulen“ und „Einführung des Schulfachs Dialog“, „Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften in Meschede“ und die „Leserbrief-Kultur in Meschede“ wurden auch noch leidenschaftlich erörtert.

Zum Abschluss schlug ein Mitglied der Sauerländer Bürgerliste: „Fortsetzung im nächsten Jahr“ vor!

 

 

 

 

Filed under: Kultur im SauerlandComments Off on Dialoge führen und Brücken bauen

Landesregierung knickt vor Jagdlobby ein

By adminRL at 8:41 am on Saturday, May 2, 2015

Am Mittwoch (29.04.) hat der Landtag das neue Jagdgesetz beschlossen, und nun soll die Jagdsteuer doch nicht wieder eingeführt werden.

Dabei hatte es im “Koalitionsvertrag 2012 – 2017″ (S. 57) der aktuellen Regierungskoalition auf Landesebene noch ganz klar geheißen:
“Die bisherige Jagdsteuer läuft Ende 2012 aus. Den Kommunen soll die Möglichkeit gegeben werden, bei Wunsch weiterhin die Jagdsteuer zu erheben.”

Die Jagdsteuer ist eine kommunale Steuer, die einzige eigene Steuereinnahme der Landkreise. Bis 2009 hatte sie in voller Höhe bestanden, mit jährlichen Einnahmen in Höhe von 780.000 Euro für den HSK. Danach mußte sie auf Beschluss der früheren CDU/FDP-Landesregierung in drei Stufen auf Null zurückgefahren werden. Der Land setzt mit dem Kommunalabgabengesetz (KAG) den Rahmen, in dem Kreise und Gemeinden Steuern erheben dürfen.

Im Jahr 2005 hatte der Kreistag des HSK in einer einstimmigen (!) Resolution beschlossen, dass die Jagdsteuer nur dann abgeschafft werden könne, wenn es eine gleichwertige Kompensation gebe; die trat aber nie ein.

Im Entwurf des neuen Jagdgesetzes war noch die Möglichkeit zur Erhebung der Jahdsteuer vorgesehen. Nach jahrelanger Diskussion des Gesetzentwurfs wurde die Jagdsteuer dann erst wenige Tage vor der Gesetzesverabschiedung aus dem Text entfernt. In einem für ein Pressegespräch am 24.04. verteilten “Hintergrund”-Text schrieben die Koalitionsfraktionen dazu nur 6 Worte “Die Jagdsteuer wird nicht wieder eingeführt”, ohne jede Erläuterung.

Der am 28.04., also erst einen Tag vor dem Beschluss des Landtags, eingebrachte Änderungsantrag ist etwas ausführlicher formuliert. Dort wird die Streichung der Absätze über die Jagdsteuer so erläutert:
“Das Kommunalabgabengesetz ermächtigt die Gemeinden und Gemeindeverbände nach Maßgabe des Gesetzes Abgaben (Steuern, Gebühren und Beiträge) zu erheben, soweit nicht Bundes- oder Landesgesetze etwas anderes bestimmten. Bezüglich der Jagdsteuer wird überwiegend keine Notwendigkeit für eine Wiedereinführung gesehen.”

Da scheinen unrealistische Vorstellungen über die Haushaltslage der Kommunen zu bestehen…

Die Jagdverbände habe immer wieder behauptet, dass die Jäger ja das Fallwild kostenlos von den Straßen entsorgen würden und dadurch die Kommunen finanziell entlasten würden.

Das hätte man aber auch anders organisieren können, wie das Beispiel des Landkreises Plön zeigt. Dieser Kreis ist bereits selbst für die Beseitigung des Fallwilds zuständig. Gute Informationen liefern dazu die Kieler Nachrichten in ihrem Bericht “Damwild ist jetzt blind vor Liebe” vom 17.09.2014. Dort lesen wir: “„Während in den anderen Kreisen die Jäger das Fallwild einsammeln, lehnen das die Jäger im Kreis Plön ab, weil sie seit zwei Jahren eine Jagdsteuer zahlen müssen. Zuständig für die Kadaver ist seitdem der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr in Rendsburg (LBV)… Die Kosten für den Abtransport toter Tiere von den Kreisstraßen beliefen sich im vergangenen Jahr auf 17000 Euro. „Die Fallwildentsorgung von Bundes- und Landestraßen belastet unseren Haushalt nicht“, sagte Kreissprecher Horst Freitag. Die Einnahmen durch die Jagdsteuer spülten 2013 etwa 127000 Euro in die Kreiskasse.

Der Landkreis Plön ist 1.083 km2 groß und musste 13% der Einnahmen aus der Jagdsteuer für die Fallwildentsorgung aufwenden. Der HSK hat eine Fläche von 1.960 km2. Geht man von gleich hohen Kosten je km2 wie im Kreis Plön aus, müsste der HSK für die Fallwildentsorgung jährlich ca. 31.000 Euro aufwenden. Selbst wenn die Kosten wegen etwaiger höherer Wilddichte dreimal so hoch wären, blieben netto durch die Jagdsteuer immer noch etwa 700.000 Euro für den HSK übrig.

Was bleibt: Ein durchsichtiger Lobbyismus, der leider erfolgreich war!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Filed under: Kommunale FinanzenComments Off on Landesregierung knickt vor Jagdlobby ein