Informationen und Meinungen zur Kreispolitik im HSK

Junger irakischer Flüchtling reiste „freiwillig“ aus

By admin at 1:42 pm on Tuesday, April 24, 2012

Alarmierende Meldungen kursieren über die immer größer werdende Zahl minderjähriger Flüchtlinge, die ohne Begleitung von Familienangehörigen oder anderer erwachsener Landsleute aus Krisengebieten nach Europa kommen. Die Gemeinnützige Gesellschaft für Arbeit und Integration berichtet: „Weltweit sind nach Schätzungen von Flüchtlingsorganisationen sechs bis zehn Millionen Kinder und Jugendliche allein auf der Flucht. Sie fliehen vor Bürgerkrieg, Gewalt, drohendem Kriegsdienst oder politischer Verfolgung, vor Perspektivlosigkeit oder wegen der völligen Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen.“
Siehe: http://www.themenpool-migration.eu/dtraum05.htm

714 Kinder bis zum Alter von 16 Jahren hätten im Jahr 2011 in NRW einen Asylantrag gestellt, schrieb die Westfälische Rundschau. Laut Angaben der Stadt Dortmund kommt offenbar ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen aus dem Irak. In der Erstaufnahmestelle in Dortmund hätten sich im letzten Jahr 400 Jugendliche und Kinder gemeldet, im Januar und Februar 2012 weitere 104. Einige von ihnen würden in Asylheime für Erwachsene überwiesen.

Die Sauerländer Bürgerliste (SBL) hatte daraufhin am 13.03.2012 beim Ausländeramt des Hochsauerlandkreises nachgefragt, wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im HSK angekommen seien.
Siehe: http://sbl-fraktion.de/?p=1978
Die Antwort: Keine!

Allerdings hielt sich nach Angaben des Ausländeramtes seit 2009 ein irakischer Jugendlicher im Kreisgebiet auf. Er soll in einer Asylbewerber-Unterkunft in Marsberg gewohnt haben. Die Sauerländer Bürgerliste (SBL) erfuhr nun aufgrund der erwähnten Anfrage, der junge Iraker sei am 21.03.2012 mit einer finanziellen Förderung „freiwillig“ in den Irak zurückgekehrt. (Welcher Druck zur „Entscheidung“ für eine „freiwilligen Ausreise“ führte, können wir nur erahnen.)

Die SBL hatte immer wieder versucht, Informationen über den Aufenthaltsort und die Situation dieses jungen irakischen Flüchtlings zu erhalten. Leider vergebens!

„Welche Unterstützung erhielt der junge Iraker vom Ausländeramt oder anderen Behörden?“ die Frage der SBL ist vom HSK jetzt so beantwortet worden:
„Während seines Aufenthaltes wurden dem Ausländer Sozialhilfeleistungen in Höhe von 9.000,- Euro gewährt.“
Und: „Unterstützung der zuständigen Schule hat er nicht angenommen; vielmehr hat er – wie in meiner Antwort auf Ihre Anfrage vom 31.10.2011 bereits dargelegt – den Besuch der städtischen Hauptschule im Januar 2011 abgebrochen.“

Dazu zwei weitere Zitate aus der HP der Gemeinnützigen Gesellschaft für Arbeit und Integration:
„Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind besonders starken Belastungen ausgesetzt. Die Kinder und Jugendlichen müssen oft ganz auf sich selbst gestellt den Verlust ihres Landes und ihrer Eltern bewältigen, die erlebten Traumatisierungen verarbeiten und daneben in neue soziale Beziehungen im Kontext unbekannter soziokultureller Normen investieren.“
Und:
„Die rechtliche Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in Deutschland ist gekennzeichnet durch das Zusammenwirken unterschiedlicher Rechtsgebiete, deren Zielsetzungen sich im Spannungsfeld zwischen Kinderschutz und Abwehr von Einwanderung bewegen. Den nationalen und internationalen Gesetzen und Abkommen zum Schutz von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (und anderen Kindern und Jugendlichen) steht das deutsche Asyl- und Ausländerrecht gegenüber, das vorwiegend ordnungsrechtliche Interessen beinhaltet.“

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Minderjährige Flüchtlinge auch im HSK?

By admin at 8:38 am on Monday, March 26, 2012

Die Westfälische Rundschau berichtete am 12.03.2012, Behörden und Organisationen machten sich große Sorgen über die auffallend große Zahl Kinder und Jugendlicher, die ohne Begleitung von Verwandten und ohne Sprachkenntnisse aus Unruhe- und Kriegsregionen nach Deutschland fliehen.
Ein großer Teil der minderjährigen Flüchtlinge käme, laut Angaben der Stadt Dortmund, aus Afghanistan. Viele andere kommen offenbar aus dem Irak. 2011 hätten 714 Kinder bis zum Alter von 16 Jahren in NRW einen Asylantrag gestellt. Im Jahr 2010 sollen laut dem Fachverband UMF insgesamt 4.200 eingereiste Kinder und Jugendliche von den Jugendämtern der Kommunen „erstversorgt“ worden sein. Die tatsächlichen Fluchtzahlen könnten aber durchaus weit höher liegen.

Eine häufige Fluchtursache sei neben der Konfliktsituation auch „drohende politische Verfolgung oder Gefahren aufgrund ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit“, schreibt der Journalist Dietmar Seher.

In der Erstaufnahmestelle in Dortmund hätten sich im letzten Jahr 400 Jugendliche und Kinder gemeldet, im Januar und Februar 2012 weitere 104. Einige von ihnen würden in Asylheime für Erwachsene überwiesen.

Die Sauerländer Bürgerliste (SBL) bat am 13.03.2012 aufgrund dieser Pressemeldung beim Landrat um folgende Auskünfte:

1. Wie viele minderjährige unbegleitete Flüchtlinge sind im Jahr 2010, im Jahr 2011 sowie im laufenden Jahr im Bereich des HSK-Ausländeramtes angekommen?

2. Wie viele dieser Kinder und Jugendlichen wurden in dem oben genannten Zeitraum von den Jugendämtern im Hochsauerlandkreis in Obhut genommen ?

3. Wie viele der unbegleiteten Minderjährigen wurden seit 2010 von den Jugendämtern in Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht?

4. Aus welchen Ländern flüchteten die jungen Asylbewerberinnen und Asylbewerber?

5. Wie viele dieser Kinder und Jugendlichen besuchten/besuchen eine Schule bzw. absolvierten/absolvieren eine Ausbildung?

6. Wie sind nach Ihrer Einschätzung die Perspektiven dieser Kinder für eine Integration und einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland?

7. Über welchen Aufenthaltstitel verfügten bzw. verfügen dieser Kinder und Jugendlichen?

8. Welche Möglichkeiten sieht der Landrat, die jungen unbegleiteten Flüchtlinge bei ihrer Integration zu unterstützen?

9. Wie viele unbegleitete Kinder und Jugendliche wurden seit 2010 nach Erreichung des 18. Lebensjahres abgeschoben bzw. sollen noch abgeschoben werden?

10. Wo hält sich der junge Mann irakischer Herkunft auf, der einige Zeit als minderjähriger, irakischer Flüchtling in einer Asylunterkunft in Marsberg untergebracht war?

11. Welche Unterstützung erhält der junge Iraker vom Ausländeramt oder anderen Behörden?

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Wer kümmert sich um einen minderjährigen Flüchtling?

By admin at 10:01 am on Sunday, March 27, 2011

Im Koalitionsvertrag der rot-grünen Landesregierung hat die UN-Kinderrechtskonvention einen besonderen Stellenwert. Sie soll bei der Unterbringung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge umgesetzt werden. Ziel ist, dass Jugendliche nur noch in Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht und angemessen betreut werden. Unter 18-jährige sollen grundsätzlich nicht mehr in Abschiebehaft.

Im Hochsauerlandkreis lebte Ende 2010 (offiziell) ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. Der Jugendliche war zu dem Zeitpunkt nach Angaben des Kreisausländeramtes in einer städtischen Asylbewerberunterkunft untergebracht. Es bestünde bisher kein konkreter Betreuungsbedarf durch den allgemeinen sozialen Dienst des Jugendamtes, antwortete der Hochsauerlandkreis im Dezember 2010 auf Anfrage der Sauerländer Bürgerliste (SBL). Ob die für Integration zuständigen
MitarbeiterInnen sozialer Einrichtungen über den unbegleiteten minderjährigen Flüchtling seitens des HSK informiert wurden, hatte die SBL auch erfragt. Soziale Einrichtungen würden vom Hochsauerlandkreis aus datenschutzrechtlichen Gründen nur dann über den Zuzug ausländischer Mitbürger unterrichtet, wenn sie ausdrücklich damit einverstanden seien. Das sei im Fall des unbegleiteten Minderjährigen nicht der Fall gewesen. Außerdem ging aus der Antwort des Kreises hervor, dass der junge Flüchtling die Hauptschule besucht und ein Asylfolgeverfahren anhängig ist. Ob und inwieweit der Jugendliche auf sich allein gestellt ist, lässt sich aus einem behördlichen Schreiben nicht ablesen. Klipp und klar ausgedrückt, wie es ihm geht (psychisch, physisch, materiell, …), wissen wir nicht.

Wann und wie der rot-grüne Koalitionsvertrag in allen Kommunen umgesetzt sein wird, ist auch fraglich. Das Schicksal des unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings sollte uns so oder so weiter interessieren. Darum fragte Reinhard Loos, das Kreistagsmitglied der Sauerländer Bürgerliste, am 22.03.2011 nach dem Stand des Asylfolgeverfahrens, ob der Jugendliche anwaltlich vertreten ist, welche Voraussetzungen er für einen so genannten humanitären Aufenthalt erfüllen muss und wie groß in diesem Fall der Ermessensspielraum der Behörden ist.

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Junger Iraker erhielt 100 Euro für die „freiwillige“ Ausreise

By admin at 1:13 am on Sunday, April 29, 2012

Nach Angaben des Ausländeramtes hielt sich seit 2009 ein irakischer Jugendlicher in einer Asylbewerber-Unterkunft in Marsberg auf. Die Sauerländer Bürgerliste (SBL) erfuhr kürzlich aufgrund einer schriftlichen Anfrage vom HSK, dass der junge Iraker am 21.03.2012 mit einer finanziellen Förderung „freiwillig“ in den Irak zurückgekehrt sei. Wir berichteten .

Und wir hakten am 03.04.2012 erneut beim Ausländeramt nach und baten um die Beantwortung einiger ergänzender Fragen:

1. Welche Gründe haben aus Ihrer Sicht den jungen Iraker dazu veranlasst, freiwillig in den Irak zurückzukehren?

2. Wäre der junge Mann im Fall einer nicht freiwilligen Rückkehr in den Irak abgeschoben worden? Stand die Abschiebung unmittelbar bevor?

3. Wie hoch ist die finanzielle Förderung, die er für die Rückkehr in den Irak erhielt?

4. Erhielt der junge Mann, der als minderjähriger unbegleiteter Flüchtling nach Deutschland eingereist war, abgesehen von den Sozialhilfeleistungen in Höhe von 9.000 Euro, Hilfe und Unterstützung nicht finanzieller Art seitens des Ausländeramtes und anderer Behörden oder von Einrichtungen (wie z.B. der Caritas und der Diakonie)? Wenn ja, welche und in welchem Umfang?

Ein Sachbearbeiter der Ausländerbehörde antwortete am 17.04.2012 im Auftrag des Landrats:

Zu Frage 1 „Nach eigenen Angaben wollte er zu seinen Angehörigen zurück.“

Zu Frage 2 „Im Rahmen früherer Anfragen habe ich bereits wiederholt die Voraussetzungen für die Notwendigkeit einer zwangsweisen Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht dargestellt: Gem. § 58 Abs. 1 AufenthG ist ein Ausländer abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist (z.B. nach einem negativen Asylverfahren) und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist. Eine Abschiebung stand nicht unmittelbar bevor.“

Zu Frage 3 „Gefördert wurde die freiwillige Rückkehr insbesondere durch die Übernahme der Kosten der Beförderung. Darüber hinaus hat der irakische Staatsangehörige nach meinen Informationen eine Reisehilfe von 100,- Euro von der Stadt Marsberg erhalten.“

Zu Frage 4 „Die Aufnahme, Unterbringung und Betreuung zugewiesener ausländischer Flüchtlinge obliegt den Kommunen. Ich bitte Sie daher, sich zur Beantwortung dieser Frage an die Stadt Marsberg zu wenden. Ob und inwieweit Unterstützungen von anderen Einrichtungen geleistet wurden, ist mir nicht bekannt.“

Die SBL hatte in den letzten Jahren immer wieder – vergeblich – versucht, Informationen über den Aufenthaltsort und die Situation des jungen Irakers, der als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland kam, zu erhalten. Zynisch könnte man jetzt sagen: „Das Problem ist gelöst“!

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Ist die SPD noch zu retten?

By admin at 11:35 pm on Sunday, June 2, 2019

Diese Frage stellt sich nicht nur beim Führungspersonal auf Bundesebene, sondern auch im HSK.

Denn beim Versuch einer Wahlanalyse der Ergebnisse der Europawahl vom 26. Mai fallen – wie sonst im Land – die extremen Verluste der SPD auf.

Besonders dramatisch ist die Entwicklung in Brilon. Im HSK sank der Stimmenanteil der SPD gegenüber der letzten Europawahl 2014 um 10,4 Prozentpunkte, in der Stadt Brilon um 15 Prozentpunkte von 31,2% auf 16,2%, hat sich also fast halbiert. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 betrug der Rückgang in Brilon 10,5 Prozentpunkte, gegenüber “nur” 5,6 Prozentpunkten auf Kreisebene.

Diese Entwicklung hat zum einen sicherlich bundespolitische Gründe. Die hier besonders hohen Verluste dürften aber auch auf lokale Ursachen zurückzuführen sein. Denn seit Anfang 2017 ist die SPD in Brilon nicht mehr als eigene Partei wahrnehmbar. Sowohl Ratsfraktion als auch Bürgermeister scheinen sich zum reinen Anhängsel der CDU entwickelt zu haben, bei inhaltlichen Entscheidungen im Rat und bei Personalentscheidungen. Ein eigenes Profil der SPD ist nicht mehr erkennbar – noch schlimmer als in der Bundesregierung.

Das wird besonders deutlich an:
– sozialen Themen (wie den viel zu geringen Höchstmieten für Sozialhilfeempfänger trotz gegenteiliger Rechtsprechung),
– beim Umgang mit Flüchtlingen (wie dem Einsatz ausgerechnet des Arbeitsvermittlers des Sozialamtes als Helfer bei der Abschiebung einer kranken Frau und zwei minderjähriger Kinder),
– in der Verkehrspolitik (Ablehnung von dringend notwendigen Korrekturen des Nahverkehrsplans),
– beim Notfallrettungsdienst (Akzeptanz der Reduzierung von 2 RTW auf 1 RTW in der Rettungswache Brilon),
– bei Bauleitplanungen (wo eine “Amigo”-Politik für Bebauungspläne und Gründstücksverkäufe vorzuherrschen scheint),
– beim Umweltschutz (z.B. der Verharmlosung des Einsatzes des Pflanzengiftes Gylphosat auf einem städtischen Spielplatz),
– an den sehr besorgniserregenden Entwicklungen mehrerer städtischer Unternehmen, nachdem dort fast nur noch GroKo-Mitglieder in den Gremien sitzen
– und beim Klimaschutz. So lehnte die SPD im Stadtrat den Antrag ab, für die städtischen Gebäude ein Klimaschutzkonzept aufzustellen, wie es sogar der HSK für seine Gebäude erstellt hat. Und auch zum Bezug von Strom für die Verwaltungsgebäude aus erneuerbaren Energien (Öko-Strom) war die SPD nicht bereit.

Es gibt viel Bedarf für Erneuerung. Wer führt die HSK-SPD auf diesen Weg, und zwar glaubwürdig?

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Anfrage zu Abschiebungen und “freiwilligen” Ausreisen

By adminRL at 10:28 pm on Sunday, May 7, 2017

2015, und doch kein Schnee von gestern
„Keine einzige Abschiebung in Arnsberg, diverse im restlichen HSK“, schrieb die Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) am 8. Dezember 2015 auf ihrer Internetseite.

Warum?
Ende 2015 berichteten die Medien häufig über Abschiebungen und Ausreisen von Flüchtlin-gen und Asylbewerbern. Aus einem Beitrag der WP vom 23.11.2015 ging hervor, dass bis zu diesem Zeitpunkt 250 Asylbewerber aus Südwestfalen abgeschoben worden sind.

Immenser Aufwand im HSK?
In dem WP-Bericht war auch die Rede von „niedrigen Abschiebezahlen“ im HSK. Der Pres-sesprecher der Kreisverwaltung wurde mit den Aussagen zitiert, Abschiebungen seien vor allem „personalintensiv“ und „ein immenser Aufwand“. Um eine vierköpfige Familie zum Flughafen zu bringen, benötige man 6 Mitarbeiter der Ausländerbehörde sowie zusätzlich Polizeibeamte.

Wenig Aufwand in Arnsberg?
Im selben Artikel wurde geschildert, dass die Stadt Arnsberg im Jahr 2015 noch keinen einzigen Asylbewerber abgeschoben habe. 56 abgelehnte Asylbewerber hätte die Stadt aber davon überzeugen können „freiwillig“ in ihre Herkunftsländer zurück zu kehren. Arnsberg kooperiere mit der Rückkehrerberatung des Deutschen Roten Kreuzes in Hamm, die Flüchtlingen finanzielle Hilfen und auch Anlaufstellen und Kontakte in der alten Heimat vermittelt. Dadurch wären nach Aussage der Arnsberger Stadtsprecherin die Kosten und der Aufwand einer zwangsweisen Rückführung vermieden worden, schrieb die WP.

Fast eine halbe Ewigkeit
Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) griff das Thema damals sofort auf und wandte sich am 8. Dezember 2015 mit diesen 10 Fragen an Landrat Dr. Karl Schneider:

1. Wie viele Abschiebungen hat die Kreisausländerbehörde 2015 „erfolgreich“ durchgeführt?
2. Wie viele Abschiebeversuche sind in diesem Zeitraum gescheitert? Welche Gründe führ-ten hauptsächlich zum Scheitern?
3. Zu welchen Uhrzeiten wurden die Abschiebungen durchgeführt bzw. versucht?
4. Wie viele Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren) bzw. Heranwachsende (unter 21 Jah-ren) waren von den Abschiebungen betroffen?
5. Wie hoch sind die Kosten für die durchgeführten Abschiebungen? Wie hoch sind die Kos-ten für die (nicht geglückten) Abschiebeversuche?
6. Wie viele Mitarbeiter aus Kreisverwaltung und Kreispolizeibehörde waren bei den Abschie-bungen bzw. Abschiebeversuchen im Einsatz, für welche Dauer?
7. In welche Länder wurden jeweils wie viele Personen abgeschoben? Welches wären die Zielländer bei den nicht “erfolgreichen” Abschiebungsversuchen gewesen?
8. Wie viele Menschen sind 2015 „freiwillig“ aus dem HSK in ihr Herkunftsland oder in ein anderes Land ausgereist?
9. Welche Unterstützung erhalten „freiwillig“ Ausreisende durch den HSK?
10. Kooperiert die Ausländerbehörde des HSK – so wie die Stadt Arnsberg – mit der Rück-kehrerberatung des Deutschen Roten Kreuzes in Hamm oder einer anderen Rückkehrerbe-ratungsstelle oder –organisation? Wenn nein, warum nicht?

…. Dann begann das große Warten ….

Ende April 2017 war es dann soweit. Endlich – also nach fast 1 ½ Jahren – erhielt die SBL/FW Antwort aus dem Kreishaus! Wir möchten niemandem das Schreiben des HSK-Ausländeramts vorenthalten.

Die Antworten komprimiert:
In den Jahren 2015 und 2016 wurden insgesamt 217 Menschen aus dem Bereich des Kreisausländeramts (also ohne Stadt Arnsberg) abgeschoben.

„Freiwillig“ sind aus dem HSK (ohne Stadt Arnsberg) in den Jahren 2016 und 2017 insgesamt 593 Männer, Frauen und Kinder ausgereist.

Ausreise- und Startbeihilfen für „freiwillig“ Ausreisende gewährt der HSK nicht. Er verweist stattdessen auf das Förderprogramm „Starthilfe Plus“, auf die „Internationale Organisation für Migration“ und die örtlichen Sozialämter.

Der HSK kooperiert nicht mit der Rückkehrerberatung des Deutschen Roten Kreuzes.

Unbeantwortet blieben die Fragen nach
• der Zahl der gescheiterten Abschiebeversuche
• der Zahl der abgeschobenen Kinder und Jugendlichen (unter 18 Jahren)
• den Kosten für die durchgeführten Abschiebungen und Abschiebeversuche
• dem Personalaufgebot bei den Abschiebungen (Mitarbeiter des Ausländeramts und der Kreispolizeibehörde)
• wie viele Menschen in welche Länder abgeschoben worden sind bzw., bei einem missglückten Versuch abgeschoben werden sollten

Nicht unterschlagen wollen wir das komplette Schreiben des Hochsauerlandkreises. Hier ist es:

“Sehr geehrter Herr Loos,
ich beziehe mich auf Ihre o.g. Anfrage sowie auf meine Zwischennachricht vom 30.12.2015.

Ihre Anfrage wird wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1 – Wie viele Abschiebungen hat die Kreisausländerbehörde 2015 „erfolgreich“ durchgeführt?

Gem. 5 58 Abs. 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ist der Ausländer abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint.

Abgelehnte Asylbewerber werden vom BAMF zur Ausreise ausgefordert. Für den Fall, dass die Personen nicht innerhalb der gesetzten Frist ausreisen, wird ihnen vom BAMF die Abschiebung in den konkret bezeichneten Heimatstaat angedroht.

Wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, wird die ausreisepflichtige Person von der Auslän-derbehörde vorgeladen. Es wird ihr die freiwillige Ausreise, mit einer entsprechenden finanziellen Förderung, die vom jeweiligen Heimatstaat abhängig ist, empfohlen. Wenn die freiwillige Ausreise nicht erfolgt, ist die ausreisepflichtige Personen entsprechend § 58 Abs. 1 AufenthG abzuschieben.

In den Jahren 2015 und 2016 wurden folgende Abschiebungen und Rücküberstellungen im Rahmen des Dublin-Abkommens durchgeführt:
2015: 117
2016: 100

Zu Frage 2 – Wie viele Abschiebeversuche sind in diesem Zeitraum gescheitert? Welche Gründe führten hauptsächlich zum Scheitern?

Die Zahlen können statistisch nicht ausgewertet werden. Folgende Gründe können z.B. zum Scheitern einer Abschiebung führen:

• die Person wird nicht in der Wohnung angetroffen
• tagesaktuell festgestellte Reiseunfähigkeit
• Widerstandshandlungen am Flughafen oder im Flugzeug vor dem Start
• Fluchtversuch mit Eigenverletzung am Flughafen

Zu Frage 3 – Zu welchen Uhrzeiten wurden die Abschiebungen durchgeführt bzw. versucht?

Die Flüge werden von der Zentralstelle für Flugabschiebungen NRW (ZFA) gebucht. Auf die Flugzeiten hat die Ausländerbehörde insoweit keinen Einfluss.

Sammelcharter, z.B. in die Westbalkan-Staaten, werden von der ZFA so geplant, dass im Regelfall eine Abschiebemaßnahme nicht vor 6.00 Uhr begonnen werden muss. Soweit Abschiebungen von Familien mit Kindern früher erfolgen müssen, wird der entsprechende Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW beachtet.

Bei Rücküberstellungen in einen anderen EU-Staat im Rahmen des Dublin-Abkommens sind die Flugzeiten von den Vorgaben des aufnehmenden Staates abhängig.

Zu Frage 4 – Wie viele Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren) bzw. Heranwachsende (unter 21 Jahre) waren von den Abschiebungen betroffen?

Die Zahlen lassen sich mit einem vertretbaren Aufwand nicht ermitteln.

Kinder und Jugendliche sind von Abschiebungen nur dann betroffen, wenn die Eltern das Angebot der geförderten freiwilligen Ausreise ausgeschlagen haben.

Zu Frage 5 – Wie hoch sind die Kosten für die durchgeführten Abschiebungen? Wie hoch sind die Kosten für die (nicht geglückten) Abschiebeversuche?

Die Kosten bei den einzelnen Maßnahmen sind von verschiedenen Faktoren abhängig.
Die Gesamtkosten lassen sich mit einem vertretbaren Aufwand nicht ermitteln.

Zu Frage 6 – Wie viele Mitarbeiter aus Kreisverwaltung und Kreispolizeibehörde waren bei den Abschiebungen bzw. Abschiebeversuchen im Einsatz, für welche Dauer?

Entsprechend den Regelungen in Nordrhein-Westfalen sind die Ausländerbehörden für die Durchführung der Abschiebung zuständig. Der Personaleinsatz und die Dauer werden individuell geplant.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden in Einzelfällen von Beamten der Kreispolizeibe-hörde unterstützt, sofern vorab von einer besonderen Gefahrensituation auszugehen ist, z.B. wenn die ausreisepflichtige Person wiederholt wegen Körperverletzung verurteilt wurde oder Widerstandshandlungen bereits vorher angekündigt wurden.

Zu Frage 7 – In welche Länder wurden jeweils wie viele Personen abgeschoben? Welches wären die Zielländer bei den nicht „erfolgreichen“ Abschiebeversuchen gewesen?

Die einzelnen Zahlen lassen sich mit einem vertretbaren Aufwand nicht ermitteln.

Neben den Rücküberstellungen in andere EU-Staaten erfolgten Abschiebungen u.a. nach Afghanistan, Algerien, Armenien, Georgien, Guinea, Kosovo, Mazedonien, Russland, Pakistan, Serbien.

Zu Frage 8 – Wie viele Menschen sind 2015 „freiwillig“ aus dem HSK in ihr Herkunftsland oder in anderes Land ausgereist?

In den Jahren 2015 und 2016 sind ausreisepflichtige Personen wie folgt ihrer Ausreisepflicht nachgekommen und ausgereist:
2015: 190
2016: 403

Zu Frage 9 – Welche Unterstützung erhalten „freiwillig“ Ausreisende durch den HSK?

Seitens des Hochsauerlandkreises werden keine Ausreise- oder Startbeihilfen gewährt.

Freiwillige Ausreisen werden von IOM (Internationale Organisation für Migration) gefördert. Die Förderung umfasst, abhängig vom Heimatland, Reisekosten und Startbeihilfen. I.d.R. wird die Förderung nur einmal gewährt. Personen .die zur erneuten AsylantragstelIung wieder einreisen, sind nicht mehr anspruchsberechtigt.

Daneben gibt es seit dem 01.02.2017 das neue Förderprogramm „Starthilfe Plus“ des Bundes. Das Förderprogramm beinhaltet hinsichtlich der finanziellen Förderung ein Stufensystem.

Für beide Programme sind die Anträge bei den örtlichen Sozialämtern zu stellen.

Zu Frage 10 – Kooperiert die Ausländerbehörde des HSK — so wie Stadt Arnsberg — mit der Rückkehrberatung des Deutschen Roten Kreuzes in Hamm oder einer anderen Rückkehrberatungsstelle oder —organisation? Wenn nein warum nicht?

Mit der Rückkehrberatung des Deutschen Roten Kreuzes arbeitet die Ausländerbehörde nicht zusammen.

Im Rahmen eines Letter of lntent war im Jahr 2014 eine Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Flüchtlingsberatungsstellen im HSK, dem Kommunalen Integrationszentrums und der Ausländerbehörde vereinbart worden. Die FlüchtlingsberatungsstelIen hatten sich auch zu einer Rückkehrberatung verpflichtet. Tatsächlich konnte, so die Mitteilung, dies aber aus personellen Gründen nicht umgesetzt werden.

Wie Sie den Zahlen unter Ziffer 8 entnehmen können, hat sich das hiesige Konzept (Bera-tung durch die Ausländerbehörde, Antragstellung beim örtlichen Sozialamt) bewährt.

Abschließend noch eine Anmerkunq:

Mit der Wortwahl Ihrer Anfrage, wollen Sie offensichtlich die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ausländerbehörde in Frage stellen.

Entsprechend den gesetzlichen Vorschriften ist ein Ausländer, der keine Aufenthaltserlaub-nis hat und auch nicht erhalten kann, zur Ausreise verpflichtet. Kommt der Ausländer der gesetzlichen Ausreisepflicht trotz Empfehlung der Ausländerbehörde freiwillig auszureisen nicht nach, ist er, s. meine Ausführungen zu Ziffer 1, abzuschieben.

Diesen gesetzlichen Auftrag setzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ausländerbe-hörde um. Die Entscheidungen der Ausländerbehörde werden, sofern entsprechende Anträ-ge gestellt werden, durch das VerwaItungsgericht Arnsberg überprüft und auch bestätigt. Seit 2015 musste eine Abschiebung aufgrund einer Entscheidung des VG Arnsberg gestoppt werden. Bei den anderen Abschiebemaßnahmen wurden die Entscheidungen der Auslän-derbehörde vom VG Arnsberg bzw. OVG Münster bestätigt.

Mit freundlichen Grüßen
gez. Dr. Schneider“

Abschließend noch Anmerkungen der SBL und zwar erst mal nur speziell zu minderjährigen Flüchtlingen und Asylbewerbern:

Einige Fragen läßt der HSK ja weiterhin unbeantwortet, u.a. die, wie viele Kinder und Ju-gendliche aus dem Bereich des Kreisausländeramts abgeschoben worden sind.
Kann oder will uns die Behörde das nicht beantworten? Ist es vielleicht daran begründet, dass sie sich das Ausländeramt bei der Abschiebung Minderjähriger auf dünnem Eis bewegt?
Denn
in solchen Fällen kann Art. 6 GG der Menschenrechtskonvention (Art. 8 EMRK) greifen.
Weil
„eine Abschiebung zum Schutz der Familie und minderjähriger Kinder ausgeschlossen wer-den kann. Einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann es dann aus § 25 Abs. 5 AufenthG geben.
Ein Abschiebeverbot folgt dann aus dem Schutz der Familie, Art. 6 GG und der Menschenrechtskonvention (Art. 8 EMRK), so genanntes inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis.“

Im Klartext:
Für minderjährige Kinder abgelehnter Asylbewerber hat der Gesetzgeber – sofern die Kinder gut integriert sind – ein eigenständiges Aufenthaltsrecht geschaffen, mit der Folge, dass auch ihren Eltern eine Duldung gewährt werden muss. Schließlich kann man Minderjährige nicht alleine in Deutschland lassen!

Wäre interessant zu wissen, wie Hochsauerlandkreis diese Regelung umsetzt!?

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