Informationen und Meinungen zur Kreispolitik im HSK

Putenmast = Tierquälerei, Gesundheits- und Umweltbelastung?

By adminRL at 6:32 pm on Tuesday, August 26, 2014

Appetitlich ist anders
Seitdem bekannt ist, dass im Dörfchen Schederberge bei Meschede ein neuer, großer Putenmastbetrieb entstehen soll, ist das Thema „Massentierhaltung“ im Sauerland sehr präsent. Wer sich dann ein wenig in dieses Thema vertieft, dem vergeht womöglich der Appetit auf Geflügel!? Wen wundert`s? Denn jeder Internet-User findet auf Anhieb zig Berichte über mit Antibiotika vollgepumptes Putenfleisch. MRSA-Keime im Geflügel sind offenbar auch keine Seltenheit.

Lebenswertes Leben ist ganz anders
Ganz Schlimmes liest man über die Lebensbedingungen der Mastvögel. Den Küken werden kurz nach dem Schlüpfen die Schnäbel gekürzt werden. Danach leben sie auf engstem Raum zusammengepfercht, so dass sie sich kaum bewegen können. Ihr einziger Lebenszweck ist ja zu fressen, um ganz schnell fett und schlachtreif zu werden. Ein so dichtes Zusammenleben mit Artgenossen mögen auch Vögel nicht. Unter diesen Bedingungen werden sie leicht krank und mitunter auch so aggressiv, dass sie sich gegenseitig tothacken.

Alles andere als umweltfreundlich
Ein anderer Aspekt der massenhaften Tierproduktion ist die Umweltbelastung. Was geschieht mit den Tier-Exkrementen und mit den Antibiotika-Rückständen?
Gerade was den Antibiotika-Einsatz betrifft, liegt sicher auch oder gerade bei der Putenmast einiges im Argen.

Mit offenen Karten spielen ist vielleicht nicht wirklich gewollt
Einen von vielen Hinweisen auf die unbefriedigende Lage finden wir in einer Veröffentlichung des NRW-Verbraucherministeriums. Minister Johannes Remmel kritisierte im Juni 2013 den Versuch der Unternehmen und Verbänden der Geflügelindustrie, die aktuelle fachaufsichtliche Überprüfung des Einsatzes von Antibiotika in der Putenmast mit rechtlichen Mittel zu verhindern. Um deutlich zu machen wie die Situation ist, zitieren wir hier den Minister:
„Das Vorgehen des Verbandes der deutschen Putenerzeuger sowie einiger Putenerzeugergemeinschaften gegen das Land und die Kommunen zeigt ganz klar, dass sie nicht an Transparenz interessiert sind.“
Der Anlass seines Ärgers war eine vom Graf von Westphalen im Auftrag einiger Putenerzeugergemeinschaften ausgesprochene Warnung an die Kommunen in NRW, sich an der vom Landesumweltamt (LANUV) durchgeführten fachaufsichtlichen Überprüfung zu beteiligen. In dem 4 Seiten umfassenden Schreiben forderte die Kanzlei die Kommunen auf, bis zum 14. Juni eine Erklärung zu unterschreiben, bestimmte Daten nicht an das LANUV weiterzureichen.

Wer mehr darüber wissen möchte, hier der entsprechende Link:
http://www.umwelt.nrw.de/ministerium/service_kontakt/archiv/presse2013/presse130624_a.php

Wenn man das dann weiß wird einem vielleicht einiges klar!

Und als ob es noch nicht genug Unerfreuliches gäbe, hier die Fragen der Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) und die Antworten der Kreisverwaltung zum neuen Putenmastbetrieb in Meschede-Schederberge.

PS: Hinweise, Kenntnisse, Erkenntnisse und Diskussionsbeiträge sind ausdrücklich erwünscht!

Fragen der SBL/FW und Antworten des HSK zur Putenmast

Punkt 1 – Massentierhaltung

Frage a) Halten Sie Massentierhaltung, so wie sie z.B. in dem bereits bestehenden Betrieb in Meschede-Horbach seit Jahren praktiziert wird, für eine geeignete, artgerechte und nicht tierquälerische Form der Tierhaltung?
Antwort zu a) Diese Frage kann nicht beantwortet werden, da es nicht Aufgabe der Kreisverwaltung ist, politische Statements abzugeben.

Frage b) Wie stellt der Hochsauerlandkreis sicher, dass Tieren in Massentierhaltung, wie z.B. den Puten in Horbach, ein artgerechtes, schmerz- und leidensfreies Leben gewährleistet wird (dazu gehört z.B., dass die Vögel nicht permanent im Hellen gehalten werden) und, dass die Schlachtung für die Tiere möglichst angst- und schmerzfrei verläuft?
Antwort zu b) Die Ställe, die in Horbach zur Putenmast genutzt werden, genügen den tierschutzrechtlichen Bestimmungen.
Die Schlachtung der Puten erfolgt in einem außerhalb des Hochsauerlandkreises angesiedelten Schlachtbetrieb, wo sie durch amtliches Personal überwacht wird.

Frage c) Bekanntlich bietet die Massentierhaltung vielfache Verbreitungsmöglichkeiten für diverse Arten von Krankheitserregern, die auch auf Menschen übertragbar sind. Durch welche Maßnahmen trifft der HSK diesbezüglich Vorsorge?
Antwort zu c) Der Tierhalter ist verpflichtet, vor jeder Ausstallung Proben auf z. B. Salmonellen untersuchen zu lassen.

Frage d) Wie groß sind die Mengen Antibiotika und anderer wachstumsfördernden Pharma-Produkte (wie Hormonpräparaten), die im Mastbetrieb in Meschede-Horbach seit 2012 bis heute eingesetzt wurden?
Antwort d) Diese Fragen (d und e) können nicht beantwortet werden.
Die Menge der angewendeten Arznei- sowie die Art der eingesetzten Futtermittel werden im Rahmen der Kontrollen der Putenmastbetriebe im Hochsauerlandkreis nicht detailliert erfasst. Diese Daten müssten daher nacherfasst werden, was mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre.

Frage e) Welche Futtermittel werden den Puten in Meschede-Horbach verabreicht? Steht auf dem „Speiseplan“ auch Futter aus „recycelten“ Tierkörpern?
Antwort e) Diese Fragen (d und e) können nicht beantwortet werden.
Die Menge der angewendeten Arznei- sowie die Art der eingesetzten Futtermittel werden im Rahmen der Kontrollen der Putenmastbetriebe im Hochsauerlandkreis nicht detailliert erfasst. Diese Daten müssten daher nacherfasst werden, was mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre.

Frage f) Wie groß war in den Jahren 2012 bis heute im oben genannten Mastbetrieb die Mortalität der Tiere durch Verletzungen und Krankheiten (Anzahl der verendeten Tiere)? Wie viele Tötungen erfolgten aufgrund von Verletzungen und Krankheiten? Wo und wie werden die Kadaver entsorgt?
Antwort f) Die ersten beiden Teilfragen können nicht beantwortet werden.
Mortalität und Anzahl der getöteten Tiere werden im Rahmen der Kontrollen der Putenmastbetriebe im Hochsauerlandkreis nicht detailliert erfasst. Diese Daten müssten daher nacherfasst werden, was mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre.
Die im Laufe der jeweiligen Mastperiode anfallenden Tierkadaver werden in der zuständigen Tierkörperbeseitigungsanstalt ordnungsgemäß entsorgt.

Punkt 2 – Kontrollen

Frage a) Wie häufig, zu welchem Zwecke, mit welcher Intensität und durch wen erfolgten im Zeitraum von 2012 bis heute Kontrollen in Geflügelmastbetrieben? Wann und wo und mit welchen Ergebnissen wurden die Überprüfungen durchgeführt (z.B. beim Putenmastbetrieb in Meschede-Horbach)?
Antwort a) Die Geflügelmastbetriebe im Hochsauerlandkreis werden durch die Tierärzte des FD 36 regelmäßig anlässlich der Ausstallung zur Schlachtung kontrolliert. Das bedeutet, dass Putenmastbetriebe etwa vierteljährlich, Hähnchenmastbetriebe etwa alle 6 – 8 Wochen amtlich überprüft werden. Dabei werden neben der Einhaltung der tierschutzrechtlichen Mindestanforderungen auch die Gesundheit der Tiere sowie der Einsatz von Arzneimitteln beurteilt. Außerdem werden in den Geflügelmastbetrieben des Hochsauerlandkreises im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplanes regelmäßig Proben von Tränkwasser und Geflügelfleisch auf evtl. vorhandene Rückstände von Arzneimitteln untersucht.

Frage b) Wie oft kam es in dieser Zeit zu Beanstandungen seitens des Kreisveterinäramtes oder anderer Kontrollinstanzen?
Antwort b) Zu den Fragen b) und c) Beanstandungen wurden bei den in der Antwort zu Frage a) dargelegten Kontrollkriterien nicht festgestellt.

Frage c) Welche Mängel wurden im Einzelnen festgestellt (z.B. beim Putenmastbetrieb in Meschede-Horbach)?
Antwort c) Zu den Fragen b) und c) Beanstandungen wurden bei den in der Antwort zu Frage a) dargelegten Kontrollkriterien nicht festgestellt.

Frage d) Wie werden Kontrollen und Mängel dokumentiert und wie lange, wo und für wen sind diese Dokumente einsehbar?
Antwort d) Als Ergebnis einer beanstandungsfreien Kontrolle wird eine Gesundheitsbescheinigung für die Verbringung der Tiere zur Schlachtung ausgestellt. Diese Bescheinigungen werden im FD 36 für die Dauer von 5 Jahren archiviert.

Punkt 3 – Auswirkungen auf Landwirtschaft, Umwelt und Wasser

Frage a) Trifft es zu, dass im näheren und weiteren Umfeld des bestehenden wie des geplanten Putenmastbetriebs im Stadtgebiet Meschede von dem Betreiber der Mastanlage(n) landwirtschaftliche Flächen aufgekauft oder gepachtet werden, um dort Mais für die Geflügelmast anzubauen?
Antwort a) Zu den Fragen a) bis c) und e) Die Fragen zu Maisanbauflächen und Düngung (Umsetzung der Düngeverordnung) der landwirtschaftlichen Flächen (Fragen 3 a — c und e) können von der Unteren Wasserbehörde nicht beantwortet werden. Hier ist die Zuständigkeit der Landwirtschaftskammer in Meschede gegeben.

Frage b) Wenn ja, wie groß sind die Maisanbauflächen für die Putenmast im Stadtgebiet Meschede? In welchen Ortschaften befinden sich größere Maismonokulturen ?
Antwort b) Zu den Fragen a) bis c) und e) Die Fragen zu Maisanbauflächen und Düngung (Umsetzung der Düngeverordnung) der landwirtschaftlichen Flächen (Fragen 3 a — c und e) können von der Unteren Wasserbehörde nicht beantwortet werden. Hier ist die Zuständigkeit der Landwirtschaftskammer in Meschede gegeben.

Frage c) Trifft es zu, dass diese Maisflächen mit Gülle aus der Putenmast und/oder den restlichen Substraten aus den Biogasanlagen des Geflügelmästers „gedüngt“ werden? Welche Güllemengen fielen 2012, 2013 und 2014 bis heute im Putenmastbetrieb in Horbach an?
Was geschieht mit der überschüssigen Gülle?
Antwort c) Zu den Fragen a) bis c) und e) Die Fragen zu Maisanbauflächen und Düngung (Umsetzung der Düngeverordnung) der landwirtschaftlichen Flächen (Fragen 3 a — c und e) können von der Unteren Wasserbehörde nicht beantwortet werden. Hier ist die Zuständigkeit der Landwirtschaftskammer in Meschede gegeben.

Frage d) Wurde und wird durch z.B. den HSK überprüft, dass die mit Gülle beaufschlagten Flächen im Stadtgebiet Meschede Fluss-, Grund- und Trinkwasser beeinträchtigen oder gibt es Hinweise darauf? Liegt der fragliche Bereich im Einzugsgebiet von Trinkwassergewinnungsanlagen? Wenn ja, von welchen?
Antwort d) In jedem landwirtschaftlichen Baugenehmigungsverfahren, so auch bei Herrn Heinemann, prüft die UWB neben der Einhaltung der JGS-Anlagenverordnung und dem technischen Regelwerk zunächst, ob dem landwirtschaftlichen Betrieb ausreichend Lagerkapazität für Gülle, Jauche und Festmist (Güllelagernachweis) zur Verfügung steht.
Weiter wird geprüft, welche Flächen der Landwirt bewirtschaftet. Hier müssen den Antragsunterlagen ein Flächenverzeichnis und Kartenmaterial der landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsflächen beiliegen. Die Flächen werden auf ihre Lage in Wasserschutz- und Trinkwassereinzugsgebieten überprüft. Werden Flächen in Wasserschutzgebieten bewirtschaftet müssen die Genehmigungs- und Verbotstatbestände der Wasserschutzgebietsverordnung beachtet werden.
Sollte ein Ausbringen von Gülle, Jauche, Festmist nur unter Auflagen erlaubt bzw. verboten sein, wird das aufgrund der Stellungnahme der UWB durch entsprechende Nebenbestimmungen in die Baugenehmigung aufgenommen. Der Putenmist aus Schederberge wird nach den Angaben in den Bauantragsunterlagen in die Biogasanlage von Herrn Heinemann verbracht, dort verwertet, gelagert und dann zur landwirtschaftlichen Düngung ausgebracht.
Das aktuelle Flächenverzeichnis des Betriebes vom 13.08.2014 liegt der UWB vor. Herr Heinemann bewirtschaftet rund 110 ha. Davon liegen rund 18,8 ha im Wasserschutzgebiet „Stockhausen”, Schutzzone III B. Gemäß der Wasserschutzgebietsverordnung ist das Ausbringen von Nährstoffträgern wie Gülle, Jauche und Stallmist erlaubt, wenn die Düngung auf der Grundlage eines Düngeplans erfolgt, der alle Nährstoffeinträge berücksichtigt und auch die den wasserwirtschaftlichen Belangen angepassten Empfehlungen der Beratung durch die Landwirtschaftskammer entspricht. Der Düngeplan wird vom Betrieb Heinemann angefordert.

Frage e) Wie, wie oft, durch wen und mit welchen Ergebnissen wurde und wird der Nitratgehalt der mit Gülle und/oder den Rückständen aus Biogasanlagen „gedüngten“ landwirtschaftlichen Flächen überprüft?
Antwort e) Zu den Fragen a) bis c) und e) Die Fragen zu Maisanbauflächen und Düngung (Umsetzung der Düngeverordnung) der landwirtschaftlichen Flächen (Fragen 3 a — c und e) können von der Unteren Wasserbehörde nicht beantwortet werden. Hier ist die Zuständigkeit der Landwirtschaftskammer in Meschede gegeben.

Frage f) Wie schätzen Sie die Auswirkungen der bestehenden und der geplanten Putenmastanlage auf die umliegenden Naturschutz- und Naherholungsgebiete ein?
Antwort f) Das Naturschutzrecht bietet keine Möglichkeiten, in die Umnutzung bestandsgeschützter Gebäude in einer Ortslage einzugreifen, wenn die nach anderen einschlägigen Normen rechtskonform ist. Insofern sind damit — sofern sie tatsächlich stattfinden — weder Veränderungen im Naherholungsverhalten der Bevölkerung beeinflussbar, noch kann darüber Einfluss auf einen — wahrscheinlich in dieser windhöffigen Lage kaum messbaren, erst recht in seinen ökologischen Auswirkungen nicht quantifizierbaren — zusätzlichen Nährstoffeintrag aus der Luft genommen werden. Die sog. „critical loads”, die die Stickstoffbelastung bestimmter Biotoptypen begrenzen sollen, sind ggf. in Verfahren nach dem BlmSchG zu berücksichtigen.

Punkt 4 – Beeinträchtigung der Bevölkerung

Frage a) Welche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung schreibt der Gesetzgeber für den Bau eines Putenmastbetriebs vor? Welche Vorsorge muss z.B. gegen die zu erwartende Feinstaubbelastung, gegen Geruchsbelästigung und die Gefahr von Antibiotika-Resistenzen getroffen werden?
Antwort a) Immissionsschutzrechtliche Beurteilungsgrundlagen für Tierhaltungsanlagen sind die VDI Richtlinien 3894 Blatt 1 „ Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen Haltungsverfahren und Emissionen — Schweine, Rinder, Geflügel, Pferde” sowie 3894 Blatt 2 „Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen Methode zur Abstandsbestimmung — Geruch”. Bei Unterschreitung der nach VDI 3894 Blatt 2 ermittelten Richtlinienabstände kann, wie im vorliegenden Fall, alternativ eine differenziertere Beurteilung der Geruchsimmissionen auf der Grundlage einer Ausbreitungsrechnung (in der Regel AUSTAL 2000) durchgeführt werden. Hierbei wird die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen herangezogen.

Frage b) Wie hoch ist die Feinstaubbelastung im unmittelbaren sowie im weiteren Umfeld des Putenmastbetriebs in Horbach?
Antwort b) Es besteht keine gesetzliche Vorschrift und Notwendigkeit, für den geplanten Putenmaststall die Feinstaubbelastung in Horbach zu ermitteln.

Frage c) Unterstützen Sie – so wie die SBL/FW – die Resolution der Interessengemeinschaft Schederberge? Wenn nein, warum nicht?
Antwort c) Diese Frage kann nicht beantwortet werden, da es nicht Aufgabe der Kreisverwaltung ist, politische Statements abzugeben.

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