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Landtagsmehrheit beim Landesverfassungsgericht gescheitert

By admin at 5:42 pm on Wednesday, November 22, 2017

Genau so klar wie die Mehrheit im Landtag, als dieser im Juni 2016 die Einführung einer 2,5-Prozent-Sperrklausel für Kommunalwahlen beschloss, war auch die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts zu dieser Sperrklausel: Sie verstößt bei den Wahlen der Gemeinderäte und Kreistags gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit. Damit ist das Vorhaben der Landtagsfraktionen von CDU, SPD und Grünen gescheitert, auf diese Weise den kleineren Parteien und Wählergruppen den Zugang zu den Kommunalparlamenten erheblich zu erschweren. An der Urteilsverkündung nahmen 6 Landtagsabgeordnete teil; das Landeskabinett war nicht vertreten.

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In der mündlichen Urteilsbegründung am 21. November stellte die Präsidentin des Landesverfassungsgerichts klar, dass für die Einführung einer Sperrklausel bei Kommunalwahlen sehr hohe Anforderungen gelten. Die seien bei weitem nicht erfüllt worden. Denn weder in der Gesetzesbegründung noch bei der Sachverständigenanhörung im Landtag noch bei der mündlichen Verhandlung beim Gericht in Münster sei es den Vertretern des Landtags gelungen deutlich zu machen, dass wegen der kleinen Fraktionen und Gruppen tatsächlich eine Funktionsunfähigkeit der Kommunalparlamente drohe. Bereits im Jahr 1999 sei die frühere 5-Prozent-Sperrklausel für Kommunalwahlen abgeschafft worden. Für diesen langen Zeitraum hätte es möglich sein müssen, auf der Basis empirischer Daten eine eventuelle bestehende tatsächliche Funktionsunfähigkeit nachzuweisen. Dies sei aber nicht erfolgt. Die Gesetzesbegründung erschöpfe sich im Wesentlichen in abstrakten, schematischen Erwägungen zu möglichen negativen Folgen einer Zersplitterung der Kommunalvertretungen. Der Gesetzgeber dürfe sich nicht mit einer abstrakten, schematischen Beurteilung begnügen. Eine durch das vermehrte Aufkommen kleiner Parteien und Wählervereinigungen bedingte bloße Erschwerung der Meinungsbildung dürfe er nicht mit einer Funktionsstörung oder Funktionsunfähigkeit gleichsetzen. Die Präsidentin hob ausdrücklich positiv hervor, dass von kleinen Parteien öfters neue Themen in die Kommunalpolitik eingebracht würden.

Gescheitert ist damit auch das Vorhaben der Landtagsmehrheit, die Sperrklausel durch die Aufnahme in die Landesverfassung abzusichern. Denn Änderungen der Landesverfassung, die den Grundsätzen unter anderem des demokratischen Rechtsstaates im Sinne des Grundgesetzes widersprechen, seien unzulässig. Zu den zwingenden Vorgaben für die Ausgestaltung der verfassungsmäßigen Ordnung in den Ländern gehöre der Grundsatz der Gleichheit der Wahl. Die Sperrklausel bewirke eine Ungleichgewichtung der Wählerstimmen hinsichtlich ihres Erfolgswertes, da Stimmen für solche Parteien und Wählervereinigungen, die an der 2,5 %-Sperrklausel scheitern, verloren gehen.

Ausdrücklich negativ erwähnt wurde der vom Landtag beauftragte Gutachter Prof. Dr. Bogumil, dessen Gutachten nicht geeignet sei, diesen erheblichen Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit zu begründen. Auch der Verfahrensbevollmächtigte des Landtags, Prof. Dr. Michael, hatte nach Berichten von Teilnehmern unserer Fraktion an der mündlichen Verhandlung dort kein gutes Bild abgegeben.

Es waren insgesamt noch sieben Verfahren zu entscheiden. Das vollständige Urteil zur Klage der Piraten-Partei lässt sich hier nachlesen:
http://www.vgh.nrw.de/entscheidungen/171121_11-16.pdf

Die Pressemitteilung des Verfassungsgerichts und Antworten auf 10 häufig zum Verfahren gestellte Fragen („FAQ“) finden sich hier:
http://www.vgh.nrw.de/pressemitteilungen/10_171121/index.php
http://www.vgh.nrw.de/pressemitteilungen/11_171121/index.php

Die SBL gehörte selbst zu den ursprünglich 9 Klägern gegen die Sperrklausel. Ihr Antrag wurde aber vom Landesverfassungsgericht für unzulässig erachtet, denn die SBL ist keine landesweit tätige Partei, sondern eine regionale Wählergruppe. Folgt man dieser Begründung, könnten sich Wählergruppen nie gegen verfassungswidrige Entscheidungen des Landtags wehren; der Rechtsstaat wäre hier aufgehoben. Daher hat die SBL gegen diese Feststellung des Landesverfassungsgerichts bereits vor einem halben Jahr Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt, über deren Zulassung bisher nicht entschieden wurde. Eine weitere in Kalrsruhe eingelegte Verfassungsbeschwerde gegen die Sperrklausel kann die SBL nun für erledigt erklären.

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