SBL hinterfragt ein Schreiben des Jobcenters
44,50 Euro zahlt eine Empfängerin von Arbeitslosengeld 2 für ihre Wohnung monatlich zu viel, so behauptet das “JobCenter” in einem Schreiben. Deswegen soll die etwa 60-jährige Frau für Abhilfe sorgen, mit anderen Worten, sie soll in eine billigere Wohnung umziehen. Kosten dürfte ihre Bleibe maximal 285,50 Euro, einschließlich der Nebenkosten außer Heizung. Das ist nun wirklich nicht gerade üppig. Es ist fraglich, wo und wie man so eine preiswerte Wohnung in Brilon auftreiben kann?!
Hintergrund der Aktion des JobCenters sind erheblich reduzierte Mietobergrenzen, die die Kreisverwaltung im August 2013 für die Empfänger von Grundsicherung festgelegt hat. Sie wurden von einem beauftragten Hamburger Unternehmen im Rahmen eines angeblich “schlüssigen Konzepts” ermittelt.
Der krankheitsbedingt nicht arbeitsfähigen Frau wird nun ein Jahr Zeit eingeräumt, sich um einen Wohnungswechsel oder um eine Mietminderung seitens ihres Vermieters zu kümmern.
So steht es jedenfalls im Schreiben des Jobcenters Brilon. Das Schreiben der Behörde endet mit der Aussage, die Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten sei nach der Rechtssprechung des LSG NRW kein Verwaltungsakt. Daher wären Widerspruch und Klage nicht zulässig.
Doch genau diese Behauptung zweifelt Kreistagsmitglied Reinhard Loos von der Sauerländer Bürgerliste (SBL) an, ebenso wie einige andere Aussagen in dem erwähnten Schreiben. Darum richtete er am 17.12.2013 an den Landrat eine Anfrage mit folgendem Wortlaut:
„Sehr geehrter Herr Landrat,
mit einem mir vorliegenden Schreiben der Stadt Brilon, Fachbereich III, Abteilung für Sozialangelegen¬heiten, JobCenter, vom 05.12.2013 teilt das JobCenter einer Leistungsberechtigten mit, ihre bisher gezahlte monatliche Bruttokaltmiete sei um 44,50 Euro zu hoch. Sie müsse bis spätestens Ende 2014 ihre Aufwendungen für ihre Wohnung senken.
Weiter heißt es, Widerspruch und Klage gegen diese Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten seien unzulässig. Diese Behauptung im Schreiben des JobCenters der Stadtverwaltung Brilon halte ich für unzutreffend; denn die in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des LSG ist in diesem Fall nicht anwendbar. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass es in dem damals entschiedenen Fall um ein Eilverfahren ging und dass noch keine Aussage zur Zumutbarkeit getroffen worden war.
…
Zu dem Sachverhalt stelle ich folgende Fragen:
1. Wie viele derartige Schreiben mit Aufforderungen zur Senkung der Unterkunftskosten wurden bisher in den einzelnen Städten und Gemeinden verschickt, wie viele sind bis April 2014 noch absehbar oder geplant?
2. Wann und wie wurden die Mieterin und andere Betroffene von den JobCentern darüber informiert, welche neuen Höchstmietwerte gelten, wie sie ermittelt wurden, und wo sie die entsprechende Tabelle einsehen können? Wenn nein, warum nicht?
3. Wann und wie wurden die von solchen Schreiben betroffenen Leistungsberechtigten darauf hingewiesen, dass die zulässigen Höchstmietwerte bis 2015 möglicherweise an-gehoben werden könnten? Wenn nein, warum nicht?
4. Im Schreiben vom 05.12.2013 behauptet das JobCenter, für die leistungsberechtigte (kranke) Frau sei ein Wohnungswechsel bzw. eine Senkung ihrer Aufwendungen für die Wohnung zumutbar. Wie sind derartige Behauptungen in Schreiben der JobCenter be-gründet?
5. Wie überprüfen die JobCenter vor dem Versand von Aufforderungen zur Kostensenkung, ob in der jeweiligen Stadt oder Gemeinde tatsächlich geeignete freie Wohnungen im Rahmen der neuen Miethöchstwerte angeboten werden?
6. Trifft es, zu, dass die tatsächliche Ermittlung der zulässigen Höchstmieten nur nach den Medianwerten der festgestellten Bestandsmieten (für derzeit vermietete Wohnungen) und nicht nach den wesentlich höheren Angebotsmieten (für verfügbare Wohnungen) erfolgte und dass – gemeindeübergreifend – etwa 80% der Angebotsmieten die Miethöchstwerte überschreiten?
7. Ist die Kreisverwaltung bereit, die Betroffenen darüber zu informieren, dass und wie diese gegen derartige Aufforderungen zur Kostensenkung doch Rechts¬mittel einlegen können?
Im übrigen soll es eine Endfassung des sog. „schlüssigen Konzepts“ für die Kosten der Un-terkunft vom 31.07.2013 geben, die uns bisher nicht vorliegt, Bitte stellen Sie uns – und allen anderen interessierten Fraktionen und Wählergruppen im Kreistag – diese Endfassung zur Verfügung.“
Pingback by Sauerländer Bürgerliste » „Angemessene Unterkunftskosten“ = Angstmache?
January 9, 2014 @ 1:40 am
[…] Die Anfrage: SBL-Kreistagsmitglied Reinhard Loos hält diese Behauptung des Jobcenters für unzutreffend und richtete am 17.12.2013 einen Fragenkatalog zu dieser Problematik an den Landrat. Klick: http://sbl-fraktion.de/?p=3710 […]