Nach der Info-Veranstaltung zur Sekundarschule in der Stadthalle in Meschede am 27.08.2012 ist es fast klar, Meschede bekommt eine Sekundarschule. Stadtverwaltung, Schulexperte, Lehrer, Eltern, Politiker und sonstige Zuhörer, sehr wahrscheinlich sind alle überzeugt.
Und genau so soll es ja auch sein. Nicht umsonst titelte die Westfalenpost in der letzten Woche: „Sekundarschule; jetzt müssen die Eltern überzeugt werden.“
Viele Meschederinnen und Mescheder haben offenbar die Zeitung gelesen oder Radio Sauerland gehört; denn die Stadthalle war recht gut gefüllt. Bürgermeister Hess begrüßte alle mit einem Hinweis auf die Schulministerin Löhrmann und deren Wunsch nach Aufrechterhaltung eines wohnungsnahen Schulangebots. Zum Schuljahrgang 2013/14 solle in Meschede eine Sekundarschule im August-Macke-Schulzentrum mit Teilstandort Freienohl eingerichtet werden. Zu einer Gesamtschule sage er ein klares Nein, betonte der Bürgermeister, und: „Eine siebenzügige Gesamtschule ist in Meschede nicht zu machen!“
Gisela Bartsch, Leiterin des Fachbereichs Generationen, Bildung, Freizeit, kündigte für diesen Abend zwei Präsentationen an, die des Schulexperten Dr. Rösner und die verschiedener Schulleiterinnen und Schulleiter von den Hauptschulen und der städtischen Realschule.
Dr. Rösner machte anhand von Zahlen und Fakten deutlich, wie schnell sich die Schullandschaft ändert und wie groß der Handlungsbedarf ist. Meschede habe eine Übergangsquote zur Hauptschule, die doppelt so hoch liege wie die landesdurchschnittliche. Umgekehrt hätte Meschede im Vergleich zum Landesdurchschnitt eine deutlich geringere Übergangsquote zum Gymnasium. „Bei den Kindern dieser Stadt kann man noch allerhand Schätze heben,“ konstatierte Dr. Rösner ein wenig scherzhaft. Die Abitur-Option in dieser Stadt liege bei 34,6%, im NRW-Durchschnitt bei 60,7%. Trotz manch gegenteiliger Annahmen schafften Kinder mit einer schlechten Schulempfehlung in der Regel das Abi. Der Prozess weg von der Hauptschule sei gegen politische Interessen immun. Der Schulexperte erläuterte auch, dass neben den Hauptschulen auch Realschulen ein Problem haben. Die Realschulen würden ausbluten weil kein Nachschub mehr von den Hauptschulen komme. Dr. Rösner mahnte auch, nicht darauf zu vertrauen, dass andere Kommunen es richten. Am Ende seien die Gewinner Schulen mit gymnasialen Standards. Die müssten dann aber auch durch Gymnasiallehrer abgedeckt sein. Meschede sei gut beraten, neben den Gymnasien eine weitere Schule mit gymnasialen Standards anzubieten. Seine weiteren Ausführungen bezogen sich konkret auf die Sekundarschule: „Jede Sekundarschule ist ein Unikat.“ 75 Kinder aus Mescheder Grundschulen müssten generiert werden, es sei denn, die Stadt schließe einen Kooperations-Vertrag mit einer Nachbarstadt. Zudem müssten die Belange auswärtiger Schulträger geprüft werden.
Vor dem Einstieg in die Diskussion stellten vier Schulleiterinnen und Schulleiter aus Meschede das pädagogische Konzept mit den gymnasialen Standards vor, wie ihre zukünftige Sekundarschule arbeiten wird, wie der Stundenplan aussehen könnte und, dass die Kinder täglich frühestens ab 7.15 Uhr in die Schule hineinspazieren können und spätestens um 15.20 Uhr wieder hinausspazieren müssen. Der Unterricht solle jeden Tag für alle mit einer verbindlichen Förderstunde beginnen. Das Logo der Schule steht offenbar auch schon fest. Es ist das Logo vom Stadtmarketing „Vielfalt Meschede“.
Währendessen gingen unserer Autorin einige Kritikpunkte durch den Kopf.
Kritikpunkt 1: Nach ihren Erfahrungen als berufstätige Mutter konnte sie nur sagen, eine Ganztagsschulzeit von 7.15 Uhr bis 15.20 Uhr ist für Vollzeit arbeitende Eltern ziemlich knapp bemessen. In ihrem Fall hätte das hinten und vorne nicht gereicht.
– Etliche junge Mütter in der Reihe vor ihr kritisierten allerdings das Gegenteil, nämlich den Ganztagsschulbetrieb. Sie möchten, dass ihre Kinder wie gewohnt mittags nachhause kommen und erkundigten sich nach Alternativen zu der verpflichtenden Ganztagsschule. –
Kritikpunkt 2: Bei aller Vielfalt von der bei den Präsentationen die Rede war, kam kein einziger Hinweis darauf, dass vor allem Migranten-Kinder es im bisherigen dreigliedrigen Schulsystem schwer haben, gute Bildungsabschlüsse zu erreichen. Eine Auseinandersetzung mit diesem Thema im Zusammenhang mit der neuen Sekundarschule in Meschede findet nicht statt.
Kritikpunkt 3: Es könnte Schwierigkeiten bei der Kooperation zwischen Sekundarschule und den Gymnasien geben. Wie wir vor ein paar Tagen aus der Zeitung erfuhren, klappt ja schon die Kooperation zwischen den beiden Gymnasien in Meschede nicht.
Kritikpunkt 4: Nachdem unsere Autorin in der Diskussion als letzte Fragestellerin zum Mikrofon bzw. zu Wort kam, stellte sie an Herrn Dr. Rösner die Frage, ob auch er eine siebenzügige Gesamtschule in Meschede mit Teilstandort Freienohl für nicht machbar hält. Herr Rösner erläuterte daraufhin relativ ausführlich, dass Meschede mit einer Sekundarschule auf der sicheren Seite sei. Die Schülerzahlen sind seiner Meinung nach für eine Gesamtschule wohl zu knapp.
Und noch ein Kritikpunkt: Es wurde an diesem Abend in der Stadthalle Meschede klar, es ist erklärter Wille, dass es keine Alternative zu der protegierten Sekundarschule in Meschede zu geben hat. Schließlich stehen 2 Gymnasien und eine private Realschule auf dem Spiel. Dass die Eltern nun entsprechend überzeugt sind, wird die Elternbefragung wahrscheinlich ergeben.
Jetzt wird im Stadtrat noch geklärt, wie der Elternfragebogen aussehen soll. Ab 24. September sollen die Bögen verteilt und schon am 28. September eingesammelt werden. Dazwischen, am 24. und am 25. September, wird an den Grundschulen noch ein wenig die Werbetrommel für die Sekundarschule gerührt. Am 31. Oktober soll dann der Stadtrat entscheiden.
Nach diesem Abend in der Stadthalle könnte etwas in Fluss kommen. Wer weiß, welche Biegung der Fluss in zwei, drei, vier Jahren nimmt?!