Am Mittwoch dem 23. Oktober 2013 fand in Brilon eine von der Kreisverwaltung kurzfristig anberaumte Informationsveranstaltung zu den Bodenbelastungen statt. Die Einladung der Bürgerinnen und Bürger erfolgte erst am Morgen desselben Tages durch die Tageszeitung.
SBL-Kreistagsmitglied Reinhard Loos kritisierte in dem Zusammenhang den Mangel an Bürgerfreundlichkeit und Transparenz und bat den Landrat am 25.10. schriftlich um die Beantwortung einiger Fragen. Die Antwort vom 12.11. liegt jetzt vor. Der Landrat erläutert in seiner Antwort die Gründe für das Vorgehen der Kreisverwaltung und erklärt, er hätte sich in der Bürgerversammlung öffentlich dafür entschuldigt, dass dieser Kreis nicht größer gewählt worden ist. Die in der Versammlung Anwesenden hätten seine Entschuldigung angenommen. Anmerkung: Die Nichtanwesenden konnten dazu nichts sagen und haben also doppelt das Nachsehen.
Hier der vollständige Wortlaut der Antwort des Landrats:
“Ihre Anfrage gern. § 11 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Kreistages
hier: „Bodenuntersuchungen in Brilon”
Sehr geehrter Herr Loos,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte:
1. Hält der Landrat die Zeitspanne zwischen der Information der Öffentlichkeit über das Stattfinden der Informationsveranstaltung und der Durchführung der Veranstaltung für angemessen?
Die betroffenen Anwohner der beiden Wohngebiete sind mit Schreiben von Freitag, 18.10.2013, eingeladen worden. Die Information an die Medien wurde am Montag, 21.10.2013, 10 Uhr, verschickt, so dass der Hörfunk an diesem Tag noch die Möglichkeit hatte, auf die Bürgerversammlung hinzuweisen, und die Printmedien am darauf folgenden Dienstag. Am Montag, 21.10.2013, war die Einladung ebenfalls auf den Internetseiten des Hochsauerlandkreises und der Stadt Brilon veröffentlicht.
Der Zeitraum von der Einladung bis zur Bürgerversammlung wurde kurz gewählt, um eine zum Termin der Bürgerversammlung differenzierte und umfassende Erstinformation der Betroffenen unter Berücksichtigung der gewonnenen gutachterlichen Erkenntnisse sicher zu stellen und gleichzeitig eine in den Medien mögliche und im heutigen Web 2.0 entstehende Imagenachteilige Diskussion für die Stadt Brilon zu vermeiden. Trotz dieser kurzen Zeitspanne waren rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Bürgerzentrum Kolpinghaus anwesend. Zu der Bürgerversammlung wurden die Bürger schriftlich eingeladen, deren Grundstücke tatsächlich begrabt worden sind. Dazu zählten auch Mieter. Bürgerinnen und Bürger der beiden betroffenen Wohngebiete, deren Grundstücke nicht auf der Probeliste standen, wurden nicht angeschrieben, waren aber ebenfalls wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger der Stadt Brilon eingeladen. Für dieses Vorgehen hat sich der Kreis entschieden, weil das Informationsinteresse der Eigentümer und Mieter nicht beprobter Grundstücke innerhalb und außerhalb der untersuchten Gebiete gleich sein musste. Ich habe mich bereits in der Bürgerversammlung öffentlich entschuldigt, dass dieser Kreis nicht größer gewählt worden ist. Die in der Versammlung Anwesenden haben meine Entschuldigung angenommen.”
(Anmerkung: Die Diskussionen gibt es auch so. Bei einer früheren Einladung hätten aber mehr Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit gehabt, sich direkt zu informieren! Und die Abwesenden konnten sich zur Entschuldigung des Lamdrats nicht in der Versammlung äußern…)
“2. Wie gedenkt der Landrat zukünftig bei ähnlichen Anlässen die frühzeitige Information der Öffentlichkeit sicherzustellen?
Die Gründe für die relativ kurzfristige Einladung habe ich Ihnen bereits in Frage 1 dargelegt. Auch zukünftig wird die Information der Öffentlichkeit jeweils im Einzelfall abgestimmt.”
“3. Warum wurden vorab nur Vertreter einiger der im Kreistag vertretenen politischen Richtungen und nicht aller Richtungen informiert, obwohl gemäß § 26 Abs. 2 Kreisordnung NRW der Kreistag „durch den Landrat über alle wichtigen Angelegenheiten der Kreisverwaltung zu unterrichten” ist?
In der Ältestenratssitzung am 11.10.2013 wurden die Fraktionen über die Bodenuntersuchungen und die anstehende Bürgerversammlung informiert. Darüber hinaus haben die jeweiligen
Vorsitzenden des Ausschusses für Gesundheit und Soziales und des Ausschusses für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten Kenntnis erhalten. In den nächsten Sitzungen der beiden Ausschüsse
wird über die Angelegenheit berichtet.”
(Anmerkung: Damit bestätigt der Landrat indirekt, dass seine Informationspolitik nicht in Ordnung war. Die Kreistagsmitglieder der SBL und der Linken wurden nicht informiert.)
“4. Welche Bodenuntersuchungen wurden, auf Veranlassung der Kreisverwaltung oder mit Kenntnis der Kreisverwaltung, seit dem Jahr 1980 auf den jetzt untersuchten oder benachbarten Flächen in Brilon vorgenommen, und welche Ergebnisse hatten diese Untersuchungen?
Mir liegen erst ab dem Jahre 1985 Erkenntnisse zu Schwermetallbelastungen im Stadtgebiet Brilon vor, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:
1985/1988 Der Hochsauerlandkreis hat mit Beschluss des Kreistages vom 29.05.1985 die Untersuchung der landwirtschaftlich genutzten Flächen auf Schwermetalle im Boden im Kreisgebiet beauftragt Die Untersuchungen und Ergebnisse sind in einer Broschüre mit dem Titel „Schwermetalle in Böden landwirtschaftlich genutzter Flächen” 1988 veröffentlicht worden.
1991 durchgeführte Ergänzungsuntersuchungen auf Flächen, deren Einzelproben aus den Untersuchungen zum o.g. Schwermetallkataster hohe Anreicherungen von Schwermetallen aufwiesen, und 1993 entnommene Aufwuchsproben (Futtermittel) belegten einen standort- und bodenabhängig geringen Transfer von Schwermetallen aus dem Boden in die Pflanze. Einschränkungen für die Verfütterung ergaben sich somit nicht.
1989 Untersuchungen von Gartenböden in der Pagestraße in Brilon; ausgehend von den Ergebnissen des o.g. Schwermetallkatasters und dem hier durchzuführenden Bauleitplanverfahren wurden 10 Bodenproben aus 7 Hausgärten entnommen und auf Schwermetalle untersucht. Leitparameter war seinerzeit das Cadmium, parallel wurden diverse Gemüsepflanzen untersucht. Die z. T. hohen Schwermetallbelastungen (Maximalwerte: Cadmium 26,4 mg/kg, Blei 2359,0 mg/kg — Minimalwerte: Cadmium 4,1 mg/kg, Blei 564,0 mg/kg) führten dazu, dass vom Verzehr des angebauten und erntereifen Gemüses abgeraten wurde, gegen die Nutzung von Baum-, Zier- und Rasenflächen bestanden keine Bedenken. Die Ergebnisse wurden den Betroffenen am 25.09.91 in einem Gespräch mitgeteilt.
2004/2005 Im Zuge des Verkaufs und der Umgestaltung des Briloner Bahnhofes wurden hohe Schwermetallbelastungen analysiert, die weitere Untersuchungen nach sich zogen. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass es sich hier um eine geogene, natürliche Belastung handelt. Aufgrund der Ergebnisse wurden, da der Wirkungspfad Boden—Mensch bei Verstaubung und entsprechender Inhalation nicht ausgeschlossen werden konnte (Worst-Case-Betrachtung), arbeitschutzrelevante Handlungsempfehlungen für den Baustellenbetrieb herausgegeben.
2006 Im Rahmen des Futtermittelkontrollplanes wurden Futterpflanzen von bekannten landwirtschaftlich genutzten belasteten Flächen im Raum Brilon erneut untersucht. Eine Überschreitung der futtermittelrechtlichen Grenzwerte für Schwermetalle wurde dabei nicht festgestellt.
2006/2012 Diverse Baumaßnahmen der Stadt vor allem im Bereich des Bahnhofes (z.B. Tiefbauarbeiten) führten aufgrund der geforderten Untersuchungen und der sich daraus ergebenden Entsorgungsprobleme für überschüssige Bodenmassen zum Anstieg der Baukosten. Dies mündete in die Beauftragung des Gutachterbüros Dr. Kerth & Lampe, Detmold; im Dezember 2012 mit der Zusammenstellung der Schwermetallbelastungen des Bodens im Stadtgebiet Brilon anhand der bis dato vorliegenden Gutachten und Erkenntnisse. Das Gutachten wurde der Stadt und dem Hochsauerlandkreis am 29.05.13 vorgestellt.
07/2013 Die Auswertung des o.g. Gutachtens führte zu der Beauftragung von Bodenuntersuchungen auf Schwermetallbelastungen im Bereich Derkerborn und Hoppecker Straße. Diese Bereiche wurden in Abstimmung mit dem Gutachter und der Stadt gewählt, weil im Bereich Derkerborn ein außerhalb des Baugebietes liegender Probenahmepunkt aus dem zuvor genannten Schwermetallkataster eine hohe Schwermetallbelastung aufwies und die zuvor durchgeführte Recherche im Rahmen des in 12/2012 beauftragten Gutachtens Hinweise auf ehemaligen Erzbergbau zeigten. Der Bereich Hoppecker Straße wurde gewählt, da für einen in dem Bereich liegenden Nutzgarten Bodenproben im FIS StoBo (Auswertung aus dem Fachinformationssystem der stofflichen Bodenbelastung) dokumentiert sind, die ebenfalls eine erhöhte Schwermetallbelastung aufweisen. Auch dies ist in dem zuvor beauftragten Gutachten der Stadt Brilon recherchiert worden.
09/2013 Beauftragung der Erstellung eines umweltmedizinisch — toxikologischen Gutachtens durch Prof. Ewers, Hygieneinstitut Gelsenkirchen.
10/2013 Vorstellung der Ergebnisse unter Teilnahme der Gutachter in einer Bürgerversammlung; das Gutachten von Prof. Ewers ist mittlerweile auf der Internetseite des HSK eingestellt, das Gutachten vom Büro Dr. Kerth & Lampe GmbH soll nach Klärung der Datenschutzbelange ebenfalls ins Internet gestellt werden.”