Informationen und Meinungen zur Kreispolitik im HSK

Kein soziales Bewusstsein

By admin at 2:55 pm on Monday, January 30, 2023

6.191 Haushalte im HSK (also mehr als 10.000 Personen) waren im Jahr 2021 auf Grundsicherung angewiesen. Bei ihnen reichte das Einkommen sonst nicht aus, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Grundsicherung wird für Erwerbsfähige nach dem Sozialgesetzbuch II gezahlt, für Nicht-Erwerbsfähige (z.B. RentnerInnen) nach dem SGB XII. Die Empfänger-Haushalte (“Bedarfsgemeinschaften”) enthalten die Leistungen für den laufenden Lebensunterhalt und die “angemessenen” Kosten der Unterkunft (KdU).

Die Angemessenheitsgrenzen für die KdU reichen jedoch häufig nicht aus. Laut einer schriftlichen Antwort der Bundesregierung vom 05.08.2022 wurden im HSK bereits im Jahr 2021 für 16,6% aller Bedarfsgemeinschaften durchschnittlich 73,60 Euro pro Monat für die KdU nicht erstattet, weil die ihnen tatsächlich entstehenden Kosten nicht anerkannt wurden (BT-Drs. 20/3018, S. 18). Und daran ändert sich durch das “Bürgergeld” nichts: Anders als von der Kreisverwaltung in der Sitzung des Gesundheits- und Sozialausschusses am 01.12.2022 behauptet, sind die „Altfälle“, bei denen die tatsächlichen KdU bisher nicht anerkannt wurden, von der mit dem Bürgergeld ab 01.01.2023 neu eingeführten einjährigen Karenzzeit ausdrücklich ausgenommen (§ 65 Abs. 7 SGB II).

Für die Haushaltsberatung im Kreistag hatte die SBL beantragt, dass die Kreisverwaltung im I. Quartal 2023 ein neues Gutachten über die angemessenen Kosten der Unterkunft für EmpfängerInnen von Bürgergeld erstellen lassen soll.

In der Haushaltsrede der SBL wurde dies so erläutert:

Ein für viele Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserem Kreis sehr wichtiges Thema ist die Grundsicherung. Wir haben da schon öfter darüber gesprochen. Nun, die Situation wird schlimmer. Lassen Sie uns zunächst einen geistigen Ausflug nach Augsburg machen. Die Damen und Herren der CDU werden sich daran erinnern, dass dort Ende Oktober der Parteitag der CSU stattfand. Da ist auch Ihr Bundestagsabgeordneter, der gleichzeitig der Bundesvorsitzende ist, aufgetreten, die Rede kann man bei YouTube nachhören. Nach 51 Minuten kam er zum Thema Cannabis. Warten Sie ein paar Sätze ab, Sie werden gleich erfahren, was das mit unserem Thema heute zu tun hat. Also auf Cannabis gehe ich nicht ein. Aber dann sagte Herr Merz den schönen Satz, um seine Kompetenz in der Kenntnis der niederländischen Verhältnisse zu demonstrieren: Ich wohne an der niederländischen Grenze. Er, der bekanntlich aus Niedereimer kommt – beides fängt mit „Nieder“ an – sagt, er wohnt an der niederländischen Grenze? Jeder hier weiß, dass das Unsinn ist und er muss eigentlich wissen, wo er wohnt.

Dieses Argumentationsmuster, was dann eindeutig gelogen ist, findet sich leider in vielen anderen Aussagen der CDU-Bundesspitze auch wieder. Sei es Energiepolitik, sei es Staatsbürgerrecht und sei es auch die Grundsicherung bzw. das Bürgergeld. Was es da an Kampagne von der CDU-Spitze zusammen mit der BILD-Zeitung in den letzten Monaten gab, spottet jeder Beschreibung und vor allem jeder sachlichen Richtigkeit. Man hat einfach übersehen, dass es auch für Leute, die wenig Geld haben, außer Grundsicherung noch Wohngeld und Kinderzuschlag und vieles andere gibt. Dass etwa 30 % der Grundsicherungsempfänger parallel arbeiten und nur deswegen aufstocken müssen, weil der Lohn zu gering ist und vieles andere. Hier sind Ängste und Ressentiments geschürt worden, die nichts mit der Realität zu tun haben.

Aber, meine Damen und Herren, wir haben eine Verantwortung. Es gibt eine Auskunft der Bundesregierung vom August dieses Jahres. Der ist zu entnehmen, dass eben bei 16,6 % der Bedarfsgemeinschaften hier im Kreis – das sind ungefähr 1.000 Bedarfsgemeinschaften – durchschnittlich mehr als 70 € von den Unterkunftskosten nicht anerkannt werden – bezogen auf das Jahr 2021. Und das, meine Damen und Herren, wird schlimmer. Jeder weiß, wie die Kosten steigen. Und wenn dann von der CDU auch behauptet wird: Ja, wir haben das Bürgergeld, das steigt jetzt um 12 %, so sagt das nur die halbe Wahrheit. Wir haben für die unteren Einkommensgruppen eine Preissteigerung von 14 % – allgemein 10,5 %, aber die unteren Einkommensgruppen haben höhere Anteile von Ausgaben für Lebensmittel und Haushaltsenergie -, und wir haben steigende Wohnkosten. Wenn man sieht, was der Kreis, der allein für diese Unterkunftskosten zuständig ist – und da sind wir bei unserem Thema – diesen Familien und Bedarfsgemeinschaften zubilligt, so sind das zum Beispiel in Brilon, Olsberg, Schmallenberg und Winterberg – wir haben die Beispiele reingeschrieben – teilweise knapp 6 €, teilweise etwas mehr als 6 € und zwar einschließlich aller Nebenkosten außer Heizung, die pro Quadratmeter aufgewendet werden dürfen.

Jeder, der sich ein bisschen auskennt, weiß, das reicht hinten und vorne nicht. Deswegen haben wir aufgrund der besonders prekären Situation erneut beantragt, ein neues Gutachten zu machen, um reell festzustellen, wie hoch denn die tatsächlich angemessene Angemessenheitsgrenze ist. Wir können uns doch nicht damit zufriedengeben, dass 1.000 Bedarfsgemeinschaften aufgrund zu geringer Angemessenheitsobergrenzen nicht mehr ihre Grundsicherung bekommen, sondern diese noch erheblich gekürzt wird. Das, meine Damen und Herren, kann nicht richtig sein. Es war auch nicht sehr hilfreich, dass die Verwaltung im Gesundheits- und Sozialausschuss behauptet hat, das würde alles mit dem neuen Bürgergeldgesetz geklärt. Da, meine Damen und Herren, steht ausdrücklich drin, dass eben das für die Altfälle nicht gilt. Wenn einmal gekürzt wurde, bleibt es dabei.”

Leider unterstützte im Kreistag nur die Linke den Antrag der SBL. CDU/FDP, SPD und Grüne waren nicht bereit, die Aktualisierung der Angemessenheitsgrenzen zu unterstützen. Wo bleibt das soziale Bewusstsein, z.B. bei der “sozial”-demokratischen Partei??

Filed under: SozialesComments Off on Kein soziales Bewusstsein

Wohnkostenlücke im HSK schließen!

By admin at 11:58 pm on Thursday, February 17, 2022

Schon seit Jahren wird vielen Haushalten im HSK, die Grundsicherung (Alg2 oder Sozialgeld) erhalten, von der Kreisverwaltung nur ein Teil ihrer notwendigen Kosten für ihre Wohnung erstattet. Bisher wird das Problem von der GroKo aus CDU/SPD/FDP und der Kreisverwaltung ignoriert. Aktuell verschlechtert sich die Situation weiter, denn die Regelsätze für den Lebensunterhalt sind zu Jahresbeginn nur um 0,67% gestiegen, aber die Preise um mehr als 5%. Die Aufwendungen für Haushaltsenergie sind binnen Jahresfrist sogar um etwa 18% gestiegen.

Für die nächste Sitzung des fachlich zuständigen Gesundheits- und Sozialausschusses hat die SBL-Kreistagsfraktion folgenden Tagesordnungspunkt beantragt:
• Wohnkostenlücke im HSK
mit folgendem Beschlussvorschlag:
• „Landrat und Kreisverwaltung werden beauftragt, bis zur nächsten Sitzung des Ausschusses konkrete Vorschläge vorzulegen, um die Wohnkostenlücke bei den Kosten der Unterkunft (einschließlich aller Mietnebenkosten und Strombezug) zu schließen und dabei auch die Auswirkungen der drastischen Steigerung der Energiekosten zu berücksichtigen.“

Begründung und Erläuterung:
Bekanntlich sind die Angemessenheitsgrenzen für die Wohnkosten der Empfänger von Grundsicherungsleistungen (nach SGB II und SGB XII) im HSK zu niedrig.
Die konkreten Auswirkungen für den HSK ergeben sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage vom 19.07.2021 (BT-Drs. 19/31600): Für jede 5. Bedarfsgemeinschaft reichen die Wohnkosten nicht aus.
Einige wesentliche Ergebnisse für das Jahr 2020:
– Für 19,9% aller Bedarfsgemeinschaften, die Miete zahlen, sind die tatsächlichen KdU höher als die anerkannten KdU.
– Die ungedeckte Differenz beträgt durchschnittlich 71,57 Euro pro Monat.
– Für Bedarfsgemeinschaften mit Kindern beträgt die ungedeckte Differenz sogar 89,75 Euro pro Monat.
– Die gesamte Differenz im Kreisgebiet zwischen tatsächlichen und anerkannten KdU beläuft sich auf 1.086.859 Euro.

Wenn die KdU nicht voll übernommen werden, müssen die Bedarfsgemeinschaften die Differenz aus den für den laufenden Lebensunterhalt bestimmten Regelsätzen ausgleichen.

Die monatlichen Regelsätze pro Person betragen derzeit 449 Euro für Alleinstehende und 404 Euro für Paare. Zum 01.01.2022 sind sie nur um 0,67% gestiegen. Die Preissteigerungsrate zum Jahresende 2021 lag allerdings bei 5,3%, für Energiekosten (Kraftstoffe und Haushaltsenergie) sogar bei 18,3%. [https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/Tabellen/Verbraucherpreise-Sondergliederungen.html]

Dadurch wächst die Wohnkostenlücke weiter an, weil noch mehr Bedarfsgemeinschaften noch größere Anteile ihrer Regelsätze für die Wohnkosten verwenden müssen und ihnen daher nicht für den sonstigen laufenden Lebensunterhalt zur Verfügung stehen.

Diese Entwicklung ist aus sozialen Gründen nicht akzeptabel, so dass der Kreis als Träger der Grundsicherung geeignete Maßnahmen ergreifen muss.
Die Kreisverwaltung soll im Rahmen dieses TOP auch darstellen, wie sich die Wohnkostenlücke in den einzelnen 12 Städten und Gemeinden lokal auswirkt. Die konkreten Daten sind ja offensichtlich verfügbar, denn sonst hätte die Bundesregierung die o.g. Anfrage nicht so konkret beantworten können.

Mit freundlichen Grüßen

Reinhard Loos
SBL-Fraktionssprecher

Filed under: SozialesComments Off on Wohnkostenlücke im HSK schließen!

Kritik an Angessenheit der Unterkunftskosten

By admin at 11:45 pm on Monday, April 12, 2021

Seit Jahren kritisiert die SBL, dass die Höchstwerte für die Mieten der Bezieher von Sozialleistungen viel zu niedrig liegen. Erst am 26.02.2021 hatte der Kreisausschuss ein neues sog. “schlüssiges Konzept” beschlossen, das z.B. für die Stadt Brilon Mieten von mehr als 4,88 Euro je Quadratmeter als unangemessen hoch betrachtet. Falls Bezieher von SGB II (Alg 2) oder SGB XII (Sozialgeld) zu diesem Preis keine Wohnung finden, wird ihre Grundsicherung gekürzt.

Ueberschrift-WP-20210403

Nun hat auch die heimische Presse über dieses Thema berichtet und mehrere Immobilienmakler im Kreisgebiet befragt. In einem Artikel der WP am 06.04.2021 (nicht online verfügbar) steht dazu u.a.:

“Vor allem die Briloner und Sauerländer Bürgerliste kritisieren immer wieder die ihrer Ansicht nach zu niedrigen Ansätze des sog. „Schlüssigen Konzepts“, mit dem der HSK die Kostengrenzen festsetzen lässt. Die WP hat bei Immobilien-Experten nachgefragt.”

Drei der Äußerungen:

„Ein Quadratmeterpreis von 4,88 Euro spiegelt nicht ansatzweise die tatsächlich aufgerufenen und erzielten Mietpreise wider. Wir haben zu diesen Konditionen schon lange keine Vermietungen mehr durchgeführt.“

“Es falle finanzschwachen Mietern inzwischen sehr schwer, Wohnraum zu finden … Neuvermietungen zu einem Mietpreis von 4,88 Euro/qm gibt es nur noch im sozial geförderten Wohnungsmarkt, wobei die meistens öffentlich geförderten Objekte aus der Bindung gefallen sind und in den letzten 20 Jahren nur noch sehr wenige Objekte mit Sozialbindung gebaut wurden.“

“Teilweise sei es so, dass die Kosten, die die Ämter für solche Wohnungen übernehmen, teilweise absolut losgelöst sind von der Realität und den tatsächlichen Mieten.“

Ob auch die GroKo im Kreistag demnächst mal die reale Situation erkennt?

Filed under: SozialesComments Off on Kritik an Angessenheit der Unterkunftskosten

Sauerländer Bürgerliste (SBL) stellt Anfrage zu der Methodik zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen für die “Kosten der Unterkunft”

By admin at 7:28 pm on Wednesday, March 24, 2021

Konzept und Methode unlogisch?
Reinhard Loos, Sprecher der Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL), wandte sich am 23.03.2021 erneut mit einer Anfrage zu der nach Meinung der SBL fragwürdigen Berechnungsmetho-de zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen für die “Kosten der Unterkunft” an Landrat Dr. Karl Schneider.

Hier der Wortlaut des Schreibens:

„Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrter Herr Ausschussvorsitzender,

sowohl nach der Sitzung des Gesundheits- und Sozialausschusses (GSA) am 18.02.2021 als auch nach dem anschließenden Auftritt der zuständigen Amtsleiterin im Sozialausschuss einer kreisangehörigen Stadt am 16.03.2021 sind viele Fragen offengeblieben. Bekanntlich ist der von der Kreisverwaltung beauftragte Dienstleister mit wesentlichen Teilen seiner bisherigen Methodik (“Wohnungsmarkttypen” mit Clusterung) im Jahr 2019 beim Bundessozialgericht gescheitert, nachdem zuvor auch von der Kreisverwaltung des HSK immer wieder behauptet worden war, dass die von unserer Fraktion schon seit vielen Jahren deswegen geäußerten Bedenken unberechtigt wären.

Daher stellen wir nun folgende Fragen als schriftliche Anfrage:

1. Wie hoch sind die 20 Obergrenzen für die Kaltmieten in den 4 Vergleichsräumen und dort jeweils für die 5 Größen von Bedarfsgemeinschaften (1 bis 5 Personen)?

2. Wie viele Mieten wurden in den zu unterscheidenden 20 “Fällen” (4 Vergleichsräume mit jeweils 5 Größen von BG) erfasst als
– Bestandsmieten,
– Angebotsmieten,
– Neuvertragsmieten?

3. Wie viele der Angebotsmieten in den 20 “Fällen” liegen jeweils unter den Obergrenzen gemäß Frage 1, absolut und als Anteil aller Angebotsmieten für den jeweiligen Fall?

4. Wie hoch war der Rücklauf in den 12 kreisangehörigen Städten und Gemeinden bei der postali-schen Befragung von Vermietern?

Stellen Sie bitte außerdem den Fraktionen die Präsentation über das neue KdU-Konzept zur Verfügung, die Anfang des Jahres 2021 für die Sozialämter erstellt wurde; sie ist wesentlich ausführlicher als die im GSA gezeigte Präsentation.
.

Anmerkung:
Die Antwort zu Frage 3 lässt sich durch simple Datenbankfunktionen in etwa einer Viertelstunde aus einer Datei mit den Datensätzen, die Grundlage für die Ermittlung der Höchstmieten waren, ermitteln. Denn diese Datensätze enthalten die Kaltmiete je qm, den Vergleichsraum und die Gemeinde. Sollte sich die Kreisverwaltung nicht zur inhaltlichen Beantwortung dieser Frage in der Lage sehen, möge sie unserer Fraktion die Datei mit allen Datensätzen der Angebotsmieten zur Verfügung stellen, in irgendeinem Tabellen- oder Datenbankformat. Wir ermitteln die Ergebnisse dann selbst.“

Weitere Anmerkung der Redaktion:

Die Kosten der Unterkunft (KdU) betreffen alle Leistungsbezieher nach
– SGB II (Alg 2, „Hartz IV“, einschl. „Aufstocker“ zum Arbeitslohn) und
– SGB XII (Sozialhilfe für nicht Arbeitsfähige einschl. Rentner)

Sie werden zusätzlich zum Regelsatz gezahlt (aktuell 446 € p.M. für einen alleinstehenden Erw.)
Die KdU Sollen die „angemessene“ Miete und Nebenkosten abdecken. Heizkosten werden extra gezahlt.

Alle, die in einem Haushalt leben, werden als „Bedarfsgemeinschaft“ (BG) betrachtet; nach Personenanzahl der BG und Vergleichsraum (s,u.) wird die angemessene Miete ermittelt.

Ein sog. „Schlüssiges Konzept“ für die KdU wird alle 4 Jahre vom HSK neu aufgestellt
(zuletzt im Februar 2021 rückwirkend zum 01.01.2021) und alle 2 Jahre mit Index fortgeschrieben.

Die Entscheidung erfolgt durch den Kreistag des HSK; vorher wird Zustimmung aller Bürgermeister eingeholt.

Die Abwicklung wird vom Kreis auf die Sozialämter der Gemeinden delegiert.

Für die KdU gibt es nur etwa 25% Zuschuss vom Bund (plus Zuschläge für andere Zwecke), während die Regelsätze zu 100% refinanziert werden. Daher belasten die KdU die kommunalen Haushalte.

Falls das Sozialamt die Miete einer Bedarfsgemeinschaft als „unangemessen hoch“ ansieht, erfolgt eine Umzugsaufforderung (im Behördendeutsch als “Kostensenkungsaufforderung bezeichnet) und ggf. eine Kürzung des Regelsatzes (wegen der Pandemie derzeit nur zurückhaltend).

Im „Archiv“ der SBL finden Sie unter den Stichworten „KdU“ oder „Kosten der Unterkunft“ eine ganze Reihe Infos, wie beispielsweise den Bericht über die erfolgreiche Klage einer Rentnerin aus Brilon gegen das Unterkunftskosten-Konzept des Hochsauerlandkreises.
Klick:
http://sbl-fraktion.de/?s=Kosten+der+Unterkunft

Filed under: SozialesComments Off on Sauerländer Bürgerliste (SBL) stellt Anfrage zu der Methodik zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen für die “Kosten der Unterkunft”

War es eine Märchenstunde?

By admin at 9:16 am on Wednesday, March 17, 2021

Im Sozialausschuss der Stadt Brilon ging es am Dienstag (16.03.) auf Antrag der Briloner Bürgerliste (BBL) auch um die Kosten der Unterkunft (KdU). Die BBL hatte beantragt, der Briloner Bürgermeister solle den Landrat auffordern, “die Angemessenheitsgrenzen für die Stadt Brilon so festzulegen, dass zu diesen Mieten Wohnungen in der Stadt Brilon auch tatsächlich in ausreichender Zahl verfügbar sind.”

Von den Angemessenheitsgrenzen der KdU betroffen sind alle Leistungsbezieher nach
– SGB II (Alg 2, „Hartz IV“, einschl. „Aufstocker“ zum Arbeitslohn) und
– SGB XII (Sozialhilfe für nicht Arbeitsfähige einschl. Rentner).
Die KdU werden zusätzlich zum Regelsatz gezahlt, der aktuell 446 € p.M. für einen alleinstehenden Erwachsenen beträgt. Sie sollen die „angemessene“ Miete und Nebenkosten abdecken. Heizkosten werden extra gezahlt. Alle, die in einem Haushalt leben, werden als „Bedarfsgemeinschaft“ (BG) zusammen betrachtet; nach Personenanzahl der BG und Stadt/Gemeinde wird die angemessene Miete ermittelt. Falls die Miete einer BG angeblich „unangemessen” hoch ist, erfolgt vom Sozialamt eine “Kostensenkungsaufforderung”. Dann bleibt in der Realität nur ein Umzug (falls eine billigere Wohnung verfügbar ist) oder es läuft auf eine Kürzung des Regelsatzes hinaus, um den angeblich zu hohen Anteil der Miete.

Für die Angemessenheitsgrenzen wird alle 4 Jahre vom HSK ein sog. „schlüssiges Konzept“ aufgestellt und alle 2 Jahre nach einem Index fortgeschrieben. Zum 01.01.2021 stand ein neues Konzept an; es wurde am 26.02.2021 vom Kreisausschuss des HSK beschlossen. Die Durchführung wird vom Kreis auf die Sozialämter der Gemeinden delegiert.

Die Ergebnisse haben allerdings mit der Realität wenig zu tun, weil die festgelegten Höchstmieten nicht marktgerecht sind. So gelten für Brilon, Marsberg und Olsberg Quadratmetermieten nur bis 4,88 Euro als angemessen, bei größeren Bedarfsgemeinschaften sogar nur bis 4,57 Euro.

Mit der Erstellung der Konzepte wird von der Kreisverwaltung seit 2013 die Fa. “Analyse & Konzepte” (A+K) beauftragt. Wer sich näher mit der Methodik der Fa. A+K beschäftigt, stößt auf gravierende methodische Probleme. So erfolgt die Berechnung der angemessenen Mieten nur anhand der “Bestandsmieten”, also der erhobenen Mieten für bereits vermietete Wohnungen. Aber es bestehen gravierende Unterschiede zu den deutlich höheren “Angebotsmieten” für tatsächlich verfügbare Wohnungen.
Der Rücklauf bei einer postalischen Anfrage an ca. 12.000 private Vermieter lag unter 10%. Dafür wurden dann Mieten von sog. institutionellen Mieten erhoben. Das ist in Brilon vor allem eine Wohnungsbaugenossenschaft, deren Wohnungen aber gar nicht frei verfügbar sind.
Eine realistische Überprüfung, ob tatsächlich Wohnungen zu den festgelegten Höchstmieten verfügbar sind, erfolgt nicht. Dabei ergibt sich sogar aus den Unterlagen der Kreisverwaltung die Absurdität der festgelegten Höchstmieten: Parallel zu den Bestandsmieten wurden z.B. für Brilon/Marsberg/Olsberg Angebotsmieten erhoben, und die lagen für 1-Personen-Haushalte in 46 von 47 Fällen über dem von der Kreisverwaltung festgelegten Höchstwert.

Im Sozialausschuss trug die zuständige Amtsleiterin der Kreisverwaltung vor. Angeblich sei das Konzept auf “wissenschaftlicher Grundlage” ermittelt worden und durch die Rechtsprechung so vorgeschrieben. Dazu, ob Mieten wirklich nur bis 4,88 Euro als angemessen gelten können, wurde nichts gesagt. Auch zur tatsächlichen Verfügbarkeit von Wohnungen zu diesen Preisen gab es keine konkrete Aussage, trotz Nachfrage mehrerer Ausschussmitglieder. Auf die Einwände mehrerer Teilnehmer, dass die ermittelten Mieten unrealistisch wären, kam die Antwort, dass es sich um “Einzelfälle” handeln müsse. Und angeblich gebe es bei Überschreitung der Höchstmiete keine “Umzugsaufforderungen”, sondern “Kostensenkungsaufforderungen” (Wo ist der Unterschied für die Betroffenen??).
Und es sei ja auch egal, wenn eine Familie wegen der Miethöhe in eine andere Stadt, in einen weit entfernten Ortsteil umziehen müsse…
Und für die Ortsteile seien die festgelegten Mieten ausreichend (dabei ergibt sich sogar aus den Daten der Kreisverwaltung das Gegenteil, wie oben für Brilon/Marsberg/Olsberg dargestellt)
Wer mit der Kürzung seiner Grundsicherung nicht einverstanden sei, der könne ja beim Sozialgericht dagegen klagen. (Das wird allerdings nur für wenige Betroffene möglich sein!)
Besonders peinlich: Die Amtsleiterin kritisierte, dass die BBL in ihrem Antrag geschrieben hatte, der Kreisausschuss habe im Februar das neue Konzept für die KdU beschlossen, und behauptete, das habe der Kreistag gemacht. Normalerweise wäre das völlig belanglos, aber wenn die Amtsleiterin so etwas als wichtig ansieht und aufgreift, dann sollte ihre Kritik wenigstens zutreffen. Der Kreistag hat in diesem Jahr noch gar nicht getagt. Seriösität sieht anders aus…

Ehrlich war wenigstens die SPD-Fraktion. Ihr Sprecher bezeichnete den BBL-Antrag als “Quatsch” und erklärte, wichtig sei nur, dass die Kosten für die KdU “haushaltsrelevant” seien. Ob die angemessenen Mieten realistisch ermittelt werden und die Betroffenen zu diesen Mieten Wohnungen erhalten können, ist der SPD also völlig egal.
Gab es nicht auch im HSK mal eine sozialdemokratische Partei, für die Sozialpolitik wichtig ist? Und die etwas dagegen unternommen hätte, wenn Familien mit geringen Einkommen aus ihren Wohnungen vertrieben werden, weil ihre Miete als nicht “angemessen” gilt, obwohl sie keineswegs zu hoch ist?

Fazit:
Es bleibt zu hoffen, dass Betroffene sich gegen dieses “Konzept” wehren werden. Die SBL hat schon in der Vergangenheit Klagen bei Sozialgerichten erfolgreich begleitet. Die von der Kreisverwaltung beauftragte Firma A+K zeichnet sich auch dadurch aus, dass ihre Konzepte und die angewandte Methodik schon oft von Sozialgerichten für rechtswidrig erklärt wurden, so vom Bundessozialgericht in mehreren grundlegenden Urteilen am 30.01.2019.

Filed under: SozialesComments Off on War es eine Märchenstunde?

Behörden informieren unvollständig

By admin at 10:35 am on Friday, March 20, 2020

Für viele Selbständige haben die derzeitigen Einschränkungen des öffentlichen Lebens dramatische Folgen. Restaurantbetreiber, Hoteliers, Ladeninhaber, Dolmetscher, Dozenten, Musiklehrer, Sportfotografen und viele andere müssen sich Sorgen um ihre Existenz machen, und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenfalls.

Die Behörden informieren leider nur unvollständig über die finanziellen Unterstützungen, die es in dieser Situation geben kann, so auch heute die Kreisverwaltung des HSK. In ihrer heutigen Pressemitteilung ist nur von Kurzarbeit die Rede:
https://www.hochsauerlandkreis.de/startseite/pressemeldungen/pressemeldung-_Jobcenter_im_Hochsauerlandkreis_weisen_auf_Entgeltanspruch_hin.php
Dort wird der Eindruck erweckt, als ob behördlich angeordnete Betriebsschließungen das Risiko alleine des Arbeitgebers seien.

Selbstverständlich kann ein Antrag auf Kurzarbeit vielen Betroffenen helfen. Aber Kurzarbeitergeld wird z.B. nicht gezahlt für geringfügig Beschäftigte und in den Fällen, in denen eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen oder ein Aufhebungsvertrag vereinbart wurde, aus welchen Gründen auch immer. Außerdem werden nur 60% bzw. (für Familien) 67% des Nettoeinkommens gezahlt.

Doch es gibt auch Erstattungsansprüche nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG).
https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__56.html
Sie können für Selbständige und für MitarbeiterInnen beantragt werden; zuständig in Westfalen ist der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, und zwar das “Amt für Soziales Entschädigungsrecht”.
https://www.lwl-soziales-entschaedigungsrecht.de/de/
HIer gibt es die Antragsformulare:
Für Selbständige
https://www.lwl-soziales-entschaedigungsrecht.de/media/filer_public/58/28/582887da-91f1-4b50-95f0-cc0daa01292d/ifsg_-_antrag_selbstaendige.pdf
Für ArbeitnehmerInnen
https://www.lwl-soziales-entschaedigungsrecht.de/media/filer_public/5a/22/5a22cd9d-afea-4582-ac5e-d7b1e6de0d89/antrag-mit_erkl-und-erlaeut_56_u_57.pdf

Sinnvoll ist das Stellen eines solchen Antrags bei behördlich angeordneten Betriebsschließungen und bei angeordneter Quarantäne. Derzeit scheint zwar bei den Behörden die Neigung zu bestehen, solche Anträge möglichst abzulehnen. Davon sollte man sich aber nicht abhalten lassen. Es wird sicherlich zu Widerspruchsverfahren und gerichtlichen Entscheidungen kommen.

Filed under: SozialesComments Off on Behörden informieren unvollständig

Willkür in der Kreisverwaltung des HSK? – Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) fragt beim Landrat nach

By admin at 9:31 am on Thursday, February 27, 2020

Aussichtslos scheinender Kampf mit der Behörde
Die WP Meschede berichtete in der Ausgabe vom 15.02.2020 über den seit 20 Monaten dauernden Kampf, den die Familie Lübke aus Eslohe mit dem Hochsauerlandkreis führt.

„H“ für Hilflosigkeit
Der Grund für die Auseinandersetzung mit der Behörde wäre die Verweigerung der Eintragung des „H“ für Hilflosigkeit im Schwerbehindertenausweis der volljährigen Tochter der Familie Lübke. Die junge Frau wurde mit dem Down-Syndrom geboren.

Hilfebedürftigkeit entfällt sofort nach der Volljährigkeit?
Dem Zeitungsbericht entnehmen wir, dass der HSK offenbar die Situation von Frau Lübke und ihrer Familie jetzt anders einschätzt als in den früheren Jahren. Die Kreisverwaltung geht jetzt offenbar davon aus, dass die junge Frau mit Erreichung der Volljährigkeit quasi von einem Tag zum anderen nicht mehr ständig auf fremde Hilfe bzw. auf die Hilfe ihrer Eltern angewiesen ist.

Falsche Einschätzung?
Vielleicht trifft diese Einschätzung des Hochsauerlandkreises nicht die Lebenswirklichkeit eines mit Trisomie 21 geborenen Menschen?

Spielt Geld eine Rolle?
Das „H“ würde die betreffende Person u.a. zur kostenlosen Nutzung des ÖPNV und zur Inanspruchnahme einer Begleitperson berechtigen, sowie Steuervorteile für Therapie- und Fahrtkosten bringen. In dem WP-Artikel wurden daher auch Mutmaßungen, dem HSK ginge es wohl ums Geld und nicht um die Unterstützung der jungen Frau, formuliert.

SBL/FW schreibt den Landrat an
Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) nahm die „Story“ zum Anlass, dem Landrat am 25.02.2020 diese zwei Fragen zu schicken:

• Aus welchen für uns nachvollziehbaren Gründen verweigert Ihre Behörde Frau Lübke die Eintragung des Buchstaben „H“ in ihrem Schwerbehindertenausweis?

• Wie viele ähnlich gelagerte Fälle gab und gibt es seit dem Jahr 2015 im HSK und wie wurde und wird mit ihnen verfahren?

Filed under: Gesundheitspolitik,SozialesComments Off on Willkür in der Kreisverwaltung des HSK? – Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) fragt beim Landrat nach

GaGaGroKo: Gemeinsam unsozial

By admin at 8:44 am on Friday, September 6, 2019

Empfänger von Grundsicherung (Sozialhilfe oder Alg2) erhalten außer dem Regelsatz für ihren Lebensunterhalt die Kosten für ihre Unterkunft (KdU) erstattet, sofern sie als “angemessen” gelten. Für diese Angemessenheitsgrenzen hat der HSK ein Konzept aufgestellt. Bekanntlich haben Bundessozialgericht und Landessozialgericht festgestellt, dass die Methode, mit der die Angemessenheitsgrenzen ermittelt wurden, rechtswidrig ist. Dabei spielte vor allem die Bildung der Teilräume eine Rolle: Der HSK hatte die 7 Städte/Gemeinden Brilon. Olsberg, Marsberg, Bestwig, Eslohe, Hallenberg und Medebach zusammen gefasst und für sie einheitliche Mietobergrenzen festgelegt. Dies hatte die SBL immer wieder kritisiert, und diese Kritik wurde nun von der Sozialgerichtsbarkeit bestätigt.

Doch was folgte nun? Die Kreisverwaltung hat die bereits im Jahr 2016 erhobenen Mietwerte genommen und aus ihnen neue Vergleichsräume gebildet. Die Ergebnisse sind sehr merkwürdig: So werden nun in Hallenberg und Medebach höhere Mieten als angemessen betrachtet als in Brilon und Olsberg. Während die Kreisverwaltung für einen 2-Personen-Haushalt mit 65 qm Wohnfläche in Hallenberg und Meschede Mieten bis zu 404,30 Euro als angemessen betrachtet, sind es in Brilon, Marsberg und Olsberg angeblich nur 371,30 Euro. Diese Monatsmieten enthalten die Kaltmiete und auch alle Nebenkosten, außer der Heizung. Somit gelten in Brilon, Marsberg und Olsberg Kaltmieten nur bis höchstens etwa 4,19 Euro als angemessen. Für Einzelpersonen liegt der Höchstwert bei etwa 4,31 Euro. Dies ist völlig unrealistisch.

Trotz erheblicher weiterer methodischer Mängel wurde der Vorschlag der Kreisverwaltung am Mittwoch (4. September) im Kreistag unverändert beschlossen, mit den Stimmen von CDU, SPD, Grünen und FDP (“GanzGanzGrosseKoalition”), gegen SBL und Linke. Der Kreis spart zunächst Geld. Vielleicht braucht er das ja für seine sehr teuren Bauprojekte??
Den Betroffenen wird nun ihr Lebensunterhalt gekürzt, häufig um mehr als 50 Euro pro Monat, um die Miete bezahlen zu können. Sie werden nun wieder den mühsamen Weg über die Sozialgerichte gehen müssen.

Filed under: Aus Kreistag und Kreishaus,Grundsicherung,SozialesComments Off on GaGaGroKo: Gemeinsam unsozial

Die Verhinderer

By admin at 8:13 am on Friday, August 23, 2019

Da gibt es eine sinnvolle Einrichtung, die sich in unser aller Interesse – auch wenn viele das nicht erkennen – um Prostituierte im Kreis kümmert. Diese Einrichtung wird von der evangelischen Kirche getragen und heißt „Tamar“.

3 Fraktionen im Kreistag (SBL, DIE LINKE, Grüne) unterstützen die Arbeit von „Tamar“.

„Tamar“ arbeitet auf dem genannten Gebiet neben dem gesetzlich damit beauftragten Hochsauerlandkreis, allerdings in weitaus größerem und effektiverem Maße. Denn “Tamar” sucht die Betroffenen auf und versucht ihnen Hilfen anzubieten. Die Kreisverwaltung dagegen ist nur in ihren Büros während der Sprechstunden erreichbar für diejenigen, die sich zur richtigen Zeit dorthin begeben. Und mehr als ein Jahr lang hatte sie diese Beratungsarbeit ganz eingestellt.

Der HSK sollte also eigentlich froh sei, dass ihm emsige Mitarbeiterinnen von „Tamar“ die Arbeit abnehmen.
Ist er aber nicht und behauptet, alles in bester Weise allein zu erledigen.

Tut er jedoch nicht, versucht aber, das mit unzutreffenden Zahlen zu belegen.

Weil ihm das alles sehr unangenehm ist, möchte er auch auf keinen Fall, dass die Leiterin von „Tamar“ vor dem zuständigen Kreistagsausschuss spricht und selbst über ihre Arbeit berichtet.

Nur mit wunderbarer Hilfe der SPD-Ausschussmitglieder, die sich der Stimme enthielten, gelang es den Vertretern der Mehrheitsfraktion (CDU) im Ausschuss so, trotz Unterzahl, eine Redemöglichkeit für „Tamar“ zu verhindern.

Einen erneuten Antrag dazu in der nächsten Sitzung schmetterte der Ausschuss, diesmal sogar mit den Stimmen der SPD-Vertreter, ganz cool mittels der Geschäftsordnung ab.

Warum überhaupt der ganze Zirkus, wird sich der Leser fragen.

Weil die Arbeit von „Tamar“ Geld kostet, ist man dort auf Zuschüsse von den von ihr bedienten Landkreisen angewiesen. Einen solchen will der HSK, obgleich er Nutznießer der Arbeit von „Tamar“ ist und ziemliche Probleme bekäme, wenn diese wegfiele, aber nicht leisten. Anscheinend verschlingen einige teure Bauprojekte zu viel Geld…

Inzwischen hat allerdings sogar die CDU-Frauenunion im HSK beschlossen, „Tamar“ tatkräftig zu unterstützen.

Es wird also spannend, wenn nun der konkrete Antrag von „Tamar“ auf einen Zuschuss von 33.000 € in den Auschuss kommt!

Filed under: SozialesComments Off on Die Verhinderer

Verzögerungstaktik bei den Unterkunftskosten

By admin at 10:58 pm on Sunday, July 7, 2019

Empfänger von Grundsicherung nach SGB II (Alg 2 bzw. “Hartz IV”) oder SGB XII (Sozialhilfe) erhalten außer dem monatlichen Bedarfssatz noch die Kosten für ihre Unterkunft erstattet, sofern sie als “angemessen” gelten. Für diese Angemessenheitsgrenzen hat der HSK ein Konzept erstellt. Danach darf z.B. eine alleinstehende Person in Brilon maximal 231 Euro pro Monat an Kaltmiete zahlen – was bei vielen Betroffenen nicht ausreicht.

Am 30.01.2019 hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass das Unterkunftskostenkonzept des Kreises Bad Segeberg rechtswidrig ist. Und zwar aus den gleichen Gründen, die die SBL seit Jahren beim Konzept des HSK kritisiert hat: Mit einer pseudo-wissenschftlichen Clusterung wurden Teilräume (“Wohnungsmarkttypen”) aus höchst unterschiedlich strukturierten und räumlich nicht zusammenhängenden Gemeinden gebildet. Für diese Teilräume wurden angeblich einheitliche Mitniveaus definiert, und das führte zu gravierenden Ungerechtigkeiten.

Das für NRW zuständige Landessozialgericht hat bereits im Februar 2019 bestätigt, dass auch das Konzept des HSK aus denselben Gründen rechtswidrig ist.

Doch statt dass Landrat und Kreisverwaltung nun zügig das Konzept des HSK ändern, geschah: NICHTS.

In der Kreistagssitzung am 22.03.2019 hatte der Landrat zwar zugesagt, dass in der nächsten Kreistagssitzung über die Neuregelung der Kosten der Unterkunft für die Empfänger von Grundsicherungsleistungen beraten wird. Doch für die Kreistagssitzung am 05.07.2019 wurde immer noch keine inhaltliche Vorlage erstellt, da angeblich “das BSG den Volltext der Urteile noch nicht veröffentlicht” habe.

Als die Sitzungsdrucksache am 14.06.2019 bei den Mitgliedern des zuständigen Fachausschusses einging, stand das Urteil jedoch bereits auf den Internetseiten des BSG. Schlimmer noch: Dem Rechtsanwalt, der den HSK in dieser Angelegenheit vertritt, war es bereits am 07.06.2019 zugestellt worden.

Die SBL/FW-Fraktion kündigte daraufhin die Einberufung einer zusätzlichen Sitzung des Fachausschusses an. Denn die Betroffenen brauchen sehr bald Klarheit, ob sie sich ihre Wohnung noch leisten können. Aber das scheint der Kreisverwaltung egal zu sein. Sie schrieb, “dass bei einer Korrektur der Mietpreisobergrenzen nach oben der Hochsauerlandkreis von Amts wegen die betreffenden Leistungsbescheide nach § 44 SGB X rückwirkend zu Gunsten der Leistungsberechtigten anpassen wird”. Daher bestünde “für eine außerordentliche Einberufung des Gesundheits- und Sozialausschusses keine Notwendigkeit.” Damit verkennt die Kreisverwaltung die Situation völlig. Viele Betroffene können sich die Ungewissheit finanziell schlicht nicht leisten!

In der Kreistagssitzung wurde es anscheinend sogar dem Landrat zu unangenehm. Am 04.09.2019 findet sowieso wegen der Sanierung des Berufskollegs in Arnsberg-Hüsten eine zusätzliche Kreistagssitzung statt. Dort soll es nun auch um die Mietpreisobergrenzen gehen. Vorher wird der Sozialausschuss zu einer zusätzlichen Sitzung einberufen. Ob es dann wohl einen inhaltlichen Vorschlag der Kreisverwaltung gibt?

Bekanntlich ist das

Filed under: Soziales,UncategorizedComments Off on Verzögerungstaktik bei den Unterkunftskosten

Keine erzwungenen Umzüge (II)

By admin at 4:15 pm on Wednesday, June 5, 2019

Teil 2 (Fotsetzung von hhttp://sbl-fraktion.de/?p=9031)
Jetzt geht es ins Detail!

Behörde führt keine Statistik
Aus dem „Auszug aus der Niederschrift der Sitzung des Gesundheits- und Sozialausschuss vom 06.03.2019“:
„Herr Loos bittet um Informationen zur Anzahl der Umzugsaufforderungen bzw. Kostensenkungsaufforderungen, die der Kreis oder die Kommunen verschickt haben. Frau … weist darauf hin, dass keine Umzugsaufforderungen erlassen werden. Kostensenkungsaufforderungen werden statistisch nicht erfasst. Soweit in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit ergänzende Informationen in diesem Kontext verfügbar sind, werden diese dem Protokoll beigefügt (s. Anlage 4).“

Auszug aus Anlage 4
Fast 91.000 Euro KdU kamen nicht zur Auszahlung
„Die Anzahl von Kostensenkungsaufforderungen wird statistisch im SGB II nicht erfasst.
Aus der tabellarischen Erhebung der Bundesagentur für Arbeit zur Wohn- und Wohnkostensituation SGB II lassen sich lediglich Informationen über laufende tatsächliche Kosten der Unterkunft und laufende anerkannte Kosten der Unterkunft ablesen. Nach der letzten verfügbaren Monatstabelle Oktober 2018 ergeben sich für den Hochsauerlandkreis bei 6.670 Bedarfsgemeinschaften im SGB II tatsächliche Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 2.641.717‚- Euro. Tatsächlich anerkannt wurden durch die Jobcenter Kosten in Höhe von 2.550.900‚- Euro. Ein Rückschluss auf die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften mit gekürzten Unterkunftskosten ist darauf basierend nicht möglich. Darüber hinaus gibt es verschiedene Ursachen für die nicht vollständige Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten. Neben der Kürzung nach einer Kostensenkungsaufforderung kann z.B. nach einem nicht erforderlich Umzug eine Begrenzung auf den bisherigen Bedarf erfolgen (§ 22 Abs. 1 S. 2 SGB II). Darüber hinaus gibt es Fallkonstellationen, in denen sog. Nichtleistungsempfänger ihren Bedarf aus eigenen Mitteln abdecken.
lm Rechtskreis SGB XII werden Kostensenkungsaufforderungen ebenfalls nicht statistisch erfasst.“

Aus dem „Auszug aus der Niederschrift der Sitzung des Gesundheits- und Sozialausschuss vom 06.03.2019“:
„Aktuelle Rechtsprechung zur Bestimmung angemessener Unterkunftskosten in den Rechtskreisen SGB II und SGB XII
hier Antrag der SBLIFW-Kreistagsfraktion vom 31.01.2019
– Drucksache 9/1161 –

Herr … erbittet Wortmeldungen zur Vorlage…

Auf die Nachfrage von Herrn Loos erläutert Frau …, dass der HSK aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.01.2019 durchaus Handlungsbedarfe ableiten würde, aber zunächst die Urteilsbegründung abzuwarten sei. Sobald entsprechende Signale der Sozialgerichtsbarkeit wahrgenommen werden, wird der HSK die Chance auf Nachbesserung des „schlüssigen Konzeptes” nutzen. Eine Veränderung des bisherigen Vergleichsraumansatzes wird aus Kundensicht nicht generell zur Verbesserungen führen. Es ist nicht auszuschließen, dass auch Korrekturen nach unten möglich sind.

Bezüglich der nun anstehenden Abstimmung über den Beschlussvorschlag bringt Herr Loos seinen bereits in der Anfrage gestellten Antrag ein. über die genannten Punkte separat abzustimmen. Herr … ruft daher die einzelnen Ziffern des Antrages auf und lässt darüber einzeln abstimmen:

„Der Gesundheits- und Sozialausschuss empfiehlt dem Kreistag, zu beschließen:

Punkt 1: Ab sofort gelten für Empfängerinnen und Empfängern von Leistungen der Grundsicherung nach SGB II und SGB XII als Mietobergrenzen für die angemessenen Mieten ihrer Unterkunft mindes-tens die Tabellenwerte nach dem Wohngeldgesetz plus ein Sicherheitszuschlag von 10%.
-> Abstimmungsergebnis: zwei Stimmen dafür.

Punkt 2: Für die angemessenen Heizkosten wird von der Kreisverwaltung eine vorläufige Tabelle er-stellt, die auch die Höhenlage, die Energieträger und das Alter und den Zustand der Gebäude berück-sichtigt. Dabei müssen sich in allen Fällen mindestens die bisher verwendeten Höchstwerte plus einen Sicherheitszuschlag von 10% ergeben.
—> Abstimmungsergebnis: zwei Stimmen dafür.

Punkt 3: Als Angemessenheitsgrenze für die weiteren „kalten“ Betriebskosten werden kreisweit die bisher verwendeten Höchstwerte um einen Sicherheitszuschlag von 10% erhöht.
-> Abstimmungsergebnis: zwei Stimmen dafür.

Punkt 4: Alle Betroffenen, für die im Jahr 2019 Kürzungen wegen angeblicher Unangemessenheit der Unterkunftskosten erfolgten, erhalten Nachzahlungen mit der Differenz zwischen den sich aus 1. bis 3. ergebenden und den bisher anerkannten Unterkunftskosten.
-> Abstimmungsergebnis: zwei Stimmen dafür.

Punkt 5: Alle Betroffenen, für die im Jahr 2018 Kürzungen wegen angeblicher Unangemessenheit der Unterkunftskosten erfolgten, erhalten Nachzahlungen mit der Differenz zwischen den sich aus 1. bis 3. ergebenden und den bisher anerkannten Unterkunftskosten.
-> Abstimmungsergebnis: zwei Stimmen dafür.

Punkt 6: Der Landrat wird beauftragt, ein neues Konzept für die angemessenen Mieten, Heizkosten und weiteren Nebenkosten erstellen zu lassen, das die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus dessen Entscheidungen vom 30.01.2019 berücksichtigt.
-> Abstimmungsergebnis: zwei Stimmen dafür.

Punkt 7: Mit der Erstellung dieses Konzepts soll ein anderes als das bisher für den HSK tätige Unternehmen beauftrag werden.”
-> Abstimmungsergebnis: zwei Stimmen dafür.

Da sich bei der Befassung über die einzelnen Punkte des Antrages die Mehrheit dagegen ausgesprochen hat. weist Herr … auf den Beschlussvorschlag der Vorlage der Verwaltung hin und bittet darüber nunmehr um Abstimmung. Die Abstimmung erfolgt mehrheitlich mit zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung.

Der Gesundheits- und Sozialausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis und empfiehlt Kreisausschuss und dem Kreistag, folgenden Beschluss zu fassen:

Der Antrag der SBL/FW-Kreistagsfraktion vom 31.01.2019 mit sieben Beschlussvorschlägen zum Konzept des Hochsauerlandkreises zur Bestimmung angemessener Unterkunftskosten für Leis-tungsempfänger in den Rechtskreisen SGB II und SGB XII (5. Anlage 1) wird abgelehnt.“

KdU werden in der nächsten Kreistagssitzung wieder Thema
Auszug aus der Niederschrift der Sitzung des Kreistages vom 22.03.2019:
„10.3 Aktuelle Rechtsprechung zur Bestimmung angemessener Unterkunftskosten in den Rechtskreisen SGB II und SGB XII
hier: Antrag der SBLIFW-Kreistagsfraktion vom 31.01.2019
– Drucksache 9/1161 –

Herr Landrat Dr. Schneider informiert, dass der Gesundheits- und Sozialausschuss in seiner Sitzung am 06.03.2019 mehrheitlich, bei zwei Gegenstimmen, jeden der sieben Beschlussvorschläge abgelehnt hat.

Herr Loos stellt fest, dass das Konzept des Hochsauerlandkreises gescheitert ist. Es ist daher notwendig, über das weitere Vorgehen zu diskutieren. Die Bildung eines Vergleichsraums in weitere Wohnungsmarkttypen ist nicht sachgerecht. Dieses führt zu unangemessenen Kosten der Unterkunft. Beispielsweise sind die in der Stadt Brilon als angemessen geltenden Kosten aus seiner Sicht vollkommen unrealistisch. Dieses ist nach Aussage von Herrn Loos nicht weiter verwunderlich‚ da die Stadt Brilon gemeinsam mit der Gemeinde Bestwig. Gemeinde Eslohe, Stadt Hallenberg, Stadt Marsberg, Stadt Medebach und der Stadt Olsberg einen Wohnungsmarkttyp bildet.

Herr Loos fordert, dass der Landrat jetzt einen Schlussstrich ziehen soll. Das Konzept ist gescheitert und hat dauerhaft keine Grundlage.

Er berichtet weiter, dass eine 82-jährige Brilonerin das Verfahren gegen den Hochsauerlandkreis gewonnen hat, nachdem die Verwaltung die Klage zurückgenommen hat. Herr Loos stellt dar, dass nicht nur die Betroffenen Recht bekommen dürfen, die den Mut haben, gegen die Verwaltung zu klagen. Den Menschen, denen die Leistungen wegen angeblich zu hoher Mieten gekürzt wird, soll geholfen werden.

Herr Loos bittet den Landrat um eine Einschätzung, ob dieser davon ausgeht, dass das Konzept Bestand haben wird.

Herr Landrat Dr. Schneider erklärt, dass er sich nicht an Spekulationen beteiligen wird, welche Entscheidungen zukünftig durch Gerichte erfolgen werden.

Herr Rabe bittet um eine Stellungnahme, ob durch die Vewaltung mitgeteilt werden kann, wie viele Personen durch die Kürzung der Unterkunftskosten betroffen und wie viele Klageverfahren anhängig sind.
Herr Dr. D… erläutert, dass die Antwort dem Protokoll beigefügt wird.

Die Antwort der Verwaltung ist als Anlage 2 dem Protokoll beigefügt.

Herr B… bittet um eine kurze Einschätzung zur ungefähren weiteren zeitlichen Abfolge. Bezogen auf das Beispiel der älteren Dame aus Brilon führt er aus, dass diese bereits 82 Jahre alt ist und schon seit mehreren Jahren klagt.

Herr Dr. D… erläutert, dass die angesprochene Person aus Brilon Unterkunftskosten entsprechend der Werte nach dem Wohngeldgesetz plus einen Zuschlag von 10% erhält. Aktuell wartet die Verwaltung des Hochsauerlandkreises auf die vollständige Urteilsbegründung des Bundessozialgerichtes. Sobald diese vorliegt, wird über das weitere Vorgehen entschieden. Es ist aktuell davon auszugehen, dass die Begründung in den nächsten Monaten vorliegt und bereits in der kommenden Sitzung des Kreistages über die weitere Vorgehensweise berichtet werden kann.

Herr Landrat Dr. Schneider schlägt daraufhin vor, die Thematik in die nächste Sitzung des Kreistages zu verweisen.

Die SBL/FW-Kreistagsfraktion erklärt sich mit dem Vorschlag einverstanden.

Herr Sch… bittet abschließend um eine Mitteilung, ob bereits absehbar ist, in welchen Kommunen Veränderungen entstehen werden und wenn ja in welcher Hinsicht.

Herr Dr. D erläutert, dass hierzu aktuell noch keine Einschätzung getroffen werden kann.

Der Kreistag beschließt einstimmig, die Angelegenheit in die nächste Sitzung des Kreistages zu verweisen.“

Anlage zur Niederschrift des Kreistags am 22.03.2019
„Frage: Wie viele Personen sind von einer Kürzung der Unterkunftskosten betroffen?
Dazu wird keine interne Statistik geführt. Es wird im Bereich des SGB II auf die KdU-Statistik der Bun-desagentur für Arbeit (Wohn- und Kostensituation SGB II) verwiesen, welche monatlich veröffentlicht wird. Aktuell sind die Zahlen für November 2018 veröffentlicht. Die maßgeblichen Auszüge aus der Statistik sind beigefügt.

Aus Tabelle 2a „Wohn— und Kostensituation nach Typ der Bedarfsgemeinschaft” kann entnommen werden, dass im November 2018 die Differenz zwischen laufenden tatsächlichen Unterkunftskosten und laufenden anerkannten Unterkunftskosten 94.328 EUR beträgt. Dabei wird nicht angegeben, auf wie viele Bedarfsgemeinschaften sich die Kürzung bezieht.

Dieser Gesamtkürzungsbetrag kann sich hauptsächlich aus folgenden Gründen ergeben:
– Schlüssiges Konzept für die Unterkunftskosten
– Begrenzung auf alte Unterkunftskosten bei Umzug innerhalb der Gemeinde
– Haushaltsgemeinschaften, bei denen 2.8. ein Bewohner seinen Unterkunftskostenanteil selbst deckt
– Reduzierung der Unterkunftskosten durch 2.8. Untervermietung
– Anrechnung von Guthaben aus der Nebenkosten- und Heizkostenabrechnung

lm Rechtskreis des SGB XII liegen zu dieser Fragestellung in Bezug auf den HochsauerIandkreis ebenfalls keine Erkenntnisse vor.

Frage: Wie viele Klageverfahren im Kontext KdU sind anhängig? Wie viele wurden gewonnen?
Wie viele wurden verloren?
Im Bereich des SGB II sind 90 anhängige Klagen nicht entschieden. Ein Teil davon ist in der ersten Instanz (Sozialgericht Dortmund) wegen anhängiger vergleichbarer Verfahren in der zweiten Instanz (Landessozialgericht NRW) ruhend gestellt werden. Ein anderer Teil der Verfahren liegt aufgrund von Berufungsverfahren dem LSG NRW zur Entscheidung vor.

Im Rechtskreis des SGB II ist in keinem Klageverfahren die Unschlüssigkeit des Schlüssigen Konzeptes festgestellt werden. Das Landessozialgericht hat die Schlüssigkeit des Konzeptes in einem Verfahren bestätigt.

Im Rechtskreis des SGB XII sind 21 Klageverfahren nicht entschieden, bzw. ruhend gestellt. Elf Verfahren von drei Bedarfsgemeinschaften wurden inzwischen aufgrund von Vergleichen abgeschlossen. Dazu gehört auch der Fall, auf welchen Herr Loos Bezug nimmt.

Somit ist auch im Rechtskreis des SGB XII in keinem Klageverfahren die Unschlüssigkeit des Konzeptes festgestellt werden.“

Anmerkung:
Aus der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Landessozialgerichts ergibt sich eindeutig, dass das angeblich “schlüssige Konzept” des HSK rechtswidrig ist und damit die bisherigen Höchstgrenzen für angemessene Mieten. Wenn die Kreisverwaltung nun in Sozialgerichtsverfahren Vergleiche abschließt und darin weiter gehende Ansprüche der Betroffenen anerkennt, so vermeidet sie dadurch negative Urteile gegen den Kreis. Damit schiebt sie die dringend erforderliche Überarbeitung ihres Konzeptes hinaus – statt sofort eine generelle Lösung anzustreben!

Filed under: SozialesComments Off on Keine erzwungenen Umzüge (II)

Keine erzwungenen Umzüge?

By admin at 10:51 am on Saturday, June 1, 2019

Erster Teil …
zu den Kosten der Unterkunft (KdU) für Bezieher von Grundsicherung (nach SGB II oder SGB XII).
Mangels Rechtsgrundlage gebe es keine erzwungenen Umzüge, schreibt der HSK.

Klage hatte Erfolg
Die Stadt Brilon muss einer älteren Dame zu Unrecht einbehaltenes Geld zurück erstatten. Der Grund: Die Rentnerin hatte mit ihrer Klage gegen das Unterkunftskosten-Konzept (KdU) des Hochsauerlandkreises beim Sozialgericht Dortmund und beim Landessozialgericht (LSG) Erfolg.

KdU-Konzept ist nicht rechtens
Das Gericht wies darauf hin, dass das jetzige Konzept über die Unterkunftskosten im HSK nicht rechtens ist. Dies ergibt sich nun auch aus einer aktuellen Entscheidung des Bundessozialgerichts vom Januar 2019. Demzufolge müsste der Hochsauerlandkreis sein KdU-Konzept, das bisher eine Aufteilung in drei Wohnungsmarkttypen vorsieht, ändern.

Doch es passiert …. nichts.
Es scheint so, als wollten die Verantwortlichen weiter nach ihrem bisherigen (rechtswidrigen?) Konzept verfahren?

Anfrage der SBL-Fraktion
Im Zusammenhang mit dem Urteil des LSG bat Reinhard Loos, Sprecher der Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW), am 16.04.2019 Landrat Dr. Karl Schneider um Beantwortung dieser Fragen:
• Bei wie vielen Bedarfsgemeinschaften in den 12 Städten und Gemeinden im Kreisgebiet wer-den aktuell die Grundsicherungsleistungen wegen angeblich unangemessen hoher Unterkunftskosten gekürzt?
• Wie viele weitere Bedarfsgemeinschaften haben eine sog. Kostensenkungs¬aufforderung er-halten, ohne dass bisher die Grundsicherungsleistungen bereits gekürzt wurden?
• Wie viele Klagen gegen das KdU-Konzept des HSK sind derzeit noch anhängig?
• Wie viele erzwungene Umzüge sind in den Jahren 2018 und 2019 im HSK veranlasst worden?
• Sollen jetzt und zukünftig auch noch erzwungene Umzüge erfolgen?
Oder werden sie ausgesetzt, bis die rechtliche Klärung erfolgt ist?

„Verwaltungspraxis“ bleibt wie sie ist
Das auf den 08.05.2019 datierte Antwortschreiben des HSK besteht aus nur wenigen Sätzen und diversen Anhängen. Konkret geht die Kreisverwaltung nur auf die letzten Fragen der SBL/FW ein.
Wir zitieren:
„Zu Ihrer Frage nehme ich wie folgt Stellung:
Da mangels Rechtsgrundlage in der Vergangenheit von der Verwaltung keine Umzüge erzwungen wurden, ist eine Änderung der Verwaltungspraxis auch zukünftig nicht geboten.“

Ansonsten schreibt der HSK:
„Sehr geehrter Herr Loos,
die Aspekte 1-4 Ihrer Anfrage vom 16.04.2019 wurden bereits in der Sitzung des Gesundheits- und Sozialausschusses am 06.03.2019 und in der Sitzung des Kreistages am 22.03.2019 erörtert bzw. in der Anlage zur jeweiligen Niederschrift entsprechend dargelegt. Die entsprechenden Auszüge aus den Niederschriften sind beigefügt.“

Was erfahren wir aus den Anlagen?
Zur Frage 1 (Kürzung der Grundsicherungsleistungen):
„Aus Tabelle 2a „Wohn- und Kostensituation nach Typ der Bedarfsgemeinschaft” kann entnommen werden, dass im November 2018 die Differenz zwischen laufenden tatsächlichen Unterkunftskosten und laufenden anerkannten Unterkunftskosten 94.328 EUR beträgt.“

Zur Frage 2 (Anzahl der Kostensenkungsaufforderungen)
„Die Anzahl von Kostensenkungsaufforderungen wird statistisch im SGB II nicht erfasst.“

Zur Frage 3 (Zahl der anhängigen Klagen):
„Im Bereich des SGB II sind 90 anhängige Klagen nicht entschieden.“ (Vermutlich Stand März 2019)

Zweiter Teil folgt!

Filed under: SozialesComments Off on Keine erzwungenen Umzüge?

Unrechtmäßige Kürzung bei den Kosten der Unterkunft – Sauerländer Bürgerliste fordert Nachzahlung an alle Betroffenen

By admin at 11:52 pm on Friday, March 1, 2019

Erfolgreiche Klage
Nachdem eine Rentnerin aus Brilon im Januar 2019 mit ihrer Klage gegen das Unterkunfts-kostenkonzept des Hochsauerlandkreises Erfolg hatte, beantragte Reinhard Loos, Sprecher der Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW), bei Landrat Dr. Karl Schneider, das Konzept des HSK für die angemessenen „Kosten der Unterkunft“ für Grundsicherungsempfänger/innen nach SGB II und SGB XII zum Thema in der nächsten Sitzung des Gesundheits- und Sozialausschusses sowie in der Sitzung des Kreistags (am 22.03.2019) zu machen.

Dazu brachte die Kreistagsmitglied Reinhard Loos am 31.01.2019 folgende Beschlussvorschläge ein:
“Der Kreistag beschließt: /
Der Gesundheits- und Sozialausschuss empfiehlt dem Kreistag zu beschließen:

1. Ab sofort gelten für Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen der Grundsicherung nach SGB II und SGB XII als Mietobergrenzen für die angemessenen Mieten ihrer Unterkunft mindestens die Tabellenwerte nach dem Wohngeldgesetz plus ein Sicherheitszuschlag von 10%.

2. Für die angemessenen Heizkosten wird von der Kreisverwaltung eine vorläufige Tabelle erstellt, die auch die Höhenlage, die Energieträger und das Alter und den Zustand der Gebäude berücksichtigt. Dabei müssen sich in allen Fällen mindestens die bisher verwendeten Höchstwerte plus ein Sicherheitszuschlag von 10% ergeben.

3. Als Angemessenheitsgrenze für die weiteren “kalten” Betriebskosten werden kreisweit die bisher verwendeten Höchstwerte um einen Sicherheitszuschlag von 10% erhöht.

4. Alle Betroffenen, für die im Jahr 2019 Kürzungen wegen angeblicher Unangemessenheit der Unterkunftskosten erfolgten, erhalten Nachzahlungen mit der Differenz zwischen den sich aus 1. bis 3. ergebenden und den bisher anerkannten Unterkunftskosten.

5. Alle Betroffenen, für die im Jahr 2018 Kürzungen wegen angeblicher Unangemessenheit der Unterkunftskosten erfolgten, erhalten Nachzahlungen mit der Differenz zwischen den sich aus 1. bis 3. ergebenden und den bisher anerkannten Unterkunftskosten.

6. Der Landrat wird beauftragt, ein neues Konzept für die angemessenen Mieten, Heizkosten und weiteren Nebenkosten erstellen zu lassen, das die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus dessen Entscheidungen vom 30.01.2019 berücksichtigt.

7. Mit der Erstellung dieses Konzepts soll ein anderes als das bisher für den HSK tätige Unternehmen beauftragt werden.“

(Über die 7 Punkte soll getrennt abgestimmt werden.)

Begründung und Erläuterung:
Das Bundessozialgericht hat am 30.01.2019 über fünf Verfahren zu den Kosten der Unterkunft für Grundsicherungsempfänger entschieden. In allen Verfahren ging es um Konzepte, die nach einer sehr ähnlichen Methodik und von demselben Unternehmen wie das Konzept für den HSK erstellt worden waren.

Im Terminbericht Nr. 2/19 des BSG zu dem Ergebnis dieser Verfahren heißt es u.a.

“Nicht zulässig ist es jedoch, wenn ein Jobcenter, das den gesamten Landkreis als einen Vergleichsraum ansieht, innerhalb dieses Vergleichsraums die Städte und Gemeinden in mehrere Wohnungsmarkttypen mit unterschiedlichen Angemessenheitsgrenzen aufteilt. Denn für diese Aufteilung gibt es keine rechtliche Begründung, insbesondere können durch die Bildung von Wohnungsmarkttypen die Voraussetzungen für die Bildung und die Rechtsfolgen eines Vergleichsraums nicht geändert werden. Zudem mangelt es in den vorliegenden Verfahren für die einzelnen Wohnungsmarkttypen an einer sie rechtfertigenden sachlichen Herleitung.

Andernfalls sind mangels in rechtlich zulässiger Weise bestimmter Angemessenheitsgrenze die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft diesem Bedarf zugrunde zu legen, begrenzt durch die Werte nach dem WoGG plus einen Zuschlag von 10%.

B 14 AS 346/13

Das Urteil des LSG ist aufgehoben worden, weil das LSG die Entscheidung des beklagten Jobcenters als rechtmäßig angesehen hat, das gesamte Kreisgebiet als einen einheitlichen Vergleichsraum zugrunde zu legen, aber in fünf Wohnungsmarkttypen mit unterschiedlichen Angemessenheitsgrenzen für die Bruttokaltmiete zu untergliedern.”

Die Bildung eines einzigen Vergleichsraums (hier für den Kreis Segeberg) und die Aufteilung in mehrere sog. Wohnungsmarkttypen entsprechen exakt der Vorgehensweise des HSK.

Mit diesen Urteilen des BSG haben sich die seit Jahren und wiederholt geäußerten gravierenden Bedenken (vgl. z.B. den Antrag unserer Fraktion vom 04.06.2018) gegen das Konzept des HSK bestätigt. Die bisher von den Sozialämtern im HSK angenommenen Mietobergrenzen sind für viele Betroffene viel zu gering. Da keine Chance bestand, zu den von den Sozialämtern akzeptierten Höchstmieten eine Wohnung zu finden, wurden von den Sozialämtern die Regelleistungen teilweise drastisch gekürzt. Da das Unterkunftskostenkonzept nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG offensichtlich rechtswidrig ist, muss es außer Kraft gesetzt werden. Das BSG hat selbst als Ersatzlösung die Tabellenwerte nach dem Wohngeldgesetz mit 10% Sicherheitszuschlag bestimmt.

Damit keine weitere Benachteiligung der Betroffenen eintritt und unnötige Sozialgerichtsverfahren vermieden werden, sollte die Umsetzung unverzüglich erfolgen. Aus Gerechtigkeitsgründen sollten auch die unberechtigten Kürzungen des laufenden und des letzten Jahres korrigiert werden.

Weitere Infos hier:
http://sbl-fraktion.de/?p=8862
und
https://www.wp.de/staedte/altkreis-brilon/rentnerin-aus-brilon-erhaelt-nachschlag-zu-mietkosten-id216496337.html

Filed under: SozialesComments Off on Unrechtmäßige Kürzung bei den Kosten der Unterkunft – Sauerländer Bürgerliste fordert Nachzahlung an alle Betroffenen

Briloner Rentnerin klagt beim Sozialgericht erfolgreich gegen Bürgermeister und gegen Unterkunftskostenkonzept des HSK

By admin at 11:43 pm on Wednesday, February 20, 2019

Einer 82jährigen Rentnerin aus Brilon müssen von der Stadt Brilon nun erhebliche Beträge für die Kosten ihrer Unterkunft nachgezahlt werden. Derzeit lässt ihr der Bürgermeister der Stadt Brilon pro Monat 45,50 Euro von der Grundsicherung abziehen, weil die Kosten für ihre Wohnung angeblich unangemessen hoch sind. Die alleinstehende Seniorin bezieht eine Monatsrente von etwa 700 Euro monatlich. Weil dies für ihren Lebensunterhalt und die Wohnung nicht ausreicht, bekommt sie außerdem aufstockende Leistungen vom Sozialamt. Bei der Klägerin kommt hinzu, dass sie schwerbehindert ist und auf eine ebenerdige Wohnung im Stadtzentrum mit stufenfreier Dusche angewiesen ist.

Bereits am 19. Februar 2016 hatte die Klägerin in der 1. Instanz beim Sozialgericht Dortmund gewonnen. Doch der Hochsauerlandkreis, der das Verfahren für die Stadt Brilon führt, ging in die Berufung. Mehr als 3 Jahre dauerte es, bis am 21. Februar 2019 beim Landessozialgericht in Essen über die Berufung verhandelt werden sollte. Einen Tag vor der Verhandlung schlug der Hochsauerlandkreis eine Regelung zur Nachzahlung von Unterkunftskosten vor, so dass dadurch seine Berufung und das Verfahren erledigt sind.

Die Höchstbeträge für die Unterkunftskosten der Grundsicherungsempfänger werden bisher nach einem Konzept berechnet, das eine Hamburger Firma im Auftrag des Hochsauerland¬kreises erstellt hatte. Von Anfang an hielten die SBL-Kreistagsfraktion und die BBL-Rats¬fraktion dieses Konzept für rechtswidrig. Dies vor allem deswegen, weil in dem Konzept ein “Wohnungsmarkttyp” gebildet worden war, der aus Brilon, Marsberg, Olsberg, Hallenberg, Medebach, Eslohe und Bestwig bestand. Für die Kernstadt Brilon wurden also nur dieselben geringeren Miethöhen anerkannt wie z.B. in Hallenberg-Liesen, in Medebach-Titmaringhausen, in Eslohe-Cobbenrode oder in Bestwig-Ramsbeck. Das sind z.B. für alleinstehende Personen 231 Euro Kaltmiete pro Monat. Das Zusammenfassen räumlich weit voneinander entfernter Orte zu “Wohnungsmarkttypen” hat nun auch das Bundessozialgericht in mehre¬ren Urteilen am 30. Januar 2019 für rechtswidrig erklärt.

SBL/FW- und BBL-Fraktion hatten das Sozialgerichtsverfahren der Briloner Rentnerin von Anfang an begleitet. Parallel im Kreistag und Stadtrat eingereichte Anträge zur Änderung des Unterkunftskostenkonzepts blieben bisher ohne Erfolg, weil CDU/SPD sich anscheinend nicht für die Ungerechtigkeiten interessierten. Durch das für die Klägerin erfolgreiche Ergebnis des Gerichtsverfahrens wird nun deutlich, dass viele Bescheide, mit denen namens des Briloner Bürgermeisters Unterkunftskosten gekürzt werden, rechtswidrig sein könnten.

Brilon, 20.02.2019

ViSdP: Reinhard Loos, Fon 0152-23742658

Filed under: SozialesComments Off on Briloner Rentnerin klagt beim Sozialgericht erfolgreich gegen Bürgermeister und gegen Unterkunftskostenkonzept des HSK

ktiver Einsatz für die Prinzipien einer meinungsoffenen, toleranten und vielfältigen Gesellschaft

By admin at 11:16 am on Thursday, February 14, 2019

Hier die Fortsetzung der Ansprache von LWL-Direktor Matthias Löb beim Neujahrsempfang der Stadt Arnsberg:

3. Bürgerschaftliches Engagement

Über den dritten Aspekt, auf den ich eingehen möchte, ist sicher schon häufiger auf Ihren Neujahrsempfängen gesprochen worden. Ich halte das bürgerschaftliche Engagement, das Ehrenamt für unverzichtbar und für konstitutiv für die Gesellschaft in Deutschland, vielleicht sogar mehr noch für die Städte und Dörfer hier bei Ihnen im Sauerland.

Eines meiner schönsten Ämter ist der Vorsitz beim Westfälischen Heimatbund, der Dachorganisation der Heimatvereine in Westfalen-Lippe. Darin sind etwa 130.000 Menschen organisiert, die sich ehrenamtlich für Kultur, für Umwelt und für die Menschen in ihrer Heimat, also in ihrem örtlichen Umfeld einsetzen. Wenn ich als Vorsitzender des WHB im Landesteil unterwegs bin, dann sehe ich überall tolle Beispiele für selbstloses ehrenamtliches Wirken von Menschen zum Wohle der Gesellschaft. Ich weise gerne darauf hin, dass es bspw. für den Erhalt von Denkmälern in Westfalen-Lippe nur etwa 200 Profis gibt, die sich darum kümmern, dass aber zehntausende von Menschen sich in Dörfern und Ortsteilen ehrenamtlich, in ihrer Freizeit, dafür einsetzen, dass ein Ackerbürgerhaus nicht abgerissen wird oder eine alte Pfarrei eine neue Nutzung erfährt.

Die Deutschen gelten ja schon dem Klischee nach als große „Vereinsmeier“. Und Zahlen bestätigen, wie sehr sich die Menschen dem ehren-amtlichen Engagement in ihrer Freizeit verschrieben haben. Allein in NRW engagieren sich über 6 Mio. Menschen unentgeltlich und freiwillig für das Gemeinwohl. Im Hochsauerlandkreis gibt es eine Vereinsdichte von 7 Vereinen pro 1.000 Einwohnern. Damit ist das Ehrenamt hier im Vergleich sehr gut aufgestellt. Ohne Bezahlung trainieren Ehrenämtler zum Beispiel Kinder in Sportvereinen, versorgen alte und kranke Menschen in Pflegeheimen und arbeiten als Feuerwehrleute oder in Hilfsorganisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz mit. Heute Abend sind Viele anwesend, die sich ehrenamtlich für die Stadtgesellschaft hier in Arnsberg einsetzen. Wo wäre unsere Gesellschaft ohne Sie, ohne die Menschen, die sich um mehr kümmern als nur um sich selbst?

Ich bin überzeugt davon, dass wir einen enormen Hebel hätten, wenn wir das Ehrenamt noch stärker in den Blick nehmen und fördern würden. Darin liegt für mich auch eine Chance für die Entwicklung auf dem Land. Denn das Ehrenamt ist die große Stärke des sogenannten ländlichen Raums. Es sind engagierte Bürgerinnen und Bürger, die hier Bürgerbusse steuern, sich in der begleitenden Arbeit mit Jugendlichen einsetzen oder ihren eigenen Breitbandanschluss zum Dorf graben.

Für den LWL liegt der Fokus dabei vor allem auf der Unterstützung des Ehrenamtes in der Kultur. Zum Ersten deshalb, weil wir der größte Kulturträger in Westfalen-Lippe sind: mit 18 Museen, 6 Kulturdiensten (LMedZ, Bau- und Bodendenkmalpflege, Archivamt) und den landeskundlichen Kommissionen. Zum Zweiten, weil Kulturarbeit fernab der größeren Städte ohne das Ehrenamt schlichtweg an manchen Orten zum Erliegen käme. Und zum Dritten: weil Kultur eine besonders wichtige Funktion für den Zusammenhalt in der Gesellschaft hat. Denn mit ihren Angeboten fördert sie Kreativität, Empathie und Toleranz, sie regt zu kritischem Denken und zur Selbstreflexion an. Wir versuchen jetzt schon über unser Museumsamt, über die Freilichtbühnenförderung oder über Druckkostenzuschüsse dem Ehrenamt in der Kultur das Leben zu erleichtern. Wir sollten darüber hinaus in der Kulturarbeit des LWL, vielleicht aber auch als öffentliche Hand insgesamt, zukünftig all unsere Angebote noch stärker an dem orientieren, was zivilgesellschaftliche Akteure brauchen. Etwa durch das Ausräumen von bürokratischen Hürden, das Anbieten gezielter Fortbildungen oder durch die Unterstützung bei der Suche nach Fördermitteln.
Für mich ist der demografische Wandel in Westfalen-Lippe eine Riesenchance dafür, dass wir hier Gesellschaft neu denken, engagierte Menschen unterstützen und unerschlossene Potenziale des Ehrenamtes heben helfen.

Meine Damen und Herren,
jetzt habe ich mir aus dem bunten Strauß der vielen Faktoren, die zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft beitragen, drei herausgepickt. Solidarische Gesellschaft, Chancengerechtigkeit und bürgerschaftliches Engagement sind für mich solche verbindenden Elemente. Meine Auswahl hat sich auch daran orientiert, dass ich Ihnen hier und da zeigen wollte, wo wir als LWL unseren Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft leisten. Als Kommunalverband übernehmen wir wichtige Aufgaben für die Menschen in Westfalen-Lippe. „Wir unternehmen Gutes“, so lautet unsere Losung, die wir nicht als leeren „PR-Spruch“ in der Außendarstellung vor uns hertragen, sondern die wir in unserer Arbeit täglich mit Leben füllen. Ich hoffe, dass ich Ihnen einen kleinen Eindruck dazu vermitteln konnte.

4. Toleranz und Vielfalt

Ich möchte aber gerne noch einen vierten Aspekt ansprechen, der mich nicht nur als Staatsbürger, sondern auch als Arbeitgeber mit Beschäftigten aus 60 Nationen umtreibt. Für den Zusammenhalt und die Zukunft unserer Gesellschaft halte ich es für unabdingbar, dass wir uns zu den Prinzipien einer meinungsoffenen, toleranten und vielfältigen Gesellschaft nicht nur verbal bekennen, sondern uns auch aktiv dafür einsetzen. Es geht dabei zum einen um die Frage, wie wir miteinander diskutieren – da darf ich auf die Neujahrsansprachen unseres Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin verweisen. Zum anderen natürlich auch um die Frage, wie wir mit Vielfalt umgehen. Dass wir sie nicht nur ertragen, sondern dass wir sie als Bereicherung unserer Gesellschaft verstehen und daraus die notwendigen Schlüsse ziehen.

Dazu einige persönliche Beobachtungen aus jüngerer Zeit mit kurzen Denkanstößen in Frageform:

– Über 25% der Menschen in NRW haben einen so genannten Migrationshintergrund. Über die Hälfte davon besitzen einen deutschen Pass, zum großen Teil deshalb, weil sie hier geboren sind. Wie fühlen sich diese 4,5 Mio. Mitbürgerinnen und Mitbürger, wenn sie fast täglich mit Wortpaaren wie Islam und Terror, Ausländer und kriminell oder Osteuropäer und Missbrauch von Sozialleistungen konfrontiert werden? Warum können wir nicht verstehen, dass ein hier geborener Mensch, dessen Vorfahren aus der Türkei kamen, keine Lust mehr hat auf die Frage zu antworten, ob er sich eher als Deutscher oder eher als Türke fühle? Wie kann es sein, dass der vereinzelte missbräuchliche Bezug von Kindergeld für Kinder im Ausland zu einer all-gemeinen politischen Debatte darüber führt, ob das Kindergeld im Ausland generell an den dortigen Lebensstandard angepasst werden müsste? Was löst das bei den vielen 100.000 polnischen Pflegekräften oder rumänischen Bauarbeitern aus, die ihren versicherungspflichtigen Arbeitslohn hier nach deutschem Recht versteuern?

– Wieso titelte die FAZ vor kurzem “2/3 aller Flüchtlinge beziehen Hartz IV”, obwohl die eigentliche Meldung auch der Befund des deutschen Arbeitgeberpräsidenten Ingo Kramer hätte sein können:
“Von mehr als 1 Million Menschen, die vor allem seit 2015 nach Deutschland gekommen sind, haben heute bald 400.000 einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz. Ich bin selbst überrascht, dass das so schnell geht.”

In der gleichen Ausgabe der FAZ fand sich übrigens wenige Seiten weiter, versteckt unter der Rubrik “kurze Meldungen” folgendes Zitat des deutschen Handwerkspräsidenten Hans-Peter Wollseifer:
“Es gibt viele geduldete Asylbewerber, die bereits in Deutschland sind und hier arbeiten oder eine Ausbildung machen. Das sind dann genau die Facharbeiter, die wir brauchen, die gut integriert sind und deutsch sprechen. Und warum sollen wir die zurückschicken?”

– Sie alle haben die Berichterstattung über die Prügelattacken in Amberg verfolgt: Was bewirkt es im öffentlichen Diskurs, wenn dieser Einzelfall von vier jugendlichen, angetrunkenen Asylbewerbern ausführlich und immer wieder in der bundesweiten Medienberichterstattung besprochen wird, am Ende sogar mehr medialen Raum einnimmt als der Fall des Esseners, der vorsätzlich in Fußgängerzonen fremdländisch aussehende Menschen totfahren wollte? Wie kann es sein, dass einerseits der örtliche Bürgermeister und die Amberger Bürger sehr gelassen mit dem Vorfall umgehen, der Bundesinnenminister diesen Einzelfall aber zum Anlass nimmt, um öffentlich angeblich notwendige Gesetzesverschärfungen zu fordern, und zwar obwohl er genau weiß, dass dies rechtlich nicht möglich sein wird?

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich habe Ihnen diese zugespitzten Fragen zugemutet, weil ich befürchte, dass wir uns als Gesellschaft auf einen gefährlichen Pfad begeben, wenn wir 2019 so weitermachen wie 2018. Wenn wir zulassen, dass unsere Wahrnehmung verzerrt wird durch populistische Politik und eine Medienberichterstattung, die naturgemäß eher auf den Skandal im Einzelfall als auf die Normalität Bezug nimmt. Wenn wir nicht mehr hinterfragen, wer uns mit welchem Interesse und mit welchem Zungenschlag einen Ausschnitt aus der Wirklichkeit präsentiert.

Lassen Sie es bitte nicht zu, dass das Gift des Rechtspopulismus zu wirken beginnt. Das Gift derjenigen, die glauben, dass Deutschlands Zukunft in einer vermeintlich besseren Vergangenheit und in einer abgeschotteten Gesellschaft liege. Deswegen ist es so wichtig, nicht über Gruppen wie “die Muslime” oder “die Flüchtlinge” zu reden, sondern dass wir erst einmal bereit sind, den einzelnen Menschen mit seinem Schicksal und seinen Hoffnungen zu sehen. Und wenn sich ein einzelner Mensch nicht an unsere Gesetze hält, dann ist das ein Grund, diesen zu bestrafen. Es ist aber kein Grund, ein Werturteil über andere Menschen zu treffen, nur weil sie den gleichen Glauben haben oder aus dem gleichen Land stammen.

In einem lesenswerten Spiegel-Interview warnt die Sprachforscherin Susan Benesch vor den Folgen „gefährlicher Sprache“:
“Wenn eine nur leicht gefährliche Sprache sozial akzeptabler wird, dann wird auch jene Sprache gebräuchlicher, die eine Stufe gefährlicher ist. Das ist wie eine Reihe von Dominosteinen: Wenn der eine fällt, kippt der nächste. Die Hürden zur Gewalt fallen schrittweise.”
Das hört sich so abstrakt an. Ich denke aber, dass Viele von Ihnen in den letzten Monaten die Erfahrung gemacht haben, dass „man“ sich wieder „traut“, Witze zu erzählen oder einschlägige Bilder über WhatsApp zu schicken, die mit abwertenden Stereotypen gegenüber bestimmten Volksgruppen arbeiten. Sie sind das Einfallstor, um Zerrbilder, Vorurteile und eine weiter um sich greifende Verrohung der Sprache wieder salonfähig zu machen. Wir dürfen dazu auch im Bekanntenkreis nicht schweigen, sondern müssen klar Position beziehen!

Meine Damen und Herren,
mir ist bewusst, dass ich mich mit den letzten Ausführungen außerhalb meiner Kernkompetenzen bewegt habe. Aber ich meine, dass die ange-sprochenen Themen auch auf einen Neujahrsempfang der Stadt Arns-berg gehören, denn sie prägen unser Zusammenleben und wir wollen doch heute auch Schwung und gute Vorsätze für das kommende Jahr mitnehmen.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien von Herzen ein frohes neues Jahr, Glück, Zufriedenheit und Gesundheit. Uns allen wünsche ich, dass wir uns als Gesellschaft 2019 stärker mit dem beschäftigen, was uns verbindet, als mit dem, was uns trennt.

Filed under: Andere Parteien,SozialesComments Off on ktiver Einsatz für die Prinzipien einer meinungsoffenen, toleranten und vielfältigen Gesellschaft
Next Page »