– Hochsauerlandkreis beantwortet Fragen zu jungen Flüchtlingen in Schule, Ausbildung, Beruf und Job
Vor ca. 1 ½ Jahren …
Im Februar 2016 stellte die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) eine Anfrage zur Schul-, Ausbildungs-, Berufs- und Jobsituation jugendlicher Flüchtlinge.
Aus dem Antwortschreiben des Landrats bzw. der Kreisverwaltung vom 29.02.2016 ging u.a. hervor, dass das Kommunale Integrationszentrum (KI) in Arnsberg, Meschede und Sundern Seiteneinsteiger-Beratungen durchgeführt hat und aufgrund dessen ab dem vierten Quartal 2015 207 Kinder und Jugendliche in Schulen vermittelt worden sind. Zudem wurde von einer Warteliste für die internationalen Förderklassen an den Berufskollegs berichtet, die am Stichtag 26.02.2016 95 Schülerinnen und Schü-ler erfassten und darüber, dass zu diesem Zeitpunkt junge Geflüchtete wohl weder in Berufspraktika noch in Ein-Euro- oder Minijobs vermittelt worden waren.
… und jetzt?
Wie stellt sich die Situation nach mehr als eineinhalb Jahren dar? Die SBL/FW wollte es wissen und stellte der Kreisverwaltung am 30.05.2017 (erneut) mehrere Fragen. Die Antwortschreiben der zwei zuständigen Fachdienste (FD 24 und FD 32) sind datiert auf den 20.06.2017 und auf den 08.06.2017. Hier die Fragen der SBL/FW sowie die 12 Antworten des FD 24 und zum Schluss eine vom FD 32:
Viele Fragen und Antworten
1. Gibt es derzeit bei den Deutsch- und Integrationskursen für junge Migrantinnen und
Migranten genügend Kapazitäten?
Wie viele Kinder und Jugendliche sind auf einer Warteliste für Deutsch- und Integrationskurse
erfasst?
Antwort: „Nach wie vor ist es so, dass für Personen unter 18 Jahren eine Teilnahme in einem Integrationskurs nicht möglich ist. Daher werden auch keine Wartelisten geführt. Die von der Bundesagentur für Arbeit finanzierten und in 2016 beendeten Einstiegskurse, die diese Vorgabe nicht hatten, sind nicht erneut aufgelegt worden.“
2. Wie viele Kinder und Jugendliche wurden seit Beginn 2016 bis jetzt vom KI in Schulen vermittelt und eingegliedert?
Bei wie vielen Kindern und Jugendlichen scheiterten die Bemühungen in diesem Zeitraum?
In wie vielen Fällen konnten keine Angebote erfolgen?
Was waren die Gründe?
Antwort: „Die zuständige abgeordnete Lehrkraft hat im Januar 2016 in den Kommunen Arnsberg,
Sundern und Meschede insgesamt 110 Schülerinnen und Schüler beraten. Ab Februar fanden durch das KI (Kommunale Integrationszentrum) keine Beratungen mehr für SuS der Grundschulen und Schulen der Sek I/II statt. Alle 110 konnten in Schulen vermittelt werden.“
3. Wie viele junge Flüchtlinge und Migrantinnen und Migranten, die nicht mehr der Schulpflicht unterliegen, haben ab Beginn 2016 bis jetzt vom Kreisjugendamt Bildungs- bzw. Ausbildungsangebote erhalten?
Wie vielen konnte bisher kein SchuI-‚ Bildungs- und Ausbildungs-Angebot gemacht werden?
Was waren die Gründe?
Antwort: „Alle unbegleiteten minderjährigen Ausländer (umA), die unter die Betreuung des Kreisjugendamtes des Hochsauerlandkreises fallen, sind in Schulen untergebracht (entsprechend eine Wartezeit, die z.B. mit hausinternen Sprachkursen, etc. abgedeckt wurden). Es gab zwei Fälle, die aufgrund von Wartezeiten bereits volljährig wurden und dann nicht mehr schulpflichtig waren. ln diesen beiden Fällen ist eine Anbindung an Sprachkurse für Erwachsene erfolgt.“
4. Wie viele jugendliche Geflüchtete besuchen derzeit Berufskollegs im HSK?
Antwort: „Stand 02.05.2017: 157 Geflüchtete im Alter von 18-25 Jahren“
5. Gelten noch die gleichen Altersbegrenzungen (nur Alter zwischen 16 und 18 Jahren) und Zugangshürden für Flüchtlinge an den Berufskollegs wie im Februar 2016?
Antwort: „Nein. Siehe Anlage des MSW NRW“
6. Wie viele junge Geflüchtete wurden Ihres Wissens seitdem in Berufspraktika vermittelt?
Antwort: Seit 2016 haben 46 junge Geflüchtete im SGB II-Leistungsbezug ein Berufspraktikum absolviert. 30 Praktika wurden in Form einer Aktivierungsmaßnahme nach 5 45 SGB IIl durch die Jobcenter gefördert. lm gleichen Zeitraum haben 17 junge Geflüchtete aus dem Rechtskreis SGB II eine Ausbildung begonnen.“
7. Wie viele junge Geflüchtete wurden Ihres Wissens seitdem in Ein-Euro-Jobs und Minijobs vermittelt?
Antwort: Seit 2016 wurden 12 junge Geflüchtete im SGB lI-Leistungsbezug in eine Arbeitsgelegenheit (Ein-Euro-Job) vermittelt; 35 Personen haben eine Minijob begonnen. Darüber hinaus wurden 53 junge Geflüchtete aus dem Rechtskreis SGB II in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung integriert.“
8. Welchen Stellenwert haben Ihres Erachtens Deutsch- und Integrationskurse, Berufspraktika,
Schule und Ausbildung, Ein-Euro- und Minijobs hinsichtlich der Integration und des Aufenthaltsrechts?
Antwort: „Hinsichtlich der Integration von zugewanderten Menschen haben alle Bildungs- und Qualifikationsmaßnahmen den höchsten Stellenwert. Über Bildungsmaßnahmen wird Spracherwerb geför-dert und somit in der Folge ein Zugang zum Arbeitsmarkt und Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht.
Eine Bewertung vor dem Hintergrund des Aufenthaltsrechts ist von den Voraussetzungen des Einzelfalls abhängig. Generell ist festzustellen, dass es Einzelfälle gibt, in denen sich die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder der Abschluss eines Integrationskurses positiv auf das Aufenthaltsrecht/den Aufenthaltsstatus von Personen auswirkt.“
9. Wie viele hauptberufliche und ehrenamtliche Lehrkräfte stehen derzeit kreisweit für die Qualifikation und Integration geflüchteter Jugendlicher zur Verfügung?
Antwort: „Grundsätzlich sind alle an den Schulen im HSK tätigen Lehrkräfte mit der Qualifikation und Integration geflüchteter Jugendlicher befasst. Die abgeordneten Lehrkräfte im Kl unterstützen hier durch Beratung und Qualifikation der LehrerInnen.
Im Bereich der schulbegleitenden Sprachförderung sind zurzeit 32 DozentInnen kreisweit im Einsatz.“
10. Wie viele junge Flüchtlinge mussten seit Beginn des Jahres 2016 bis heute trotz schulischer und beruflicher Ausbildung undl oder trotz guter Aussichten auf einen Ausbildungsvertrag oder aus einem Job heraus „freiwillig“ ausreisen bzw. wurden abgeschoben?
Antwort: „siehe Anlage FD 32“ – Siehe unten!
11. Wie hoch beziffern Sie die Kosten für die schulische und berufliche Qualifikation junger Geflüchteter im Bereich des HSK insgesamt für die Jahre 2016 und 2017?
Antwort: „Hierzu liegen keine Daten vor.“
12. Wie hoch ist Ihres Erachtens davon der Prozentsatz der Mittel, die als offenbar nutzlos aufgewendet gelten, sei es, dass die Jugendlichen sich als nicht schul- oder ausbildungsfähig erwiesen, sich bei ihnen aus verschiedenen anderen Gründen keine Erfolge abzeichneten oder sie Deutschland verlas-sen mussten?
Antwort: „Hierzu liegen keine Daten vor.“
(Ergänzende) Anfrage der Sauerländer Bürgerliste vom 06.06.2017:
Gibt es spezielle Schul-, Ausbildungs-‚Berufs- und Jobangebote für Geflüchtete mit Behinderung?
Antwort: Spezielle Angebote sind dem KI nicht bekannt. Behinderte Geflüchtete werden über die Angebote des Regelsystems versorgt.
Antwort des Fachdiensts 32 (FD 32)
Frage 10: Wie viele junge Flüchtlinge mussten seit Beginn des Jahres 2016 bis heute trotz schulischer und beruflicher Ausbildung und/oder trotz guter Aussichten auf einen Ausbildungsvertrag oder aus einem Job heraus „freiwillig” ausreisen bzw. wurden abgeschoben?
Antwort:
„Anerkannte Flüchtlinge i.S. der Genfer Konvention sowie Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte haben ein Aufenthaltsrecht. Es besteht für diesen Personenkreis keine Ausreisepflicht nach ä 50 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
Ausreisepflichtig im Sinne dieser Vorschrift sind u.a. abgelehnte Asylbewerber.
In § 60a AufenthG ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen ausreisepflichtigen Ausländern. die einer qualifizierten Berufsausbildung nachgehen, eine Duldung zum Zwecke der Ausbildung erteilt werden kann.
Mit Erlass vom 21.12.2016 hat das MIK NRW diese Regelungen konkretisiert.
Der Begriff der qualifizierten Berufsausbildung wurde genauer definiert. Eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf setzt eine mindestens zweijährige Dauer der Ausbildung voraus.
ln dem Erlass wurde zusätzlich geregelt, dass neben einer Ausbildung im dualen System auch Ausbildungen an Berufsfachschulen in Betracht kommen. Die Aufnahme eines Studiums ist aber kein Duldungsgrund. Eine vergleichbare Regelung für den Besuch der allgemeinbildenden Schulen gibt es nicht.
Sofern der ausreisepflichtige Ausländer seiner Mitwirkungspflicht nach § 82 AufenthG nachkommt, und auch alle anderen Voraussetzungen i.S. des o.g. Erlasses vorliegen, wird dem Ausländer eine Duldung für die Dauer der Ausbildung ausgestellt.
Ein Anspruch auf Ausbildungsduldung besteht nach dem o.g. Erlass nicht, wenn konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen oder aufenthaltsbeendenden Maßnahmen aus Gründen, die der Ausländer selbst zu vertreten kann, nicht vollzogen werden können.
Unabhängig von den Regelungen der Ausbildungsduldung wird seitens der Ausländerbehörde geprüft, ob eine Aufenthaltserlaubnis nach den Vorschriften des ä 25a AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden) bzw. 5 25b AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration) erteilt werden kann. Sofern die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt werden, ist der abgelehnte Asylbewerber nach den Regelungen des ä 50 AufenthG ausreisepflichtig.
Wie ich Ihnen bereits mit Schreiben vom 27.04.2017, zu Ihrer Anfrage vom 08.12.2015 – Thema: Abschiebungen und freiwillige Ausreisen – mitgeteilt habe, lassen sich die von lhnen gewünschten Zahlen mit einem vertretbaren Aufwand nicht ermitteln.
Die Gesamtzahl der freiwillig ausgereisten Personen sowie der Abschiebungen habe ich Ihnen mit Schreiben vom 27.04.2017 mitgeteilt.“
Das Klima der Angst, es bleibt …