Ammoniak-Belastung und andere Auswirkungen der Massentierhaltung
Vorab
Vorab und kurz und knapp, der Hochsauerlandkreis hat offenbar nur wenige Erkenntnisse über die Auswirkungen von Massentierhaltung. Das gilt auch für mögliche Schäden durch Ammoniak-Belastung.
Lang und breit, die Fragen der Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) und die Antworten der Kreisverwaltung inklusive „Vorwort“ der SBL-Fraktion:
Vorrede I
Das Umweltministerium hat neue Erkenntnisse zu Umweltbelastungen durch Ammoniak (einer chemischen Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff). Demnach ist die Ammoniak-Menge, die in die Umwelt freigesetzt wird, deutlich höher als bisher bekannt. Das Problem resultiert zum großen Teil aus der Tiermast. Die Chemikalie gelangt durch die Verwertung von Gülle in die Umwelt, bildet Feinstaub und belastet das Trinkwasser. Die bisherige Angabe der Bundesregierung zur Ammoniak-Belastung müsse nach oben korrigiert werden. Sie liege wahrscheinlich um bis zu 22 % höher als bisher angenommen. Das berichtete der NDR am 11.04.2015.
Siehe:
http://www.focus.de/finanzen/news/lage-dramatisch-landwirtschaft-belastet-umwelt-massiv_id_4605766.html
Unter diesem Gesichtspunkt muss u.E. auch die Tiermast/Massentierhaltung in unserem Kreisgebiet neu betrachtet und die Genehmigungspraxis hinterfragt werden. Tierfabriken sind offenbar „Ammoniak-Hotspots“ und somit eine Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt.
Vorrede II
Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die Anfrage der SBl/FW „Neuer Putenmastbetrieb in Schederberge“ vom 09.09.2014. Mit dem Antwortschreiben vom 23.09.2014 teilte die Kreisverwaltung der SBL/FW die aktuelle Anzahl der Putenmastbetriebe im Hochsauerlandkreis mit. Nach diesen Angaben handelte es sich im September letzten Jahres um sechs Putenmastbetriebe, davon zwei „Kleinbetriebe“ mit bis zu 2.000 Puten und vier weitere Betriebe mit zwischen 7.000 und 25.000 Masttieren. Wir können also davon ausgehen, dass in den Ställen im HSK hier und heute bis zu 100.000 Puten gehalten werden. Die Masttiere hinterlassen tagtäglich große Mengen von Exkrementen, die als Dünger entsorgt werden. Wir stellen uns die Frage, ob die Böden im Hochsauerlandkreis mit Dünger überfrachtet werden. Das Freisetzen größerer Mengen Ammoniak kann z.B. Waldschäden zur Folge haben; denn Stickstoff versauert die Böden. Aus diesem Grund müssen in Niedersachsen Tierhaltungsanlagen in die Betrachtung möglicher Waldschäden einbezogen werden. Zudem besteht die Gefahr, dass Ammoniak in die Luft entweicht und aufgrund seiner toxischen Wirkung nicht nur die Natur, sondern auch Menschen und Tiere schädigt, z.B. durch seine ätzende Wirkung auf Augen, Haut, Schleimhäute und Atemwege.
SBL-Anfrage und Antworten des HSK
Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) bat daher die Kreisverwaltung erneut um Antworten auf mehrere Fragen. Im Folgenden veröffentlichen wir sowohl die Fragen der SBL/FW wie die Antworten der Verwaltung:
1.) Gülle und Biogasanlagen
Laut Ihrem Antwortschreiben vom 23.09.2014 soll der zukünftig in Meschede-Schederberge anfallende Putenmist nach den Angaben in den Bauantragsunterlagen in die Biogasanlage von Herrn Heinemann verbracht, dort verwertet, gelagert und dann zur landwirtschaftlichen Düngung ausgebracht werden. Biogasanlagen arbeiten bekanntlich nicht immer einwandfrei. Daher fragen wir:
a) Wie viele Biogasanlagen zur Verwertung von Gülle betreibt Herr Heinemann? Antwort: Herr Heinemann betreibt am Standort Horbach eine Biogasanlage, in der Gülle bzw. Festmist aus der Tierhaltung vergoren werden.
b) Über welche Kapazität verfügen die Anlagen von Herrn Heinemann? Antwort: Die Anlage verfügt über eine Kapazität von 290 KW.
c) Wie groß ist die Menge Mist, die im letzten Jahr in der oder den Biogasanlagen des Betriebs Heinemann verwertet wurden? Antwort: Hierzu liegen der Kreisverwaltung keine Erkenntnisse vor; möglicherweise kann die Kreisstelle der Landwirtschaftskammer entsprechende Zahlen liefern.
d) Wie viele weitere Biogasanlagen zur Verwertung von Gülle aus der Tiermast werden im HSK betrieben? Antwort: Neben der Anlage von Herrn Heinemann werden nach hiesigem Kenntnisstand 14 weitere Biogasanlagen im Hochsauerlandkreis betrieben, in denen Gülle und / oder Festmist verwertet werden.
e) Wie viele Tonnen Mist, Gülle etc. sind im letzten Jahr in allen im HSK betriebenen Biogasanlagen verwertet worden? Antwort: Hierzu liegen der Kreisverwaltung keine Erkenntnisse vor; möglicherweise kann die Kreisstelle der Landwirtschaftskammer entsprechende Zahlen liefern.
f) Mit wie vielen Tonnen verwertbarem Mist/Gülle pro Jahr ist nach Inbetriebnahme der neu genehmigten sowie der derzeit eventuell neu beantragten Mastanlagen insgesamt zu rechnen? Antwort: Hierzu liegen der Kreisverwaltung keine Erkenntnisse vor; möglicherweise können die Baugenehmigungsbehörden der Städte bzw. die Kreisstelle der Landwirtschaftskammer entsprechende Zahlen liefern.
g) Sind Ihnen Berechnungen oder realistische Schätzungen bekannt, wie viel Ammoniak täglich aus allen Biogasanlagen im HSK entweicht? Wenn ja, wie ist das Ergebnis? Antwort: Zahlen zur täglichen Ammoniakemission aller Biogasanlagen im Hochsauerlandkreis sind der Kreisverwaltung nicht bekannt.
h) Ist Ihnen bekannt, ob es in den letzten Jahren im HSK zu Umweltbeeinträchtigungen durch nicht störungsfrei laufende Biogasanlagen gekommen ist? Wenn ja, wann und wo gab es derartige Probleme? Antwort: Diese Frage entspricht der Frage 6 der SBL-Anfrage zu Biogasanlagen vom 21.04.2015. Daher wird auf das Antwortschreiben vom 04.05.2015 verwiesen, in dem diese Frage ausführlich beantwortet wird.
Hier tragen wir die entsprechende Frage (vom 21.04.2015) und die Antwort des HSK (vom 04.05.2015) nach:
zu 6. Kam es Ihres Wissens in den letzten 5 Jahren bei Biogasanlagen im HSK zu Störungen und Unfällen? Besteht eine Meldepflicht für Störfälle?
Antwort:
Bei der Unteren Wasserbehörde des HSK sind seit 2010 vier Störfälle bzw. Unfälle an Biogasanlagen im HSK registriert. Ein Störfall ist der zuständigen Behörde, bei Austritt von wassergefährdenden Stoffen der Untere Wasserbehörde zu melden.
2.) Düngeplan des Betriebs Heinemann
Sie antworteten der SBL-Fraktion am 23.09.2014, Herr Heinemann bewirtschafte rund 110 ha. Davon lägen rund 18,8 ha im Wasserschutzgebiet „Stockhausen”, Schutzzone III B. Gemäß der Wasserschutzgebietsverordnung sei das Ausbringen von Nährstoffträgern wie Gülle, Jauche und Stallmist erlaubt, wenn die Düngung auf der Grundlage eines Düngeplans erfolge, der alle Nährstoffeinträge berücksichtige und auch die den wasserwirtschaftlichen Belangen angepassten Empfehlungen der Beratung durch die Landwirtschaftskammer entspräche. Der Düngeplan würde vom Betrieb Heinemann angefordert.
Unsere Frage:
a) Liegt der Düngeplan des Betriebs Heinemann jetzt vor?
b) Wenn ja, welche Mengen Dünger (unbehandelt wie aus Biogasanlagen) beabsichtigt Herr Heinemann in diesem Jahr auf seinen Flächen insgesamt und welche speziell im Wasserschutzgebiet „Stockhausen“ aufzubringen?
c) Wann und wie oft erfolgt der Nährstoffeintrag?
Antwort:
Zu den Frage a) bis c): Diese Fragen können von der Unteren Wasserbehörde nicht beantwortet werden; es ist die Zuständigkeit der Kreisstelle der Landwirtschaftskammer gegeben.
3.) Antibiotika-Datenbank
In unserer Anfrage vom 09.09.2014 fragten wir:
„Wie genau finden die arzneimittelrechtlichen Änderungen, die auf Bundesebene beschlossen wurden und seit Mitte dieses Jahres gelten sollen, im Hochsauerlandkreis Berücksichtigung?“
Dazu antworteten Sie:
„Halter von Masttieren sind ab einer bestimmten Bestandsgröße verpflichtet, die Anwendung von Antibiotika an eine Datenbank zu melden, die online im Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (HI-Tier) zur Verfügung steht. Diese Meldungen sind jeweils für ein Halbjahr (Erhebungszeitraum) abzugeben und müssen spätestens am 14. Tag desjenigen Monats, der auf den letzten Monat des Halbjahres folgt, im System vorliegen. Der erste Erhebungszeitraum begann am 01.07.2014 und endete am 31.12.2014, so dass z. Zt. noch keine Ergebnisse vorliegen können.“
Dazu unsere Fragen:
a) Liegen Ihnen die Ergebnisse zwischenzeitlich vor?
b) Wenn ja, welche Mengen Antibiotika wurden im Erhebungszeitraum vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 im HSK insgesamt in der Tiermast eingesetzt?
Antwort:
Die Ergebnisse des Erhebungszeitraumes vom 01.07. bis 31.12.2015 liegen vor. Hierbei handelt es sich um die betriebsspezifische Therapiehäufigkeit (Anzahl der Behandlungen mit Antibiotika) der hiesigen Betriebe im Vergleich zur bundesdurchschnittlichen Therapiehäufigkeit. Hieraus lässt sich jedoch nicht ablesen, in welchen Mengen Antibiotika im Erhebungszeitraum in den meldepflichtigen Betrieben des Hochsauerlandkreises eingesetzt wurden.
4.) Zoonosen-Monitoring
Abschließend möchten wir noch einige Fragen zum Zoonosen-Monitoring stellen:
a) Liegt die abschließende wissenschaftliche Bewertung der Proben auf Handelsebene zu multiresistenten Keimen in der Tiermast für das Jahr 2014 jetzt vor?
b) Wenn ja, wie sind die Ergebnisse?
Antwort:
Die wissenschaftliche Bewertung des Zoonosen-Monitoring 2014 liegt noch nicht vor. Erfahrungsgemäß ist damit erst im I. Quartal 2016 zu rechnen (die Erkenntnisse aus dem Monitoring 2013 wurden Anfang April 2015 veröffentlicht).
c) Welche Vorgaben hat der HSK für das laufende Jahr?
Wird er 2015 Proben auf Erzeugerebene durchführen?
Antwort:
Im Rahmen des Zoonosen-Monitoring 2015 sind Probenahmen bei Erzeugern von Ziegenmilch und Wildschweinefleisch vorgesehen. In beiden Fällen steht nicht die bakterielle Resistenzlage im Fokus.
Weitere Antwort des HSK
Auch die Kreistagsfraktion „Die Linke“ hatte im April dem HSK einige Fragen zur Massentierhaltung und Ammoniakemissionen gestellt. Ihre Anfrage vom 14.04. beantwortete die Verwaltung mit Schreiben vom 27.04.2015 dahingehend:
„Es existiert keine Definition, ab welcher Anzahl gehaltener landwirtschaftlicher Nutztiere ein Haltungsbetrieb als „Massentierhaltung” einzustufen ist. Daher kann keine Aussage getroffen werden, ob und ggf. wie viele Haltungsbetriebe im Hochsauerlandkreis hierzu zu rechnen sind. Zum Ammoniakausstoß der Tierhaltungsbetriebe im Hochsauerlandkreis liegen keine Zahlen vor.
Eine Erhebung zum Ammoniakausstoß ist gegenwärtig nicht vorgesehen.
Über die Genehmigung größerer Tierhaltungsanlagen in Gebieten mit Mischbebauung entscheiden die Baugenehmigungsbehörden, die sowohl bei den Städten als auch bei der Kreisverwaltung angesiedelt sind. Sofern bei derartigen Bauvorhaben die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, sind diese genehmigungsfähig.“
Unser Resümee
Siehe oben unter „Vorab“!