16 Biogasanlagen im HSK, davon 5 in Wasserschutzgebieten / 4 Störfälle in den letzten 5 Jahren
Biogasanlagen sind offenbar störungsanfällig. Im Jahr 2012 gab es beispielsweise im Landkreis Rotenburg in Niedersachsen eine große Umweltkatastrophe durch den Ausfall des Pumpsystems einer Biogasanlage. Als Folge des technischen Defekts liefen ca. 400 Kubikmetern Gärsubstrat aus. Die Flüssigkeit ergoss sich in einen angrenzenden Bach. Das hatte wiederum das sofortige Absterben des Fischbestands zur Folge. Die wiederholten Meldungen über folgenreiche Unfälle durch Biogasanlagen veranlasste die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) am 21.04.2015 zu einer Anfrage.
Wir veröffentlichen hier nun die Antwort der Kreisverwaltung vom 04.05.2015 im vollen Wortlaut:
„Ihre Anfrage gem. § 11 Gesch0 für den Kreistag des Hochsauerlandkreises;
hier: Biogasanlagen vom 21.04.2015
Sehr geehrter Herr Loos,
Ihre Anfrage zum Thema Biogasanlagen beantworte ich wie folgt:
zu 1. Wie viele Biogasanlagen werden aktuell im HSK betrieben?
Z. Zt. werden nach hiesigem Kenntnisstand 16 Anlagen betrieben.
zu 2. Wo befinden sie sich und wer sind die jeweiligen Betreiber?
Die Standorte mit den hier bekannten Betreibern können der folgenden Tabelle entnommen werden.
Stadt / Gemeinde Ortsteil Betreiber
Brilon Keffelke: Biogas-Keffelke GbR
Eslohe Oesterberge: Oesterberger Biogas GmbH
Marsberg Borntosten: Stadtwerke Marsberg
Marsberg Canstein: Freiherr von Elverfeldt, Alexander
Medebach Titmaringhausen: Frese, Christoph
Medebach Medabch: Naturstrom Faustweg GmbH & Co. KG
Medebach Medebach: Schmidt, Andreas
Meschede Horbach: Heinemann, Karl-Johannes
Meschede Obermielinghausen: Heinemann, Johannes
Meschede Mielinghausen: Kotthoff, Franz-Josef
Meschede Wallen: Seemer, Wilhelm
Schmallenberg Ebbinghof: Ebbinghof Biogas GmbH & Co. KG
Sundern Allendorf: Bioenergie GmbH
Sundern Estinghausen: Heymer, Matthias
Sundern Allendorf: Freiburg-Neuhaus, Stefan
Winterberg Altenfeld: Wegener, Antonius
zu 3. Wie viele Anlagen stehen in Wasserschutzgebieten oder in deren Nähe?
Welche Abstandregeln gelten ggfls. zu Gewässern und anderen empfindlichen Öko-Systemen?
Von den o. g. Anlagen befinden sich 5 Anlagen in Wasserschutzgebieten.
Nach § 38 Wasserhaushaltsgesetz ist für Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen ein Mindestabstand von 5 m ab Böschungsoberkante einzuhalten.
zu 4. Welche Sicherheitsstandards müssen die Betreiber gewährleisten?
Eine Biogasanlage ist in wasserrechtlicher Hinsicht eine Anlage zum Herstellen, Behandeln und Verarbeiten von wassergefährdenden Stoffen, die so beschaffen sein und betrieben werden muss, dass eine Verunreinigung der Gewässer oder eine sonstige nachteilige Veränderung ihrer Eigenschaften nicht zu besorgen ist. Diese Anforderungen werden im Wesentlichen durch folgende technischen Ausführungen erfüllt:
– Bezüglich der Sicherheitsstandards ist die “TI 4 (Technische Information) Sicherheitsregeln für Biogasanlagen” der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft als Standardwerk zu nennen.
Aufgrund wasserrechtlicher Bestimmungen sind im Wesentlichen folgende Anforderungen erfüllt sein:
Behälter aus Stahlbeton sind nach der Norm DIN EN 206-1 und DIN 1045 zu planen, bemessen und auszuführen.
Einrichtungen zur Befüllung und Entleerung der Behälter, wie Rohrleitungen, Schieber, Pumpen, sind einsehbar auszuführen. Ist dies nicht möglich, müssen Rohrleitungen doppelwandig mit Leckerkennung versehen sein.
Im Fahr- und Rangierbereich der Behälter ist ein Anfahrschutz von oberirdischen Rohrleitungen, Schiebern, etc. anzubringen.
– Alle Behälter sind mit einer Füllstandsüberwachung und Überfüllsicherung auszustatten.
Bei nicht einsehbaren Behälterböden und Behälterwandungen ist der Einbau eines Leckerkennungssystems mit Kontrolleinrichtung einzubauen.
In der Nähe von Gewässern, Gräben-, Drainage- oder sonstigen Entwässerungssystemen ist eine Rückhalteeinrichtung für den Fall des Versagens der Behälter oder der Anschlüsse erforderlich. Dies wird in der Regel durch eine entsprechend dimensionierte Umwallung erreicht.
Rohrleitungen müssen an beiden Enden mit Absperrschiebern (doppelte Armaturen) versehen sein.
zu. 5. Wer überwacht wie und in welchen zeitlichen Abständen die Sicherheit von Biogasanlagen? Wer ist für die Dokumentation verantwortlich?
Die Überwachung der Biogasanlagen obliegt mehreren Stellen. Grundsätzlich ist die Überwachung der Anlagen auf Funktionsfähigkeit der Sicherheitseinrichtungen und Dichtheit zunächst eine Betreiberpflicht.
Die behördliche Überwachung richtet sich zunächst nach den Zuständigkeiten. Die zuständige Behörde kann je nach Größe und Art der Anlage die Obere Umweltschutzbehörde (Bezirksregierung) oder die untere Umweltschutzbehörde (Kreise und kreisfreie Städte) sein.
Die Anlagen unterliegen gern. der Verordnung zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VAwS) der Prüfpflicht durch einen anerkannten Sachverständigen. Die Überprüfung durch einen Sachverständigen ist vor Inbetriebnahme der Anlage und wiederkehrend spätestens nach 5 Jahren vorzunehmen. Die Dokumentation der Überprüfungen und Überwachungen obliegen den v. g. Stellen.
zu 6. Kam es Ihres Wissens in den letzten 5 Jahren bei Biogasanlagen im HSK zu Störungen und Unfällen? Besteht eine Meldepflicht für Störfälle?
Bei der Unteren Wasserbehörde des HSK sind seit 2010 vier Störfälle bzw. Unfälle an Biogasanlagen im HSK registriert.
Ein Störfall ist der zuständigen Behörde, bei Austritt von wassergefährdenden Stoffen der Unteren Wasserbehörde zu melden.
zu 7. Wer haftet für durch Biogasanlagen verursachte Schäden und Folgeschäden, z. B. wenn die Umwelt nachhaltig beeinträchtigt wird?
Die Haftung für Schäden an der Umwelt, die durch Biogasanlagen verursacht werden richtet sich nach nach dem Umwelthaftungsrecht und dem Umweltschadensrecht. In der Regel haftet der Betreiber für Schäden an der Umwelt, auch für Personen- und Sachschäden.
Nach Umweltschadensgesetz ist der Verantwortliche einer Biogasanlage verpflichtet, Maßnahmen der Gefahrenabwehr durchzuführen und eine Sanierung des Umweltschadens vorzunehmen.“