RP: “Der Ausbau Erneuerbarer Energien liegt im überragenden öffentlichen Interesse”
Regierungspräsident Vogel hat im März in einem Brief an die Landrät*innen und an die Bürgermeister*innen im Regierungsbezirk Arnsberg eine radikale Wende in der kommunalen Energiepolitik gefordert.
Er schreibt:
“Sehr geehrte Damen und Herren,
seit dem menschenverachtenden Angriffskrieg des russischen Präsidenten Putin sehen wir uns alle vor außerordentliche Herausforderungen gestellt. Diese liegen kommunal und regional vor allem in der bestmöglichen Gestaltung der Flüchtlingsaufnahme und in der Mitgestaltung der schnellstmöglichen dauerhaften Wiederherstellung der Energieversorgungssicherheit unseres Landes.
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In seiner Regierungserklärung vom 27.02.2022 betont der Bundeskanzler die Notwendigkeit, den Ausbau Erneuerbarer Energien schnell voranzutreiben und umzusteuern, um die gegenwärtige Importabhängigkeit insbesondere vom Putin-Regime zu überwinden. Deutschland bezieht derzeit 35 % seiner Rohölimporte, 50 % seiner Steinkohleimporte und 55 % seiner Erdgasimporte aus Russland. Die Drohungen von Russland mit einem Lieferembargo bzw. die mögliche Erweiterung der wirtschaftlichen Sanktionen der demokratischen europäischen Staaten auf die Energielieferungen verstärken zusätzlich den zeitlichen Druck für ein Handeln auf allen Ebenen.
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Eine Neuausrichtung des § 2 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EGG) wird es bereits im „Osterpaket“ der Bundesregierung geben. Vor dem Hintergrund gilt es, die in unserem Regierungsbezirk vorhandenen Potenziale Erneuerbarer Energien schnellstmöglich zu heben.
Es können und sollten schon jetzt alle bestehenden Handlungs- und Entscheidungsspielräume genutzt werden. Die kurzfristige Realisierung sämtlicher Formen Erneuerbarer Energien sollten kommunal ermöglicht bzw. unterstützt werden. Bereits aufgegleiste Projekte im Rahmen Ihrer Genehmigungszuständigkeiten sollten prioritärzum Abschluss kommen, damit die Anlagen schnellstmöglich errichtet werden können.
Denn: Der Ausbau Erneuerbarer Energien liegt im überragenden öffentlichen Interesse und dient – das ist durch den Angriffskrieg auf die Ukraine allen deutlich geworden – der öffentlichen Sicherheit. Sicherheitspolitik ist „grüne“ Energiepolitik.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die unterschiedlichen Formen der Erneuerbaren Energien nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir brauchen wirklich alles:
• Windkraftanlagen auch im Wald, auch in Landschaftsschutzgebieten
• Solaranlagen auf geeigneten Freiflächen und Dächern
• Wasserkraftanlagen mit ökologischer Fischdurchgängigkeit an vorhandenen Querbauwerken
• Biogaserzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen
• Oberflächennahe ebenso wie Tiefengeothermie
• Grubengasnutzung
Zudem besitzen alle Vorhaben der Energieeinsparung höchste Priorität.
Ich versichere Ihnen, dass wir Sie im Rahmen der Fachaufsicht u.a. als obere Immissionsschutz-, Bauaufsichts-, Wasser- und Naturschutzbehörde bei der Realisierung dieser Ziele bestmöglich unterstützen werden.
Deshalb an dieser Stelle zwei kurze Hinweise auch für gegenwärtig rechtlich notwendige Abwägungsprozesse beim Ausbau Erneuerbarer Energien.
1. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem historischen Klimaschutzbeschluss vom 24.03.2021 festgestellt, dass Klimaschutz ein verfassungsrechtlich gegebenes Staatsziel ist und in diesem Zusammenhang ein verfassungsrechtlich gebotenes „Recht auf Rechtzeitigkeit“ besteht.
2. Hinzu kommen jetzt die herausragenden Belange der kurzfristigen und dauerhaften Versorgungssicherheit und damit der Sicherheit des Landes insgesamt.
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Ich freue mich darauf, mit Ihnen gemeinsam diese große Herausforderung zu gestalten, die auch unsere Freiheit und Demokratie zu sichern hilft, da wir für alles – auch für die kommunale Daseinsfürsorge – kurzfristig und dauerhaft bezahlbare Energie und Energiesicherheit benötigen.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Josef Vogel”
Ob diese Ziele nun auch im HSK und in seinen 12 Kommunen schnell umgesetzt werden??