Zwei Tage, zwei Vorträge, zwei Referenten = ein Thema: “Rechte Rattenfänger”
Vergangenheit
28.04.2023 im Dampf-Land-Leute-Museum in Eslohe, Veranstalter: SBL-Kreistagsfraktion, Thema: “Im Anfang war der Hass”
Der Referent Peter Bürger, Sauerländer Heimatforscher und Theologe, zeichnet detailreich ein Bild des äußerst umtriebigen Geistlichen und Hitler-Freunds Dr. Lorenz Pieper. Pieper (1875 – 1951) entstammte einer kinderreichen Ackersmann-Familie aus Eversberg bei Meschede. Der Weg als “Gottesmann” war für ihn schon im Kindesalter vorgezeichnet. Sein geistlicher Onkel bereitete Lorenz wie auch zuvor dessen älteren Bruder August auf das Priesteramt vor. Bereits in den frühen 1920er Jahren entdeckte Lorenz seine Leidenschaft für Adolf Hitler und dessen Bewegung. 1923 wurde der promovierte Theologe Mitglied der NSDAP. Damit war Dr. Lorenz Pieper der erste Priester in ganz Deutschland mit einem NSDAP-Parteibuch!
Peter Bürger beschreibt den Geistlichen aus dem Sauerland als “gewaltbereiten Rechtsextremisten”. Pieper “missionierte” seine Schäfchen wohl äußerst erfolgreich. Er begeisterte sie für den seiner Meinung nach fortschrittlichen und zukunftsweisenden Nationalsozialismus. Der Priester beherrschte offenbar die hohe Kunst der Menschenfängerei. Selbstverständlich war der glühende Hitler-Verehrer ein Verfechter der Rassenlehre und überzeugter Antisemit.
Bereits am Vortag hatte Peter Bürger in einer weiteren Veranstaltung der SBL-Kreistagsfraktion in der ALten Synagoge in Meschede vor knapp 40 Zuhörerinnen und Zuhörern zum Thema „No peace – no future – Ohne Frieden keine Zukunft“ referiert.
Gegenwart
29.04.2023 im Kreishaus in Meschede, Veranstalter: Mescheder Bündnis für Demokratie und Solidarität, Thema: “Für welches “Volk” spricht der Populismus?”
Bei manchen bedeutenden und auch weniger bedeutenden Zeitgenossen hat das Schüren von Ängsten offensichtlich wieder an Beliebtheit gewonnen. Grund genug, sich mit dieser beunruhigenden Entwicklung zu befassen. Der Referent Richard Gebhardt, Politikwissenschaftler und Publizist, beschreibt das Aus- und Abgrenzen von anderen Menschen als Rechtspopulismus. Er geht davon aus, dass es sich bei dem mit dem Populismus einhergehenden Ausländerhass um eine – offenbar teils erfolgreiche – politische Strategie handelt. Richard Gebhardt warnt, Populismus schade Demokratie und Gesellschaft. Darum müssten wir auf die Herausforderung von rechts reagieren.
Fragen:
Unterscheidet sich die Methode des 1875 in Eversberg geborenen glühenden Hitler-Verehrers und Nazi-Priesters von der Strategie eines 1972 in Lünen geborenen rechtsextremistischen Politikers und Lehrers?
Handelt es sich bei beiden recht(s) populären Männern um Rattenfänger?
Ist der offene Judenhass des einen vergleichbar mit dem offensichtlichen Ausländerhass des anderen?
Thematisieren beide die soziale Frage, ohne Lösungsansätze zu bieten?
Untergraben beide ganz bewusst Zusammenhalt und Demokratie?