Manchmal arbeitet die Kreisverwaltung ganz schnell…
Viele werden es kennen: Auf Genehmigungen zu Bauvorhaben wartet man viele Monate oder auch schon mal Jahre. Doch in ganz bestimmten Fällen entwickeln Verwaltungen unglaubliche Geschwindigkeiten bis zum Erteilen einer Genehmigung – und verzichten dabei auch auf viele notwendige Verfahrensschritte.
Ein solcher Fall wurde am 02.09.2024 bei einer Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster öffentlich. Es ging um das Repowering einer Windenergieanlage (WEA) bei Brilon-Scharfenberg. Dabei gibt es mehrere Besonderheiten: Diese WEA ist noch gar nicht gebaut worden, sondern das angebliche Repowering wurde bereits vor dem ersten Spatenstich beantragt. Und diese WEA grenzt an drei Seiten direkt an das Naturschutzgebiet Goldbachtal, Abstand nur etwa 8 Meter. Und das Areal für die neue WEA war ursprünglich Teil des neuen Vogelschutzgebiets (VSG) bei Brilon und Marsberg, wurde dann aber maßgenau aus dem VSG herausgeschnitten. Und die Betreibergesellschaft besteht aus 3 prominenten CDU-Mitgliedern…
In seiner Antwort vom 23.07.2024 auf eine schriftliche Anfrage der SBL-Fraktion teilte der Landrat mit, dass im Rahmen eines solchen Änderungsgenehmigungsverfahrens für dein derartiges “Repowering” zur Umweltverträglichkeit nur „eine allgemeine Vorprüfung durchgeführt“ werde. Auch eine Artenschutzprüfung fände nur unter besonderen Umständen statt. Der Vorhabenträger könne beantragen, welche Art des Genehmigungsverfahren erfolgen soll.
Am 02.09.2024 wurde beim OVG Münster im Verfahren 22 D 137/23.AK verhandelt. Der Verein für Umwelt- und Naturschutz Hochsauerland hatte gegen den Hochsauerlandkreis Klage erhoben wegen der Genehmigung dieser WEA direkt am NSG Goldbachtal. Bereits vor Errichtung dieser WEA hatte die Betreibergesellschaft ein Repowering beantragt, durch das sich z.B. die Rotorfläche auf etwa das Vierfache, die Höhe der Anlage um mehr als 70 Meter erhöhen und der Standort verändern sollen. Dieses angebliche Repowering ist also mit erheblichen Veränderungen gegenüber der ursprünglich beantragten Anlage verbunden.
Der OVG-Senat rügte in der Verhandlung deutlich die von der Kreisverwaltung durchgeführte angebliche Vorprüfung. Zu den Auswirkungen des Repowering seien nur allgemeine Formulierungen und ohne Begründung erfolgt; die Kreisverwaltung habe nicht konkret dargelegt, warum sie auf weitere Prüfungen verzichtete. Im Protokoll des OVG zu dieser Verhandlung heisst es u.a.: “… , dürfte die im Änderungsgenehmigungsverfahren … nur drei Tage nach Eingang des Änderungsantrags – mit Blick auf § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UVPG getroffene Einschätzung des Beklagten, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei, jedenfalls deshalb nicht nachvollziehbar gewesen sein, weil sie nicht auf einer hinreichenden naturschutzfachlichen Grundlage getroffen worden sein dürfte. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Formblatt der Vorprüfung …, dem – aus Rechtsgründen erforderliche – Begründungen für die jeweiligen Einschätzungen praktisch nicht zu entnehmen sind, sondern insbesondere auch aus dem zeitlichen Ablauf des Änderungsgenehmigungsverfahrens (einschließlich der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde des Beklagten …) sowie dem Änderungsbescheid selbst”.
Konkrete Erklärungen für ihr Verhalten konnte die Kreisverwaltung in der Verhandlung beim OVG nicht liefern; die zuständige Sachbearbeiterin sei im Urlaub, und keiner der (zahlreichen) anderen anwesenden Vertreter der Kreisverwaltung sei darüber informiert.
Es war also nicht nachvollziehbar, warum die Kreisverwaltung hier auf eine UVP, auf eine Artenschutzprüfung und auf eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit verzichtete. Nach drei Tagen wurde ohne jede Prüfung der Auswirkungen durch die erheblichen Veränderungen der Anlage die Genehmigung erteilt. Alles nur Zufall?