Vormundschaften und Pflegschaften – Kritik am Vertragsentwurf des Kreisjugendamtes mit dem Sozialdienst katholischer Frauen e.V.
Mitte 2011 trat ein Gesetz zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts in Kraft. Daraufhin erarbeitete das Kreisjugendamt die Vorlage 8/474, die auf der Tagesordnung des Kreisjugendhilfeausschusses am 12.10.2011 stand. Es wird berichtet, das Kreisjugendamt führe 129 Amtsvormundschaften und Amtspflegschaften durch. Nach den gesetzlichen Vorgaben müsse der Stellenumfang von 1,0 Stellen auf 2,5 Stellen aufgestockt werden, weil ein Vollzeitmitarbeiter nur noch 50 Vormundschaften betreuen darf. Aus diesem Grund sei über den Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) e.V. – Ortsverein Brilon – Kontakt zwecks Übernahme von Vormundschaften und Pflegschaften aufgenommen worden. Laut Beschlussvorschlag der Verwaltung soll der Kreistag dem Abschluss eines Vertrages zwischen dem HSK und dem Sozialdienst katholischer Frauen e.V. – Ortsverein Brilon – über die Ausgestaltung der bestellten Vormundschaften und Pflegschaften zustimmen.
Die Kreistagsmitglieder Reinhard Loos von der Sauerländer Bürgerliste (SBL) und Beate Raberg haben einen gemeinsamen Änderungsantrag eingebracht. Sie beantragen, das Kreisjugendamt solle einen neuen Entwurf vorlegen. Ihre Kritikpunkte sind:
- Es würde im vorliegenden Entwurf nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zunächst zu prüfen ist, ob Einzelpersonen (z. B. Pflegeeltern) die Vormundschaft übernehmen können; dies sei auch die gesetzliche Vorgabe.
- Außerdem seien alle bestehenden Amts- und Vereinsvormundschaften vom Kreisjugendamt jährlich dahingehend zu überprüfen, ob mittlerweile eine Einzelperson die Vormundschaft übernehmen kann; dies sei ebenfalls im BGB und im Sozialgesetzbuch VIII so geregelt.
- Der SkF e.V. sollte für seine Tätigkeit als Vormund denselben Stundensatz wie gesetzliche Betreuer erhalten und nicht den um mehr als die Hälfte höheren Satz für Fachleistungsstunden.
Die Formulierung in der Präambel des vorgesehenen Vertrages: „Die Vormundschaft ist als „Instrument“ des staatlichen Wächteramtes des Art. 6 Abs. 2 GG wird in der Regel durch das Jugendamt wahrgenommen“, träfe nicht zu. Die gesetzlichen Regelungen (BGB und SGB VIII) würden andere Prioritäten setzen.
Das Jugendamt oder ein Verein seien nur dann zu bestellen, wenn keine geeignete Einzelperson vorhanden ist. Falls das Jugendamt selbst bestellt wurde, müsse es die Berechtigung seiner Bestellung jährlich überprüfen. Ein Verein dürfe nur dann als Vormund vorgeschlagen werden, wenn keine geeigneten Einzelpersonen vorhanden seien.
Der Kreisjugendhilfeausschuss verständigte sich in seiner gestrigen Sitzung aufgrund des Antrags darauf, den Beschlussvorschlag der Verwaltung zu ergänzen. Nun wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die gesetzliche Reihenfolge einzuhalten sei, also zunächst zu prüfen ist, ob geeignete Einzelpersonen für die Übernahme der Vormundschaft zur Verfügung stehen. Dies dürfte vor allem bei langjährig bestehenden Pflegekindverhältnissen häufig der Fall sein.
Außerdem gab der Leiter des Kreisjugendamtes zu, dass bisher die jährliche Überprüfung, ob Einzelpersonen die Vormundschaft übernehmen könnten, “nicht intensiv” erfolgt sei. Dies soll sich zukünftig ändern.