Waldbauern beschweren sich über Nichtanwendung des Fortschädenausgleichsgesetzes
Interview mit dem stellv. Vorsitzenden des Waldbauernverbandes NRW, Ferdinand Funke
Holzverkauf extrem schwierig
Wochenblatt: Herr Funke, Sie bewirtschaften 60 ha Wald in Finnentrop und vertreten die Waldbauern ehrenamtlich. Wie viel Prozent des Sturmholzes in Ihrer Region sind aufgearbeitet? Wie ist die Stimmung unter Ihren Berufskollegen?
Funke: Die Stimmung vor Ort ist mies, zum Teil ganz mies. Viele Berufskollegen haben das Gefühl, dass unsere Forstämter mit der Ausnahmesituation völlig überfordert sind. Bislang sind in den am schlimmsten betroffenen Gemeinden etwa 30 bis 40 % des Sturmholzes aufgearbeitet. Das Problem ist jedoch die Holzvermarktung. Die meisten Forstamtsleiter bzw. Dezementen finden offensichtlich keine Käufer bzw. sie können ihre Preisvorstellungen am Markt nicht durchsetzen. Deshalb versuchen immer mehr private Waldbesitzer, ihr Sturmholz in Eigenregie zu verkaufen, was aber nicht immer und dann auch nur zu schlechten Preisen gelingt.
Wochenblatt: Die Vermarktung des Sturmholzes ist offensichtlich viel schwieriger als zunächst angenommen
Funke: In der Tat. Das zentrale Problem ist die viel zu große Holzmenge, die wir am Markt unterbringen müssen. Über die vom Landesbetrieb Wald und Holz bzw. dem Düsseldorfer Landwirtschaftsministerium abgeschlossenen sechs Rahmenverträge, die den Holzpreis stützen und die wir sehr begrüßen, sind bislang etwa 3 bis 4 Mio. fm vermarktet worden. In unseren Wäldern sind jedoch 13 bis 15 Mio. fm Sturmholz, vorwiegend Fichtenstammholz, angefallen. Jetzt nutzen die Aufkäufer natürlich die Gunst der Stunde und drücken die Preise. Beispiel: Ein Unternehmer, der 200 000 fm Fichte B/C nach Schweden und Lettland exportieren will, hat uns kürzlich einen fast lächerlichen Preis angeboten. Auf dem Boden stehend bleiben für den Waldbauern gerade mal 20 bis 25 €/fm übrig. Dennoch werden einige Waldbauern das Angebot wohl annehmen, weil es für das Forstamt fast unmöglich ist, die großen Mengen zu vermarkten. Die Berufskollegen wollen nicht länger auf bessere Zeiten und den Borkenkäfer warten.
Wochenblatt: Wie könnte man die Misere Ihrer Meinung nach besser in den Griff bekommen?
Funke: Der Landesbetrieb Wald und Holz muss sich von seiner Philosophie der zentralen Holzvermarktung verabschieden. Die Forstamtsleiter und Dezernenten sollten in Zukunft mehr die privaten Initiativen der Waldbauern begleiten und unterstützen. Ich möchte aber nicht missverstanden werden: Unsere Kritik richtet sich nicht gegen die Förster, die vor Ort unsere Waldbauern betreuen. Sie tun wirklich alles, was sie tun können. Das gilt übrigens auch für einige Beamte im Düsseldorfer Ministerium.
Wochenblatt: Spüren die. Waldbauern die zugesagten Finanzhilfen des Landes NRW?
Funke: Allenfalls beim Wegebau geht es voran. In einem zentralen Punkt hat uns das Land NRW bislang im Stich gelassen. Vor dem Hintergrund der heutigen Situation fordern wir, das Forstschädenausgleichsgesetz in Kraft zu setzen, ähnlich wie beim Jahrhundertsturm Lothar 1999 in Baden-Württemberg. Kyrill hat uns, grob geschätzt, etwa 37 Mio. fm Sturmholz beschert. 1999 waren es 2 bis 3 Mio. fm weniger. Würde das Gesetz gelten, könnten die anderen Bundesländer ihren Holzeinschlag reduzieren. Jetzt ist genau das Gegenteil passiert. Die süddeutschen Länder haben in den ersten vier Monaten 2007 110 % der normalen Holzmenge geschlagen. Die Waldbauern in Bayern haben schon die erste Quittung bekommen. Für einen Großabnahmevertrag über 350.000 fm Holz haben sie gerade noch 55 €/fm erlöst. Wir fordern die Solidarität, die wir nach Lothar auch gezeigt haben.
Wochenblatt: Denken Sie bereits über das Wiederaufforsten nach?
Funke: Wenn das Haus brennt, denkt man nicht über den Neubau nach, sondern über das Löschwasser. Es wird wohl so kommen, dass wir auf den meisten unserer Flächen wieder die Fichte anpflanzen. Auf exponierten Stellen könnten auch die schnell wachsende Douglasie sowie die Küstentanne „abies grandis“ eine Rolle spielen.
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[aus: Landwirtschaftliches Wochenblatt 24/2007 vom 14.06.2007]