Auf vielen Äckern tickt eine Zeitbombe
Bielefelder Umweltinstitut präsentiert neue Studie zu den Gefahren von PFT
VON HUBERTUS GÄRTNER
Bielefeld. Die Gefahren, die von der mutmaßlich krebserregenden Industriechemikalie PFT (perfluorierte Tenside) ausgehen, sind vermutlich wesentlich größer als bislang bekannt. Diese Schlussfolgerung lässt sich aus einer neuen wissenschaftlichen Studie ziehen, die das Bielefelder Institut für Umwelt-Analyse (IFUA) im Auftrag des Umweltbundesamtes erstellt hat.
Eine schriftliche Zusammenfassung der Studie wurde Mitte Dezember auf einer Fachtagung in Essen vor mehr als 130 Teilnehmern präsentiert. Sie liegt nun dieser Zeitung vor. Nach dem wichtigsten Fazit der Studie ist eine Gefährdung von Schutzgütern „schon bei PFT-Gehalten im Boden von unter 100 Mikrogramm pro Kilogramm nicht auszuschließen“. Als Schutzgüter werden die menschliche Gesundheit, das Grund- und Oberflächenwasser sowie das Boden- und Pflanzenleben definiert. Anlass der Studie war das verbreitete Auftreten von PFT in Klärschlämmen.
Man habe die wissenschaftliche Bewertung möglicher Gefahren unter Vorsorge-Gesichtspunkten erstellt und einen zusätzlichen Sicherheitspuffer eingerechnet, erläuterte IFUA-Leiter Dietmar Barkowski auf Anfrage dieser Zeitung. Mit der aktuellen Studie für das Umweltbundesamt sei nun „erstmals belegt worden, dass PFT durchaus vom Boden in die Pflanzen wandern kann“. Wegen der hohen Mobilität der Industriechemikalie müssten unter Vorsorge-Aspekten bereits geringste PFT-Gehalte im Boden für das Grundwasser als „problematisch“ angesehen werden.
Besondere Brisanz gewinnt die IFUA-Studie jedoch erst dann, wenn man sie in einen Zusammenhang mit dem aktuellen PFT-Skandal in Nordrhein-Westfalen stellt.
Wie berichtet, steht die Borchener Firma GW Umwelt in dem Verdacht, Biodünger, der mit PFT stark verunreinigt war, illegal gegen Bezahlung an Landwirte verteilt zu haben. Anschließend wurde der Giftdünger auf etwa 1.000 landwirtschaftlichen Flächen verstreut. Es kam zu erhöhten PFT-Konzentrationen in Möhne und Ruhr. In dem Fall ermittelt die Bielefelder Staatsanwaltschaft.
Das IFUA hatte im Hochsauerlandkreis und im Kreis Soest auf 44 Ackerflächen Bodenproben genommen. Die Bilanz fiel alarmierend aus: In 18 Stichproben betrug die PFT-Konzentration im Boden mehr als 100 Mikrogramm pro Kilogramm. Eine Gesundheitsgefährdung ist hier nicht auszuschließen. Saniert wird bislang aber nur eine Fläche bei Brilon.
(aus: Neue Westfälische, Titelseite vom 02.02.2008)