Bärbel Höhn zur Verhaftung von Dr. Friedrich
Angebliche Korruption im NRW-Umweltministerium
Nach Ansicht der Grünen Bärbel Höhn profitierte besonders einer von den Vorwürfen gegen ihren Ex-Abteilungsleiter: CDU-Umweltminister Eckhard Uhlenberg.
taz: Frau Höhn, wie korrupt war Ihr Ministerium?
Bärbel Höhn: Die Verhaftung des Ex-Abteilungsleiters Harald Friedrich hat mich erst einmal umgehauen. Die Vorwürfe waren heftig, und die Ermittlungsbehörden haben einen Riesenaufwand betrieben: Es waren 270 Beamte im ganzen Bundesgebiet im Einsatz. Man kann niemandem hinter die Stirn gucken – aber wie ich Harald Friedrich kennengelernt habe, habe ich mich über den Vorwurf der Bereicherung schon gewundert.
Die Staatsanwaltschaft sprach von Korruption, Untreue, Bandenbildung.
Bandenbildung ist ein juristischer Begriff, der greift, wenn es mehrere Beschuldigte gibt. Trotzdem ist der Vorwurf schwerwiegend, die Beschuldigten hätten sich zum eigenen Vorteil gegenseitig Verträge zugeschustert. Bei Harald Friedrich kann ich mir das schon deshalb nicht so recht vorstellen, weil ihm die Sache über alles geht. Er ist ein engagierter Experte – gerade wenn es um sauberes Trinkwasser geht.
Die Auftragsvergabe Ihres Ministeriums hätte also nicht besser kontrolliert werden müssen?
Die Auftragsvergabe im NRW-Umweltministerium wurde natürlich kontrolliert. Unter meiner Leitung wurde diese Kontrolle sogar verbessert, nämlich stärker zentralisiert. Unseren Vorschlag hat der Landesrechnungshof aufgegriffen und inzwischen dieses Konzept einer zentralen Kontrollstelle auch bei anderen Ministerien eingefordert.
Ihrem ehemaligen Abteilungsleiter wurde trotzdem fristlos gekündigt. Im Arbeitsgerichtsverfahren aber gab das Ministerium dann eine sogenannte Ehrenerklärung ab.
Es ist schon sehr ungewöhnlich, wenn der Arbeitsgerichtsprozess mit einer Einigung endet und trotzdem aus dem Umweltministerium immer neue Vorwürfe gegen Harald Friedrich kommen.
Wie erklären Sie sich das?
Es gibt Stimmen, die auf einen Zusammenhang mit Harald Friedrichs Kritik an der Behandlung des PFT-Problems durch das Ministerium hinweisen. Im PFT-Skandal war Friedrichs Fachwissen mit ausschlaggebend für die fundierte Kritik am Ministerium. Immer wieder hat er auf eine bessere Qualität des Trinkwassers und damit auf einen besseren Schutz von Millionen Menschen im Ruhrgebiet gedrängt. Dass er dann plötzlich mit einem Ermittlungsverfahren wegen Korruption überzogen wird, angestoßen vom Ministerium, das unter der PFT-Kritik leidet – das gibt Anlass zum Nachdenken, wenn sich die Vorwürfe nicht bewahrheiten sollten.
(Quelle: taz vom 22.07.2008)