Informationen und Meinungen zur Kreispolitik im HSK

Themen des Pressegesprächs am 04.10.2006

By admin at 4:35 pm on Thursday, October 5, 2006

Wir sind Mitglieder der Grünen, und wir möchten Grüne Politik machen, bisher und auch in Zukunft. Erst vor einem Jahr haben wir uns beide als Kandidaten für den Grünen KV HSK aufstellen lassen: Matthias Schulte-Huermann für den Bundestag, Reinhard Loos als Landrat.

Einige wichtige Grundsätze für Grüne Kommunalpolitik, aus unserer Sicht

  • ökologisch

  • sozial

  • basisdemokratisch

  • bürgernah

  • unabhängig

  • transparent.

Aufgrund der derzeitigen personellen Konstellation waren diese Grundsätze in der KT-Fraktion B90/Die Grünen nicht mehr umsetzbar. Viele wichtige Themen wurden dort nicht mehr angegangen, statt dessen gab es massive Versuche, diese Fraktion von außen für die Interessen einer bestimmten Person (ehem. Ministerialbeamter und ehem. Geschäftsführer einer großen rheinländischen Abfallentsorgungsfirma) zu instrumentalisieren und zu manipulieren. Dabei spielt auch die Ämterhäufung (4 Funktionen) bei einem Fraktions­mitglied eine große Rolle

Für die Zukunft sehen wir aber nicht die bündnisgrüne Fraktion als unseren Hauptgegner an. Vielmehr hoffen wir, daß sich auch diese Fraktion wieder mehr auf die Sachthemen konzentriert und punktuell weiterhin eine konstruktive Zusammenarbeit möglich ist.

Im Vordergrund steht für uns daher nicht die Auseinandersetzung mit ehemaligen Fraktionskollegen, sondern die Sachthemen. Hier einige Themen, die für uns in den nächsten Monaten wichtig sind:

PFT

Leider ist festzustellen, daß sowohl die Informationspolitik gegenüber der Bevölkerung als auch die Konsequenz des Vorgehens gegenüber den Verursachern sehr zu wünschen übrig lassen. Dabei stechen besonders der amtierende Umweltminister und die (gegenüber der Landesregierung weisungsgebundene!) Staatsanwaltschaft hervor (s. anliegende Dokumentation). Es ist aber auch unverständlich, wieso die Kreisverwaltung nicht alle Meßwertre veröffentlicht. So sind z.B. der Antwort vom 16.08. auf eine von uns veranlaßte Anfrage Schadstoffkonzentrationen zu entnehmen, die erheblich über den bisher bekannten Daten liegen.

Wir gehen davon aus, daß es im Kreisgebiet und im Raum Rüthen etwa ein halbes Dutzend stark belasteter Flächen gibt. Wir nehmen ferner an, daß auf diesen Flächen etwa das 30fache der zulässigen Bioabfallmenge abgeladen wurde, und das unter teilweise merkwürdigen Umständen. So haben uns Scharfenberger Bürger berichtet, daß auf dem westlich von Scharfenberg gelegenen Maisfeld zwischen Weihnachten und Neujahr zahlreiche Lkws mitten in der Nacht große Mengen einer übel riechenden Masse abgeladen haben. Wir halten es für gut möglich, daß die Mutter-Firma, in deren Regie das erfolgte, sich von einer ihrer Tochterfirmen in Thüringen die Anlieferung dieser Abfälle bescheinigen ließ, aber diese Abfälle tatsächlich nie dort ankamen. Dies konkret zu klären, hätte eigentlich schon längst durch die Staatsanwaltschaft erfolgen müssen.

Vordringlich ist nun die Beseitigung der Schadstoffeinträge. Hier reicht es nicht abzuwarten, ob es gelingt, die verursachende Firma dazu zu veranlassen. Im Interesse der Bevölkerung müssen Land und Kreis hier in Vorlage treten. Es ist unumgänglich, weitere Schadstoffübertragungen aus den belasteten Feldern ins Wasser dauerhaft zu verhindern. Falls der Nachweise gelingt, daß dies mit einem Drainagesystem und mit Aktivkohlefiltern möglich ist, kann dieser Weg gewählt werden. Andernfalls ist eine Abtragung der Flächen – wie vor Jahren auch beim Kieselrot geschehen – notwendig.

Wir werden daher fordern, daß sich der HSK besonders auch um die Geschädigten kümmert. Es reicht nicht aus, wenn der HSK einem an den PFT-Verseuchungen völlig schuldlosen Fischteichbesitzer die Verwertung seiner Fische untersagt ohne sich darum zu kümmern, welche Folgen das für ihn hat. Ein Weg, um den Geschädigten zu helfen, könnte die Organisation einer Sammelklage sein.

Auf längere Sicht muß sowohl die Verwendung derart gefährlicher Stoffe wie PFT verhindert werden als auch die Qualität der Trinkwasseraufbereitung verbessert werden. Dabei hilft es allerdings nicht weiter, pauschal die Einführung der Membrantechnologie für alle Wasserwerke zu fordern, obwohl diese Technik viele ungünstige Wirkungen hat (z.B. Rückstände). Sondern es muß differenziert auf die Bedürfnisse des jeweiligen Standorts eingegangen werden.

Öffentlicher Personenverkehr

Aufgrund der Politik der Bundes- und Landesregierung werden die Zuschüsse für den Öffentlichen Personenverkehr drastisch gekürzt. Dies hat insbesondere für einen Flächenkreis wie den HSK drastische Auswirkungen: unser Kreis ist 1.950 qkm groß und der mit Abstand größte aller 54 Kreise in NRW. Unser Bahn- und Busangebot ist bereits viel schlechter als in Ballungsgebieten. Daher muß es ein wichtiges Ziel aller Kreispolitiker sein, für ein weiterhin gutes ÖPV-Angebot zu kämpfen. Leider ist da bisher vom Landrat und von anderen Fraktionen zu wenig Initiative zu erkennen.

U3-Betreuung

Bisher wird nur für 6,5% der Kinder unter 3 Jahren im Kreisgebiet eine Betreuungs­möglichkeit innerhalb einer Gruppe angeboten (256 Plätze). Außerdem sind noch 1,2% dieser Altersgruppe bei einer Tagespflegestelle. Sowohl aus familien- als auch aus wirtschafts­politischen Gründen ist hier eine deutliche Steigerung nötig. Es gibt dazu bereits hervor­ragende Initiativen im Kreisgebiet. Einige von ihnen werden bisher jedoch vom Jugendamt – aus welchen Gründen auch immer – nicht in wünschenswerter Weise unterstützt. Das sollte sich ändern. Denn hier lassen sich mit sehr wenig Finanzaufwand aus öffentlichen Kassen qualitativ gute Angebote schaffen. Es paßt nicht zusammen, wenn man einerseits vorgibt, das Ehrenamt fördern zu wollen und von Vereinen angebotene Betreuungsplätze in seine „Erfolgsbilanz“ aufnimmt, diesen Verein aber andererseits jede finanzielle Unterstützung verweigert.

Kindergartenbeiträge

Die Kürzung der Landeszuschüsse führt bereits zu einer fast 40% Steigerung der Elternbeiträge (von knapp 14% auf 19% der Kosten). Leider ist befürchten, daß die angekündigten weiteren Kürzungen bei der Kindergartenfinanzierung unseren Kreis besonders betreffen werden. Beispielsweise gibt es in unserer dünn besiedelten Gegend mehr kleine Gruppen als in Großstädten, so daß die Kosten pro Kind zwangsläufig höher sind. Eine Pauschalierung der Zuschüsse „pro Kopf“ würde daher die Finanzierung unserer Kindergartenplätze weiter verschlechtern – und damit die Elternbeiträge noch mehr in die Höhe treiben.

Demographische Entwicklung

Zwar hat der Kreis eine Studie bestellt, die jedoch für die Zukunftsplanung wenig bringt. Der HSK ist ganz besonders stark von der Abwanderung junger Menschen im Alter von 18 – 26 Jahren betroffen; nur ein kleiner Teil kehrt zurück. Während die Städte Arnsberg und neuerdings auch Meschede bemerkenswerte Initiativen ergriffen haben, die Folgen des demographischen Wandels zu erkennen und sich damit auseinanderzusetzen, vermissen wir bisher eine entsprechend qualifizierte Strategie beim Kreis.

Vernachlässigung des ländlichen Raums

Leider ist bei der neuen Landesregierung unübersehbar, daß sie sich sehr stark am Ruhr­gebiet und der Rheinschiene orientiert, aber weniger an den Interessen der ländlichen Kreise. Außer ÖPNV und Kindergartenfinanzierung sowie der Diskussion um die Aufgabe des Sitzes der Bezirksregierung und um „Restfalen“ ist da zum Beispiel die Aufhebung der Grundschul­bezirke zu nennen. Sie wird unsere Städte und Dörfer besonders treffen, weil es hier relativ viele kleine Schulen gibt und jetzt mehr von ihnen als nötig vorzeitig aufgeben müssen. Leider ist hier von der CDU-Fraktion wenig Widerstand zu erwarten, auch wenn in vielen Gemeindeparlamenten ablehnende Resolutionen beschlossen worden sind.

In diesem Zusammenhang erweist es sich als sehr ungünstig, daß der HSK keinen wirk­lichen Vertreter im Bundestag mehr hat. Die für die Interessen der hier lebenden Bevölke­rung sehr agile Dagmar Schmidt ist leider Ende letzten Jahres viel zu früh verstorben. Und der andere MdB aus dem Kreisgebiet scheint sich mittlerweile vor allem um seine (nach einem Bericht der „Berliner Zeitung“) mindestens 11 Nebentätigkeiten zu kümmern, für die er nach einem Bericht des Manager Magazins ca. 2 Mio. Euro pro Jahr zu verdienen scheint. Die Wahrnehmung einiger pressewirksamer Termine ersetzt nicht eine kontinuierliche Vertretung der Interessen der Menschen im Wahlkreis. Der Kreis sollte daher seine Erwartungen an die Tätigkeit des einzig noch verbliebenen MdB klar formulieren.

Gemeindefinanzierung

Generell muß eine Änderung in der Gemeindefinanzierung angestrebt werden. Bisher werden die Schlüsselzuweisungen des Landes vor allem nach den Kriterien Einwohnerzahl und Zentralitätsfunktionen verteilt. Damit werden aber die Mehrbelastungen, die der HSK wegen seiner Größe z.B. für die Buslinien und für den Rettungsdienst hat, nicht erfaßt. Das Gemeindefinanzierungssystem sollte daher um einen Flächenschlüsse ergänzt werden.

Kormorane

Bei den Kormoranen handelt es sich um eine besonders geschützte Tierart. Auf Betreiben einiger Anglervereine hatte die Verwaltung auch dieses Jahr wieder vorgeschlagen, den Abschuß der Kormorane in Naturschutzgebieten ab 15. Sept. freizugeben. Doch der Landschaftsbeirat hat in seiner Sitzung am 06. Sept. diesen Antrag abgelehnt. Wir fordern, daß der Landrat dieses Votum des Fachgremiums akzeptiert und nicht wieder versucht, es „auszuhebeln“. Vielleicht hilft da ein Blick in den Nachbarkreis Soest: An der Möhnetalsperre gibt es viel mehr Kormorane als hier. Aber dort dürfen die Kormorane nicht abgeschossen sondern nur vertrieben werden. Zwar gehört es zum natürlichen Verhalten der Kormorane, Fische zu jagen. Eine ernsthafte Gefährdung der Fischbestände für die Gewässer im HSK hat bisher jedoch niemand nachgewiesen.

Umgang mit Flüchtlingen:

Auch die Flüchtlinge, die unter uns leben, sind im Sauerland lebende Menschen. Viele Familien leben mehr als 10 Jahre unter uns und haben Arbeit gefunden. Ihre Kinder sind hier aufgewachsen, so daß der HSK ihre einzige Heimat ist. Es muß eine vernünftige und menschenwürdige Integrationspolitik betrieben werden. Vor allem der evangelische Kirchenkreis hat immer wieder auf die Besonderheiten im Verhalten der hiesigen Ausländerbehörde hingewiesen; darauf dürfte eigentlich niemand stolz sein. Es paßt nicht, wenn sich der Kreistag einerseits um unsere demographische und wirtschaftliche Entwicklung sorgt und andererseits die Spielräume nicht genutzt werden, um integrierte Familien auch hier im Kreisgebiet halten zu können statt sie in nächtlichen Abschiebeaktionen in fremde Länder bringen zu lassen.

Im Hinblick darauf, dass die Innenministerkonferenz der Bundesländer im November vermutlich eine Bleiberechtsregelung beschließen wird, sollte der HSK dem lobenswerten Beispiel anderer Kreise in NRW folgen: Mülheim, Leverkusen und Steinfurt schieben keine Flüchtlinge mehr ab, die Aussicht auf ein Bleiberecht haben (s. „taz“ von heute).

Eindämmung der Verselbständigungstendenzen des Landrats

Der weit überwiegende Teil der Kreisverwaltung arbeitet hervorragend und verhält sich gegenüber alle Fraktionen sehr kooperativ.

Seit dem Amtsantritt des neuen LR hat sich aber einiges zum Negativen gewandelt:

Ein Antrag wurde erst gar nicht an den Ausschuß gegeben, sondern nur die ablehnende Stellungnahme des Kreisjugendamtes

Verweigerung der Unterstützung von U3-Betreeung, aber Werbung mit dem Angebot

Für einen von einer Fraktion an den Kreistag gestellten Antrag wurde keine inhaltliche Begründung zugelassen

Bei der Ausländerbehörde ist leider eine Zunahme der Rücksichtslosigkeit gegenüber langjährig hier lebenden Flüchtlingsfamilien zu beobachten

Vom Landrat wurden wiederholt pauschale Kürzungsforderungen für Alg2-Empfänger erhoben

Wie mittlerweile mehrfach vom Sozialgericht Dortmund entschieden wurde, zahlt der HSK zu geringe Leistungen an einige Alg2-Empfänger.

Es ist Aufgabe der Fraktionen im Kreistag, dem entgegenzuwirken, indem der Kreistag seine Kontrollfunktion wirklich wahrnimmt.

Wirtschaftsentwicklung

Der Tourismus und vor allem die Wanderangebote sind wesentliche Eckpfeiler für die Attraktivität unserer Region. Um uns diese zu erhalten, müssen wir das Landschaftsbild schützen und z.B. der Verfichtung entgegen wirken.

Immer noch werden in vielen Gemeinden zahlreiche neue Baugebiete ausgewiesen, die zur Inanspruchnahme und Zersiedelung großer Flächen führen. Schon allein aufgrund der demographischen Entwicklung ist der Bedarf für viele Baugebiete aber zweifelhaft.

Die aktuellen Belastungen des Trinkwasser und des Bodens haben – außer den direkten gesundheitlichen Auswirkungen – auch negative Auswirkungen für das Tourismusimage unserer Region.

Eine führende Rolle könnte der HSK bei der Nutzung von Holz als Energieträger und als Baustoff einnehmen. Es gibt zwar im Kreisgebiet das Informationszentrum „IDEE“ mit hervorragenden Angeboten, aber zu wenig öffentliche Gebäude, in denen diese Anregungen auch umgesetzt werden. Der Kreis sollte hier bei seinen eigenen Gebäuden verstärkt tätig werden.

Eine – realistische – Zukunftsvision ist die IT-Region Sauerland. Unsere Region darf nicht dadurch weitere Standortteile erleiden, daß sie von der technologischen Entwicklung im Kommunikationsbereich abgehängt wird.

Ansonsten gilt: eine soziale Politik setzt voraus, daß die ökologische Wirtschaftskraft unserer Region gesteigert werden muß.

Basisdemokratie

Wir glauben nicht, daß wir alles erkennen oder gar alles wissen. Wir setzen daher sehr auf Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern sowie auf die Einbeziehung von Basisorganisationen (z.B. VCD; Ya basta, VNV etc) mit ihrem großen Fachverstand.

Wir sind strikt und konsequent gegen Klüngelstrukturen, die oftmals nur das Ziel haben, eigene Pfründe zu sichern. Jede Position darf diskutiert werden, aber am Ende muß ein Ergebnis stehen, das nicht von Einzelinteressen geleitet wird.

Reinhard Loos / Matthias Schulte-Huermann

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