Rechnungsprüfungsausschuss soll tagen
Wir haben in den letzten Wochen schon öfters über die unglaublichen Vorgänge im Zusammenhang mit der Vergabe der Schülerfahrten zu den kreiseigenen Förderschulen berichtet. Doch bisher gab es bei Landrat und Kreisverwaltung nur das große Schweigen und bei CDU- und SPD-Fraktion nur das stetige Abnicken. Dies ist bei dem sehr hohen Auftragsvolumen (insgesamt über 6,4 Mio Euro) und den vielen und gravierenden Merkwürdigkeiten nicht aktzeptabel.
Auf eine weitere schriftliche Anfrage von SBL- und Linken-Fraktionen gingen mal wieder nichtssagende Antworten auf die gestellten Fragen ein.
Ein Beispiel:
Auf eine erste Anfrage, warum denn wegen erheblicher Überschreitung der zu erwartenden Preise keine Aufhebung einiger Lose erfolgt sei, wie es die einschlägigen gesetzlichen Regelungen möglich machen, hatte die Kreiwerwaltung geantwortet, man habe gemäß § 3 Vergabeverordnung nur einen voraussichtlichen Gesamtpreis geschätzt. Also fragten SBL und Linke nun nach: “Ist dem Landrat und dem Vergabeamt bekannt, dass der § 3 der Vergabeverordnung (VgV) ausschließlich dafür Bedeutung hat, vor der Veröffentlichung der Ausschreibung festzustellen, welche Schwellenwerte erreicht werden und welches Ausschreibungsverfahren daher zu wählen ist?”
Ein Auszug aus der Antwort: “Vergabeverfahren können gem. § 20 EG Abs. 1 lit. C) VOL/A aufgehoben werden, wenn sie kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt haben. Das Ergebnis eines Vergabeverfahrens ist dann nicht wirtschaftlich, wenn keines der Angebote ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis bietet… Die VOL/A verlangt keine Kostenschätzung und definiert demzufolge auch nicht, wie diese Kostenschätzung vorzunehmen ist… Bei der Ausschreibung der Schülerbeförderung waren die neuen Lose nur schwer mit den im letzten Verfahren gebildeten Losen vergleichbar.”
Das bedeutet im Klartext: Das Vergabeamt scheint offensichtlich kein Interesse daran gahebt zu haben, die Angebote auf Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Denn diese Angebote lassen sich sehr gut anhand der Preise je Kilometer bewerten, viel besser als durch Vergleich mit irgendwelchen alten Aufträgen, die bereits viel zu teuer vergeben worden waren. Wenn der angebotene Preis etwa das Dreifache des zu erwartenden Preises beträgt, dann ist es sehr seltsam zu erklären, man sei ja gesetzlich nicht zur Aufhebung der Ausschreibung verpflichtet gewesen. Wenn das bei solch extremen Preisen nicht erfolgt, wann denn sonst? Wie geht das Vergabeamt mit unserem Geld um??
Immerhin wird nun in der Antwort auf eine weitere Frage erstmals zugegeben: “Außerdem sind in der Berechnung der Werte in der Vorlage und Bekanntgabe bedauerlicherweise Fehler gemacht worden…”. Damit werden die wesentlichen Probleme dieses Vergabeverfahrens aber nicht gelöst.
Nun haben die beiden Fraktionen der SBL und der Linken und das Kreistagsmitglied der Piraten die Einberufung des Rechnungsprüfungsausschusses verlangt. Ein Ausschuss muss unverzüglich tagen, wenn mindestens eine Fraktion dies unter Angabe des Beratungsgegenstandes beantragt. Diese formale Voraussetzung ist nun erfüllt. Im Antrag heißt es u.a.:
“Unsere Fraktionen und das Kreistagsmitglied Wagner stellen den Antrag, unverzüglich den Rechnungsprüfungsausschuss einzuberufen, mit folgendem Tagesordnungspunkt:
Vorbereitung der Prüfung des Jahresabschlusses 2014;
hier: Aufträge an das Rechungsprüfungsamt für die Prüfung der Vergabe der Schülerfahrten 2014 – 2019 zu den kreiseigenen Förderschulen
Begründung und Erläuterung:
…
Der Rechnungsprüfungsausschuss (RPA) ist also auch für die Vorbereitung der Prüfung zuständig, und die liegt jetzt an. Im Sitzungskalender des Kreistags ist bisher weder im Jahr 2014 noch im 1. Halbjahr 2015 eine weitere Sitzung des RPA vorgesehen. Beschlüsse zur Vorbereitung der Rechnungsprüfung für die Jahresrechnung 2014 müssen aber bald erfolgen, damit sie wirksam umgesetzt werden können.
Gegenstand der Rechnungsprüfung sind ausdrücklich auch die Vergaben (§ 103 Abs. 1 Ziffer 8 GemO NRW).
Die Vorgänge im Zusammenhang mit der Vergabe der Schülerfahrten zu den kreiseigenen Förderschulen waren bereits Beratungsgegenstand in den letzten beiden Sitzungen des Kreistags und mehrerer Anfragen. Nach wie vor sind viele Fragen offen und es liegt der Eindruck nahe, dass hier im Vergabeamt nicht korrekt gearbeitet wurde und dass dem Kreis dadurch möglicherweise ein Schaden entstanden sein könnte.
Die Rechnungsprüfung sollte ihr Augenmerk in diesem Zusammenhang insbesondere richten auf:
– Auswertungsverfahren für die eingegangenen Angebote
– Festlegung von Schätzpreisen für die einzelnen Lose
– Beachtung der Grundsatzes, dass nach § 16 Abs. 6 VOL/A Aufträge bei unangemessen teuren oder billigen Angeboten nicht vergeben werden sollen
– außergewöhnliche hohe Einzelpreise bei mehreren Losen, für die es nur einen Bieter gab
– Auswertung der Angebote unter Beachtung eines realistischen Anteils an begleiteten Fahrten
– tatsächliche Einhaltung des Tariftreuegesetzes durch alle Auftragnehmer
– Beachtung des Verbots der Mischkalkulation (vgl. z.B. BGH X ZB 7/04 vom 18.05.2004) durch alle Bieter
– Informationen vom Vergabeamt und vom Schulamt an die am Dringlichkeitsentscheid mitwirkenden Kreistagsmitglieder und an den Kreistag
– divergierende Angaben über die gesamte Auftragssumme
…
Das Rechnungsprüfungsamt sollte in der von uns beantragten Sitzung dem Rechnungsprüfungsausschuss konkrete Vorschläge für den Ablauf der Prüfung zu dieser Angelegenheit unterbreiten, die Grundlage für einen Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses zur Auftragserteilung an das Rechnungsprüfungsamt sein können.”
Dem Buchstaben nach ist das Rechnungsprüfungamt keinerlei fachlichen Weisungen der Leitung der Kreisverwaltung unterworfen. Man wird sehen, ob dies auch in diesem Fall gilt …