Wo liegen die Motive für den Kauf von RWE-Aktien für 30 Mio Euro?
In den Samstagsausgaben von WP und WR wurde auf den Lokalseiten im Hochsauerlandkreis – als redaktioneller Beitrag – eine Pressemitteilung der Kreisverwaltung abgedruckt [http://www.hochsauerlandkreis.de/presse/2008/presseservice734113.php].
Dazu haben die Lokalredaktionen von WP und WR im Hochsauerlandkreis einen Leserbrief erhalten:
Bei dem Beitrag auf der Sauerlandseite der Samstagsausgabe handelt es sich um den Abdruck einer Pressemitteilung der Kreisverwaltung. In ihr wird über einige wenige Details des vom Kreistags mehrheitlich beschlossenen Erwerbs von RWE-Aktien für 30 Mio Euro von der WestLB berichtet. Sehr ungewöhnlich war die Beschlussfassung über diesen Aktienkauf in nichtöffentlicher Sitzung des Kreistags. Denn der Kreistag tagt grundsätzlich öffentlich; der Ausschluß der Öffentlichkeit ist nur in wenigen Ausnahmefällen zulässig. Bei der Beratung von Beteiligungsangelegenheiten ist kein Grund für die Nichtöffentlichkeit erkennbar; alle relevanten Daten müssen sowieso in dem jährlich vorzulegenden Beteiligungsbericht des Kreises veröffentlicht werden oder sind aus der Jahresrechnung des Kreises zu entnehmen.
Da es sich beim Kauf eines 30-Mio-Euro-Aktienpakets von der Westdeutschen Landesbank um eine sehr bedeutsame Angelegenheit handelt, hat die SBL-Kreistagsfraktion beim VG Arnsberg eine Klage gegen die nichtöffentliche Behandlung dieses TOP eingereicht.
Im Dortmunder Raum sind mehrere Presseberichte zu diesem Aktienhandel erschienen. Aus ihnen geht hervor, dass es beim Kauf des RWE-Aktienpakets durch den Hochsauerlandkreis und andere kommunale Partner möglicherweise auch um andere Aspekte als die Sicherung der Pensionen der Beamten des Hochsauerlandkreises gegangen sein könnte. So wurde in den Ruhrnachrichten vom 24.06. berichtet, Hintergrund sei, dass sich die „marode WestLB“ „von ihren 2,9 Mio RWE-Aktien trennen“ wolle. Laut der WAZ vom 24.06. geht es bei dem beabsichtigen Geschäft „um die Sicherung von Einfluß und Erträgen“. In Welt-Online erschien am 24.06. ein Beitrag eines Redakteurs aus dem Ruhrgebiet unter der Überschrift „Gewagte Manöver der RWE-Anteilseigner“.
Weil „immer mehr Kommunen ihre freien Aktien“ verkauft hätten, seien die kommunalen Anteile an RWE „deutlich unter 25 Prozent gesackt“. Schon jetzt versuche „die Kapitalseite im RWE-Aufsichtsrat, den Einfluss der Kommunen im Konzern zu begrenzen… Um ihren Einfluss zu sichern, versuchen die Kommunen trotz klammer Kassen, die frei werdenden Aktien der WestLB im eigenen Einflussbereich zu halten… Im nächsten Schritt sollen die Stadt Dortmund, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe sowie der Hochsauerlandkreis über kommunale Tochterfirmen die Aktien erwerben“.
Wo also liegen die Gründe für den Aktienkauf? Eine öffentliche Erörterung könnte zu interessanten Ergebnissen führen…
Aus Sicht der SBL-Fraktion stellt dieser Aktienhandel sowohl ein nicht zu verantwortendes finanzielles Risiko als auch eine strategisch falsche Option dar. Der Kurs der RWE-Aktie lag im Januar 2008 um 75% höher als im Juni 2009. Derartige Risiken sollten bei der Anlage öffentlicher Gelder nicht eingegangen werden. Die erhofften Dividendenerträge lassen sich nicht ohne Kursrisiken betrachten und sind keineswegs sicher. Die Aussage der Kreisverwaltung in ihrer Pressemitteilung, es handele sich um „eine gegenüber herkömmlichen Anlageformen ertragreiche Finanzanlage“, ist daher sehr fragwürdig. Besonders bedenklich ist, dass Aktien für einen solch hohen Betrag von einem einzigen Unternehmen erworben werden. Gleichzeitig darf nicht übersehen werden, dass die 12 kreisangehörigen Städte und Gemeinden vom Kreis verpflichtet wurden, noch etwa 26 Mio Euro Altfehlbeträge des Kreises durch erhöhte Umlagezahlungen an den Kreis zu finanzieren. Dabei hat sich die Finanzlage der Kommunen in letzter Zeit dramatisch verschlechtert!
„Viele Städte trennen sich von ihren RWE-Aktien“ (Ruhrnachrichten vom 24.06.). Die RWE als riesiger Energiekonzern wird sich kaum an den Bedürfnissen des Hochsauerlandes orientieren. Mehrere Gemeinden im Kreisgebiet sind dabei, die Strom- oder Gasversorgung von RWE unabhängig zu gestalten. Die Zukunft liegt in regenerativen Energien; unsere Region bietet hervorragende Voraussetzungen für die Energiegewinnung aus Wind- und Wasserkraft sowie aus Biomasse (Holz). Soll es etwa demnächst heißen, dass durch die Genehmigung eines Windparks die Pensionen der Kreis-Beamten gefährdet werden, weil dann der Ertrag und Kurs der RWE-Aktien unter Druck geraten?
Reinhard Loos, Brilon
SBL-Kreistagsfraktion
Trackback by claudia bloggt
August 23, 2009 @ 12:41 pm
Dortmund zahlt 103 Mio. € für neue RWE-Aktien…
… und ob das sinnvoll ist, wird in keinem politischen Gremium in dieser Stadt diskutiert.
Das Bündnis DEW kommunal und einzelne Dortmunder Politiker aus verschiedenen Parteien hatten Zweifel an dieser Investition geäußert. Offens…