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Weitere Mißstände im NRW Umweltministerium

By admin at 6:39 am on Friday, February 5, 2010

aus WDR.de:

Ex-Abteilungsleiter kritisiert Vergabepraxis in Behörde
Aufträge ohne Ausschreibung vergeben?

Von Christina Hebel

Das Landesumweltamt in Recklinghausen (heute LANUV) soll über Jahre widerrechtlich, ohne vorherige Ausschreibung, Aufträge vergeben haben. Den Vorwurf erhebt Harald Friedrich, früherer Abteilungsleiter unter Umweltministerin Höhn (Grüne).

Es geht um Software-Programme, die Namen wie AIDA, HYGRIS oder ISIA tragen. Sie sollten das Landesumweltamt, heute Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), zum Beispiel bei der Berechnung der Abwasser-Abgabe oder beim Aufbau einer Datenbank unterstützen.

Ingesamt 18,6 Millionen Euro seien in der Zeit von 1999 bis 2005 für Datenverarbeitungsprogramme ausgegeben worden, so Friedrich. Er hat am Donnerstag (04.02.10) als Hauptzeuge im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtags in Düsseldorf ausgesagt. Knapp die Hälfte dieser Summe sei allerdings widerrechtlich, ohne öffentliche Ausschreibung vergeben worden, kritisiert der ehemalige Abteilungsleiter im NRW-Umweltministerium, dem das Landesumweltamt unterstellt ist. Projekte, die mehr als 10.000 Euro kosten, müssen nach Landeshaushaltsrecht ausgeschrieben werden.

EDV-Firma soll “regelmäßig” Geld bekommen haben

Unterlagen, die WDR.de vorliegen, belegen: Insgesamt hat das Landesumweltamt 111 Projekte mit einem Wert von jeweils über 10.000 Euro “freihändig” vergeben, also nicht öffentlich ausgeschrieben. Dabei kamen immer wieder die gleichen Unternehmen zum Zug.

Allein die Düsseldorfer EDV-Firma Emprise-Consulting GmbH habe 1999 bis 2005 ohne Ausschreibung Aufträge über 6,7 Millionen Euro erhalten, sagt Friedrich. Das Unternehmen sei mittlerweile insolvent. Es habe der Behörde “technisch schlechte und veraltete” Systeme verkauft, die nur Emprise warten und weiter entwickeln konnte – dadurch habe die Firma “regelmäßig” Geld bekommen, kritisiert Friedrich. Er spricht von “Vergabe-Missständen”.

Ablenken von Missständen bei der Vergabe?

Friedrich, grünes Parteimitglied und enger Vertrauter der ehemaligen Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne), wird derzeit im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtags als Zeuge gehört. Dieser soll aufklären, ob die heutige schwarz-gelbe Landesregierung Einfluss auf die Korruptionsermittlungen gegen Friedrich ausgeübt hat. Die Vorwürfe gegen den Biochemiker haben sich nach über zweijährigen Ermittlungen inzwischen als haltlos erwiesen.

Der ehemalige Abteilungsleiter des Umweltministeriums, war 2006, etwa ein Jahr nach dem Regierungswechsel, fristlos entlassen worden. Er glaubt, dass dies, seine Festnahme 2008 und die strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihn von den damaligen Missständen bei der Vergabe von Aufträgen ablenken sollten.

Staatssekretär in Kenntnis gesetzt

Er habe die für ihn widerrechtliche Vergabepraxis ab Anfang 2005 dokumentieren lassen und das Thema immer wieder im Laufe des Jahres im Ministerium angesprochen, sagt Friedrich – auch 2006 in Vier-Augen-Gesprächen mit Alexander Schink (CDU), Staatssekretär im Umweltministerium nach der Landtagswahl Mai 2005. “Die Hausspitze wusste das”, sagt Friedrich. Daraufhin sei ihm von der Firma Emprise gedroht worden. “Mir haben Mitarbeiter aus dem Landesumweltamt erzählt, dass der Chef von Emprise gesagt hat, den machen wir politisch fertig”, so Friedrich. Zudem habe sich der damalige Chef des Landesumweltamtes, Harald Irmer, über ihn beim Staatssekretär beschwert.

Im Umweltministerium heißt es dazu nur: “Wir haben aus den Vorfällen Konsequenzen gezogen und das Vergabeverfahren komplett neu geordnet.” Dazu seien zentrale Vergabestellen eingerichtet worden. Das sei bereits unter der früheren Ministerin Bärbel Höhn (Grüne) angedacht gewesen, aber erst unter der schwarz-gelben Landesregierung geschehen. Staatssekretär Schink wird am Freitag (05.02.10) vom Untersuchungsausschuss des Landtags gehört.

“Noch mal genauer” hinsehen

Heinrich Bottermann, seit August 2007 Präsident des LANUV, bestätigt die Fälle im Grundsatz. Ob widerrechtlich Aufträge vergeben wurden, müsse nun geprüft werden. Die große Anzahl der frei vergebenen Projekte sei “ungewöhnlich” und “veranlasst einen schon, noch mal genau hinzusehen”. Allerdings sei Friedrich als damaliger Abteilungsleiter des Umweltministeriums über alle Verträge informiert worden. Dazu gebe es einen entsprechenden Erlass von August 2003, von Friedrich unterzeichnet. Bottermann: “Danach mussten ihm alle Verträge vor Unterschrift vorgelegt und genehmigt werden.”

Den Erlass bestätigt Friedrich, allerdings habe sich dieser “ausschließlich auf Projekte der EU-Wasserrahmenrichtlinie, nicht auf Verträge zur Datenverarbeitung bezogen”. “Die Aufträge habe nicht ich, sondern Herr Irmer, der Chef des Landesumweltamtes, genehmigt”, sagt Friedrich. Zudem sei der Erlass von 2003 und könne somit nicht alle Verträge ab 1999 umfassen.

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