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Sperrklausel führt zu Klagen beim Landesverfassungsgerichtshof

By adminRL at 9:43 pm on Monday, December 19, 2016

Der NRW-Landtag am 10.06.2016 beschlossen, dass ab der nächsten Kommunalwahl nur noch Parteien und Wählergruppen bei der Sitzverteilung berücksichtigt werden, die mindestens 2,5 Prozent der Stimmen erhalten haben. Geändert wurden deswegen nicht nur das Kommunalwahlgesetz, sondern auch die Landesverfassung.
Dagegen sind mittlerweile sieben sog. Organklagen beim Landesverfassungsgerichtshof in Münster eingegangen. Zu den Klägern gehören die Piraten, Die Linke und die ÖDP. Eine der Klagen hat am 10.12.2016 die Sauerländer Bürgerliste e.V. in Münster eingereicht. Über die Klage informiert der Verfassungsgerichtshof hier: http://www.vgh.nrw.de/pressemitteilungen/14_161215/index.php.

Die Präsidentin der Landesverfassungsgerichtshof hat der SBL mitgeteilt, dass die Klage an den Landtag übersandt wurde, der bis zum 28.02.2017 Gelegenheit zur Stellungnahme hat.

Der Verfassungsgerichtshof hatte bereits im Jahr 1999 entschieden, dass die damals im Kommunalwahlgesetz geregelte 5 %-Sperrklausel mit der Landesverfassung nicht vereinbar war (Urteil vom 6. Juli 1999 – VerfGH 14/98, 15/98 –). Damals war die Sperrklausel allerdings nur im Kommunalwahlgesetz und nicht auch in der Landesverfassung enthalten.

Zur Begründung der Klage weist die SBL darauf hin, dass durch die Sperrklausel das Recht auf Chancengleichheit und auf Gleichheit der Wahl (aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes sowie Art. 1 Abs. 1, Art. 2 der Landesverfassung) verletzt werde. Die Sperrklausel bewirke eine Ungleichbehandlung hinsichtlich des Erfolgswertes der für einzelne Parteien und Wählergruppen abgegebenen Wählerstimmen. Stimmen für Kandidaten einer Liste, die an der Sperrklausel scheitere, würden nicht berücksichtigt. Erschwerend komme hinzu, dass sich die Sperrklausel bereits im Vorfeld der Sitzverteilung nachteilig auf kleinere Parteien und Wählergruppen auswirke, weil viele Wähler wegen der vermeintlichen Chancenlosigkeit solcher Parteien und Wählergruppen davon absähen, für diese zu stimmen. Diese Beeinträchtigungen der Wahlrechts- und Chancengleichheit seien verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Insbesondere gebe es trotz der Abschaffung der früheren kommunalwahlrechtlichen Sperrklausel in Nordrhein-Westfalen keine belegbaren Hinweise auf drohende Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kommunalvertretungen infolge einer „Parteizersplitterung“.

In der Klageschrift der SBL werden auszugsweise die Stellungnahmen der Jura-Professoren Hinnerk Wißmann, Urs Kramer und Janbernd Oebbecke zitiert, die sie bei einer Anhörung des Hauptausschusses im Landtag am 21.01.2016 vorgetragen haben. Auch diese drei Experten halten die Sperrklausel für nicht vereinbar mit den Anforderungen des Grundsgesetzes. Dort heißt es z.B.:
“Der Gesetzentwurf … genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an die Einschränkung der Wahlrechtsgleichheit in Bezug auf Kommunalvertretungen gestellt werden.” (Wißmann)
“Im Ergebnis ist die Einführung einer Sperrklausel für Kommunalwahlen sowohl durch ein einfaches als auch durch ein verfassungsänderndes Gesetz an der durch das Demokratieprinzip der nordrhein-westfälischen Verfassung und das Homogenitätsgebot des Grundgesetzes gewährleisteten Wahlrechtsgleichheit zu messen… Auf dieser Grundlage vermögen die derzeit in Nordrhein-Westfalen vorherrschenden Umstände die Einführung einer Sperrklausel nicht zu tragen. Bezeichnenderweise wird ein solcher Grund, soweit ersichtlich, bisher eben auch in keinem anderen Flächenstaat der Bundesrepublik Deutschland gesehen.” (Kramer)
“Der Versuch, dem strengen Maßstab des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG durch Aufnahme der Sperrklausel in die Verfassung auszuweichen, ist untauglich… Der mit der Sperrklausel verbundene Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit kann nicht mit der Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Gemeinden und Kreise im Lande gerechtfertigt werden.” (Oebbecke)

Als Besonderheit geht die Klage der SBL auch auf die spezielle Situation im Kreistag des Hochsauerlandkreises ein. Dort besteht faktisch eine “GanzGanzGroßeKoalition”. Wenn aufgrund der Sperrklausel SBL, Linke und Piraten nicht mehr im nächsten Kreistag vertreten wären, könnte der Kreistag oppositionsfrei werden. Das wäre angenehm für den Landrat und die GaGaGroKo, aber sicher nicht im Sinne der Demokratie!

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