“PFT war ein Fremdwort” (aus “Soester Anzeiger” vom 18.11.2006)
Ex-Umweltministerin Höhn rechtfertigte Lockerung der Abfallverordnung Kreis Soest sei keinesfalls bestärkt worden, Bodenhilfsstoff einzusetzen
MÖHNESEE/MESCHEDE · Jegliche Verantwortung für den sich schon im Jahre 2000 abzeichnenden PFT-Skandal wies Bärbel Höhn, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, bei einem Info-Abend am Donnerstag im Kreishaus des Hochsauerlandkreises in Meschede zurück. Höhn, in den Jahren 2000 bis 2005 NRW-Umweltministerin, hob hervor, von der Veräußerung des hochgradig PFT-belasteten Bodenverbesserers der Firma GW-Umwelt an Landwirte im Kreis Soest und im Hochsauerlandkreis im Kern nichts gewusst zu haben.”Es wird ja viel darüber spekuliert, ob das Umweltministerium NRW seinerzeit dem Kreis Soest geraten haben soll, den besagten Bodenhilfsstoff einzusetzen”, erklärte Höhn. “Tatsache aber ist, dass der Kreis Soest selbst um eine Lockerung der Abfallverordnung bemüht war.” Im Kern sei es dabei um die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren zur Ausbringung von Bodenhilfsstoffen gegangen. Ein entsprechendes Schriftstück läge ihr jetzt vor – “damals aber habe ich diesen Brief nicht zu Gesicht bekommen.”
Zum Vorwurf, in ihrer Regierungszeit als NRW-Umweltministerin die Bioabfallverordung eher gelockert als verschärft zu haben, sagte Höhn: “Ziel war es, Licht ins Dunkel der vielen Richtlinien wie Bioabfallverordnung, Düngemittelverordnung oder Klärschlammverordnung zu bringen. Uns ging es darum, alles unter ein Dach zu kriegen – einerseits zur Vereinfachung, andererseits, um Möglichkeiten von Gesetzesmissbrauch einzuschränken.” Damals sei solch ein Skandal, PFT-belastete Industrie-Abfälle einem Bodenverbesserer beizumengen, noch undenkbar gewesen. Höhn: “PFT war seinerzeit für alle noch ein Fremdwort.”
Im Folgenden machte sich Höhn für die Aufrüstung von Trinkwassergewinnungsanlagen mit modernen Filteranlagen im Ruhrgebiet stark. Zum Thema Sanierung von belasteten Flächen im Hochsauerlandkreis äußerte sich Höhn kritisch. “Die Sanierung des Ackers in Scharfenberg kann nicht alles sein”, so Höhn. Längst sei doch bekannt, dass auch der Kreis Soest über die Maßen betroffen sei. “Hier geht es um immerhin fast 700 Flächen, auf die der belastete Bodenhilfsstoff ausgebracht worden ist. Diese Zahl hat Umweltminister Uhlenberg doch selbst ins Spiel gebracht.”
In diesem Zusammenhang kritisierte Höhn erneut die Informationspolitik des Umweltministeriums. Es könne nicht angehen, dass die Bevölkerung immer noch nicht um die belasteten Flächen im Kreis Soest wisse. Das sei aber Voraussetzung, um ein umfassendes Sanierungskonzept zu erstellen. Höhn: “Wenn mir schon Versäumnisse in meiner Amtszeit als Umweltministerin vorgeworfen werden, und das, obwohl mir damals nichts bekannt war, dann muss man sich doch fragen, warum Uhlenberg, der ja jetzt offenbar alles weiß, nicht adäquat reagiert.” Es läge doch auf der Hand, dass das, was bislang der Öffentlichkeit bekannt sei, nur die Spitze des Eisberges sei. · bn