Was wird aus dem Winterberger Krankenhaus?
Gestern stand im Kreistag auch die Beschlussfassung über eine Resolution für den Erhalt des Winterberger Krankenhaus auf der Tagesordnung. Nach der Beratung wurde sie mit den Stimmen der GaGaGroKo beschlossen, bei Enthaltungen von SBL und Linken.
Die SBL engagiert sich seit Jahren sehr stark für die medizinische Versorgung im Kreisgebiet undhat selbst zahlreiche Anträge zu diesem Themenbereich eingebracht.
Aktuell befinden sich leider 2 Krankenhäuser im HSK in finanziellen Schwierigkeiten. Das eine ist das Städtische Krankenhaus in Brilon. Hierfür hat der Rat der Stadt in nur 3 Jahren 14,6 Mio Euro aus städtischen Mitteln bereit gestellt, um das Haus zu retten. Hauptgrund für das finanzielle Desaster ist die Berufung einer Geschäftsführerin im Mai 2017, die zuvor die letzten 3 Krankenhäuser, in denen sie als Geschäftsführerin tätig war, in Insolvenzverfahren “geführt” hatte. Trotzdem holte sie der Bürgermeister als Aufsichtsratsvorsitzender selbst ans Haus. Und in den knapp 2 Jahren ihrer Tätigkeit war nicht zu erkennen, dass der Aufsichtsratsvorsitzende die notwendige Kontrolle der Geschäftsführerin ausübte. Statt dessen wurden die beiden Vertreter des Betriebsrats und ein Vertreter der Ratsopposition aus dem Aufsichtsrat “entfernt”, so dass die GroKo in dem Kontrollgremium fast unter sich war und kaum noch lästige Fragen zu fürchten brauchte. Die Folgen waren extreme und verlustreiche Fehlentscheidugen. Trotz der städtischen Finanzspritzen endete das Wirtschaftsjahr 2018 mit einem Verlust von fast 4 Mio Euro. Und für das bereits im Jahr 2017 gegründete Medizinische Versorgungszentrum entstanden hohe Personal- und Sachkosten, aber bis heute wurde dort kein einziger Patient behandelt. Ärzte mussten aufgrund ihrer Arbeitsverträge bezahlt werden, durften aber nicht arbeiten. Andere teure Ärzte wurden ans Haus geholt und durften auch arbeiten, aber es gab erhebliche Mängel bei ihrer Qualifikation. Als sie endlich gekündigt wurden, machten Geschäftsführung und Personalleitung dilettantische Fehler, die zu weiteren unnötigen Kosten von mehreren hunderttausende Euro führten. Erst der 6. Abberufungsantrag der Bürgerliste führte im April 2019 endlich zur Abberufung dieser Geschäftsführerin durch den Rat. Nun ist dort übergangsweise eine neue und erfahrene Geschäftsführung tätig.
Das Winterberger Krankenhaus befindet sich zu 90 % in kirchlicher Trägerschaft. Anfang November 2019 wurde der Antrag auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Dies führte dazu, dass die Arbeitsverwaltung seitdem für 3 Monate die Gehälter der Mitarbeiterinnen und Mtarbeiter bezahlte. Anfang Februar wurde das Insolvenzverfahren dann eröffnet. Die Zukunft ist ungewiss, vor allem wegen der Unklarheit, wer künftig Träger dieses Krankenhauses sein könnte. Anfang des letzten Jahres verließ der langjährige Geschäftsführer das Haus. In dieser Woche wurde seine Nachfolgerin von ihren Aufgaben entbunden.
Gestern im Kreistag ging es nun um eine Resolution für dieses Krankenhaus. Der komplette Text steht hier.
Dazu die Stellungnahme der SBL:
Es ist richtig und wichtig sich dafür einzusetzen, dass für die EinwohnerInnen und die Gäste der Städte Winterberg, Hallenberg und Medebach weiterhin eine ortsnahe stationäre medizinische Versorgung angeboten wird. Aber leistet die gestern im Kreistag beschlossene Resolution dazu wirklich einen Beitrag? Sie mag eine gewisse Außenwirkung entwickeln, aber inhaltlich ist sie untauglich. Da scheint es eher darum zu gehen, im anstehenden Kommunalwahlkampf verkünden zu können, man hätte etwas gemacht …
Leider hat der Landrat in der gestrigen Kreistagssitzung keine einzige inhaltliche Frage beantwortet. Bereits 2 Tage vorher im Gesundheits- und Sozialausschuss wurden zu den Einwänden der SBL-Fraktion keine Erläuterungen gegeben.
Einige der offenen Fragen:
– Die einzige Forderung in der Resolution lautet: “Deshalb bitten wir Sie dringend sich diesem Thema zu widmen, und bieten Gespräche hierzu … an. Aus unserer Sicht ist dringend das Einschreiten der politischen Entscheidungsträger aus Bund und Land erforderlich.” Das ist sehr allgemein und reicht nicht aus. Warum gibt es keine konkreteren Forderungen?
– Als einzige “Ursache dieser dramatischen Entwicklung” wird die “bundespolitische Einführung der sogenannten Fallpauschalen” genannt. Das trifft nicht zu. Warum wird z.B. verschwiegen, dass gerade dieses sog. DRG-System seit 01.01.2020 bessere Chancen für kleinere Krankenhäuser enthält, denn seitdem sind die (in kleineren Krankenhäusern relativ hohen) Pflegepersonalkosten aus den Fallpauschalen herausgenommen und werden den Krankenhäusern komplett erstattet?
– Seit fast 50 Jahren gilt für Krankenhäuser die duale Finanzierung: Die Krankenkassen finanzieren die Betriebskosten und die Bundesländer sind für die Finanzierung der Investitionen zuständig. Warum wird verschwiegen, dass insbesondere die derzeitige NRW-Landesregierung die sich aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz ergebenden Verpflichtungen nicht erfüllt und gerade kleinere Häuser (die nicht zu einer finanzkräftigen Kette gehören) deshalb häufig unter einem Investitionsstau leiden?
– Wie soll die künftige Trägerschaft für das Winterberger Krankenhaus aussehen? Ist der Landrat bereit dem Kreistag vorzuschlagen, dass ggf. der HSK die Trägerschaft übernimmt (3 der 7 an den HSK angrenzenden Kreise betreiben bereits eigene Krankenhäuser)?
– Warum wird nicht erwähnt, dass es seit Juli 2019 einen besonderen Fördertopf gibt, aus dem 120 Krankenhäuser je 400.000 Euro pro Jahr als weiteren Sicherstellungszuschlag erhalten, und das unabhängig von einem tatsächlichen Defizit? Es sollte konkret gefordert werden, dass das Winterberger Krankenhaus in dieses Programm aufgenommen wird, denn es erfüllt alle Voraussetzungen.
– Warum fehlt jede Aussage, wie auf Dauer eine qualitativ hochwertige Versorgung der PatientInnen gesichert werden soll?
– Warum wird kein Konzept zur Kooperation (medizinisch und finanziell) mit benachbarten Krankenhäusern entwickelt?
U.v.m.
Antworten gab es gestern keine einzige. Nun werden wir es per schriftlicher Anfrage versuchen.