Verabschiedet sich der HSK aus der Schulentwicklung?
Am Freitag (21.01.2011) gab das Ministerium für Schule und Weiterbildung bekannt, dass in Nordrhein-Westfalen 17 Gemeinschaftsschulen zum nächsten Schuljahr im Sommer starten können. Ziel der Gemeinschaftsschule ist es, Bildungswege länger offen zu halten und mehr Schülerinnen und Schüler zu höheren Abschlüssen zu führen. Damit reagiert sie auf das veränderte Elternwahlverhalten und soll die Abhängigkeit des Bildungsaufstiegs von der sozialen Herkunft aufbrechen. Zugleich bietet die Gemeinschaftsschule den Kommunen bei zurückgehenden Schülerzahlen die Möglichkeit, ein wohnortnahes umfassendes Schulangebot unter Einbeziehung auch gymnasialer Standards vor Ort zu erhalten. Gerade für ländliche Regionen wie Südwestfalen stellt die Gemeinschaftsschule eine interessante Erweiterung des Schulangebots dar.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass jetzt in 4 von 5 Kreisen in Südwestfalen Gemeinschaftsschulen eingerichtet werden. Genehmigt wurden sie u.a. in
• Burbach (Kreis Siegen)
• Finnentrop (Kreis Olpe)
• Lippetal (Kreis Soest)
• Neuenrade (Märkischer Kreis).
Der einzige Landkreis aus Südwestfalen ohne Gemeinschaftsschule ist der HSK. Er ist bereits einer von nur 5 Kreisen in NRW (von insgesamt 54), in dem es keine einzige Gesamtschule gibt. Damit sind bereits zwei wesentliche weiterführende Schulformen im flächengrößten Kreis NRW’s nicht vertreten! Dies liegt nicht am Schulministerium, denn aus dem HSK wurde kein einziger Antrag gestellt. Zukunftsweisende Schulentwicklungspolitik sieht anders aus… Erst recht gilt dies für ländliche Regionen, in denen stark sinkende Schülerzahlen Anlaß für neue Überlegungen sein müssen, um ein vielfältiges und ortsnahes Angebot von Schulabschlüssen zu ermöglichen.
Zu den grundlegenden Vorgaben für die Genehmigung von Anträgen für Gemeinschaftsschulen gehören:
• Die Gemeinschaftsschule entsteht in der Regel durch die Zusammenführung bestehender Schulen.
• Der Unterricht erfolgt in den Klassen 5 und 6 in integrierter Form.
• Für die 7. Klasse oder später entscheiden die Schulen, ob die Kinder weiter gemeinsam oder nach schulformspezifischen Bildungsgängen getrennt unterrichtet werden.
• In der Gemeinschaftsschule können alle für die Sekundarstufe I vorgesehenen Abschlüsse erreicht werden.
• Gemeinschaftsschulen bieten auch gymnasiale Standards an.
• Sie verfügen entweder über eine eigene gymnasiale Oberstufe oder sie kooperieren mit der Oberstufe einer anderen Gemeinschaftsschule, eines Gymnasiums, einer Gesamtschule oder eines Berufskollegs, sodass Eltern sowie Schülerinnen und Schüler sicher wissen, wo ihre Kinder bzw. sie selbst die allgemeine Hochschulreife erwerben können.
• Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule erwerben das Abitur nach 9 Jahren (G 9); bei herausragenden Leistungen ist nach der Sekundarstufe I der direkte Übergang in die Qualifikationsphase möglich.
• Für eine Gemeinschaftsschule sind vier Parallelklassen pro Jahrgang wünschenswert, mindestens erforderlich sind drei Parallelklassen.
• Bei der Errichtung ist eine Mindestklassengröße von 23 Schülerinnen und Schülern vorgesehen. Der Klassenfrequenzhöchstwert beträgt für die integrative Form 25; in der kooperativen Form ab Klasse 7 zur Erreichung vertretbarer Klassengrößen 29. Der Klassenfrequenzrichtwert beträgt 24 Schülerinnen und Schüler. Diese Werte orientieren sich an denen der Hauptschule. Sie tragen der Heterogenität der Schülerschaft Rechnung und berücksichtigen, dass in der Gemeinschaftsschule unterschiedliche Schulformen zusammenwachsen.
• Die Lehrkräfte haben unabhängig von ihrem Lehramt eine Pflichtstundenzahl von 25,5. Dies entspricht der Pflichtstundenzahl an der Gesamtschule und am Gymnasium.
• Bis zu einem Drittel der Lehrkräfte sollen die Lehrbefähigung für das Gymnasium haben. Als Eingangsämter können der Gemeinschaftsschule A12-Stellen (gehobener Dienst) und A13-Stellen (höherer Dienst) zugewiesen werden.
• Gemeinschaftsschulen erhalten einen Stellenzuschlag in Höhe von 0,5 Stunden je Klasse je Woche wegen des erhöhten Differenzierungs- und Förderbedarfs und einen Versuchszuschlag in Höhe von 0,5 Stellen pro Schule und Jahr wegen des erhöhten Schulentwicklungsaufwands. Dazu kommt ein zusätzliches Fortbildungsbudget in Höhe von 2.500 Euro pro Schule wegen des erhöhten Fortbildungsbedarfs.
• Für einen Antrag auf die Teilnahme am Schulversuch ist eine aktuelle Schulentwicklungsplanung einschließlich vorangegangener Elternbeteiligung nötig. Die Schulentwicklungsplanung muss auch eine überregionale Abstimmung mit den Nachbarkommunen enthalten. Eine Gemeinschaftsschule kann nicht genehmigt werden, wenn eine Schule eines anderen Schulträgers dadurch in ihrem Bestand gefährdet wird. Regional abgestimmte Kooperationskonzepte verschiedener Schulträger sind möglich. In Ballungsgebieten beziehen sich die Gesamtkonzepte auf einzelne Stadtteile. Die Erreichbarkeit einer Hauptschule bzw. eines Hauptschulbildungsgangs in zumutbarer Entfernung muss gewährleistet sein.
Das Interesse an der Gemeinschaftsschule ist und bleibt weiterhin sehr groß. Immer mehr Kommunen und Eltern wollen die Gemeinschaftsschule. Inzwischen liegen dem Schulministerium schriftliche Interessenbekundungen von über 40 Schulträgern vor, die zum Schuljahr 2012/13 eine Gemeinschaftsschule einführen wollen. Nach unserer Kenntnis befindet sich darunter bisher kein einziger Antrag aus dem HSK…