Informationen und Meinungen zur Kreispolitik im HSK

Wie gehen Kommunen im HSK mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger um? Wie reagiert der Landrat?

By admin at 1:18 pm on Saturday, March 27, 2021

Bekannt wurde vor einigen Tagen der Fall der Stadt Marsberg. Da hatte die Verwaltungsspitze Mitte Februar 2,5 Mio Euro bei der Bremer Greensill-Bank angelegt. Zwei Wochen später ging diese Bank in Insolvenz. Warnhinweise gab es vorher reichlich. Aber die wurden von den Verantwortlichen in Marsberg entweder ignoriert oder gar nicht erst gelesen.

In der Lokalpresse steht am 27.03.2021 unter der Überschrift „Kein Risiko gesehen“:
“In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass die Stadt Marsberg 2,5 Millionen Euro bei der Greensill-Bank angelegt hatte – nur zwei Wochen, bevor die Bank insolvent wurde. Das Geld ist vermutlich verloren.”
“Das Fachmagazin ‘Der neue Kämmerer’ hatte allerdings schon 2018 Ausfallrisiken beschreiben. Die Greensill-Bank selbst wies auf ihrer Internetseite darauf hin, dass Einlagen von Kommunen bei ihnen nicht gesichert sind.”
https://www.wp.de/staedte/altkreis-brilon/marsberg-pleite-der-greensill-bank-kein-risiko-gesehen-id231900767.html

Bekennen sich jetzt in Marsberg Bürgermeister und Kämmerer zu ihrer Verantwortung, und was sind die Folgen?

Das nächste Risiko des Geld-Versenkens droht nun in der Stadt Brilon. Aber dort gab es nicht nur eine Entscheidung der Verwaltungsleitung, sondern sogar einen Beschluss des Rates. Denn auf Vorschlag des Bürgermeisters sollen sich die Stadtwerke mit zunächst 200.000 Euro an einer „Versorger-Allianz“ beteiligen. Die hat sich als verschachtelte Gesellschaft über die “450connect GmbH” um den Erwerb der Rechte am 450 MHz-Mobilfunknetz beworben und am 09.03.2021 von der Bundesnetzagentur den Zuschlag erhalten.

Zu dieser Beteiligung steht die Sitzungsdrucksache 2021-0032:
„Die Versorger-Allianz 450 hat zur Umsetzung des Branchenmodells … am 30.09.2020 die „Versorger-Allianz 450 Beteiligungs-GmbH & Co. KG“ gegründet. Gründungsgesellschafter waren die Netze BW GmbH, die OVAG, die SWO Netz GmbH und die MVV Netze GmbH. Dabei wurde die Gesellschaft zunächst nur für die Finanzierung der anstehenden Vorbereitungen kapitalisiert. …
Für die Realisierung des 4×25-Modells (Ziehung der Option, 25 % an der 450connect zu kaufen) und damit der vollständigen Umsetzung des Branchenmodells ist es erforderlich, weitere Gesellschafter der Versorger-Allianz zu gewinnen, da die bisherigen Gesellschafter den 25 %igen Anteil zum Aufbau des 450 MHz-Funknetzes und zum Kauf der 450connect nicht allein aufbringen.“
https://sessionnet.krz.de/brilon/bi/vo0050.asp?__kvonr=1016257

Der Briloner Rat hat mit seiner GroKo-Mehrheit am 11. März beschlossen:
„Einer Beteiligung der Stadtwerke Brilon AöR als Kommanditist an der Versorger-Allianz 450 Beteiligungs-GmbH & Co. KG mit einer Kommanditeinlage in Höhe von bis zu 0,2 Mio. € bzw. einer prozentualen Beteiligung von bis zu ca. 0,56 %, einzugehen wird zugestimmt.”

Der Bürgermeister hatte diesen Tagesordnungspunkt sogar nur für den nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung vorgesehen. Erst auf Intervention von Ratsmitgliedern, dass das rechtswidrig wäre, folgte dann die Beratung im öffentlichen Teil.

An den Beschluss knüpfen sich wesentliche Fragen, z.B.:

Ist es Aufgabe der Stadtwerke, sich an einer Mobilfunkgesellschaft zu beteiligen?
Wohl kaum. Die Stadtwerke sollen die Bürgerinnen und Bürger mit Wasser und Energie sowie anderen notwendigen Dienstleistungen versorgen.

Gibt es irgendeinen Einfluss der Stadtwerke auf diese Gesellschaft?
Der Einfluss beträgt NULL. Denn es gibt in den Gesellschaften „Big Player“, die das Sagen haben.
Besonders peinlich: Sowohl der Bürgermeister als auch der Stadtwerke-Chef konnten im Rat am 11.03. nicht sagen, wer den bestimmenden Einfluss hat, weil er mehr als 75% der Anteile hält. Im mit der Beschlussvorlage vorgelegten „Gesellschaftsvertrag Versorger-Allianz 450 Beteiligungs GmbH & Co. KG“ werden die Kapitalbeteiligungen der bisherigen Kommanditisten so genannt:
Netze BW GmbH:
EUR 415.800 5,08%
Oberhessische Versorgungsbetriebe AG:
EUR 45.550 83,16%
MW Netze GmbH:
EUR 25.400 9,11%
SWO Netz GmbH:
EUR 13.250 2,65%
Das Gesellschaftskapital beträgt insgesamt 500.000 EUR (100%)
Die Prozentanteile passen nicht zu den Euro-Beträgen der Beteiligung. Klar ist nur, dass entweder die „Netze BW GmbH“ oder die „OVAG“ mehr als 75% der Anteile halten und damit alles alleine bestimmen können.
Auch in der Ratssitzung am 24.03. konnte der Bürgermeister auf Nachfrage eines Ratsmitglieds der Bürgerliste immer noch nicht sagen, wer nun der Mehrheitsgesellschafter ist…

Welche finanziellen Risiken bestehen?
Wenn die Gesellschaft insolvent werden sollte, dann ist die Einlage mit hoher Wahrscheinlichkeit verloren. Und es bestehen viele wirtschaftliche Risiken.
Dabei kann sich der Finanzbedarf noch erheblich über den beim Start eingezahlten Betrag von 200.000 Euro hinaus erhöhen. Denn die Kommanditisten sind laut Gesellschaftsvertrag verpflichtet, außer ihren Kapitaleinlagen auf Anforderung „zusätzliche Pflichteinlagen“ zu leisten.
Selbstverständlich bestehen auch Gewinnchancen, aber für risikoreiche Gechäfte außerhalb ihres Betriebszwecks sind Stadtwerke nicht zuständig!

Hat man es in der Gesellschaft mit soliden Partnern zu tun?
Die “Netze BW GmbH” gehört als Verteilnetzbetreiber zum EnBW-Konzern. Und diese “EnBW Energie Baden-Württemberg AG” ist ein börsennotiertes Energieversorgungsunternehmen und nach RWE und E.ON das drittgrößte Energieunternehmen in Deutschland. Ob die sich für die Belange der Stadtwerke Brilon interessieren werden?

Ist diese Beteiligung genehmigungsfähig?
Normalerweise müsste die Kommunalaufsicht wegen der ungeeigneten Zweckbestimmung und der finanziellen Risiken die Zustimmung verweigern.
Denn nach § 107 Abs. 1 der Gemeindeordnung NRW darf sich eine Gemeinde dann an Unternehmen beteiligen, wenn
“1. der öffentliche Zweck die Betätigung erfordert”
Dies gilt nach § 108 und § 114a GemO NRW auch für mittelbare Beteiligungen durch die Stadtwerke.
Die Voraussetzung, dass die wirtschaftliche Betätigung “erforderlich” ist, ist hier eindeutig nicht erfüllt. In den letzten Jahren war aber schon öfters zu erleben, dass die Kreisverwaltung (als Kommunalaufsicht) aus „Opportunitätsgründen“ (kein Witz!) nicht einschritt.

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