In dieser Woche hat der Bildungsexperte Dr. Ernst Rösner vom Institut für Schulentwicklungsplanung der Uni Dortmund einen Vortrag bei der VHS Arnsberg gehalten. Unter den Zuhörern war auch der SPD-MdL Stüttgen. In einem Wortbeitrag kritisierte Stüttgen hart die Schulpolitik der jetzigen NRW-Landesregierung.
Für diese Kritik gibt es ja gute Gründe. Allerdings sollte sich der Landtagskandidat zunächst mal mit der Schulpolitik seines eigenen SPD-Kreisverbandes auseinandersetzen. Da gibt es noch sehr viel zu tun. Denn die SPD-Kreistagsfraktion zeigte sich in den letzten Monaten wiederholt als Verhinderer jedes bildungspolitischen Fortschritts im HSK.
Als Beispiel hier einige der von der SPD im Kreistag und/oder im Schulausschuss des Kreistags abgelehnten Anträge zu Schulen und Kindertagesstätten:
- Einrichtung eines (aktiven!) Bildungsbüros mit dem Ziel der Vernetzung und Kooperation aller Bildungseinrichtungen im Kreis im Interesse besserer Lern- und Lebenschanchen der hier lebenden Kinder (Es sollen tatsächlich alle Bildungsträger vernetzt werden, insbesondere auch die Träger der allgemeinbildenden Schulen der Städte und Gemeinden).
- Befragung der Eltern von Schülerinnen und Schülern der ersten drei Grundschulklassen nach dem Wunsch und dem Bedarf der Einrichtung ein oder mehrerer Gesamtschulen im Kreisgebiet.
- Befragung der Eltern aller Schülerinnen und Schüler der dritten Klassen, um herauszufinden, wo Interesse für die Errichtung einer Gesamtschule besteht. Falls entsprechendes Interesse besteht, sollen daraus durch das Bildungsbüro in Kooperation mit den beteiligten Gemeinden Vorschläge für die Einrichtung ortsübergreifender Gesamtschulangebote erarbeitet werden.
- Ortsübergreifende Schulentwicklungsplanung (um die Folgen des demographischen Wandels abzufangen; der HSK hat unter den 54 Kreisen in NRW den stärksten Rückgang der Schülerzahlen zu erwarten).
- Einrichtung von Ganztagsangeboten in weiteren SekI-Schulen als weiteres Ziel der Bildungsplanung (bisher ist gebundener Ganztag nur in 5 von 43 weiterführenden Schulen vorhanden).
- Einladung des Schulexperten Dr. Rösner zu einem Vortrag über Schulentwicklungsplanung im Schulausschuß des Kreises.
- Wunsch der Eltern nach Früh- und Spätöffnungszeiten in Kindertagesstätten ermitteln.
- Ermittlung des reellen Bedarfs an Kita-Plätzen für Unter-3-Jährige und der Elternwünsche unabhängig von den engen Kriterien des Kreisjugendamts für dringenden Betreuungsbedarf.
Bevor die Schulverwaltung des HSK wieder behauptet (wie in einer Vorlage für den Schulausschuss geschehen), der Kreis hätte mit Schulentwicklungsplanung nichts zu tun, hilft ein Blick ins Schulgesetz. Dieses Gesetz des Landes NRW ist ja keineswegs besonders innovativ. Aber ein paar Möglichkeiten enthält es doch, und im Kreisgebiet wird seit Jahren dagegen verstoßen.
Zum Beweis einige Auszüge:
“(1) Das Schulwesen ist nach Schulstufen aufgebaut und in Schulformen gegliedert. …
…
(3) Die Sekundarstufe I umfasst die Hauptschule, die Realschule und die Gesamtschule bis Klasse 10, das Gymnasium bis Klasse 9, in der Aufbauform bis Klasse 10.” (§ 10)
Es werden also ausdrücklich 4 gleichberechtigte weiterführende Schulformen festgelegt.
“(2) Schulen und Schulstandorte sind unter Berücksichtigung des Angebots anderer Schulträger so zu planen, dass schulische Angebote aller Schulformen und Schularten unter möglichst gleichen Bedingungen wahrgenommen werden können.” (§ 80)
Alle 4 Schulformen müssen also gut erreichbar angeboten werden. Der HSK ist allerdings einer der ganz wenigen Kreise in NRW, in denen es keine einzige Gesamtschule gibt.
“(1) Die Gemeinden sind Träger der Schulen, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist.
…
(4) … Werden die Voraussetzungen für die Errichtung und Fortführung einer Schule, für die die Trägerschaft der Gemeinde vorgesehen ist, nur durch Zusammenarbeit von Gemeinden gemäß § 80 Abs. 4 erreicht und führt diese Zusammenarbeit nicht zur Errichtung der Schule, so ist der Kreis verpflichtet, die Schule zu errichten und fortzuführen.” (§ 78)
Der Kreis müßte somit selbst eine Gesamtschule errichten, da die Zusammenarbeit der Gemeinden zu diesem Zweck bisher nicht zum Erfolg geführt hat bzw. gar nicht stattgefunden hat. Z.B. betreibt der Ennepe-Ruhr-Kreis eine kreiseigene Gesamtschule in Sprockhövel.
“(6) Soweit eine Verpflichtung nach Absatz 4 nicht besteht, sind die Gemeinden und Kreise berechtigt, Schulen zu errichten und fortzuführen, wenn ein gebietsübergreifendes Bedürfnis besteht und ein geordneter Schulbetrieb gewährleistet ist.” (§ 78)
Der Kreis dürfte darüber hinaus eigene weiterführende Schulen errichten. Viele Gemeinden im Kreisgebiet werden in absehbarer Zeit zu wenige Einwohner im Schüleralter haben, um selbst ein plurales Schulangebot aufstellen zu können.
Fazit:
Der Kreis vernachlässigt hier – ebenso wie viele Städte und Gemeinden im Kreisgebiet – seine Pflichtaufgaben in der Schulentwicklungsplanung und als potentieller Schulträger – und das mit aktiver Unterstützung der HSK-SPD. Frau Sommer wird sich freuen…
Derzeit scheint es sogar bei des CDU im HSK mehr Fortschritt zu geben als bei der SPD: In ihrer Haushaltsrede am 26.02.2010 wurde erstmals auf die Notwendigkeit eines ortsübergreifenden Schulplanung hingewiesen. Bisher hatte die CDU diese Forderung der SBL jahrelang abgelehnt…