Am 21. Juni 2013, am Tag der Sonnenwende, traf der Kreistag in Meschede eine Entscheidung von großer Tragweite und mit unabsehbaren Ewigkeitskosten. Das Prinzip Hoffnung machte es möglich. Rund 2/3 der Kreistagsmitglieder folgten dieser Losung und zwar offenbar reichlich unbeeindruckt von der Faktenlage. Dabei blieben fast alle einleuchtenden und triftigen Argumente der „Nichtbefürworter“ unwidersprochen.
Pardon, ich habe noch nicht erwähnt um was es geht. Sie ahnen es sicher? Die PR war in den letzten Wochen und Tagen ja kaum zu überhören und zu übersehen. Es geht um das große Leuchtturm-Projekt in Südwestfalen, das Sauerland-Museum in Arnsberg.
Toni Becker von der Fraktion B`90/Die Grünen machte den Auftakt bei den Reden. Er äußerte seine Zweifel an der prognostizierten Verdreifachung der Besucherzahlen. (Besucherzahlen berechnet nach dem Prinzip HOFFNUNG?) -. Und den demografischen Wandel könnte das Sauerland-Museum auch nicht stoppen. Nicht Gebäude machten Kultur, sondern Menschen, so der Grüne Toni Becker.
Eine argumentativ sehr ausgefeilte, fakten- und umfangreiche Rede hielt der Fraktionsvorsitzende der FDP, Friedhelm Walter. Er wies u.a. auf die veränderten Rahmenbedingungen durch die Verschuldung der öffentlichen Haushalten hin und, dass sich die Einstellung der Bevölkerung zu immer mehr Schulden verändere. „Wünsch-dir-was-Politik ist von gestern!“ Auch im HSK sei die Lage kritisch. Die Allgemeine Deckungsrücklage wäre spätestens 2015 aufgebraucht und der Ertrag der RWE-Aktien sinke. Die kommunale Selbstverwaltung würde ausgehöhlt. Das FDP-Mitglied wies auch auf das Missverhältnis zu der ebenfalls für heute anstehende Entscheidung zur PTA-Schule in Olsberg hin. Da diskutierten wir, die Schule wegen 40.000 Euro aufzugeben. Der HSK sei aufgefordert, Beschlüssen über Investitionen auf die Folgekosten zu achten. Sehr einleuchtend fand ich folgenden Vergleich von Friedhelm Walter. Bezogen auf den von Verwaltung, CDU, und SPD gewünschten Beschluss für das Sauerland-Museum sei es so, als würde jeder Einwohner des Hochsauerlandkreises einen Anteilsschein in Höhe von 50,-Euro zeichnen.
Das Kreistagsmitglied zählte noch weitere Kritik-Punkte und Ungereimtheiten auf und zog einen Bogen zum Bergbau-Museum in Ramsbeck, das die Erwartungen bzgl. der Besucherzahlen nicht erfüllt. Die Aussagen seien vage, wie das Sauerland-Museum die hohen Besucherzahlen erreichen will. Sie wären zu sehr von Hoffnungen und Visionen geprägt. Friedhelm Walter machte aber auch deutlich, dass die FDP für die Weiterentwicklung des Museums sei. Er forderte aber gleichzeitig das Denken für den gesamten Kreis ein. (Fakten kontra Prinzip HOFFNUNG?)
Nicht weniger plausibel war die Rede des fraktionslosen Kreistagsmitglieds Reinhard Loos von der Sauerländer Bürgerliste (SBL). Er stellte fest, dass es Handlungsbedarf beim Sauerland-Museum gibt. Doch es gelte abzuwägen. Da sei z.B. das Problem mit dem überteuerten Grundstück und der Schrottimmobilie die maximal 60.000,- Euro wert sei, aber vom Kreis für 656.000,- Euro gekauft werden soll, und die hilflosen Versuche der Kreisverwaltung, das schön zu reden. Es könnte nicht sein, dass man sagt, man wolle Zuschüsse, koste es was es wolle. Reinhard Loos ging in seiner Rede noch weiter auf die finanziellen Aspekte ein und argumentierte, die Baukosten für den Neubau seien mit netto 436,38 Euro und brutto 519,65 Euro pro Kubikmeter viel zu niedrig angesetzt seien. Loos verwies dabei auf einen Bericht des Landesrechnungshofs von Sachsen. Der hatte einen Museumsbau der Stadt Leipzig im Jahr 1999 überprüft und festgestellt, dass der Kostenwert von 463,- Euro pro Kubikmeter Bruttorauminhalt die Vergleichswerte anderer Museen unterschreite. In Leipzig verteuerte sich der Museumsbau um 27 %. Seitdem wären die Baukosten deutlich gestiegen. Dann kämen noch die Unwägbarkeiten mit dem Hang hinzu. Die geologischen Verhältnisse seien nicht stabil. Der Hang könnte abrutschen. „Wer will dieses Risiko verantworten, 20 Meter tief in den Berg zu bohren?“, fragte der SBL-Kreistagsabgeordnete. Ein weiterer Kritikpunkt: Arnsberg sei als Stadt nicht mit im Boot, im Gegensatz zu der Stadt Winterberg mit der Bobbahn. Und der Kreis habe bereits über 40 Millionen Euro Verbindlichkeiten und damit doppelt so hohe Verbindlichkeiten wie Guthaben. (Rutschender Hang, schwindendes Vermögen, steigende Schulden, was ist das schon gegen das Prinzip HOFFNUNG?)
Genug der Kritik und der Skepsis. Der Vorsitzende des Kulturausschusses, CDU-Kreistagsmitglied Werner Wolff, hielt die Gegenrede. Der HSK als drittstärkste Wirtschaftsregion in Deutschland hätte Bedarf an qualifizierten Leuten. Darum wären weiche Standortfaktoren wichtig. Der HSK finde in überregionalen Zeitungen nicht statt. Das Kulturforum habe Nutzen für die Bürger der Region. Bzgl. des Konzepts seien sie umfangreich beraten worden. Architektonisch sei es gelungen. Auch Geologen wären zu Rate gezogen worden. Die Stabilisierung des Hanges sei möglich. Es gebe zwar nie eine letzte Gewissheit, aber in Anbetracht des vorliegenden Gutachtens könne man eine positive Entscheidung treffen. Das jetzige Konzept sei deutlich kostengünstiger. Im Bestand sei die Sanierung problematisch. Zudem müsste sie aus eigenen Mitteln gestemmt werden. Werner Wolff zählte im weiteren Verlauf seiner Rede noch auf, wer alles von diesem Bauvorhaben überzeugt ist und äußerte die Ansicht, dass das Projekt Sauerland-Museum das wesentlichste und bedeutsamste sei, um die Region nachhaltig nach vorne zu bekommen. (Klar doch, Prinzip HOFFNUNG!)
Dr. Michael Schult von der SPD-Fraktion sprach den überalterten Zustand des Museums an und, dass die SPD bei der inhaltlichen Ausrichtung stets die Kosten hinterfragt habe. Das Betriebskonzept sei zur Zufriedenheit geklärt worden. Die SPD-Fraktion habe beschlossen hinter dem Projekt zu stehen. Er könne selbstverständlich nicht alle Risiken ausschließen. Man könne aber versuchen, die Risiken zu minimieren. Die Baukommission solle die Transparenz erhöhen. Architektonische Highlights seien, so Michael Schult, ein Beitrag zur Stadtentwicklung in Arnsberg. (Auch bei der SPD gilt wohl das Prinzip HOFFNUNG!?)
Last not least Beate Raberg von DIE LINKE sagte, sie stimme zu wegen der Investitionen in Arbeitsplätze. Alle Menschen sollten die Möglichkeit haben, an Kultur teilzuhaben. Sie kündigte an, einen Kulturpass für den HSK zu beantragen. (Ob das wohl was wird mit dem Kulturpass und dem Prinzip HOFFNUNG?)
Die Reden waren nun zwar geredet, aber das Thema noch lange nicht abgehakt. Die Diskussion ging weiter. Zuletzt wurde noch der Abstimmungsmodus diskutiert. Die FDP-Fraktion hatte geheime Abstimmung beantragt. Friedhelm Walter begründete den Antrag damit, dass sie damit gewährleisten wollen, dass jedes Kreistagsmitglied unabhängig im Sinne des Kreises entscheiden kann. Er erinnerte an die veröffentlichte Meinung und an öffentliche Diffamierungen einzelner Personen. CDU-Fraktionsmitglied Werner Wolff konterte, Bürger hätten das Recht zu wissen, wie einzelne Abgeordnete abstimmen. Jeder sollte zu seiner Verantwortung stehen. Auch Landrat Dr. Schneider sprach sich für eine Offene Abstimmung aus. Doch die Kreitstagsmitglieder entschieden anders. 12 Abgeordnete stimmten für die Geheime Abstimmung. Da 11 Stimmen erforderlich waren, musste nun die Geheime Abstimmung erfolgen.
Der Landrat war wahrscheinlich erleichtert als das Ergebnis vorgelesen wurde: 52 Stimmen waren abgegeben, davon 1 Enthaltung, 38 Ja-Stimmen, 13 Nein-Stimmen. Der „12 Millionen plus X Bau“ kann also in die Bauphase starten.
Gefreut haben sich bestimmt auch die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Tribüne, vermutlich vorwiegend Arnsberger Bürgerinnen und Bürger. Gleich nach der Abstimmung verließen sie das Kreishaus in Meschede, vielleicht um in Arnsberg auf die zukünftige Museums-Pracht und die neuen Perspektiven für Arnsberg anzustoßen? Schade, so konnten sie leider die spannende Diskussion und die nicht minder spannende Abstimmung um die Zukunft der PTA-Schule in Olsberg nicht mitverfolgen. Da ging es ja schließlich auch nur um bescheidene 40.000,- Euro, nicht etwa um 12 Millionen Euro wie kurz vorher bei der Kreistagsentscheidung nach dem Hoffnungsprinzip.
(Gabi Joch-Eren)