Informationen und Meinungen zur Kreispolitik im HSK

Vernachlässigt Kreisverwaltung einen Teil der mit PFT verseuchten Flächen?

By admin at 11:50 pm on Monday, December 4, 2006

Am Montag (04.12.) fand in Brilon-Scharfenberg eine sehr gut besuchte Informationsveranstaltung zu den geplanten Sanierungsmaßnahmen für die bei Scharfenberg liegenden Maisfelder statt. Auch dort – wie bereits einige Tage zuvor im Umweltausschuß – stellte das beauftragte Bielefelder Institut wieder den Stand seiner Planungen vor. Daraus ergab sich, daß für den nördlichen Teil der belasteten Flächen eine Sanierung durch eine Drainage eine sinnvolle Maßnahme ist. Dort liegen in etwa 2-3 Meter Tiefe Tonschichten, die nur eine geringe Wasserdurchlässigkeit aufweisen. Sie verlaufen parallel zur Geländeoberfläche, so daß zu erwarten ist, daß auf ihnen ein Großteil des ablaufenden Wassers durch die Drainage erfaßt werden kann. Daher ist es sehr zu begrüßen, daß dort jetzt zügig (voraussichtlich noch in dieser Woche) mit den Bauarbeiten begonnen werden soll. Denn es ist bei (fast) allen Beteiligten unstrittig, daß ein großer Teil der PFT-Belastung von Möhne und Ruhr von den Maisfeldernbei Scharfenberg ausgeht, so daß dringender Sanierungsbedarf besteht.
Ganz anders ist die Situation im südlichen Teil der Flächen. Dort stehen die Gesteinsschichten senkrecht und haben eine zerklüftete Oberfläche. Hier wäre eine Drainage wirkungslos, denn das Wasser versickert sofort in tiefere Schichten. Auch die Fachplaner des IFUA aus Bielefeld haben dies eindeutig festgestellt. Damit haben sich leider die Bedenken der SBL und vieler Fachleute bewahrheitet. Dagegen hatten sich der Landesumweltminister und der zuständige Fachdienst der Kreisverwaltung voreilig auf die Sanierung durch eine Drainage festgelegt. Z.B. hieß es in einer Pressemitteilung vom 28.09.2006:
Nach Prüfung der verschiedenen Varianten hat sich der Hochsauerlandkreis als zuständige Bodenschutzbehörde für eine Sanierung durch ein Drainagesystem mit anschließender Behandlung des verunreinigten Grundwassers in einer Aktivkohlefilteranlage entschieden.”

Es wäre ja schön gewesen, wenn das funktioniert hätte. Denn dann hätte es eine schnelle und vergleichsweise kostengünstige Sanierungsmethode gegeben. Nun aber muß ein anderes Verfahren gefunden werden. Dafür gibt es bisher noch keine konkreten Vorschläge.

Bedenklich ist es aber, wenn der zuständige Fachdienstleiter des HSK erklärt, es würden ja “90% des Oberflächenwassers nach Norden abfließen”. Damit wird der falsche Eindruck erweckt, daß der südliche Teil nicht so wichtig ist. Das Gegenteil ist richtig, denn auch nach Beobachtungen von Einheimischen ist auf dem südlichen Teil mehr von dem belasteten Material abgeladen worden als im Norden. Und die Aussage über den Abfluß des Oberflächenwassers ist überflüssig, denn im Süden versickert ja fast alles Wasser tief im Boden … Es besteht sogar der Verdacht (sowohl bei der SBL als auch bei einem einheimischen Architekten), daß auch das im Süden versickernde Wasser nach unterirdischen “Wegen” im nördlich der belasteten Flächen gelegenen Bach Steinbecke landet.

Daher hilft es überhaupt nicht weiter, wenn aus der Kreisverwaltung oder der Bezirksregierung der Eindruck erweckt würde, sie würden alles richtig machen, weil sie jetzt schnell handelten. Zum einen ist schon viel zu viel Zeit verstrichen, zum anderen müssen die eingeleiteten Maßnahmen auch wirksam sein. Sonst würde es sich um Aktionismus und sinnlose Geldausgaben handeln.

Daher lauten die Aufforderungen an die Behörden:

  • Zügig mit dem Bau der Drainage und der dazugehörigen Wasseraufbereitungsanlagen für den Nordteil beginnen!
  • Gleichzeitig nach einer wirksamen Lösung für den Südteil suchen, diese vorstellen und umsetzen. Dabei darf auch ein Abtragen des belasteten Bodens (ca. 20.000 m3) nicht ausgeschlossen werden. Auf der Mülldeponie Frielinghausen ist jedenfalls noch reichlich Platz vorhanden…
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Infoveranstaltung über PFT-Sanierung für Bürger in Scharfenberg

By admin at 11:50 pm on Sunday, December 3, 2006

PFT-Sanierung: Heute Abend Infos für Bürger

Scharfenberg. Die geplante Sanierung der mit PFT verseuchten Flächen steht am Montag (04.12.) um 19 Uhr im Mittelpunkt eines für alle Interessenten offenen Info-Abends im Gasthof Schnier. Der verantwortliche Sachverständige des für die Planung der Sanierungsmaßnahme beauftragten Gutachterbüros, der zuständige Dezernent der Bezirksregierung Arnsberg und die Mitarbeiter des Fachdienstes Bodenschutz des HSK, werden nach der Darstellung des aktuellen Sach- und Verfahrensstandes zur Beantwortung von Fragen zur Verfügung stehen.In der vergangenen Woche stand das Thema im Kreis-Umweltausschuss auf der Tagesordnung. Dort wurde deutlich, dass eine Sanierung mittels Drainage aufgrund der Bodenbeschaffung nur im nördlichen Teil der Fläche möglich sei. Bündnis 90/Grüne und Sauerländer Bürgerliste (SBL) kritisieren die Drainagelösung grundsätzlich.
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Der Minister kütt!

By Matthias at 12:17 pm on Thursday, November 30, 2006

Nachdem sich die ehemalige Ministerin Bärbel Höhn bereits 2 mal in unserer Region zu PFT und insbesondere zur Trinkwassergewinnung an der Ruhr geäußert hat kommt nun der Minister Uhlenberg

Am 14.12. um 18 Uhr veranstaltet das Ministerium in der Möhneseehalle in Körbecke eine Veranstaltung mit Titel:

PFT im Sauerland und Möhnetal – wie geht es weiter? Konsequenzen und Perspektiven für die Region

Fachleute aus der Ministerium und der Bezirksregierung sollen dabei über die begonnenen und geplanten Maßnahmen informieren.

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Beginn der Sanierungen im HSK

By Matthias at 9:40 am on Thursday, November 30, 2006

In der gestrigen Sitzung des Kreisumweltausschusses stellte Dr. Barkowski vom Gutachterbüro IFUA Bielefeld den Stand der Sanierungsplanung für die am höchsten mit PFT belastete 10ha große Fläche in Brilon-Scharfenberg vor.

Für den Gutachter stand ausser Zweifel, dass, obwohl bisher die anderen Flächen (insgesamt 1000 Flächen sind belastet, davon 51 im Hochsauerlandkreis) nicht hinreichend untersucht wurden, Scharfenberg die Hauptursache (70 – 80%) für die Giftbelastung in der Möhne ist.

Allerdings sind einige der bisher gemessenen Gewässerbelastungen noch nicht erklärbar, so dass noch von weiteren bisher nicht bekannten Problembereichen auszugehen ist. Dieses soll ein umfangreiches Gewässermonitoring klären.

Für die Fläche Scharfenberg stellt Barkowski klar, dass auch deswegen höchste Priorität besteht, weil der Ruhrverband die Möhnetalsperre im Frühjahr wieder auffüllen muß. Dieses kann aber erst dann geschehen, wenn die Hauptgiftzufuhr raus ist.

Die Sanierung sieht folgende Maßnahmen vor:

Die ursprünglich angedachte Ringdränage kann auf Grund der geologischen Verhältnisse nicht durchgeführt werden.

Im Nordteil der Fläche Scharfenberg (die zur Steinbecke entwässert) liegt in 0,5 – 2m Tiefe eine relativ gering wasserdurchlässige Tonschieferschicht. Das Wasser soll dort abgefangen werden und über Dränagen einer Aktivkohlefilterung zugeführt werden.

Für den Südteil der Fläche ist auf Grund der stärkeren Klüftigkeit des Untergrundes eines solche Maßnahme nicht möglich, welche Maßnahmen hier durchgeführt werden ist noch nicht klar.

Insgesamt wurden viele Unsicherheiten in der Sanierungsmaßnahme genannt: Bisher nicht benannt werden kann die Wirksamkeit der Maßnahme, da mit solch hohen PFT-Werten keine Erfahrung vorliegt. (das Drängewasser der alten landwirtschaftlichen Dränge enthält den weltweit einzigartigen Wert von 24000000 ng Pft).

Und unklar bleibt auch, wie lange die Dränagemaßnahme durchgeführt werden muß. Allein für diese eine Fläche betragen die laufenden jährlichen Unterhaltungskosten 60.000,- €, die der Kreis bezahlen muß. Ob die Maßnahme 2 Jahre oder 20 Jahre durchgeführt werden muß, ließ der Gutachter offen.

Offensichtlich ein teurer Spaß für kriminelles Handeln. Ob der Kreis das Geld vom Verursacher wiederbekommen kann, ist mehr als zweifelhaft.

Der nächste Kreistag wird umfangreich über die Maßnahme informiert.

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Kröfges: Wasser kann bedenkenlos getrunken werden

By Matthias at 8:46 am on Wednesday, November 29, 2006

Bei einer Veranstaltung von BUND und Katholischem Bildungswerk in Arnsberg referierte Paul Kröfges vom BUND über die aktuelle Situation im PFT-Skandal.
Von hoher Sachkenntnis geprägt erläuterte er die Situation der Wasserwerke an der Ruhr: Wie funktioniert die Aufbereitung? Welche Mängel bestehen? etc.
Dabei relativierte er, ohne das Problem zu beschönigen, dass die Ruhr in den Sommermonaten überwiegend aus Kläranlagenabläufen bestünde: Aus den Talsperren wird in den Trockenmonaten konstant Frischwasser eingeleitet, so daß das Abwasser aus Kläranlagen einen gewissen Prozentsatz nicht überschreitet.
Das allerdings bei manchen Wasserwerken Handlungsbedarf besteht, sah Kröfges auch: Einige Wasserwerke müßten zusätzliche Aktivkohlefilter einbauen, um den im Wasser vorhandenen Chemiecocktail rauszufiltern. Neben PFT sind dieses insbesondere Medikamentenrückstände und Flammschutzmittel.
Nach Kröfges Auffassung arbeiten die Wasserwerke daran und haben das Problem erkannt: Es liegt in ihrem eigenen Interesse, die Probleme zu beseitigen.

Die von einigen ins Gespräch gebrachte Membranfiltration wurde von Kröfges kritisch gesehen: Sie ist sehr teuer und führt auch zu einem sterilen Wasser, da auch alle Salze ausgefiltert werden.

Für Kröfges steht fest: Trinkwasser ist das bestuntersuchte Lebensmittel und kann bei uns bedenkenlos getrunken werden. Giftstoffe nehmen wir in viel größerem Maße über andere Wege auf. Statt also den Schwerpunkt in einer teuren Wasseraufbereitung zu sehen, war für Kröfges klar, dass die Chemikalienpolitik verändert werden muß und dass die Einleitungen von Abwässern der Industrie stärker kontroliert werden muß: Die behördlich genehmigten PFT-Einleitungen in die Alz in Bayern sind vollkommen unverständlich, da eben bekannt ist, dass sich PFT nicht abbaut und somit in der Natur anreichert.
Es muß dort angesetzt werden wo die Giftstoffe ins Wasser kommen. Das was die EU als Verbot von PFT angekündigt hat, ist vollkommen unzureichend. Die Hauptgruppe (PFOA) der in unsere Böden gekommenen Stoffe ist davon nicht betroffen.

Kriminelle Handlungen wie die Ausbringung von Giftstoffen in die Böden müssen unterbunden werden. Es ist unverständlich, warum die Behörden im Jahre 2002 nicht frühzeitig reagiert haben, als der BUND auf die stinkenden Gifthalden der Fa. GW Umwelt aufmerksam gemacht hat.
Genauso unverständlich ist für Kröfges, warum die Staatsanwaltschaft so zögerlich reagiert hat und die Firmen erst durchsucht hat, nachdem das Problem schon Monate bekannt war. Insbesondere auch die Zulieferer hätten viel frühzeitiger unter die Lupe genommen werden müssen.
Der BUND hat den Verdacht, dass die PFT-Stoffe eventuell von 3M aus Belgien stammen könnten. Dort wurde ca. 2002 ein PFT produzierender Betrieb stillgelegt.
Um zukünftig solche Giftmischereien zu untersagen, ist eine Änderung der Bioabfallverordnung unumgänglich. Bisher wird nach der Bioabfallverordnug nur auf Schwermetalle untersucht, alle anderen Giftstoffe bleiben unberücksichtigt. Kröfges begrüßte in dem Zusammenhang den Vorschlag der ehemaligen Umweltministerin Höhn, Bioabfallverordnung und Klärschlammverordnung zusammenzulegen.

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Pommes mit PFT!

By Matthias at 9:16 am on Saturday, November 25, 2006

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Fünfmal Pommes mit PFT

Bei Testkäufen findet Greenpeace Rückstände der Industriechemikalie PFT in Snacks

BERLIN taz Die umstrittene Industriechemikalie PFT ist jetzt auch in Pommes frites aufgetaucht. Bei einem von Greenpeace in Auftrag gegebenen Test fand das Fraunhofer Institut in allen Proben Rückstände von Perfluorierten Tensiden (PFT). “Mit jeder Portion verzehren Verbraucher gesundheitsgefährdende Chemikalien”, sagte Greenpeace-Sprecherin Corinna Hölzel. Sie forderte, dass die Bundesregierung “ihre Blockadehaltung” gegen das geplante EU-Chemikaliengesetz Reach aufgibt und dafür sorgt, “dass Verbraucher und Umwelt geschützt” werden.

In Versuchen mit Ratten verursachte PFT Krebs und Leberschäden. Die Auswirkungen auf den Menschen sind nicht erforscht. Einen Grenzwert gibt es deshalb nicht. Fest steht aber, dass PFT so gut wie nicht abbaubar ist und sich im Körper und in der Muttermilch ablagert. Mit Reach will die Europäische Union die Unternehmen verpflichten, von ihnen produzierte chemische Substanzen auf ihre Unbedenklichkeit zu überprüfen.

Die Tester untersuchten Proben in Berlin, Hamburg, München, Dortmund und Dresden. Ergebnis: zwischen 0,32 und 0,95 Mikrogramm Perfluoroktansulfonat und 1,57 bis 2,81 Mikrogramm Perfluoroktansäure pro Kilogramm Fritten. Nach Ansicht der Experten können die Chemikalien auf verschiedenen Wegen in die Nahrungsmittel gelangt sein: Die PFT werden dazu verwendet, Materialien öl- und wasserfest zu machen – zum Beispiel Pommes-frites-Schälchen. Eine andere Möglichkeit ist, dass die Substanzen schon über Klärschlämme in den Boden und damit in die Kartoffeln selbst gelangt sind. Erst gestern stellten die Behörden in den Bächen Inde und Rur im Raum Aachen erhöhte PFT-Werte fest, die durch den Ablauf von Kläranlagen verursacht worden sein sollen. Eine der Fraunhofer-Proben bestand allerdings aus tiefgekühlten Fritten. B. WILLMS

taz Nr. 8135 vom 25.11.2006, Seite 6, 62 TAZ-Bericht B. WILLMS

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PFT nicht aus Belgien?

By Matthias at 9:07 am on Wednesday, November 22, 2006

PFT-Filteranlage im Sauerland noch vor Weihnachten fertig

Brilon (dpa/lnw) – Eine der Hauptquellen für die Belastung von Möhne und Ruhr mit perfluorierten Tensiden (PFT) soll noch vor Weihnachten gestopft werden. Auf einem durch Industrieabfall verseuchten Feld bei Brilon werden derzeit die Planungen für eine Sanierung abgeschlossen. Vermutlich in zwei Wochen könne mit den Bauarbeiten für eine Drainage mit anschließender Sickerwasser- Filterung begonnen werden, so dass die Anlage noch vor Weihnachten in Betrieb gehen könne, teilte der Hochsauerlandkreis am Freitag mit.

Von dem Feld geht nach Experten-Einschätzung ein Großteil der Belastung von Möhne und Ruhr mit der als Krebs erregend geltenden Industriechemikalie aus. Nach einem Zufallsfund im Frühjahr war in dem aus Möhne und Ruhr gewonnen Trinkwasser eine erhöhte PFT- Konzentration gefunden worden. Für die vermutlich mehr als eine Million Euro teure Sanierung hatte Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) Gelder zugesagt. Es ist bisher noch völlig unklar, ob der Düngemittel-Hersteller GW Umwelt aus Paderborn für die Verunreinigung haftbar gemacht werden kann.

Im Zusammenhang mit der PFT-Problematik hat die ehemalige NRW- Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) gefordert, dass die Verordnungen zu Bioabfall, Düngemitteln und Klärschlamm unter einem Dach zusammengefasst werden müssten. Die derzeitige Trennung mache es findigen Geschäftsleuten leicht, Lücken in der Kontrolle und im System auszunutzen.

Bei der Suche nach der Herkunft des Industrieabfalls, der zusammen mit dem Düngemittel-Gemisch auf Feldern in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen verteilt wurde, konzentrieren sich die Ermittler immer noch auf Belgien. Dort haben die Umweltbehörden nach Informationen des WDR-Hörfunks zwar «schwarze Schafe» unter den Zulieferern von GW Umwelt ausgemacht. Diese hätten den nach Borchen gelieferten Nahrungsmittel-Schlämmen auch Industriemüll beigemischt.

Dabei soll es sich aber nicht um PFT-haltige Abfälle gehandelt haben.

http://www.bezreg-arnsberg.nrw.de/mdt.html

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Das Gift kommt aus dem Wasser

By Matthias at 2:22 pm on Tuesday, November 21, 2006

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Das Gift kommt mit dem Wasser

AUS BRILON MIRIAM BUNJES

Den schmalen Pfad zwischen den Tannen ist Reinhard Knaden sein Leben lang gerne gegangen. Dunkel ist es hier und still, bis auf das Plätschern der Steinbecke, die durch den Briloner Wald ins Tal zur Möhne fließt. “Das ist der wichtigste Platz in meinem Leben”, sagt der 75-Jährige. Eine Holzbrücke führt über den schmalen Bach, der Pfad endet vor einer moosbewachsenen Felswand, über die sich von oben Laubbäume neigen. Die Jagdhütte aus Holz hat Knadens Vater gebaut. Die drei Fischteiche vor dem steilen Fels hat der ehemalige Finanzbeamte vor 40 Jahren selbst angelegt. 500 Forellen leben hier. Dringt ein Sonnenstrahl durchs Blätterdach, springen sie kurz in die Luft, um dann ins heute regentrübe Wasser einzutauchen. “Sie sind lebender Sondermüll”, sagt Knaden. Seit er das weiß, kommt er nicht mehr jeden Tag an den wichtigsten Platz in seinem Leben.

In seinen Forellen haben die Umweltbehörden des Hochsauerlandkreises 1,18 Nanogramm der Industriechemikalie PFT (perfluorierte Tenside) pro Gramm Körpergewicht gemessen, im Bachwasser vor seiner Holzmühle fast 80.000 Nanogramm PFT pro Liter Wasser. Das ist die weltweit höchste jemals in der Umwelt gemessene Konzentration der Chemikalie, hat Knaden mit Briloner Lokalpolitikern im Internet recherchiert. Und auch das Bundesinstitut für Risikoforschung reagiert schockiert auf die Briloner Chemieforellen. Dessen Grenzwert überschreiten die Tiere ums 60fache. Vom Verzehr rät das Institut ab. Die Auswirkungen von PFT auf den Menschen sind nicht erforscht, bei Ratten indes verursacht die Chemikalie Krebs und Leberschäden. Für Menschen steht fest: PFT ist nicht abbaubar, einmal gegessen oder getrunken, lagert es für den Rest des Lebens in den Körperzellen.

Die Steinbecke hat Reinhard Knaden das Gift gebracht. Wahrscheinlich schon seit vielen Jahren, mit Sicherheit seit 2004. Auch oben in Brilon-Scharfenberg plätschert der Bach kristallklar, windet sich zwischen Bäumen und Feldern hinunter zu Reinhard Knadens Teichen. Der Mais auf dem größten Feld wurde in diesem Jahr nicht geerntet, jetzt im November ist er vertrocknetes braunes Gestrüpp. “Vor kurzem sah er knackig aus”, sagt Reinhard Loos, Briloner Lokalpolitiker und für die Sauerländer Bürgerliste im Kreistag des Hochsauerlandkreises. “Unser Giftmülldepot ist unsichtbar.”

Unter dem vertrockneten Mais und dem angrenzenden Feld mit Weihnachtsbäumen liegen ungefähr 400 Kilogramm PFT. Mehrmals im Jahr hat der Pächter, ein Großbauer, der im Sauerland Weihnachtsbäume züchtet, die Felder mit so genanntem Bodenbeschleuniger gedüngt. Ein Bestandteil des als Biodünger vermarkteten Gemischs namens “Terrafarm” ist die Industriechemikalie PFT, die vor allem in der Textil- und Papierindustrie verwendet wird, um Materialien wasserabweisend zu machen.

Terrafarm wird von der Borchener Firma GW Umwelt vertrieben. Schon der ausgewiesene Inhalt hört sich ungesund an. Es handelt sich um ein Gemisch aus Abwasserschlämmen der Nahrungsmittelindustrie und Gesteinsmehl. “Das wäre noch legal”, sagt Horst Rürup, ermittelnder Staatsanwalt aus Paderborn. “Aber hier wurde illegal PFT hineingemischt und so entsorgt.”

Mehr als 1.000 Felder in NRW wurden mit Terrafarm gedüngt, vor allem im Hochsauerlandkreis und im Nachbarkreis Soest. Auch in Hessen und Niedersachsen werden jetzt hektisch Bodenproben genommen. Nicht jedes Feld ist verseucht. “Offenbar waren nicht alle Lieferungen PFT-haltig”, sagt Rürup. Er kennt bislang zwölf Felder in NRW, auf denen PFT lagert. Möglicherweise seit vielen Jahren sickert die Chemikalie dort durch den Boden ins Grundwasser, in NRW ist sie in Möhne und Ruhr gelangt.

Überall in der Ruhr lässt sich PFT nachweisen, aus ihr wird das Trinkwasser von mehr als vier Millionen Menschen entnommen. In Arnsberg wurde bis vor kurzem an Schwangere und Kleinkinder kostenlos Mineralwasser ausgegeben, weil die PFT-Konzentration stark erhöht war. Inzwischen reinigt hier ein Aktivkohlefilter für 150.000 Euro das Trinkwasser von PFT – eine Technologie, die mehr als die Hälfte der Wasserwerke im Ruhrgebiet nicht haben.

“Wir müssen das Zeug so schnell wie möglich wieder loswerden”, sagt Reinhard Loos. “Und wenn der ganze Boden abgetragen werden muss.” Neben seinen wasserfesten Wanderschuhen fließt ein klares Rinnsal ins bewaldete Tal – und transportiert dabei Gift. Unsichtbares Gift. Schon im vergangenen Jahr hatten die Bewohner von Brilon-Scharfenberg das Gefühl, dass mit der Weihnachtsbaumplantage vor dem Dorf etwas nicht stimmt. “Das stank vielleicht hier”, sagt Loos’ Parteikollegin Christiane Kretschmar. “Schlimmer als jede Gülle.”

Am schlimmsten stank es in der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr 2004. Nachts um drei Uhr kamen die Düngewagen, erinnern sich Dorfbewohner. Reinhard Knaden ist jede Nacht davon aufgewacht. Landwirtschaftlich macht Düngen um diese Zeit im Jahr keinen Sinn. An keinem einzigen Tag im Dezember lag die Außentemperatur über minus vier Grad Celsius. “Der Boden war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hart wie Stein”, sagt Reinhard Loos. “Allen daran Beteiligten muss klar gewesen sein, dass da etwas Illegales abläuft.” Mehrere Scharfenberger meldeten sich bei der Kreisverwaltung. “Reagiert hat keiner”, sagt Loos. “Die ganzen komplizierten Düngemittel- und Abfallverordnungen zu überprüfen, war wohl zu anstrengend.”

Deshalb kam das PFT-Problem in NRW auch nur zufällig ans Licht. Forscher der Universität Bonn wollten wissen, wie stark Deutschlands Gewässer mit der Chemikalie belastet sind, die in den USA schon seit 20 Jahren von Umweltmedizinern kritisch beobachtet wird und auch in der deutschen Industrie seit Jahrzehnten verwendet wird. Jetzt erforschen Umweltmediziner in NRW nicht mehr nur Wasser, sondern auch das Blut von 340 Grundschulkindern, Müttern und Männern aus Brilon im Vergleich mit 340 Siegenern.

Gegen die Firma GW Umwelt und ihre thüringische Geschäftspartnerin Terra Vital wird ermittelt. Die ersten Schadensersatzklagen laufen. Damit das Gift jetzt schon beseitigt werden kann, hat das Land eine Million Euro zur Verfügung gestellt. Ob das Geld jemals zurückkommt, ist unsicher. Terra Vital hat in der vergangenen Woche Insolvenz angemeldet.

Aber auch die Bauern sind in den Blickpunkt der Ermittler gerückt. Bis zu 30 Euro Prämie pro Tonne Terrafarm sollen sie von GW Umwelt bekommen haben. “Allein hier sind dann um die 100.000 Euro geflossen”, sagt Reinhard Loos. “Denen muss doch klar gewesen sein, dass sie an einem Umweltskandal mitwirken.”

Die Selbstorganisation der Bauern, der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV), weist solche Vorwürfe zurück. “Es ist völlig normal, dass Bauern Bodenbeschleuniger geschenkt oder sogar prämiert bekommen”, sagt WLV-Sprecher Hans-Heinrich Berghorn. “Die Müllfirmen können kostenlos Müll entsorgen, die Bauern kriegen Mineralstoffe auf die Böden.” Dass eine Firma kriminell Industriechemikalien untermischt, könne keiner wissen. “Dass es für die Bauern Geld gibt, ist jedenfalls kein Indiz.”

Dass Schlamm aus kommunalen Kläranlagen auf Feldern entsorgt wird, ist tatsächlich legal, das wurde 1998 in der Bioabfallverordnung festgeschrieben. “Ein Skandal ist das, in jedem Haushalt werden schließlich Chemikalien verwendet”, sagt Matthias Schulte-Huermann. Eine Meinung, die viele Umweltwissenschaftler teilen. Auch Schulte-Huermann wohnt im Hochsauerlandkreis und bis zum Sommer saß er für die Grünen im Kreistag. Jetzt hat er zusammen mit Reinhard Loos die Sauerländer Bürgerliste gegründet. “Wahrscheinlich werde ich auch noch aus der Partei ausgeschlossen”, sagt er.

Matthias Schulte-Huermann hat kurz nach dem Bekanntwerden der hohen PFT-Werte in seinem Landkreis die ehemalige Landesumweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) wegen “Verschleierung von Trinkwasservergiftung” angezeigt. “Obwohl ich seitdem von den Grünen vor Ort fertig gemacht werde, hat sich das gelohnt”, sagt Schulte-Huermann. “Am Anfang haben die NRW-Grünen nur bessere Wasserwerke für das Ruhrgebiet gefordert, jetzt problematisieren sie die Bioabfallverordnung und suchen die Verursacher des Skandals.”

Bärbel Höhn und die NRW-Landtagsfraktion der Grünen, inzwischen in der Opposition, halten Schulte-Huermanns Vorwürfe für “irregeleitet”. “Wir haben die Probleme mit der Abfallverordnung immer angesprochen”, sagte Bärbel Höhn jüngst im taz-Interview. Im NRW-Landtag greifen die Grünen den neuen Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) scharf an. “Es muss noch mehr PFT-Quellen geben”, sagt Johannes Remmel, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. “Es fließt mehr Gift in den Möhnesee herein als wieder raus. Und unser Umweltminister versteift sich auf einige wenige Felder als PFT-Quellen, das ist grob fahrlässig.”

Reinhard Knaden wirft eine Handvoll Fischfutter in seinen Teich. Die Forellen schnappen hungrig nach den Klümpchen. “Abschlachten und entsorgen muss ich sie”, sagt Knaden. Wer das bezahlen soll, kann ihm niemand sagen. Die Kreisbehörden haben ihn an die Verursacherfirmen verwiesen. “Dass die zahlen, erlebe ich wohl nicht mehr.”

taz NRW Nr. 8131 vom 21.11.2006, Seite 3, 339 TAZ-Bericht MIRIAM BUNJES

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“PFT war ein Fremdwort” (aus “Soester Anzeiger” vom 18.11.2006)

By admin at 4:09 pm on Sunday, November 19, 2006
“PFT war ein Fremdwort”

Ex-Umweltministerin Höhn rechtfertigte Lockerung der Abfallverordnung Kreis Soest sei keinesfalls bestärkt worden, Bodenhilfsstoff einzusetzen

MÖHNESEE/MESCHEDE · Jegliche Verantwortung für den sich schon im Jahre 2000 abzeichnenden PFT-Skandal wies Bärbel Höhn, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, bei einem Info-Abend am Donnerstag im Kreishaus des Hochsauerlandkreises in Meschede zurück. Höhn, in den Jahren 2000 bis 2005 NRW-Umweltministerin, hob hervor, von der Veräußerung des hochgradig PFT-belasteten Bodenverbesserers der Firma GW-Umwelt an Landwirte im Kreis Soest und im Hochsauerlandkreis im Kern nichts gewusst zu haben.”Es wird ja viel darüber spekuliert, ob das Umweltministerium NRW seinerzeit dem Kreis Soest geraten haben soll, den besagten Bodenhilfsstoff einzusetzen”, erklärte Höhn. “Tatsache aber ist, dass der Kreis Soest selbst um eine Lockerung der Abfallverordnung bemüht war.” Im Kern sei es dabei um die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren zur Ausbringung von Bodenhilfsstoffen gegangen. Ein entsprechendes Schriftstück läge ihr jetzt vor – “damals aber habe ich diesen Brief nicht zu Gesicht bekommen.”

Zum Vorwurf, in ihrer Regierungszeit als NRW-Umweltministerin die Bioabfallverordung eher gelockert als verschärft zu haben, sagte Höhn: “Ziel war es, Licht ins Dunkel der vielen Richtlinien wie Bioabfallverordnung, Düngemittelverordnung oder Klärschlammverordnung zu bringen. Uns ging es darum, alles unter ein Dach zu kriegen – einerseits zur Vereinfachung, andererseits, um Möglichkeiten von Gesetzesmissbrauch einzuschränken.” Damals sei solch ein Skandal, PFT-belastete Industrie-Abfälle einem Bodenverbesserer beizumengen, noch undenkbar gewesen. Höhn: “PFT war seinerzeit für alle noch ein Fremdwort.”

Im Folgenden machte sich Höhn für die Aufrüstung von Trinkwassergewinnungsanlagen mit modernen Filteranlagen im Ruhrgebiet stark. Zum Thema Sanierung von belasteten Flächen im Hochsauerlandkreis äußerte sich Höhn kritisch. “Die Sanierung des Ackers in Scharfenberg kann nicht alles sein”, so Höhn. Längst sei doch bekannt, dass auch der Kreis Soest über die Maßen betroffen sei. “Hier geht es um immerhin fast 700 Flächen, auf die der belastete Bodenhilfsstoff ausgebracht worden ist. Diese Zahl hat Umweltminister Uhlenberg doch selbst ins Spiel gebracht.”

In diesem Zusammenhang kritisierte Höhn erneut die Informationspolitik des Umweltministeriums. Es könne nicht angehen, dass die Bevölkerung immer noch nicht um die belasteten Flächen im Kreis Soest wisse. Das sei aber Voraussetzung, um ein umfassendes Sanierungskonzept zu erstellen. Höhn: “Wenn mir schon Versäumnisse in meiner Amtszeit als Umweltministerin vorgeworfen werden, und das, obwohl mir damals nichts bekannt war, dann muss man sich doch fragen, warum Uhlenberg, der ja jetzt offenbar alles weiß, nicht adäquat reagiert.” Es läge doch auf der Hand, dass das, was bislang der Öffentlichkeit bekannt sei, nur die Spitze des Eisberges sei. · bn

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SBL fordert den Landrat auf, zunächst die Wirksamkeit der PFT-Sanierung durch Drainage nachzuweisen

By admin at 3:29 pm on Friday, November 17, 2006

Auf den mit PFT verseuchten Maisfeldern bei Brilon-Scharfenberg werden derzeit drei Bohrungen vorgenommen, um die Beschaffenheit des Untergrundes zu erkunden. Die Kreistagsfraktion der Sauerländer Bürgerliste (SBL) begrüßt es, daß nun endlich – etwa ein halbes Jahr nach Bekanntwerden des Problems – konkrete Maßnahmen zur Vorbereitung der Sanierung dieser Flächen begonnen haben.

Vor Ort wurde von einem Mitarbeiter der Kreisverwaltung heute der Eindruck erweckt, daß in etwa zwei Wochen mit dem Bau der Drainageleitungen begonnen wird.

Die SBL weist darauf hin, daß zunächst die Wirksamkeit der Sanierung durch Drainage nachgewiesen werden muß. Die ist nur dann gegeben, wenn mehr als 80% des aus der Fläche abfließenden Wassers von der Drainage erfaßt werden. Dies setzt voraus, daß die Boden- und Gesteinsschichten unter den Maisfeldern nur eine sehr geringe Wasserdurchlässigkeit aufweisen. Daran hatten sowohl Experten des BUND als auch des Grafschafter Fraunhofer Instituts Zweifel geäußert.

Der Hauptausschuß der Stadt Brilon hat am 26.10. auf Antrag der Briloner Bürgerliste (BBL) durch einstimmigen Beschluß den Hochsauerlandkreis aufgefordert, zunächst ein hydrogeologisches Gutachten erstellen zu lassen. Darin würden die Beschaffenheit des Untergrundes und die unterirdischen Wasserströmungen untersucht.

Auf Nachfrage der SBL in der Kreistagssitzung am 27.10. hatte die Kreisverwaltung zugesichert, daß die Drainage nur dann gebaut würde, wenn die Effektivität dieser Maßnahme nachgewiesen sei; sonst würde ein anderes Sanierungsverfahren gewählt.

Die SBL erinnert den Landrat nun an diese Zusage und fordert ihn auf, vor Beginn der Bauarbeiten für die Drainage das Ergebnis der hydrogeologischen Untersuchungen vorzulegen. Falls sich daraus eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Wirksamkeit der Drainage ergibt, wäre ein baldiger Beginn der Bauarbeiten sehr sinnvoll. Andernfalls aber wäre der ca. 1 Mio Euro teure Bau der Drainage und der dazu gehörigen Anlagen blinder Aktionismus.


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Tochterfirma der GW Umwelt stellt Insolvenzantrag (aus “Neue Westfälische” vom 11.11.2006)

By admin at 2:12 pm on Saturday, November 11, 2006
Paderborn/Mühlhausen (lnw). Eine für die Verschmutzung von Äckern und Gewässern mit der Industriechemikalie PFT mitverantwortliche Firma hat angesichts drohender Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe beim Amtsgericht in Mühlhausen (Thüringen) Insolvenzantrag gestellt.Der zuständige Insolvenzrichter Dietrich Ullmann bestätigte gestern, dass ein entsprechend begründeter Antrag der Firma “Terra Vital” aus Bleicherode eingegangen sei. Das Unternehmen war mit einer Ordnungsverfügung des Hochsauerlandkreises zur Sanierung eines besonders hoch mit der als Krebs erregend geltenden Chemikalie bei Brilon aufgefordert worden.

Die zum Firmengeflecht des Düngemittelherstellers GW Umwelt aus Borchen bei Paderborn gehörende Vertriebsfirma war erfolglos gerichtlich gegen die Ordnungsverfügung vorgegangen. Nach Auskunft des Landesumweltministeriums in Düsseldorf soll möglichst schnell mit dem Bau einer Drainage rund um das Feld begonnen werden, um zu verhindern, dass weiterhin große Mengen an PFT ausgespült werden.Um zu gewährleisten, dass die Sanierung unabhängig von gerichtlichen Auseinandersetzungen oder einer möglichen Zahlungsunfähigkeit der Firma durchgeführt werden kann, hatte Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) eine Million Euro Landesmittel zugesagt.Von dem Feld geht nach Experten-Einschätzung ein Großteil der PFT-Belastung von Möhne und Ruhr aus. Diese hatte zu Millionen-teuren Nachrüstungen in Wasserwerken geführt. In Arnsberg waren Säuglinge und Schwangere bis zum Einbau einer Aktivkohle- Filteranlage mit abgepacktem Trinkwasser versorgt worden.Noch ist nicht geklärt, ob neben dem Feld bei Brilon weitere Flächen ähnlich hoch belastet sind. Das als “Terra-Farm” angebotene Düngemittel soll auf bis zu 1.000 Feldern in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen ausgebracht worden sein.Seit einiger Zeit ermittelt die Staatsanwaltschaft in Paderborn wegen “Gewässerverunreinigung” gegen einen 37-Jährigen, der rund um GW Umwelt ein Geflecht von 16 Unternehmen aufgebaut haben soll. Beim Amtsgericht in Mühlhausen liegt bislang nur der Insolvenzantrag vor. Bei einer Durchsuchung hatte die Staatsanwaltschaft vor einigen Wochen in Bleicherode aber einen Teil der Unterlagen sichergestellt.
Filed under: Hintergrund zu PFTComments Off on Tochterfirma der GW Umwelt stellt Insolvenzantrag (aus “Neue Westfälische” vom 11.11.2006)

CDU kuscht vor Chemielobby…

By Matthias at 9:13 am on Friday, November 10, 2006

  

 …Forderung des Umweltministers und des CDU EU Abgeordneten Liese nach PFT verbot nur blinder Aktionismus?

In der Lobby stimmt die Chemie

Der Einsatz der NRW-Chemieunternehmen hat sich gelohnt: Die Landesregierung macht Druck für eine entschärfte EU-Chemikalienrichtlinie. Abgeordnete sprechen von “Lobbyschlacht”

VON MORITZ SCHRÖDER

Auch in Zukunft wird der Chemiepark Marl Weichmacher produzieren, die in Beißringen für Babys enthalten sind und den Hormonhaushalt beeinflussen können. Die Düsseldorfer Degussa AG wird ebenfalls weiter Chemikalien für giftige Flammschutzmittel herstellen. Solche gefährlichen Stoffe wollte die Europäische Kommission mit einer europaweiten Chemikalienrichtlinie in Zukunft eigentlich verbieten (taz berichtete). Doch wenn das EU-Parlament Mitte November über die Richtlinie, genannt “REACH”, abstimmt, könnte ein entschärfter Entwurf des Ministerrats durchgesetzt werden, nach dem gefährliche Stoffe teilweise weiterhin erlaubt wären.

Dafür hat sich besonders die nordrhein-westfälische Landesregierung eingesetzt. Sie fürchtet um heimische Arbeitsplätze, falls das neue Chemikalienrecht zu hohe Auflagen enthält. “Natürlich waren bei unserem Engagement auch Standortinteressen im Spiel”, begründet Landeseuropaminister Michael Breuer (CDU).

Schauplatz Brüssel, Landesvertretung von Nordrhein-Westfalen: Dort hatte der Verband der chemischen Industrie aus NRW Mitte Oktober ein Seminar zum Thema REACH veranstaltet. Das Grußwort sprach NRW-Europaminister Breuer. Eingeladen waren unter anderem der Vorsitzende des EU-Umweltausschusses, der CDU-Europaabgeordnete Markus Pieper aus dem Münsterland und Vertreter der NRW-Chemieunternehmen Bayer und Degussa. Wer fehlte: Umweltverbände und unabhängige ChemieexpertInnen. “Es ist schon seltsam, wenn zu solchen Treffen nur die Vertreter der Industrie eingeladen werden. Die Politiker richten sich offensichtlich nach den Interessen der Wirtschaft”, beklagt Hiltrud Breyer, grüne Europaabgeordnete im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments.

Der Vorwurf ist nicht neu. Laut Greenpeace haben die LandespolitikerInnen in den vergangenen Jahren – um REACH wird schon seit 2003 diskutiert – in einer großen “Lobbyschlacht” in Brüssel Einfluss auf die Entscheidungsträger im Parlament ausgeübt. Ein Arbeitskreis aus Politik und Wirtschaft aus Nordhrein-Westfalen stellte einmal monatlich seine Ideen für REACH im Umweltausschuss vor, weiß Karl-Heinz Florenz (CDU), Vorsitzender des EU-Umweltausschusses. Das Engagement hat sich gelohnt: Aus den Stellungnahmen von NRW wurde im Entwurf etwa berücksichtigt, dass auch mehrere Unternehmen gemeinsam einen Stoff beantragen dürfen, um Kosten zu sparen.

Für Landesminister Breuer ist es selbstverständlich, dass auch die NRW-Regierung ihren Einfluss geltend macht: “Unser Engagement in Brüssel war dringend notwendig. Schließlich haben wir in NRW rund 130.000 Arbeitsplätze in der chemischen Industrie”, so Breuer. Die überwiegend mittelständischen Unternehmen der Branche könnten die höheren bürokratischen Kosten des Vorschlags des EU-Umweltausschusses nicht schultern, so die Argumentation. Dieser verschärfte Entwurf verlangt, dass gefährliche Chemikalien nicht genehmigt werden dürfen, falls es harmloseren Ersatz dafür gibt. Ansonsten müssten die Unternehmen zumindest sicherstellen, dass sie die Gefahren jedes einzelnen Stoffes kontrollieren können.

Störfeuer in dieser “Lobbyschlacht” geben außer den Grünen auch Umweltschutzverbände: “Alle gefährlichen Stoffe müssen ersetzt werden. Die können auch in kleinen Mengen gefährlich für den Menschen werden”, sagt etwa Corinna Hölzl von Greenpeace. Weil solche Positionen kaum vereinbar mit denen der chemischen Industrie sind, ist das Europäische Parlament gespalten. Die endgültige Entscheidung wird sich daher womöglich weiter verzögern. Wenn das Parlament den schärferen Entwurf des Umweltausschusses annimmt, wird ein Vermittlungsausschuss eingeschaltet. Die Unternehmen dürfte es freuen.

taz NRW Nr. 8122 vom 10.11.2006, Seite 2, 133 TAZ-Bericht MORITZ SCHRÖDER

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PFT ist überall!

By Matthias at 6:56 am on Friday, November 10, 2006

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Fluss voller Chemie

Die Alz ist nach Untersuchungen von Greenpeace 10.000-mal stärker mit PFT belastet als der Rhein

BURGKIRCHEN dpa Nach der Verschmutzung von Äckern, Gewässern und Trinkwasser mit der Industriechemikalie PFT in Nordrhein-Westfalen ist gestern ein ähnlicher Fall in Bayern bekannt geworden. Dort ist nach Recherchen der Umweltschutzorganisation Greenpeace der Inn-Zufluss Alz im Landkreis Altötting hochgradig mit Perfluorierten Tensiden (PFT) belastet. Während die genaue Herkunft des vor allem im Sauerland und im Kreis Soest mit einem Düngemittel aufgebrachten Schadstoffes noch nicht geklärt ist, soll das PFT in Bayern aus einem Industriepark in der Gemeinde Burgkirchen a. d. Alz in den Fluss eingeleitet worden sein, teilte Greenpeace gestern mit.

In einer Protestaktion pumpten rund 50 Aktivisten der Organisation das Chemieabwasser auf das Gelände der Firma Dyneon, eine Tochter des US-Chemiekonzerns 3M, zurück. Auch das Trinkwasser im Ortsteil Gendorf weist nach Greenpeace-Angaben Rückstände von PFT auf. Die Behörden müssten die Chemikalien-Einleitung sofort stoppen, forderte Greenpeace.

Ein Sprecher von Dyneon räumte ein, dass sein Unternehmen PFT verwende. Es gebe aber derzeit keine Grenzwerte zur Einleitung von Rückständen der Chemikalie in Gewässer. Das Landratsamt Altötting als untere Naturschutzbehörde kündigte eine Stellungnahme an. Die Alz gilt in der Region als beliebtes Ausflugsziel für Kajaksportler und Angler und fließt kurz hinter Gendorf laut Greenpeace durch ein Naturschutzgebiet.

Nach den Worten von Greenpeace-Sprecherin Corinna Hölzel reichert sich die langlebige Chemikalie PFT über Trinkwasser und Fische auch im menschlichen Blut und in der Muttermilch an. Ein unabhängiges Labor habe in den bei Gendorf genommenen Wasserproben zwischen 72 und 93 Mikrogramm pro Liter der Chemikalie PFOA (Perfluoroktansäure) aus der Gruppe der PFT. Der Rhein weise im Vergleich dazu 10.000-mal niedrigere PFOA-Werte auf. Nur im Sauerland in Nordrhein-Westfalen seien in diesem August ähnlich hohe PFOA-Werte wie in der Alz gemessen worden.

Perfluorierte Chemikalien kommen in der Natur nicht vor. Sie werden wegen ihrer Wasser und Fett abweisenden sowie hitzebeständigen Eigenschaften in der Textilindustrie und bei der Herstellung von Teflon-Pfannen eingesetzt. PFT gilt unter Experten als nicht direkt Krebs erregend, begünstigt aber möglicherweise durch indirekte Mechanismen die Krankheitsbildung. Laborversuche mit Ratten bei der zur PFT-Gruppe zählenden Perfluoroktansäure (PFOA) ergaben nach Erkenntnissen des Toxikologen Klaus-Michael Wollin von der Niedersächsischen Landesgesundheitsbehörde eine erhöhte Leberkrebsrate bei den Tieren.

taz Nr. 8122 vom 10.11.2006, Seite 8, 91 Agentur

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Sanierungspläne unzureichend

By Matthias at 4:59 pm on Wednesday, November 8, 2006

Bestätigt werden die Bedenken der Sauerländer Bürgerliste, dass die Sanierungspläne von Kreisverwaltung und  Umweltministerium unzureichend sind.

Die entsprechende Meldung aus dem WDR:

PFT-Sanierungspläne unzureichend
Das Frauenhofer-Institut hält die Sanierungspläne des Hochsauerlandkreises für das mit PFT verseuchte Feld in Brilon-Scharfenberg für nicht ausreichend. Ein Umweltchemiker des Schmallenberger Instituts sagte, über die vorgesehene Drainage könne zwar das Ablaufwasser in die Möhne gereinigt werden. Der Großteil des Regenwassers würde aber mit dem Schadstoff durch die Schieferschichten in das Grundwasser sickern. Nach Einschätzung des Frauenhofer-Instituts muss der mit PFT belastete Boden komplett abgetragen werden.

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Gruene Kreistagsfraktion als Marionetten der ehemaligen Ministerialbürokratie

By Matthias at 11:42 pm on Monday, November 6, 2006

Die Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen lädt ein, und der von 1995 bis 2006 im Umweltministerium für Abfall-, Abwasser und Trinkwasser zuständige Abteilungsleiter Harald Friedrich redet. Immer wieder ist das gleiche Bild von Steuerung dieser Kreistagsfraktion durch die ehemalige Ministerialebene zu beobachten. Für uns war dies nach heftiger Auseinandersetzung Grund genug, diese Fraktion zu verlassen und die eigene Fraktion Sauerländer Bürgerliste zu gründen(www.sbl-fraktion.de). Erneut versucht Harald Friedrich über die Grüne Kreistagsfraktion ein Zerrbild zu zeichnen: Er versucht weiterhin abzulenken von den Ursachen und den Verursachern der PFT-Vergiftung. Seit langem fragen wir uns, warum er dieses macht, und seit langem fragen wir uns, warum andere dabei mitmachen. Es geht bei der 10 ha großen Giftmülldeponie Scharfenberg doch nicht um die Frage, wann sie zu sanieren ist. Denn Einigkeit besteht bei fast allen (bis auf H. Friedrich und einigen der von ihm Beratenen) darin, dass wegen der außergewöhnlich hohen Giftbelastung eine umgehende Sanierung dieser Fläche notwendig ist. Offen ist nur noch, wie sich die Giftstoffe am effektivsten beseitigen lassen. Konkret geht es darum, ob die vom Landesumweltminister voreilig ausgewählte Sanierung durch eine Drainage oder (die teurere Variante) der Sanierung durch Bodenabtrag am sinnvollsten ist. Dafür sind vorherige hydrogeologische Untersuchungen unverzichtbar. Diese Voruntersuchungen wurden auch vom Hauptausschuß der Stadt Brilon auf Antrag der Briloner Bürgerliste einstimmig gefordert und auf Anfrage unserer Fraktion im Kreistag von der Kreisverwaltung zugesagt.Darüber hinaus geht es um die Frage, wie die anderen mit PFT belasteten Flächen von den Giftstoffen befreit werden können. Und es geht vor allem auch darum, wie zukünftig die offensichtlich vollkommen unzureichende Bioabfallverordnung verändert wird, damit solche Giftstoffe nicht mehr in Böden und Gewässer gelangen können.

Die restGrüne Kreistagsfraktion und ihr Berater H. Friedrich suchen die Hauptquellen am Grund des Möhnesees oder ganz woanders. Am Grund des Möhnesees mag das PFT mittlerweile liegen (Anreicherung im Sediment), denn offensichtlich sind die Giftstoffe aus den Äckern über Jahre in die Möhnetalsperre ausgewaschen worden. Dadurch könnte durchaus auch erklärlich sein, warum mehr Giftstoffe aus der Talsperre austreten als eintreten. Es dürften sich somit im Sediment des Sees erhebliche Anreicherungen finden, die jetzt ausgewaschen werden.

Der Hauptgrund für das errechnete vermehrte Austreten liegt aber darin, daß das Verhältnis zwischen abfließenden und zufließenden Wassermengen bei den von H. Friedrich verwendeten Meßwerten ganz anders war als sonst. Im Jahresdurchschnitt fließt an der Sperrmauer die 1,5 fache Menge des Wassers ab wie sie aus dem Möhnefluß in den Möhnesee zufließt; der restliche Zufluß stammt vor allem aus der Heve und aus Sammlung von Regenwasser. Bei den von H. Friedrich veröffentlichten Meßwerten betrug dieses Verhältnis aber 2,7 : 1, also fast das Doppelte. Gleichzeitig wurde der Bermecke-Bach „vergessen”, obwohl allgemein bekannt ist, dass das belastete Maisfeld bei Scharfenberg auf einer Kuppe liegt und sowohl in die Steinbecke als auch in die Bermecke entwässert, also zwei Bäche belastet. Da ist es dann kein Wunder, daß die Berechnungen des „Wasserexperten” zu falschen Ergebnissen führen.

Berechtigt ist allerdings die Forderung von H. Friedrich, nach der Rolle des Ruhrverbandes zu fragen. Warum hat der Ruhrverband, der für die Überwachung der Talsperren zuständig ist und modernste Laboratorien besitzt, nicht früher etwas von den Gifbelastungen bemerkt? Berechtigt ist aber auch die Frage nach der Verantwortung des H. Friedrich: Warum hat er als anerkannter Fachmann und verantwortlicher Abteilungsleiter im Umweltministerium nicht eher etwas gegen die Giftbelastungen in unseren Böden und der Möhnetalsperre unternommen? Bekannt ist die hohe PFT-Belastung der Ruhr in Fachkreisen bereits seit April 2004.

 

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