Notfalldienstreform – Kritik aus Meschede
Am 01.02.2011 trat die neue Regelung für den hausärztlichen Notdienst in Kraft. Bereits vor Monaten warnten Ärzte und auch das Kreistagsmitglied Reinhard Loos von der Sauerländer Bürgerliste (SBL) davor, dass die „Reform“ nachteilig für Patienten und Ärzte ist. Der Auftakt Anfang Februar verlief leider auch so wie manche „notorischen Pessimisten“ es erwartet hatten: Das Notruf-System kollabierte. Kritische Stimmen mehren sich jetzt. Hier ein Leserbrief bzw. ein Erfahrungsbericht einer Meschederin, der am Freitag dem 11.02.2011 in der WP veröffentlicht worden ist:
„Betr. Erste Erfahrungen in Meschede mit der neuen Notfalldienstreform (Ausgabe vom 08. Februar)
Notarzt kam erst nach sieben Stunden
Am 1. Februar ist die neue Notfalldienstreform in Kraft getreten. Meschede hat – darüber wurde bereits mehrfach berichtet – keine eigene Notfallpraxis. Zahlreiche Mescheder Ärzte fordern mit Nachdruck, dass Meschede doch noch in das Standortkonzept einbezogen wird. Aus Sicht betroffener Patienten ist diese Forderung zwingend zu unterstützen.
Am vergangenen Sonntag hat ein Seniorenpflegeheim in Meschede in meinem Beisein mehrfach und über Stunden versucht, einen Notarzt über die neue Notrufnummer für eine erkrankte Patientin anzufordern.
Hotline-Charakter wie z.B. im Versandhandel, Warteschleifen und lange Wartezeiten, Abfrage administrativer Daten und nicht eingehaltenen zeitliche Zusagen haben dazu geführt, dass der Notarzt erst nach fast sieben Stunden endlich bei der Patientin eintraf. Auch der telefonische Hinweis, im Akutfall könne man die Patientin ja ins Krankenhaus bringen, rechtfertigt eine solche Reaktionszeit nicht, zumal die Patientin zwar akut erkrankt war und ein bestimmtes Medikament benötigte, aber kein „Fall“ zur Aufnahme in ein Krankenhaus war.
Was ist nun der Vorteil dieser Reform? Effizienz und Kostensenkung? Spart man, wenn man Akutfälle, die noch nicht in ein Krankenhaus gehören, in ein Krankenhaus bringen muss, damit überhaupt die Chance auf zeitnahe und wichtige Behandlung besteht? Um bessere Reaktionszeiten kann es ja anscheinend nicht gehen. Die waren in Meschede nämlich in der Vergangenheit durchaus zufriedenstellend.
Sollten sich derartige Fälle häufen und sollte dies kein systembedingtes Anfangsproblem gewesen sein, ist dies ein Zustand, der aus meiner Sicht in keiner Weise tolerabel ist. Patienten müssen dann ihre Rechte wahrnehmen und sich Gehör verschaffen.“
Einen Tag später, am 12.02., erschien in der WP ein weiterer Leserbrief zu diesem Thema und zwar diesmal aus Sicht eines Arztes (aus Meschede):
„Vor allem der Patient ist gekniffen
Betr.: Notfalldienstreform
War dieses Debakel nötig? Ohne wirkliche Not wurde auch in Meschede der bisherige, gut funktionierende Wochenend-Dienst abgeschafft und die neue Regelung durchgeboxt.
Während früher der Praxis-Anrufbeantworter nicht mal die Privat-Telefonnummern ansagen durfte, um Kinder mit zwei Groschen an einem öffentlichen Fernsprecher nicht zu einem zweiten Anruf zu zwingen, gibt es jetzt eine 0180er-Nummer, um die teure Zentrale in Duisburg zu finanzieren.
Früher machte das die Arztfrau für Gotteslohn zum Ortstarif. Für die Autofahrt bekam der Doktor pro Kilometer Luftlinie ein paar Pfennige und kann sich nun für 1500 Euro pro Jahr von den Johannitern chauffieren lassen. Die muss er erst mal verdienen! Auch wer aus Altersgründen längst keinen Notdienst mehr leisten muss, aber aus Liebe zum Beruf noch etwas tun will, blecht gleichfalls für den Luxusdienst.
Die KV-Bosse (Kassenärztliche Vereinigung) halten einen Stützpunkt in der Kreisstadt, an der Kreuzung zweier Bundessstraßen, für überflüssig. Nur die Mescheder sind schlauer und gehen zu St. Walburga. Wen wundert`s?! (…)
15 000 westfälische Niedergelassene, die demnächst in den Ruhestand gehen und schon lange die überbordende Bürokratie satt haben, werden nun „freiwillige Jahre“ dran setzen, um den drohenden Notstand zu lindern. Oder?
Vielleicht motiviert sie ja der SPD-Vorschlag, für eventuelle Benachteiligung von Kassenpatienten 25 000 Euro Strafe zu zahlen. Aber egal was kommt, eines ist immer sicher: in den A… gekniffen ist am Ende vor allem der Patient. Glück auf!“