Anders als vom Landesjugendamt gemeint – Antrag der Sauerländer Bürgerliste zur Alterszusammen-setzung in den Kita-Gruppen „traf ins Schwarze“
Am 18.06.2014 tagte der Kreisjugendhilfeausschuss (KJHA) noch einmal und – nun vermutlich wirklich zum letzten Mal – in der alten Konstellation.
Anlass für diese Sitzung war die Ankündigung der Landesregierung, einen kleinen Geldsegen über einige Kitas auszuschütten; denn 5 ausgewählte Kitas im Jugendamtsbereich des HSK sollen ab dem 01.08.2014 für 5 Jahre eine zusätzliche Landesförderung von jeweils 25.000 Euro erhalten. Dafür müssen sie die Kriterien als „plusKITA“ erfüllen. Vorgesehen sind die Fördermittel für „Einrichtungen mit einem hohen Anteil von Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf des Bildungsprozesses“, sprich, für Kitas mit einer großen Zahl Kinder aus sogenannten bildungsfernen Familien. Neben der Förderung nach den Vorgaben der „plusKITA“ erhält das Jugendamt des HSK vom Land ab dem 01.08.2014 zusätzlich noch 90.000 Euro, eine Summe, die auf bis zu 18 „Sprachförderkitas“ aufgeteilt werden soll.
Abweichend vom Verwaltungsvorschlag einigten sich die Mitglieder des Kreisjugendhilfeausschusses darauf, die Bewilligung der Mittel nicht an die Mindestbelegung „mehr als 40 Kinder“ zu knüpfen. Der Vorschlag aus dem KJHA, die zu fördernden Kitas (sowohl „plusKita“ wie „Sprachförderkita“ sollen mindestens 2-gruppig sein, wobei alles was über 1,5 Gruppen hat, aufgerundet wird) fand die Zustimmung des Gremiums. Eine Doppelförderung wurde ausgeschlossen.
Reinhard Loos, Fraktionsvorsitzender der Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW), hatte zur KJHA-Sitzung einen Antrag zur Tagesordnung eingebracht und so einen „Sachstandsbericht zur neuen Genehmigungspraxis des Landesjugendamtes des LWL über die Alterszusammensetzung der Gruppen in den Kitas“ beantragt.
Der Antrag kam nicht von ungefähr. Aus mehreren Kitas im Kreisgebiet wurde berichtet, dass seitens des Landesjugendamtes beim Landschaftsverband (LWL) eine neue Genehmigungspraxis eingeführt worden ist, von der Erzieherinnen und Eltern Nachteile für die pädagogischen Konzepte der Kitas befürchten. Demnach sollen nur noch die im Kibiz genannten Gruppenformen gebildet werden dürfen, was seitens des LWL auch kontrolliert werde. Andere Alterszusammenstellungen, z.B. Gruppen für “Schulkinder”, seien nicht mehr zulässig.
Aufgrund des SBL-Antrags hatte die Verwaltung den Referatsleiter des Landesjugendamtes Klaus-Heinrich Dreyer zur Sitzung eingeladen. Dass das Thema wirklich brennt, davon zeugte die Anwesenheit etlicher Kita-Mitarbeiterinnen im Sitzungssaal des Kreishauses.
Klaus-Heinrich Dreyer gab zunächst eine Rückblick auf KiBiz und die Debatten rund um das Gesetz. Dann ging er auf die aktuellen Änderungen ein. Er gab zu bedenken, dass die Gruppenformen ein kompliziertes Thema seien und betonte, Gruppenmischungen seien – anders als im Schreiben der Sauerländer Bürgerliste dargestellt – möglich. Gruppenmischungen seien rechtlich vorgesehen, aber abhängig vom Alter der Kinder. Die Räumlichkeiten könnten auch eine Grenze für die Gruppenmischung zur Folge haben. Klaus-Heinrich Dreyer erklärte, der LWL hätte unverbindliche Ratschläge gegeben und empfehle eine breite Altersmischung. Wenn der Träger sich anders entscheide als der LWL empfiehlt, werde das auch akzeptiert. In gewissen Fällen würden allerdings Betriebserlaubnisse nicht erteilt.
Ein Mitglied des Kreisjugendhilfeausschusses fragte daraufhin den Referatsleiter vom LWL, ob die Existenz von starren Gruppen in Frage gestellt wird. Daraufhin antwortete Klaus-Heinrich Dreyer, er könne nicht ausschließen, dass die Empfehlungen nicht als Empfehlungen ankommen. Die Frage „Gibt es Nachteile finanzieller Art, wenn der Rat des LWL nicht befolgt wird”, beantwortete Klaus-Heinrich Dreyer mit „Nein“. Die Einteilung in Gruppenformen sei Sache des Trägers.
Ein weiteres Ausschussmitglied kritisierte zum einen die Zuordnung in Gruppenformen nach rein fiskalischen Aspekten und zum anderen, dass die Hinweise des LWL deutlich anders angekommen seien und gab zu bedenken, Kita-Mitarbeiterinnen und Eltern hätten mehr Faktoren im Blick. Die Entscheidungen des LWL kämen vom „Grünen Tisch“. Es müsse eine deutliche Verständigung geben, darüber, was Hinweise vom LWL und was Beanstandungen sind. „Wie kann man Beanstandungen und Hinweise unterscheiden?“ Diese Frage richtete das Mitglied des Kreisjugendhilfeausschusses an den Vertreter des LWL.
Klaus-Heinrich Dreyer äußerte daraufhin u.a., Aufgabe des Jugendamtes sei es, Wirtschaftlichkeit zugrunde zu legen. Auf der anderen Seite stehe das Interesse des Kindeswohls. Der Referatsleiter sprach von einem Aushandlungsprozess zwischen Träger und Jugendamt und erklärte, die Praxis der Jugendämter sei sehr unterschiedlich. Er forderte die Kitas auf, nachzufragen. Hier an Ort und Stelle im Ausschuss wolle er nicht sagen, was geht und was nicht geht.
Der Ausschussvorsitzende bat die Zuhörerinnen, vermutlich allesamt Kita-Mitarbeiterinnen, sich in die Diskussion einzumischen. So kam gleich ein Aspekt ins Gespräch, von dem vorher keine Rede war, nämlich die Situation der Mütter. Die praktischen Schwierigkeiten der Mütter würden gar nicht berücksichtigt wie z.B., ob sie lange Fahrwege zu Kitas und Schulen haben, zuzüglich einer langen Anfahrt zur Arbeitsstelle. Sie (die Zuhörerin und Kita-Mitarbeiterin) frage sich, ob es sich nur um Wirtschaftlichkeit drehe. Außerdem kritisierte sie, dass sie keine klaren Aussagen bekommt. Im speziellen Fall ihrer eingruppigen Kita hätte wegen angeblich fehlender Räumlichkeiten keine zweite Gruppe eingerichtet werden dürfen, und dass, obwohl sie 200 qm Platz zur Verfügung hätten. Die Kolleginnen seien sehr sauer auf den LWL.
Klaus-Heinrich Dreyer erklärte (wie zuvor schon), er tue sich schwer, zu Einzelfällen Stellung zu nehmen.
Ein Ausschussmitglied forderte auf, hier keine Diskussionen über strittige Einzelfälle zu führen. „Wir sind nicht die Ebene, die das verändern kann!“
„Wir sind nicht die Ebene, die …“ Darüber ließe sich sicher trefflich streiten!?!
Nach einer Stunde endete die ultimativ letzte Sitzung des Kreisjugendhilfeausschusses in der alten Besetzung. Wie die neue Konstellation für die nächsten 6 Jahre sein wird, wissen wir noch nicht. Wir wünschen und erwarten aber, dass neben den Sachkundigen Bürgern der katholischen und evangelischen Kirche auch ein Vertreter der islamischen Gemeinden im HSK Mitglied dieses Gremiums sein wird. Genau das hat die Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) kürzlich beantragt. Wir hoffen, wir treffen mit dem Antrag wieder „ins Schwarze“!?
PS: Bei der nächsten Sitzung des Kreisjugendhilfeausschusses soll der Antrag der SBL/FW zum Beschluss über die Einführung einer Kita-Card wieder auf der Tagesordnung stehen.