Änderungs-Antrag der SBL/FW zur 45-Stunden-Betreuung – Kreistagsfraktion hält „Deckelungsversuch“ und „Datensammelaktion“ für unsinnig und unzulässig
Auf der Tagesordnung der Sitzung des Kreisjugendhilfeausschusses am 8. Dezember steht mit der Verwaltungsvorlage 9/69 eine brisante Entscheidung an. Es geht um den Versuch, die 45-Stunden-Betreuung in den Kitas zu einzuschränken.
Mit dem Beschlussvorschlag b) der Vorlage 9/69 vom 29.09.2014 sollen die 45-Stunden-Buchungen erheblich erschwert werden. Eltern, die erstmals eine 45-Stunden-Betreuung benötigen oder wünschen, sollen demnach nur nach besonderer Begründung eine Ganztagsbetreuung für ihr Kind erhalten. Zur Überprüfung des Betreuungsanspruchs müssen sie dann – auf dem Weg über die Kita-Leitungen – dem Jugendamt Belege einreichen. Für diesen Zweck wurde das Formblatt „Antrag auf einen 45-Stunden–Betreuungsplatz“ entworfen. Im Fall ihrer Erwerbstätigkeit werden vom Vater und/oder der Mutter die Vorlage des Arbeitsvertrags (bzw. der Arbeitsverträge) ausdrücklich erwartet. Angaben über die Arbeits- bzw. die Ausbildungszeit und die Fahrzeit, ob die Eltern getrennt leben / alleinerziehend sind und über schulische Maßnahmen sollen erfragt werden. Sogar die Telefonnummer der Familie muss „unbedingt“ angegeben werden.
Nach Auffassung der Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) wäre ein derartiges Vorgehen des Kreisjugendamtes sehr fragwürdig und liefe auf eine unzulässige Datensammlung hinaus.
Vor allem aber ist es wichtig und unbedingt erforderlich, dass für alle Kinder im Hochsauerlandkreis ein ausreichendes Angebot an 45-Stunden-Betreuungsplätzen gewährleistet ist. Finanzielle Aspekte dürfen hierbei nur zweitrangig sein. Ein Bedarf für diese Betreuungsplätze kann sowohl wegen Erwerbstätigkeit oder wegen Bewerbung um eine Erwerbstätigkeit oder wegen Ausbildung als auch aus pädagogischen Gründen vorhanden sein. Häufig lässt sich zudem 8 Monate vor Beginn des Kindergartenjahres nicht genau absehen, wie die Situation der Eltern dann sein wird.
Nach dem im NRW-Kinderbildungsgesetz (“Kibiz”) für den Anteil der 45-Stunden-Plätze vorgesehenen “Steigerungspfad” kann der HSK im nächsten Kindergarten-Jahr 50 Prozent der Plätze mit 45-Stunden-Buchungen vergeben und nicht – wie von der Verwaltung offenbar beabsichtigt – nur 36 Prozent. Der “Steigerungspfad” von 4 Prozentpunkten pro Jahr wurde im HSK bisher eingehalten.
Völlig übersehen wird im Vorschlag der Kreisverwaltung auch, dass die am 04.06.2014 vom Landtag beschlossene Neufassung des “Kibiz” den Eltern seit 01.08.2014 sehr viel Wahlfreiheit beim zeitlichen Umfang der Kinderbetreuung einräumt. Im neu eingefügten § 3a des “Kibiz” heißt es:
“§ 3a KiBiz – Wunsch- und Wahlrecht
(1) Eltern haben das Recht, für die Betreuung ihrer Kinder zwischen den im Rahmen der örtlichen Jugendhilfeplanungen zur Verfügung stehenden Tagesbetreuungsangeboten zu wählen.
…
(3) Der zeitliche Umfang des Betreuungsanspruchs richtet sich nach dem individuellen Be-darf. Die Eltern haben das Recht, die Betreuungszeit für ihre Kinder entsprechend ihrem Be-darf und im Rahmen dieses Gesetzes zu wählen. Die Träger der Tageseinrichtungen und die Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendämter) sollen das Angebot an den Be-darfen der Familien ausrichten und den Wünschen für den Betreuungsumfang in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege entsprechen.”
In der Gesetzesbegründung (Landtags-Drucksache 16/5293) heißt es dazu:
“Die Bestimmung im Absatz 3 des § 3a konkretisiert das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern im Hinblick auf den zeitlichen Betreuungsumfang. Sie steht in engem Kontext mit den neuen Regelungen des § 13e zu Öffnungs- und Schließzeiten. Mit dem neuen Absatz 3 werden die Bedarfsgerechtigkeit und die Orientierung an den Betreuungszeitwünschen der Eltern verbessert. Wenn die tatsächlich Nachfrage nach Betreuungsplätzen höher liegt als bei sorgfältiger, bestmöglicher Jugendhilfeplanung vorhersehbar, schränkt dies die Pflichten zur Erfüllung des Rechtsanspruches nicht ein, da das Jugendamt aufgrund ausdrücklicher Regelung in § 80 Absatz 1 SGB VIII, auch für unvorhergesehenen Bedarf Vorsorge zu treffen hat.”
In ihrer Stellungnahme vom 25.11.2014 äußert auch die Katholische Kindertageseinrichtungen Hochsauerland-Waldeck gem. GmbH deutlich rechtliche wie inhaltliche Bedenken gegen die in Vorlage 9/69 beschriebene Vorgehensweise.
Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) schließt sich diesen Bedenken an und formulierte am 02.12.2014 einen Änderungsantrag zur Sitzung des Kreisjugendhilfeausschusses am 08.12.2014.
Die SBL/FW beantragt, den Beschlussvorschlag zum Anmeldeverfahren (Vorlage 9/69), der lautet: „in den Fällen in denen erstmals eine 45-Stunden-Betreuung geltend gemacht wird, eine genaue Prüfung der Bedarfskriterien vorzunehmen“, ersatzlos zu streichen.