Stadthalle Meschede – Rechenexempel der besonderen Art
In Meschede fiel am 8. Juli 2010 im Stadtrat ein weitreichender und “zukunftsweisender” Beschluss.
Mitglieder der Wählerinitiative “Meschede braucht Zukunft” (MbZ) haben sich über das in den lokalen Medien so viel gepriesene Geschäft einige Gedanken gemacht und meinen:
Der Bürger ist bei dem “Stadthallengeschäft” wieder einmal der Dumme! Obwohl auch die SPD-Fraktion dem Inhalt der MbZ-Ratsvorlage folgte und ebenfalls das Vertragswerk zum Verkauf unserer Stadthalle ablehnte, hat es die Ratsmehrheit mal wieder geschafft, den Bürgern der Stadt Meschede und den kommenden Generationen eine neue große Bürde – von der wir noch lange etwas “haben” werden – auf zu drücken.
Als erstes drängt sich die Frage auf, warum die Verantwortlichen nur alleinig einen Investor aus der Heimatgegend unseres Bürgermeisters ausfindig machen konnten. (Vielleicht hätte hier jemand mit mehr Verantwortungsbewusstsein, Erfahrung und Kreativität beauftragt werden können.) Schlechter konnte das Ergebnis für die Bürger, die die Zeche zu zahlen haben, nicht ausfallen. Sollte sich tatsächlich niemand anderes für das größte, vor allem aber das einzige Kaufhaus in einer Kreisstadt interessieren, so bleiben die Fragen:
– Wer hat uns in den letzten 2 Jahrzehnten in diese katastrophale Ausgangssituation gebracht?
– Ist es nicht schlimm genug, dass die verantwortlichen Politiker der letzten 20 Jahre Meschede so ruiniert haben?
– Jetzt erklärt die Mehrheit des Rates auch noch, dass die einzige Chance für uns darin besteht einen Investor zu kaufen!?
– Hat Meschede in den Augen dieser Politiker wirklich keine andere Zukunft?
– Und wie teuer bezahlen wir diese Entscheidung?
Die Mietkosten die in den nächsten 2 Jahrzehnte für die Stadthalle anfallen, betragen bestimmt nicht nur 3,6 Mio. Euro für die Stadt Meschede, wie veröffentlicht wurde, da wohl keine Mietpreisbindung für 20 Jahre vereinbart werden wird. Der Investor, Herr Bövingloh, wäre dann auch der erste gewerbliche Vermieter, der über 20 Jahre lang an der vereinbarten Erstmiete festhält.
Üblicherweise werden Mietsteigerungen in derartigen gewerblichen Mietverträgen an den Verbraucherpreisindex gekoppelt. Die jährliche Steigerung in den letzten 19 Jahren betrug etwas mehr als 1,6%. Wenn also ein üblicher Mietvertrag geschlossen werden wird, summiert sich die Miete in 20 Jahren auf 4,2 Mio. € und nicht 3,6 Mio. € wie in den Zeitungen zu lesen war.
Gerade im Hinblick auf die Aussage, dass man für Kultur in unserer Kreisstadt mit ihren vielseitigen Veranstaltungsorten eine Stadthalle eigentlich nicht braucht, sollten mal alle Zahlen auf den Tisch.
Neben den Mietkosten, die also mit Sicherheit deutlich höher als 3,6 Mio. € ausfallen werden, sind da noch die Gebäudenebenkosten, die der Mieter – also die Bürger der Stadt Meschede – zu tragen haben werden.
Ein Investor wird so wenig wie möglich sanieren, weil er an seinen eigenen Einnahmen interessiert ist, aber keinesfalls an Ausgaben zur Senkung der Nebenkosten seiner Mieter, sprich – der Stadt Meschede. Die Art der Nutzung als Stadthalle führt zu höheren Nebenkosten als üblich.
Wir schätzen die Nebenkosten auf mindestens 16.500 € im Monat, also 198.000 € im ersten Jahr. Vergleicht man die Kosten aus dem Haushaltsplan, müssen die Nebenkosten noch darüberliegen. Diese Nebenkosten summieren sich über die 2 Jahrzehnte Vertragsbindung zu 4,6 Mio. € auf, geht man auch hier von einer Kostensteigerung nach dem Verbraucherindex aus.
Somit erwarten wir also für die 20 Jahre der vertraglich vereinbarten Mietzeit Kosten für die Bürger der Stadt Meschede in Höhe von 8,8 Mio. €, bestehend aus Miete und Nebenkosten. Bitte bedenken Sie, die anfallenden Kosten für Beleuchtungsanlage, Sound- und Bühnentechnik, Schönheitsreparaturen und Modernisierungen innerhalb dieser 20 Jahre! Sie müssen noch zusätzlich von uns Bürgern getragen werden!!!
Warum verschenken wir nicht die Stadthalle an Herrn Bövingloh und verzichten auf die 172.000 € Verkaufserlös, aber auch auf den Mietvertrag! Wenn der Investor so überzeugt von Meschede ist, müsste er sich darüber freuen. Oder sind wir doch bloß der „Ankermieter“? Diesen Anker werden wir noch lange mit uns rumschleppen.
Es ist um ein vielfaches preiswerter, gezielt für Veranstaltungen Hallen, Säle etc. anzumieten. Auch hier könnte es regionale Wertschöpfung geben und nicht die Wertschöpfung für einen Investor.
Was also bekommt Meschede dafür?
Die Reaktivierung eines Kaufhauses zuzüglich einer Erweiterung. Nimmt man dann den angekündigten Branchenmix, wie in der Lokalzeitung dargestellt, dann sollen dort Ketten angesiedelt werden, vor denen uns ein von der Stadt Meschede in Auftrag gegebenes Gutachten warnt. Diese Ketten sind überall in der Umgebung positioniert oder sind dabei, dies zu tun. Billigketten werden keinen Anlass bieten, zum Einkauf nach Meschede zu kommen. Der besondere Anreiz durch hochwertige Geschäfte fehlt weiterhin. Meschede braucht nicht das tausendste Einkaufcenter gleicher Machart!
Das Schlimmste was den Meschedern jetzt noch passieren kann, ist ein Weiterverkauf der Immobilie in naher Zukunft. Solch einen Vorgang bedauert die Stadt Meschede im Falle des Grundstücks am Bahnhof zwischen Aldi und Kaufpark. Nachdem dieses Grundstück weiterverkauft wurde, hat die Stadt nun jeden Einfluss dort verloren. Ähnliches geschah in Brilon. Hier wurde das neue Einkaufszentrum am Alten Bahnhof (“Brilon Arkaden”) gebaut; Einweihung war im Herbst 2008. Nach kurzer Zeit wurde es dann bereits weiter verkauft. Investor war unser Stadthallen-Investor Bövingloh.
Wenn die Mehrheit des Rates meint, sich nicht komplett von der Stadthalle verabschieden zu wollen, wäre eine Sanierung der Stadthalle in Eigenregie um ein Vielfaches günstiger, als der jetzt eingeschlagene Weg. Jetzt wird die Stadthalle verramscht, um sie dann im Anschluss teuer zurück zu mieten!
Zur Finanzierung einer Sanierung der Stadthalle in den Händen der Stadt Meschede:
Wenn, wie in der örtlichen Presse zu lesen war, der Investor die Stadthalle für 1,79 Mio. Euro kauft, der Stadt aber nur 172.000 Euro nach Abzug der Sanierungskosten auszahlt, dann belaufen sich die Sanierungskosten auf 1.618.000 Euro.
Laut Verbraucherportal www.biallo.de werden Kredite mit einer 20-jährigen Zinsbindung von 12 verschiedenen Anbietern für 3,82 % bis 4,0 % nominal angeboten.
Die Belastung der Stadt Meschede für einen Kredit über 1,618 Mio. € Auszahlungsbetrag (96% Auszahlung), der in 20 Jahren vollständig zurückgezahlt wird, beträgt monatlich ca. 10.215 Euro. Die Belastung über die vollständige Kaufsumme in Höh von 1,78 Mio. Euro zur Ablösung der bestehenden Altschulden beträgt monatlich ca. 11.300 Euro.