NRW. Beim Kindergartengesetz geht es in der schwarz-gelben Koalition drunter und drüber. Erneut Massendemo am Samstag.
Niemand verkörpert die Widersprüchlichkeit so krass wie Peter Biesenbach. Als Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion bekennt er sich im Tagesgeschäft zu “KiBiz” und muss unter den Abgeordneten dafür Mehrheiten organisieren.
Doch nach Feierabend in Düsseldorf verändert sich Biesenbachs Welt. Als CDU-Fraktionschef im Oberbergischen Kreistag unterschrieb er soeben eine gemeinsame Resolution mit der FDP, die darauf zielt, tragende Säulen des Gesetzes zu kippen.
Während die Opposition das Papier im Landtag genüsslich verbreitet und – so SPD-Chefin Hannelore Kraft – als “Misstrauensvotum für Minister Laschet” ausschlachtet, will Biesenbach von einer Bewusstseinsspaltung nichts wissen. “Das sind bei mir nicht zwei Herzen, sondern zwei Hüte”, versucht er seine Doppelrolle zu erklären. Im Übrigen sei er Vorstand seiner Fraktion, “nicht ihr Zensor”. Zwar habe er die Anti-KiBiz-Resolution unterzeichnet, trage aber ihre Inhalte nicht mit. Irgendwann im Laufe eines Gesprächs mit Journalisten schwant dem Juristen dann doch: “Wahrscheinlich wäre es klüger gewesen, nicht zu unterschreiben.”
Doch längst reift auch an anderen Stellen der schwarz-gelben Koalition die Erkenntnis, dass es ohne klare Korrekturen am Entwurf nicht mehr geht. Nachdem Kirchen, Kommunen, Sozialverbände und Gewerkschaften den Konsens aufgekündigt hatten, preschte als Erster FDP-Generalsekretär Christian Lindner vor (die NRZ berichtete). Er will die Finanzierung der Kitas nun doch stärker an Gruppenpauschalen festmachen anstatt sie pro Kind zu berechnen. Stahl lehnt ab: “Das wird es nicht geben.”
Wenig Freude bei den Christdemokraten dürfte der FDP-Mann auch mit seiner unverhohlenen Drohung an die Kirchen gestiftet haben. Die vom Land zugesagte Entlastung der kirchlichen Träger um 100 Millionen Euro sei nur zu halten, sagte Lindner, “wenn von diesen Mitteln die Kindergärten profitieren und nicht nur die Kassen der Generalvikare”. Die Kirchen reagierten verärgert.Im Oktober soll der Landtag das Gesetz verabschieden.
Doch auch in der CDU-Fraktion wird Änderungsbedarf angemeldet – wenn auch etwas leiser. So sollen beispielsweise “arme” Kommunen mit Nothaushalten nicht mehr vom Regierungspräsidenten gezwungen werden können, zum Stopfen ihrer Etatlöcher die Elternbeiträge für Kindergärten zu erhöhen. Teile der CDU drängen außerdem darauf, einen stärkeren Religionsbezug im Gesetz zu verankern. Das widerum segnet die FDP nicht ab.
Am Samstag wird wieder demonstriert. Bis zu 10 000 Erzieherinnen ziehen vor den Landtag, vorneweg die SPD unter ihrem Banner “KiBiz ist Mumpitz”. Sie verlangt wie die Grünen von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), das Gesetz zurückzuziehen. “Sonst droht ein kinder- und familienpolitischer Totalschaden”, sagt Kraft. Für Grünen-Fraktionschefin Sylvia Löhrmann steht bereits fest: “Dieses Gesetz ist durch den Widerstand sturmreif geschossen.” (NRZ)