Drei leitende Mitarbeiter der Fa. GW Umwelt in Haft
Ermittlungen wegen Umgangs mit gefährlichen Stoffen und Betrugs
Von Bernhard Liedmann (Text) und Wolfram Brucks (Foto)
Paderborn / Borchen (WV). Im Zusammenhang mit dem PFT-Skandal hat die Paderborner Staatsanwaltschaft gestern den Geschäftsführer der Firma GW Umwelt, Ralf W. (37), erneut festgenommen sowie zwei Mitarbeiter des Borchener Unternehmens. Ihnen wird laut Haftbefehl unerlaubter Umgang mit gefährlichen Stoffen und Betrug in besonders schweren Fällen vorgeworfen.
Die Festnahmen bestätigte gestern der Paderborner Oberstaatsanwalt Horst Rürup.
Heute werden die drei Festgenommenen dem Haftrichter erneut vorgeführt. Es bestehe Flucht- und Vedunkelungsgefahr, so Rürup. Vor einigen Wochen war der Geschäftsführer schon einmal festgenommen worden, wurde aber wieder auf freien Fuß gesetzt.
Das Borchener Untenehmen hat nach den bisherigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft seit Mai 2005 etwa 50 000 Tonnen Klärschlamm aus den Niederlanden bezogen, in Borchen zwischendeponiert und dann an Landwirte in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt verkauft. Nach den bisherigen Erkenntnissen der Ermittler, so der Paderborner Oberstaatsanwalt, seien diese Klärschlämme mit industriellen Abwässern belastet gewesen, die normalerweise verbrannt werden müssten. Dem holländischen Unternehmen sei dabei offenbar vorgegaukelt worden, dass »GW Umwelt« ein Verfahren entwickelt habe, um diese mit der Industriechemikalie PFT belasteten Schlämme zu Humusstoffen und damit zu Bodenverbesserern umzuwandeln. Nur deshalb sei seitens der zuständigen holländischen Behörden eine Genehmigung erteilt worden. Tatsächlich sei jedoch dem Klärschlamm-Gemisch nur Kalk und Urgestein beigemischt worden, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegen die drei Festgenommenen mit Wohnort in Brilon.
Hohe PFT-Konzentrationen stehen im Verdacht, krebserregend zu sein.
Die Chemikalie PFT ist wahrscheinlich über Regenwasser auch in das Borchener Klärwerk gelangt. Die Gemeinde Borchen hat im Oktober sämtliche Klärschlamm-Zufuhren von »GW Umwelt« in die Kläranlage unterbunden. Seitdem befinden sich hier 600 Tonnen Klärschlamm auf dem Werksgelände, die verbrannt werden müssen. Die Kosten dafür bezifferte Bürgermeister Heinrich Schwarzenberg auf bis zu 20 000 Euro. Sofern die Justiz eine Straffälligkeit nachweisen könne, so Schwarzenberg, wolle die Gemeinde das Unternehmen auf Schadenersatz verklagen.
Der Kreis Paderborn hat inzwischen mehrfach Proben gezogen, um eine Gefährdung des Grund- und Trinkwassers in Borchen auszuschließen. Auffällig hohe Konzentrationen oder Belastungen waren dabei nicht gefunden worden. Derzeit läuft eine weitere Beprobungs-Serie.
(aus “Westfaelisches Volksblatt” vom 20.12.2006)