“Reibungslos verlaufen”? SBL stellt Änderungsantrag zur Fehleinschätzung des Kreisgesundheitsamtes
Am Mittwoch (13.06.) tagt in Meschede der Gesundheits- und Sozialausschuss des Kreises. Dafür hat das Kreisgesundheitsamt einen Sachstandsbericht zur Neuregelung des Apothekennotdienstes, die zum 01.01.2012 eingeführt wurde, vorgelegt (Drucksache 8/625). Danach soll “die Umstellung des Nacht- und Notdienstes der Apotheken im Hochsauerlandkreis zum Jahreswechsel” “reibungslos verlaufen” sein. Im Beschlussvorschlag der Verwaltung steht, der Ausschuss solle den Bericht “zur Kenntnis” nehmen.
Dies widerspricht den Erfahrungen, die der SBL mitgeteilt wurden, erheblich. Die SBL hat daher einen Änderungsantrag eingebracht, den Ausschussmitglied Annette Loos in der Sitzung näher erläutern wird. Sie ist als niedergelassene Ärztin gut mit dem Thema vertraut,
Im Antrag der SBL heißt es:
“1. Der Gesundheits- und Sozialausschuss (GSA) stellt fest, dass die Versorgung der Patienten im Kreisgebiet seit der Neuregelung des Apothekennotdienstes unzureichend ist. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass Patienten, nachdem sie bereits in die hausärztliche Notfallambulanz gefahren sind, öfters noch eine weitere Stunde Fahrzeit für den Hin- und Rückweg zur Apotheke benötigen, um ihr Rezept einlösen zu können.
2. Der GSA fordert daher Landrat und Kreisverwaltung auf, sich aktiv für eine Verbesserung des Apothekennotdienstes einzusetzen.
3. Der GSA erinnert an den Beschluss, den der Kreistag am 24.02.2012 im Rahmen der Beratung der Operativen Jahresplanung unter TOP 4.2 zu diesem Thema gefasst
hat. Danach soll (von Landrat und Verwaltung) die Verbesserung des Apothekennotdienstes bei den entsprechenden Organisationen zur Sprache gebracht werden.
4. Künftig sollte zumindest während der außerhalb der üblichen Ladenöffnungszeiten liegenden Kernsprechstunden (z.B. Sa 16-18 h, So 10-12 u 16-18 h; Mo/Di/Do/Fr 19-20 h) eine Apotheke in räumlicher Nähe (max. 10 km Entfernung) zu jeder Notfallambulanz geöffnet haben. Besonders wichtig ist der ortsnahe Apothekennotdienst am Wochenende. Das wäre sicherlich durch eine gezielter geplante Dienstverteilung zu erreichen.
Erläuterung und Begründung:
Der Sachstandsbericht des Kreisgesundheitsamtes geht weit an der Realität vorbei:
• Dies wird z.B. an der Feststellung deutlich, ab 22 Uhr würde die Inanspruchnahme des Apothekennotdienstes “rapide” absinken. Darüber dürfte aber niemand verwundert sein, denn ab 22 Uhr wird der hausärztliche Notdienst von den Krankenhäusern übernommen, und die dürfen keine Rezepte ausstellen.
• Ebenso stellt es keinen Gradmesser für die Zufriedenheit der PatientInnen dar, wenn beim Kreisgesundheitsamt keine einzige Bürgerbeschwerde eingegangen ist. Denn warum sollte ein Betroffener sich ausgerechnet an das Kreisgesundheitsamt wenden, das für ihn in der medizinischen Versorgung nicht wahrnehmbar ist? Auch die Apothekerkammer dürfte nur von sehr wenigen Betroffenen als Ansprechpartner betrachtet werden. Hilfreicher wäre eine Umfrage bei denjenigen gewesen, die in den hausärztlichen Notfallambulanzen tätig sind oder bei den PatientInnen, die die Notfallambulanzen aufgesucht haben, die also über eigene Erfahrungen aus der Praxis verfügen.
• Viele ältere PatientInnen können gar nicht mehr selbst zur Notdienstapotheke fahren, sondern müssen für die Beschaffung von Medikamenten die Hilfe anderer in Anspruch nehmen, z.B. von jüngeren Familienangehörigen. Die Altersstruktur der Apothekenbesucher im Notdienst ist daher nicht identisch mit der Altersstruktur der betroffenen PatientInnen.
• Tatsächlich sind z.B. an Sonntagen öfters sehr weite Entfernungen zur diensthabenden Apotheke zurückzulegen. So hatte schon mehrfach weder in Brilon noch in Olsberg noch in Bestwig eine Apotheke Dienstbereitschaft; die PatientInnen (bzw. ihre Helfer) mussten dann von der hausärztlichen Notfallambulanz in Brilon bis nach Warstein, Haaren, Usseln, Winterberg oder Meschede zur nächstgelegenen Apotheke fahren. Die Folge ist, dass einige Rezepte gar nicht oder erst Tage später eingelöst werden. Da der Notdienst besonders häufig von Kindern und älteren Menschen in Anspruch genommen wird, ist das nicht ungefährlich.
Die medizinische Versorgung spielt eine wichtige Rolle für die Attraktivität einer Region. Im HSK sind besonders hohe Rückgänge der Einwohnerzahl um fast 1% pro Jahr zu verzeichnen. Daher sollte es im Interesse aller Institutionen im Kreisgebiet liegen, durch günstiger zu den Notfallambulanzen gelegene geöffnete Apotheken zu einer Verbesserung der medizinischen Versorgung beizutragen. Da sich dies wegen des damit verbundenen Aufwandes nicht rund um die Uhr gewährleisten lässt, sollte der Fokus zunächst auf die Kernsprechstunden der Ambulanzen (besonders an den Wochenenden) gelegt werden. Es handelt sich dabei um ca. 10 Stunden pro Woche außerhalb der üblichen Ladenöffnungszeiten.”