Will der HSK durch die Mietwerterhebung Kosten sparen – oder wird erneut viel Geld in Bürokratie gesteckt?
Der Hochsauerlandkreis beauftragte im Herbst 2012 das Unternehmen „Analyse und Konzepte“ aus Hamburg mit der Durchführung der Befragung zur „Mietwerterhebung im Hochsauerland 2012“. Mit der Bitte um die Beantwortung diverser Fragen wurden 11.000 Haushalte angeschrieben.
Der Grund: Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnraumgröße für Empfänger von Sozialleistungen ist ab dem 01.01.2010 eine Wohnfläche von 50 qm für einen Ein-Personen-Haushalt zu berücksichtigen. Tatsächlich ist aber vielen Menschen nicht der Wohnraum zugebilligt worden, der ihnen per Gesetz zusteht. Vielen wurden die Mietzahlungen gekürzt oder erst gar nicht ausgezahlt. Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 16.05.2012 (B 4 AS 109/11 R) entschieden, dass die bisherige Vorgehensweise der Jobcenter und Sozialämter in NRW, die bei der Bemessung der Kosten für die Unterkunft lediglich 45 qm (plus 15 qm je weiterem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft) zugrunde legten, rechtswidrig ist.
In einer weiteren Entscheidung vom 22.03.2012 (B 4 AS 16/11 R) hatte das Bundessozialgericht entschieden, wie die zu erstattenden Mietkosten nach dem SGB II und SGB XII zu ermitteln sind, solange kein schlüssiges Konzept vorliegt. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II erbracht, soweit diese angemessen sind. Das Gericht stellte heraus, dass Begriff der “Angemessenheit” als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle unterliegt. Das Gericht stellte klar, dass ohne ein vorliegendes schlüssiges Konzept, die Tabellenwerte des § 8 WoGG, zuzüglich eines Zuschlags von 10% zu berücksichtigen seien. Ds Sozialgericht Dortmund hat seitdem in mehreren Verfahren festgestellt, dass der HSK bisher über kein schlüssiges Konzept verfügt.
Das bedeutet, Betroffene können Nachzahlungsansprüche auf ihnen vorenthaltene Mietkosten geltend machen. Dies kann sowohl die Wohnungsgröße als auch die Miete pro Quadratmeter betreffen. Jobcenter und Sozialämter sehen nun weitere Kosten auf sich zukommen. Sozialkosten werden gerne gedeckelt. Darum möchte der HSK dem „unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit im § 22 Abs. 1 SGB II“ auf die Schliche kommen. Die Mietwerterhebung scheint der Behörde dafür das geeignete Instrument zu sein.
Reinhard Loos, das Kreistagsmitglied der Sauerländer Bürgerliste (SBL), hatte dem Landrat am 06.11.2012 zur Mietwerterhebung eine schriftliche Anfrage mit 18 Fragen geschickt. Beantwortet wurde sein Schreiben am 26.11.2012. Hier eine Zusammenfassung der Antwort des HSK:
Als angemessene Unterkunftskosten gelten aktuell die Tabellenwerte plus 10 %
„Um weitere Streitverfahren zu vermeiden wird die Angemessenheit der Unterkunftskosten in
den Städten und Gemeinden des Hochsauerlandkreises daher aktuell einheitlich anhand der Tabellenwerte zu § 12 WoGG zzgl. 10 % beurteilt.“
11.000 Haushalte angeschrieben
„Neben einer Befragung von Großvermietern (Wohnungsbaugenossenschaften u.a.) wurden im Rahmen einer Mieterberfragung 11.000 Haushalte angeschrieben.“
Adressen wurden bei der Deutschen Post AG gekauft
„Die Adressen der Haushalte wurden von der Deutschen Post Direkt angekauft, da eine Nutzung eigener kommunaler Daten aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht zulässig ist. Dabei wurden per Zufallsstichprobe 11.000 Adressen im Kreisgebiet ausgewählt.“
Teilnahme ist freiwillig und anonymisiert
„Die Teilnahme an der Mieterbefragung ist freiwillig. Die Anonymität der Teilnehmerinnen wird dadurch sichergestellt, dass ein anonymer Erhebungsbogen ausgefüllt wird, der lediglich Rückschluss auf den Wohnort, nicht jedoch auf die konkrete Wohnung (Straße und Hausnummer) gibt. Die Übersendung erfolgt ebenfalls anonym durch einen frankierten Rückumschlag direkt an Analyse & Konzepte. Zudem garantiert Analyse & Konzepte eine strikte Trennung von personenbezogenen Daten und Erhebungsdaten durch eine getrennte Erhebung von Adress- und Mietdaten.“
Ermittlung der Richtwerte für die Wohnungsgröße
„Im Ergebnis werden Richtwerte für verschiedene Wohnungsgrößenklassen, ausgehend von den unterschiedlichen Haushaltsgrößen der Bedarfsgemeinschaften ermittelt (Richtwert für 1 Person bis 50 m2 Wohnungsgröße, Richtwert für 2 Personen bis 65 m2 etc.). Ausgangspunkt ist dabei die sog. Produkttheorie, wonach das Produkt aus Wohnungsgröße und Quadratmeterpreis angemessen sein muss. Um den regionalen Unterschieden gerecht zu werden, werden unterschiedliche Wohnungsmarkttypen ermittelt, wobei vergleichbare Gemeinden zusammengefasst werden, die sich strukturell nur geringfügig unterscheiden.“
Ergebnis soll spätestens bis Ende Juni 2013 vorliegen
„Mit einem Ergebnis der Untersuchung wird im ersten Halbjahr 2013 gerechnet. Der Hochsauerlandkreis erhält dann eine Richtwerttabelle sowie einen Methodenbericht, der Konzeption, Methode und Herleitung der Richtwerte mit allen erforderlichen Berechnungen und Ergebnissen dokumentiert.“
Kosten liegen bei über 52.000 Euro
„Für die Erstellung einer Vergleichsmietenübersicht durch die Firma Analyse & Konzepte werden in den Haushaltsjahren 2012 und 2013 Kosten von insgesamt ca. 45.000 € kalkuliert. Für den Zukauf der Adressdaten sowie die damit verbundene Auswertung einer größeren Zahl von Stichproben fallen Kosten von 8.211 € an.“
In 2 Jahren die nächste Erhebung
„Eine Fortschreibung ist in 2 Jahren angedacht.“
Warum der HSK ein externes Unternehmen beauftragt hat
„Analyse & Konzepte zeichnet sich dadurch aus, dass bundesweit zahlreiche Leistungsträger erfolgreich mit ihnen zusammenarbeiten. In Nordrhein-Westfalen haben sich die Jobcenter der Stadt Hamm, des Kreises Unna, des Kreises Minden Lübbecke sowie des Märkischen Kreises ebenfalls für eine Zusammenarbeit bei der Erstellung eines schlüssigen Konzeptes entschieden.
Nach dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung orientiert sich der Hochsauerlandkreis an der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und ist damit verpflichtet, ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung angemessener Unterkunftskosten vorzulegen. Insoweit hat sich der Hochsauerlandkreis entschieden, ein externes Unternehmen mit der Erstellung eines schlüssigen Konzeptes zu beauftragen, weil davon ausgegangen werden kann, dass der Mitteleinsatz von ca. 45.000 € langfristig zu deutlichen Einsparungen führt.“
HSK befürchtet, generelle Festlegung der Richtwerte auf die Tabellenbeträge belaste die kommunalen Haushalte höher
„Darüber hinaus ist es im Rahmen der Gleichbehandlung nicht gerechtfertigt, einkommensschwachen
Haushalten nach den Vorschriften des Wohngeldgesetzes geringere Beträge zu gewähren als Haushalten, die bedürftig im Sinne des SGB 111 SGB XII sind. Eine entsprechende generelle Festlegung der Richtwerte auf die Tabellenbeträge nach § 12 WoGG zzgl. 10 % würde unweigerlich zu einer Fallzahlsteigerung im SGB II und SGB XII führen und insoweit die kommunalen Haushalte nachhaltig höher belasten.“