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Die merkwürdige PFT Diskussion in NRW:

By admin at 11:29 am on Wednesday, March 26, 2008

POLITIK/363: PFT – Ein Negativ-Lehrstück in Umweltkommunikation (BBU)

BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 882 – 31. Januar 2008 – 27. Jahrgang

Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

PFT – Ein Negativ-Lehrstück in Umweltkommunikation
Die Belastung der Ruhr mit “Perfluorierten Tensiden” (PFT, s. RUNDBR. 873/2-3, 854/2-4, 851/2-3) hat vor allem in der nordrhein-westfälischen Politik und Presse zu einer hochpolitisch aufgeladenen Debatte geführt – die völlig aus dem Ruder gelaufen ist! Die Konsequenzen, die in Politik und Presse aus der Belastung gezogen werden, zäumen das Pferd von hinten auf: Ausgerechnet die Letzten in der Kette zwischen industrieller PFT-Nutzung, Abwassereinleitung und Trinkwassergewinnung – also die Wasserwerke entlang der Ruhr – wurden für die PFT-Belastung der TrinkwasserkonsumentInnen verantwortlich gemacht. Die Wasserwerke sollten dauerhaft mit einer Aufrüstung ihrer Aufbereitungsanlagen die Gefahr bannen, so die lauthals vorgetragene Forderung. Neben den PFT-Emissionen aus verseuchten Ackerflächen im oberen Ruhr-Einzugsgebiet wird jetzt zunehmend deutlich, dass indirekt-einleitende Industrie- und Gewerbegebiete maßgebliche PFT-Frachten zur Belastung der Ruhr beisteuern. Im Gefolge dieser Erkenntnis bekommt derzeit auch der RUHRVERBAND Prügel, weil er in seinen Kläranlagen das PFT nicht aus dem Abwasser holt. Bei den gut wasserlöslichen Stoffen aus der PFT-Familie würde eine PFT-Eliminierung in den Verbands-Kläranlagen enorme Investitionen nach sich ziehen, die zudem mit einem beachtlich höheren Energiebedarf und Abfallanfall verbunden wären.

Sonderbarerweise fordert kaum jemand der politischen Akteure in NRW die konsequente Durchsetzung des Verursacherprinzips. Neben einer effizienten Sanierung der kontaminierten Ackerflächen kann vernünftigerweise nur die radikale Einschränkung der PFT-Nutzung im industriell-gewerblichen Bereich die PFT-Frachten in der Ruhr wirkungsvoll begrenzen. Wobei man darauf acht geben muss, dass in der Textil-, Papier- und Metallbranche die hochfluorierten PFTs nicht durch geringer fluorierte Tenside mit niedrigerem Molekulargewicht ersetzt werden. Diese wären noch schwieriger zu analysieren und würden noch leichter bis in die Trinkwassergewinnung durchbrechen. Denn die derzeit eingesetzten PFTs sind “nur die Spitze eines Eisberges”, wie Prof. WOLFGANG KÜHN vom Technologiezentrum Wasser auf der WAT2008 am 22. Februar 2008 in Augsburg hervorgehoben hat.

Die Politiker, die in NRW mit dem Brustton der moralischen Empörung die Wasserwerke wegen ihrer ungenügenden Aufbereitungstechnologie geißeln, ignorieren folgendes: Je höher der Aufbereitungsaufwand getrieben wird, desto weiter wird sich Trinkwasser von einem Naturprodukt entfernen – hin zu einem Sterilwasser, dem beispielsweise nach einer Nanofiltration Mineralien wieder künstlich zugesetzt werden müssten. Während dies aber eher noch als “Geschmacksfrage” einzustufen wäre, hat die Aufrüstung von Wasserwerken zu Wasserfabriken auch politisch fatale Faktoren. Je hochgezüchteter die Aufbereitungstechnik im Wasserwerk, desto mehr kann die Politik mit vergleichsweise hohen Schadstoffkonzentrationen und -frachten in den Flüssen leben: Das Wasserwerk als Wasserfabrik wird es ja schon richten.

Auch das Engagement der Wasserwerker beim vorsorgenden Gewässerschutz wird nach Einrichtung eines “Ultra-Wasserwerks” nicht gerade zunehmen. Bislang waren die Wasserwerker die natürlichen Verbündenden der Umweltverbände, wenn es um die vorsorgende Eliminierung von Schadstoffquellen ging – nicht nur im industriell-gewerblichen Bereich, sondern beispielsweise auch im Landwirtschaftsbereich bei der Reduzierung des Eintrages von Agrochemikalien wie Stickstoffdüngern oder Pestiziden. Mithin höchste Zeit, dass die PFT-Debatte in NRW vom Kopf auf die Füße gestellt wird – gerade auch von Seiten der GRÜNEN. -ng-

WamS: “Möhnetalsperre und Ruhrverband sind PFT-Hauptverursacher”

Seit Monaten wird die WELT AM SONNTAG (WamS) offenbar von interessierter Seite mit PFT-Infos gefüttert. Die dann folgenden “Enthüllungen” der WamS werden anschließend regelmäßig von den GRÜNEN im Düsseldorfer Landtag genutzt, um den NRW-Umweltminister anzugreifen. Waren die PFT-Artikel der WamS zunächst gegen die Wasserwerke gerichtet, so ist jetzt auch der RUHRVERBAND als Kläranlagenbetreiber ins Schussfeld gekommen. Am 20.01.08 berichtete die WamS: “Die Hauptverursacher [der PFT-Belastung der Ruhr] sind die Kläranlagen des Ruhrverbandes.” Und: “Ein weiterer Verursacher: die Möhnetalsperre, die ebenfalls vom Ruhrverband betrieben wird.” Dass aus der Möhnetalsperre PFT-belastetes Wasser in die Ruhr fließt, liegt allerdings daran, dass PFT-belastete Ackerflächen in die Zuflüsse der Talsperre ausbluten – Ackerflächen, auf die mit umweltkrimineller Energie PFT-kontaminierte “Bodenverbesserungsmittel” aufgebracht worden waren. Und dass aus den Kläranlagen des RUHRVERBANDES Perfluorierte Tenside in die Ruhr emittiert werden, ist auf die breite Anwendung von PFTs im industriell-gewerblichen Bereich zurückzuführen. Sicher kann man darüber diskutieren, ob man zur Elimination von gut wasserlöslichen Spurenstoffen (dazu gehören auch die PFTs) die Kläranlagen mit zusätzlichen Reinigungsstufen (Aktivkohlezugabe, Ozonierung, Membranfiltration) aufrüsten sollte. Als “Hauptursache” für die PFT-Belastung der Ruhr aber die Möhnetalsperre und die Kläranlagen des RUHRVERBANDES zu benennen, ist grotesk – hat aber wohl Methode: Die WamS nimmt die wahren Verursacher – also die PFT-einsetzende Industrie – aus dem Schussfeld, um umso besser die Wasserwerke, den Ruhrverband und den CDU-Umweltminister an den Pranger stellen zu können. Für den hegen wir zwar auch keine Sympathie, attestieren ihm aber, dass er sich zumindest leidlich bemüht, der Industrie ihren PFT-Konsum schrittweise abzugewöhnen. – ng –
Wer sind die wahren PFT-Einleiter?

Am 5. November 2007 hatte die BBU-Mitgliedsorganisation VSR-GEWÄSSERSCHUTZ die NRW-Landesregierung um die Mitteilung der Firmen gebeten, die PFT in kommunale Kanalisationen einleiten. Noch am 7. Dezember wurde VSR-GEWÄSSERSCHUTZ mit dem Hinweis darauf vertröstet, dass noch geprüft werden müsse, in wie weit Betriebsgeheimnisse von der Anfrage betroffen wären. Hierzu stellte VSR-GEWÄSSERSCHUTZ fest:

“Hätte der zuständige Sachbearbeiter einen Blick in das UIG geworfen, hätte es dieser Prüfung nicht bedurft: Angaben über Emissionen unterliegen grundsätzlich nicht dem Betriebsgeheimnis.”

Am 20. Dezember gab NRW-Umweltminister UHLENBERG die Veröffentlichung einiger PFT-Emissionsdaten im Internet bekannt, bevor die Anfrage der VSR-Gewässerschützer am folgenden Tag beantwortet wurde. VSR-GEWÄSSERSCHUTZ erachtete aber die meisten Angaben als “zu ungenau” – soll heißen, dass die PFT-einsetzenden Firmen beispielsweise nur mit “Galvanik” oder “Papierverarbeiter” umschrieben werden, der jeweilige Firmennamen aber nicht mitgeteilt wird. Um öffentlichen Druck auf die PFT-Emittenten auszuüben, wird VSR-GEWÄSSERSCHUTZ weitere Anfragen stellen und informieren.

Die Liste der Industrie- und Gewerbebetriebe, die kommunale Kläranlagen mit PFT belasten,
kann im Internet auf der Homepage des Düsseldorfer Umweltministeriums abgerufen werden:
http://www.umwelt.nrw.de/umwelt/pdf/klaeranlagen/indirekteinleiter.pdf
Unsere megadicke Materialsammlung über die schlagzeilenträchtigen “Pseudohormone” (Substanzen mit endokrin-hormoneller Wirkung auf Wasserlebewesen) informiert über die entsprechende Debatte von den 80er Jahren bis heute. Bezug gg. Voreinsendg. v. 15 Euro (V-Scheck, Briefm. Bar) an den Ak Wasser, Rennerstr. 10, 79106 Freiburg.

Für den RUNDBRIEF und das BBU-WASSER-ARCHIV werden derzeit folgende Tageszeitungen ausgewertet:
Badische Zeitung (BZ), Basler Zeitung (Bas.Ztg.), Frankfurter Rundschau (FR) , Neue Zürcher Zeitung (NZZ),
Süddeutsche Zeitung (SZ), Stuttgarter Zeitung (St.Z.) und Wormser Zeitung (WZ).
Wir freuen uns immer, wenn Ihr uns “Wasserartikel” aus Euren Regionalzeitungen
zuschickt – und bitten schon jetzt um Entschuldigung, wenn wir uns
nicht in jedem Einzelfall dafür bedanken können!

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF – Nr. 882/2008
Herausgeber:
Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband
Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)
Rennerstr. 10, D-79106 Freiburg
Tel.: 0761/275693; 45687153
E-Mail: nik@akwasser.de
Internet: http://www.akwasser.deDer BBU-WASSER-RUNDBRIEF kann abonniert werden durch Voreinzahlung von 30 Euro für 30 Ausgaben auf das Postbankkonto Arbeitsgruppe Wasser, Kto-Nr. 41952 757, Postbank Klrh., BLZ 660 100 75.Meinungsbeiträge geben nicht in jedem Fall die Position des BBU wieder! Die Weiterverwendung der Informationen in diesem RUNDBRIEF ist bei Quellenangabe (!) erwünscht! (c): Freiburger Ak Wasser im BBU
veröffentlicht im Schattenblick zum 6. März 2008

Filed under: Abfallwirtschaft,Antrag auf Parteiausschluss,Aus Kreistag und Kreishaus,Hintergrund zu PFT,wer ist Dr. FriedrichComments Off on Die merkwürdige PFT Diskussion in NRW:

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