Dienstaufsichtsbeschwerde wegen fehlender Bereitschaft zur Aufklärung
Eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Leitung der Kreispolizeibehörde hat der Vorstand der Sauerländer Bürgerliste beim Innenminister des Landes NRW eingereicht. Chef der Kreispolizeibehörde ist der Landrat.
Anlass für die Dienstaufsichtsbeschwerde sind ein ungerechtfertigtes Strafverfahren wegen angeblicher falscher Verdächtigung, das von der Kreispolizeibehörde Meschede am 24.05.2012 gegen das SBL-Kreistagsmitglied Reinhard Loos eingeleitet worden war, sowie die fehlende Bereitschaft der Kreispolizeibehörde, die Hintergründe und Versäumnisse ihres Vorgehens aufzuklären.
Die Schriftstücke wurden auch den Mitgliedern des Kreispolizeibeirats zur Kenntnis gegeben.
Hier die Dienstaufsichtsbeschwerde an den Innenminister des Landes NRW Ralf Jäger im Wortlaut:
“Dienstaufsichtsbeschwerde der Sauerländer Bürgerliste e.V. gegen die Leitung der Kreispolizeibehörde Meschede
Sehr geehrter Herr Innenminister,
hiermit erhebt die Sauerländer Bürgerliste e.V. (SBL) Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Leitung der Kreispolizeibehörde Meschede. Die SBL ist eine Wählergruppe, die seit 2006 im Kreistag des Hochsauerlandkreises vertreten ist.
Anlass für unsere Dienstaufsichtsbeschwerde sind ein ungerechtfertigtes Strafverfahren wegen angeblicher falscher Verdächtigung, das von der Kreispolizeibehörde Meschede am 24.05.2012 gegen unser Kreistagsmitglied Reinhard Loos eingeleitet worden war, sowie die fehlende Bereitschaft der Kreispolizeibehörde, die Hintergründe und Versäumnisse ihres Vorgehens aufzuklären.
Aus der Strafanzeige der Kreispolizeibehörde entstand zunächst ein Strafbefehl über 3.000 Euro, gegen den Reinhard Loos im August 2012 Widerspruch einlegte. Nach etwa einjähriger Verfahrensdauer wurde Reinhard Loos vom Amtsgericht Brilon im Juli 2013 frei gesprochen. Hauptgrund war das Überwachungsvideo einer Tankstelle, aus dem sich ergibt, dass kein Anlass besteht, Reinhard Loos wegen falscher Verdächtigung zu beschuldigen. Über das Verfahren wurde umfangreich in den Medien berichtet.
Nach dem Freispruch forderten wir den Landrat des HSK in seiner Eigenschaft als Leiter der Kreispolizeibehörde auf (Anlage 1), die Vorgänge lückenlos aufzuklären. Zunächst geschah gar nichts, schließlich erhielten wir nach einem Erinnerungsschreiben die sehr dürftige Antwort der Kreispolizeibehörde vom 28.08.2013 (Anlage 2). Der komplette Inhalt: „die Prüfung des Vorganges ist abgeschlossen. Die Kreispolizeibehörde Hochsauerlandkreis ist nach eingehender Überprüfung zu dem Ergebnis gekommen, keine disziplinarrechtlichen Maßnahmen gegen den Polizeibeamten zu treffen.“
Daraus ergibt sich, dass in der Leitung der Kreispolizeibehörde offenbar keinerlei Interesse besteht, die Vorgänge wirklich aufzuklären. Unklar bleibt z.B., auf welchen einzelnen der zahlreichen beteiligten Polizeibeamten sich die Antwort bezieht, und warum keine saubere Aufarbeitung des gesamten Ablaufes erfolgt.
Insbesondere bedürfen folgende Ereignisse und Vorgänge der Aufklärung:
1. Reinhard Loos hatte am 14.02.2012 Strafanzeige gegen den Polizeibeamten G gestellt, weil dieser ihn am Morgen desselben Tages anlässlich der Aufnahme eines Bagatellunfalls, an dem der Sohn von Reinhard Loos beteiligt war, so gestoßen hatte, dass Reinhard Loos zu Boden fiel. Die an der Unfallaufnahme beteiligten Polizeibeamten G und Frau W (früher R) haben jedoch durch unwahre schriftliche Aussagen Reinhard Loos beschuldigt, er sei bedrohend auf Frau R zugegangen und deswegen habe der Polizeibeamte G Frau R vor Herrn Loos schützen müssen; der Polizeibeamte G sei nicht auf Herrn Loos zugegangen und habe ihn nicht gestoßen, sondern nur seinen Arm ausgestreckt, vor den Reinhard Loos gelaufen sei. Tatsächlich wurde jedoch durch das Überwachungsvideo der Tankstelle in Brilon, auf deren Gelände sich der Vorfall ereignete, bestätigt, dass erst Frau R und dann Herr G auf Herrn Loos zugingen, während Herr Loos seinen Standort nicht änderte. Der schwergewichtige Beamte G streckte beide Arme mit Anlauf schwungvoll gegen Herrn Loos aus, so dass Herr Loos zu Boden ging. Damit wurde die Aussage von Herrn Loos vollauf bestätigt. Wieso erfolgen keine Konsequenzen gegen Polizeibeamte, die durch unwahre Aussagen Bürger zu Unrecht beschuldigen und damit Strafbefehle auslösen?
2. Das Überwachungsvideo der Tankstelle befindet sich seit dem Tag des Ereignisses in den Akten der Polizei. Wieso wurde es angeblich nicht ausgewertet, sondern von der Polizei wiederholt behauptet, der Vorgang sei auf dem Video nicht zu sehen?
3. Wieso erstellt die Leitung der Kreispolizeibehörde eine Strafanzeige gegen ein Kreistagsmitglied, ohne den Vorgang vorher genau zu prüfen? Gab es hier möglicherweise sogar besondere Interessenlagen?
4. Reinhard Loos hat den Polizeibeamten G (zutreffend) beschuldigt, dass dieser Polizeibeamte ihn so gestoßen hat, dass Reinhard Loos umfiel. Er hat den Polizeibeamten in seiner Aussage jedoch nicht des Vorsatzes oder der Absicht bezichtigt, es ging nur um den kausalen und zeitlichen Zusammenhang des Stoßens und Fallens. Dies ist leicht nachprüfbar durch Nachlesen der Aussage, die Reinhard Loos am 14.02.2012 in der Polizeiwache Brilon gemacht hat. In der vom Polizeidirektor unterzeichneten Strafanzeige der Kreispolizeibehörde gegen Reinhard Loos wird aber behauptet, Reinhard Loos hätte den Polizeibeamten G beschuldigt, dieser habe ihn vorsätzlich und absichtlich umgestoßen. Ob eine Tat aus direktem Vorsatz (Absicht) oder aus bedingtem Vorsatz oder aus Fahrlässigkeit begangen wurde, bedeutet juristisch einen großen Unterschied. Wieso erstellt ein Polizeidirektor eine Strafanzeige gegen ein Kreistagsmitglied, die selbst dann, wenn alle Aussagen der an dem Vorgang beteiligten Polizeibeamten wahr gewesen wären (was bekanntlich nicht der Fall ist), eine wesentliche falsche Verdächtigung enthält?
5. Hier wurde die Kreispolizeibehörde Meschede in Multi-Funktion tätig. Einer ihrer Beamten war der „Täter“, mehrere ihrer Beamten haben falsche Aussagen gemacht, sie hat die Strafanzeige gegen unser Kreistagsmitglied erstellt, sie hat im übrigen im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall des Sohnes von Reinhard Loos unwahre Protokolle erstellt, die angeblichen Zeugenbefragungen wurden ebenfalls von ihr durchgeführt und sie wollte angeblich den von ihr Beschuldigten Reinhard Loos sogar noch selbst vernehmen. Wieso werden Ermittlungsverfahren, in denen es auch um das Fehlverhalten von Polizeibeamten geht und die aufgrund einer Strafanzeige der Leitung der Kreispolizeibehörde eingeleitet wurden, nicht an eine andere Polizeibehörde abgegeben?
6. Das Antwortschreiben vom 28.08.2013 an die SBL wurde vom Abteilungsleiter Polizei, Petering, unterzeichnet. Dies ist derjenige Polizeibeamte, der auch die ungerechtfertigte Strafanzeige gegen Reinhard Loos unterschrieben hatte. Er hätte sich ja selbst belastet, wenn bei der “eingehenden Überprüfung” irgendein Fehler aufgefallen wäre. An seiner Befangenheit dürfte kein Zweifel bestehen. Die Kreispolizeibehörde versucht also nicht einmal den Anschein zu erwecken, dass eine unabhängige und neutrale Prüfung stattgefunden hat. Wieso wird die Aufforderung der SBL zur Aufklärung ausgerechnet vom für die ursprüngliche Aktion verantwortlichen Polizeidirektor Petering beantwortet? Wieso werden derartige Verfahren nicht an eine andere Polizeibehörde abgegeben?
7. In den Gerichtsakten ist ein Vermerk enthalten, aus dem sich eine Absprache zwischen Kreispolizei und Staatsanwaltschaft ergibt. Außerdem ist in den Akten eine Verfügung enthalten, dass der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft vor der Verhandlung Rücksprache mit einem Oberstaatsanwalt, der gleichzeitig CDU-Kreistagsmitglied im HSK ist, zu nehmen hat. Es ist sehr auffällig, dass die Staatsanwaltschaft in diesem Verfahren keine eigenen Ermittlungen angestellt hat und dass Reinhard Loos vor der Hauptverhandlung keinerlei rechtliches Gehör gewährt wurde. Wieso wird nicht aufgeklärt, welche verantwortlichen Beamten in der Leitung der Kreispolizeibehörde an welchen Vorgängen beteiligt waren und wer welche Absprachen mit der Staatsanwaltschaft Arnsberg getroffen hat?
8. Wieso wurde von der Kreispolizeibehörde über den Verkehrsunfall vom 14.02.2012 eine Presseerklärung verbreitet, die Unwahrheiten und (durch Weglassen wichtiger Informationen) Manipulationen enthält?
Eine CD mit der „Begegnung“ zwischen den Polizeibeamten und unserem Kreistagsmitglied sowie mit einer weiteren Szene, in der sich die beteiligten Personen besser erkennen lassen, liegt bei. Bei den beiden Szenen handelt es sich um Ausschnitte aus dem Überwachungsvideo, das sich in den Akten von Kreispolizei Meschede, Staats-anwaltschaft Arnsberg und Amtsgericht Brilon befindet.
Wir haben hier nur einen kleinen Teil der vielen Merkwürdigkeiten, die es in diesem Verfahren gab und gibt, dargestellt. Weitere Unterlagen stellen wir bei Bedarf gerne zur Verfügung.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in jüngerer Zeit bereits bei einem weiteren Verfahren Anlass zu erheblicher Kritik am Verhalten der Kreispolizeibehörde Meschede bestand. Es geht darin um die Kündigung zweier Mitarbeiters der Kreispolizeibehörde, der angeblich illegale Downloads vorgenommen hatte. Das Arbeitsgericht Arnsberg erklärte eine der Kündigungen jedoch für unwirksam; der andere Mitarbeiter hatte nicht geklagt. In den von den Betroffenen erhobenen Vorwürfen gegen die Kreispolizeibehörde geht es hier u.a. um die Unterdrückung von Beweismitteln und um fragwürdige Ermittlungen der Kreispolizeibehörde in eigenen Angelegenheiten. Auch der Innenausschuss des Landtags hat sich in seiner 19. Sitzung am 06.06.2013 mit diesen Vorgängen befasst.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Schulte-Hermann Vorsitzender SBL e.V.
Gabriele Joch-Eren Geschäftsführerin SBL e.V.
Lutz Wendland Kassierer SBL e.V.“