SBL On Tour – Besuch der Hauptkläranlage in Münster
Wie arbeitet ein Klärwerk?
Diese Frage stellten sich die Mitglieder der Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste.
Da kam das sommerliche Freizeitangebot des Tiefbauamtes der Stadt Münster gerade recht.
An jedem Sonntag in den Ferien kann man sich unter fachkundiger Führung auf eine 1 ½ stündige Wanderung durch das Gelände der Hauptkläranlage bei den Rieselfeldern im Norden von Münster machen.
Zunächst ging es in luftige Höhen, entweder mit Aufzug oder sportlich die Wendeltreppe hoch, auf einen Turm neben den sogenannten Faulbehältern. Von da aus überblickt man das komplette Klärwerksgelände der Hauptkläranlage Münster. Seit 1975 ist die mechanisch-biologische Großkläranlage in Betrieb. Durchschnittlich 2 Millionen Liter Abwasser pro Stunde „verarbeitet“ sie. Die diversen Becken haben ein Fassungsvermögen von 100.000 Kubikmetern.
Kaum zu glauben was so alles im Abwasser landet. Gebisse, Rasierklingen, tote Ratten und vielerlei unappetitliches Zeug bleiben in großen Rechen hängen und werden automatisch heraus transportiert. All das was eigentlich sofort in den Müll gehört hätte, geht vom Klärwerk aus zum nahe liegenden Müllentsorger.
Dann durchläuft die braune, übelriechende Brühe etliche weitere Reinigungsstufen. Sie fließt zunächst durch zwei lang gestreckte Becken, in denen Sand von organischen Stoffen getrennt wird. Der Sand setzt sich nach unten ab und wird abgesaugt. Danach setzen sich in acht Vorklärbecken die ungelösten Stoffe ab. Der dabei anfallende Schlamm wird in die Faultürme gepumpt, die auch ihre Dienste als Biogasanlage, die Wärme und Strom erzeugt, erfüllen.
Nach der mechanischen Reinigung folgt die biologische Reinigungsstufe. Millionen von Mikroorganismen arbeiten rund um die Uhr emsig für das Klärwerk und nehmen die im Abwasser gelösten organischen Verbindungen als Nahrung auf. In diesen Becken kocht und brodelt es sichtlich, zumal die Kleinstlebewesen auch Sauerstoff benötigen, der zugepumpt wird. So entsteht ein Schlamm-Abwasser-Gemisch, das eine weitere mechanische Reinigungsstufe durchlaufen muss. Wasser und Schlamm werden getrennt und, oh Wunder, glasklares Wasser fließt aus einem Becken. Durch einen Ableiter wird es der Ems zugeführt.
Übrig bleibt Schlamm. Der wird in die bereits erwähnten Faultürme verfrachtet und fault dort 20 Tage lang bei angenehmen 35°. Ungefähr 10 Prozent der Schlammmenge bleiben nach einer umfangreichen Trocknungsprozedur übrig. Der wandert dann, weil er als sehr nährstoffreich gilt (er enthält u.a. Phosphate) und die Schadstoff-Grenzwerte der Klärschlammverordnung lt. Angabe des Klärwerks weit unterschreitet, als „Bodenhilfsstoff“ auf Felder.
Und da sind wir an einem Punkt angelangt, der die SBL-Mitglieder besonders interessiert; denn wir wissen seit dem Jahr 2006, dass uns Sauerländern das PFT-Problem vor allem durch Klärschlämme beschert worden ist, die teils illegal, teils legal auf Feldern und in Weihnachtsbaumkulturen verklappt worden sind. Aber der Schlamm löst sich ja nicht in Luft auf. Also muss irgend etwas mit ihm geschehen. In Münster passiert folgendes mit den 27.000 Tonnen jährlich erzeugten Klärschlämmen:
Drei LKW-Ladungen Schlamm verlassen täglich das Hauptklärwerk. Der Klärwerksbetreiber, also in dem Fall die Stadt Münster, zahlt dem Entsorger für den Abtransport und die damit verbundene Logistik. Der Entsorger seinerseits bringt die Klärschlämme als „Bodenhilfsstoffe“ an die Abnehmer. Sie werden, so erfuhr die SBL-Fraktion, für die landwirtschaftliche Verwertung des Materials bezahlt. Vermutlich gedeihen auf den „gedüngten“ Feldern Kartoffeln, Erdbeeren, Getreide und andere Nahrungsmittel.
Es ist also eine Art Kreislaufwirtschaft – Nahrungsmittel, Abwasser, Klärschlamm. Die Abnahme durch den Entsorger soll weniger als die Hälfte der Kosten verursachen, die bei einer Verbrennung entstehen würden.
Abwasserwirtschaft und Geld hängen auch noch insofern zusammen, dass jeder Kläranlagen-Betreiber Abwasserabgaben an das Land zahlt. Die Höhe der Gebühren soll sich nach dem Verunreinigungsgrad des Wassers richten. Das so eingenommene Geld muss lt. Gesetzgeber ausschließlich für den Erhalt oder die Verbesserung der Gewässer verwendet werden. Auch in dem Fall schließt sich ein Kreis.
Ein Problem ist sicherlich, dass die für die Verwertung und für die Abwasserabgabe relevanten Grenzwerte vor allem Metalle betreffen. PFT, Tosu und andere giftige Chemikalien spielten beim Erlaß der einschlägigen Gesetze und Verordnungen keine Rolle. Hier muß schleunigst nachgebessert werden.