Professor Ahnungslos in den Bundestag?
Noch ist er “nur” Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat der Stadt Brilon. Am kommenden Sonntag möchte er aber den Sprung in den Bundestag nach Berlin schaffen, als Direktkandidat der CDU für den Wahlkreis Hochsauerland. Was wir von ihm zu erwarten habe, wurde am Mittwoch abend bei der Ratssitzung in Brilon deutlich.
Es ging um den Bau von zwei Kunstrasenplätzen, in der Kernstadt und im Ortsteil Alme. Seit Jahren hatten sich Sportausschuss und Bauausschuss bereits mit diesem Thema befaßt. Alle Fraktionen waren sich bisher einig, dass Kunstrasenplätze zu teuer für die klamme Stadt Brilon seien, auch wegen der hohen Folgekosten, und stattdessen in die Sanierung der vorhandenen Sportplätze investiert werden soll. Der erste Platz wurde bereits erfolgreich saniert. Aber in diesen Monaten stehen ja zahlreiche Wahlen an, und da waren aus der CDU (und Teilen der SPD) wohl großzügige Versprechungen an einige Sportvereine gemacht worden.
Weil aber die CDU anscheinend Angst um die Mehrheit für beide Projekte hatte, beantragte der CDU-Fraktionsvorsitzende gemeinsame Abstimmung über beide Kunstrasenplätze. Die Ratsmitglieder hätten dann nur über beide Plätze zusammen abstimmen können, obwohl diese Projekte unabhängig voneinander durchführbar sind. Das eindeutige Ziel: Die Ratsmitglieder, die nur einen der beiden Plätze für sinnvoll halten, unter Druck zu setzen. Denn vor allem das Konzept aus Alme wurde kritisch betrachtet, da es auf etwa 4 Jahre alten sowie unvollständigen Angeboten beruht.
Dabei sind en-bloc Abstimmungen bei Entscheidungen, die nicht inhaltlich zusammenhängen, nur dann zulässig, falls sich alle Ratsmitglieder mit diesem Verfahren einverstanden erklären. Denn jedes Ratsmigtlied soll frei und unabhängig entscheiden können. Das ergibt sich aus der Kommentierung zu § 50 der Gemeindeordnung und beruht auf einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster aus dem Jahr 1987. Und es gibt keinen Grund, warum nicht ein Ratsmitglied für den Bau des einen und gegen den anderen Sportplatz stimmen können soll.
Für ihren Antrag bekam die CDU sogar eine Mehrheit. Erst durch den Hinweis der Bürgerliste auf die Unzulässigkeit dieser Koppelung konnte der Bürgermeister von einer verbundenen Abstimmung abgehalten werden.
Selbstverständlich müssen normale Ratsmitglieder so etwas nicht wissen: Aber der CDU-Bundeskandidat ist immerhin Professor für Öffentliches Recht an der Fachhochschule für Verwaltung. Da sollte man solches Wissen eigentlich voraussetzen – falls es nicht eine bewußte Aktion zur Verhinderung einer freien Abstimmung war.
Was also wäre schlimmer für einen Bundestagskandidaten: Die Ahnungslosigkeit des Professors in seinem Fachgebiet – oder die bewußte Manipulation von Abstimmungen?