Die Abstimmungsmaschine?
Wofür hat die CDU-Kreistagsfraktion 28 Mitglieder? Diese Frage konnte man sich heute zu Beginn der Kreistagssitzung stellen.
Es ging zunächst um die Tagesordnung. Auf der stand auch der TOP “Antrag der Windpark Meerhof GmbH auf Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage (WEA) in Marsberg-Meerhof; hier: Entscheidung über den Widerspruch des Landschaftsbeirates gem. § 69 Landschaftsgesetz NRW (LG)”.
Nachdem der Kreistag Ende 2015 bereits den Widerspruch des Landschaftsbeirats für einige andere Windräder in Meerhof überstimmt hatte, ging es nun um ein weiteres Windrad in Meerhof. Dieser Standort befindet sich außerhalb der Konzentrationszonen der Stadt Marsberg für Windenergieanlagen. Der Landschaftsbeirat hat – so war von Mitgliedern zu erfahren – wegen artenschutzrechtlicher Bedenken Widerspruch gegen diese Windkraftanlage eingelegt. Der kann nur durch einen anderslautenden Beschluss des Kreistags gekippt werden. Näheres über die Inhalte der Beratungen war aber nicht bekannt, denn dieses Thema stand erst am 31.05.2016 auf der Tagesordnung des Landschaftsbeirats (LB). Die Kreisverwaltung hatte aber weder eine Sitzungsvorlage für diesen Tagesordnungspunkt des LB erstellt, noch lag ein Protokoll der Sitzung des LB vor. Dafür hatte die Kreisverwaltung aber bereits vor (!) der Sitzung des LB eine Vorlage für den Kreistag geschrieben, mit dem Beschlussvorschlag, der Kreistag möge den Widerspruch des LB überstimmen…
Die SBL/FW-Fraktion beantragte zu Beginn der Kreistagssitzung, diesen TOP von der Tagesordnung abzusetzen. Begründung: Es sei eine Missachtung der Arbeit des Fachgremiums Landschaftsbeirat, wenn der Kreistag den LB überstimme, ohne dass man sich inhaltlich mit den Bedenken des LB auseinandersetzen könne. Daher solle der Vorsitzende des LB in der nächsten Kreistagssitzung berichten; bis dahin läge sicher auch das Protokoll der Sitzung des LB vom 31.05.2016 vor. Erst dann sei eine inhaltliche Debatte möglich.
Als der Landrat über diesen Vertagungsantrag der SBL/FW abstimmen ließ, gab es Zustimmung aus allen Fraktionen außer von der CDU. Etwa die Hälfte der CDU-Fraktion stimmte dagegen, der Rest enthielt sich offensichtlich. Doch der Landrat behauptete, dass die Mehrheit für Ablehnung gestimmt hätte. Dies traf offensichtlich nicht zu, und auf Verlangen der SBL/FW wurden erneut die Ablehner vom Landrat zum “Hände heben” aufgerufen, zur genauen Auszählung. Jetzt gab es schon mehr Ablehner in der CDU-Fraktion, aber längst noch nicht alle Fraktionsmitglieder. An Ermüdung kann das nicht gelegen haben, denn die Sitzung hat erst kurz vorher begonnen…
Das “Spiel” wurde wiederholt, und als immer noch einige Hände der CDU unten blieben, kam es sogar zur persönlichen namentlichen Aufforderung durch den Landrat, jetzt müsse die Hand nach oben. Schließlich war das Ziel erreicht: Alle Arme der CDU reckten sich in die Höhe, und der Landrat konnte siegessicher feststellen, dass 28 Nein-Stimmen (von 53 anwesenden Kreistagsmitgliedern) zusammen gekommen waren und der Vertagungsantrag somit abgelehnt sei.
Was lernen wir daraus? Die Unabhängigkeit der Mitglieder der CDU-Kreistagsfraktion scheint stark eingeschränkt zu sein. Und die Fraktionsregie klappt nicht immer, aber dann hilft der Vorsitzende des Kreistags nach, bis das Ergebnis “stimmt”. Das kann schon mal einige Minuten dauern… Vielleicht wäre es einfacher, auf dem Platz des Landrats einen Kasten mit 28 Stimmkarten zu deponieren, die dann passend gezogen werden können?
Über weitere Inhalte und Ergebnisse der heutigen Sitzung des Kreistags berichten wir noch.