Richtige Ansätze – aber weit entfernt von einer Lösung
Am 1. Mai hatte der DGB im HSK wieder zu seiner zentralen Mai-Veranstaltung in die Kulturschmiede in der Arnsberger Altstadt eingeladen. Es ging dieses Mal um die Sicherheit der Renten. Auf dem Podium saßen 2 MdB, 1 MdL und eine Landtagskandidatin. Ein Sozialexperte des DGB aus Bochum hielt ein Einführungsreferat.
Die Ansätze waren ja richtig. So wurde eine Stabilisierung des Rentenniveaus auf 50% gefordert (derzeit liegt es bei 48%). Zur Verdeutlichung: Das rechnerische Rentenniveau beschreibt das Verhältnis der sog. Standardrente zum Durchschnittsverdienst aller Versicherten, und zwar nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge, aber vor Abzug der Einkommensteuer. Für die “Standardrente” von 1.370 Euro pro Monat muss man allerdings 45 Versicherungsjahre mit Durchschnittsverdienst (derzeit ca. 3.092 Euro pro Monat) aufweisen, so dass sie sehr viele Rentner nicht erreichen!
Auffällig: Allen Podiumsteilnehmern schien entweder die Dimension der Problems nicht bewußt zu sein, oder sie redeten es klein. Die realen Verhältnisse werden am folgenden Schaubild des Statistischen Bundesamtes deutlich. Es zeigt den Altenquotienten, also die Anzahl der ab 65-Jährigen im Verhältnis zu 100 Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren. Dieser Altenquotient lag im Jahr 2000 bei 27, derzeit bei 36 und wird 2035 (in weniger als 2 Jahrzehnten!) 56 betragen. Es findet also von 2000 bis 2035 mehr als eine Verdoppelung statt.
Wenn man (richtigerweise) verhindern will, dass das Rentenniveau weiter absinkt, wäre die Konsequenz eine Verdoppelung des Beitragssatzes, wenn sich sonst nichts ändert. Das will niemand, aber ohne deutliche Beitragserhöhungen wird es nicht gehen. Und es gibt weitere wesentliche Stellschrauben: das durchschnittliche Renteneintrittsalter, die Höhe des Bundeszuschusses (real derzeit ca. 90 Mrd Euro bzw. 30% der Ausgaben der Rentenversicherung) und die Beitragsbasis, also welche Bevölkerungsgruppen von welchen Einkommensarten Beiträge zahlen.
Vor diesem Hintergrund ist es völlig unrealistisch anzunehmen, dass eine Erhöhung der Rentenbeiträge um 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte (DGB) oder durchschnittlich 32 Euro Monatsbeitrag (Die Lnke) ausreichen könnte. Auch die sehr allgemeine Forderung der “Stärkung” der Rentenversicherung (SPD) hilft nicht weiter. Vom Vertreter der CDU kam überhaupt nichts Konkretes; er kennt sich bei anderen Themen besser aus.
Interessant war allerdings die Ankündigung des SPD-MdB, dass sich die SPD in der neuen Wahlperiode nicht an einer Bundesregierung beteiligen würde, wenn diese nicht die Bürgerversicherung einführen würde, also die Einbeziehung aller Bevölkerungsgruppen in die Gesetzliche Rentenversicherung. Ob das auch im Herbst 2017 noch gilt?
Leider durften die Zuhörer sich dieses Mal – anders als in den Vorjahren – nicht an der Diskussion beteiligen.