Ziegenhof bei Brilon: Weiterhin 90%iger Durchseuchungsgrad an Pseudotuberkulose
Euro-Biolabel für Briloner Ziegenmilch
Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) befasst sich notgedrungen schon seit längerem mit dem „berühmt berüchtigten“ Ziegenhof in der Nähe von Brilon-Scharfenberg. Zuletzt erreichte die SBL/FW die Information, dass die von Bioland gegenüber dem Hof ausgesprochene fristlose Kündigung vom Schiedsgericht bestätigt worden ist. Offenbar wird die Ziegenmilch dieses Hofes aber trotzdem weiter unter einem Biolabel vermarktet (siehe Antwort auf Frage 18!)
90% der Tiere an Pseudotuberkolose erkrankt
Nach wie vor ist die „Biolabel-Ziegenherde“ hoch mit Pseudotuberkolose verseucht. Auch das geht aus der Antwort des HSK hervor (siehe Frage/Antwort Nr. 10!).
Fragen und Antworten
Mit Schreiben vom 14.09.2017 antwortete das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt des Hochsauerlandkreises auf eine Anfrage der SBL/FW vom 15.08.2017. Wer sich das Vergnügen machen will, das alles zu lesen, hier sowohl die Fragen der Kreistagsfraktion wie die Antworten des HSK:
Frage 1 – Wie viele Ziegen werden aktuell auf dem Hof B. bei Brilon gehalten?
Antwort – Zum Stichtag 01.01.2017 (routinemäßige Meldung an die Tierseuchenkasse) wurden 753 Ziegen gehalten. Am 23.08.2017 (aktuelle Vorlage des Bestandsregisters) befanden sich 625 Ziegen im Bestand.
Frage 2 – Wie häufig, wie intensiv und durch wen (Kreisveterinäramt? Hoftierarzt?) wurde der Hof B. im Laufe dieses Jahres kontrolliert?
Antwort – Das Veterinäramt des Hochsauerlandkreises kontrollierte den Hof im Jahr 2017 bisher 7 Mal. In 6 Fällen erfolgte eine Kontrolle des Gesamttierbestandes.
Frage 3 – Sind seit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den Ziegenhofbetreiber auch andere Fachdienste und Fachleute hinzugezogen worden, wie beispielsweise Mitarbeiter des LANUV?
Antwort – Die tierschutzrechtliche Überwachung des Betriebes erfolgt durch das Veterinäramt des Hochsauerlandkreises, das hierüber dem LANUV berichtet.
Frage 4 – Wie sind die Ergebnisse Ihrer und aller anderen Überprüfungen?
Antwort – Bei den Kontrollen des Veterinäramtes wurden keine tierschutzrechtlichen Beanstandungen festgestellt. Es befanden sich vereinzelt magere Ziegen im Bestand, die zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits zur Schlachtung bzw. Merzung aussortiert waren.
Auskünfte zu den Ergebnissen anderer Kontrollstellen (z. B. Ökokontrollstelle) können nur diese erteilen.
Frage 5 – Sie schrieben von einer „schrittweisen Merzung“ der kompletten Herde. Ist die „Merzung“ jetzt vollständig erfolgt oder leben noch Tiere aus dem alten, durchseuchten Bestand auf dem Hof B. oder auf anderen Höfen?
Antwort – Die Merzung des durchseuchten Bestandes ist noch nicht abgeschlossen, dementsprechend werden noch Tiere dieser Herde auf dem Hof B. gehalten. Da im Jahr 2017 Tiere nur zum Zwecke der Schlachtung bzw. der Merzung den Hof verlassen haben, sind keine lebenden Ziegen aus dem Bestand B. in andere Bestände gelangt.
Frage 6 – Erfolgte in den letzten 8 Monaten ein Zukauf gesunder Ziegen in den Bestand? Wenn ja, aus welchen Haltungen und in welchem Zustand sind die Tiere nach Brilon gekommen?
Antwort – In den letzten 8 Monaten erfolgte kein Zukauf von Ziegen.
Frage 7 – Wurden sowohl bei den Abgängen wie bei den Neuzugängen im Betrieb B. die Nummern der Ohrmarken nachvollziehbar registriert?
Antwort – Siehe Antwort zu Frage 6. Die Abgänge lassen sich anhand der Ohrmarkennummern nachvollziehen.
Frage 8 – Ergab sich dabei eine Diskrepanz zu der Zahl der lebenden, getöteten und verendeten Ziegen? Wurde und wird eventuellen Unregelmäßigkeiten (gemeint ist die Diskrepanz Ohrmarken/Ziegen) nachgegangen, sofern sie denn auffallen?
Antwort – Vergleicht man die Anzahl der im Betrieb gehaltenen Ziegen am 01.01.2017 mit der aktuellen Bestandsgröße am 23.08.2017 und den im Bestandsregister dokumentierten Abgängen ergibt sich die Diskrepanz von einer Ziege. Dies erklärt sich dadurch, dass am 23.08.2017 eine Ziege verendete und zur Abholung beim Entsorgungsunternehmen angemeldet wurde, diese jedoch noch nicht als Abgang im Bestandsregister eingetragen wurde.
Frage 9 – Welche Konsequenzen wurden aus den im letzten Jahr bei der Kennzeichnungspflicht festgestellten Mängeln auf dem Hof B gezogen?
Antwort – Bei den im letzten Jahr stichprobenartig durchgeführten Kontrollen der ordnungsgemäßen Kennzeichnung der auf dem Hof B. gehaltenen Ziegen wurden keine Mängel festgestellt.
Frage 10 – Wie ist der Zustand der Herde? Leidet immer noch ein Teil der Ziegen auf dem Hof B. an Pseudotuberkulose, an Listeriose oder an anderen Krankheiten? (Im Februar dieses Jahres sollen etwa 90% der Tiere mit dem Erreger einer „Chronischen Infektionskrankheit“ infiziert gewesen sein. Eine Ziege war laut Ihren Angaben an Listeriose verendet.)
Antwort – Der Zustand der Herde entspricht dem einer Herde mit einem ca. 90%igen Durchseuchungsgrad an Pseudotuberkulose. Erkenntnisse über Fälle von Listeriose oder anderer meldepflichtiger Erkrankungen im Jahre 2017 liegen dem Veterinäramt des Hochsauerlandkreises nicht vor.
Frage 11 – Erfolgt zwischenzeitlich eine Separierung der nicht erkrankten von den erkrankten Tieren? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie und wie oft wird das kontrolliert?
Antwort – Es erfolgt eine Separierung der sichtbar erkrankten Tiere von den anderen Tieren. Diese Separierung wurde von Seiten des Veterinäramtes im Rahmen der durchgeführten Kontrollen überprüft.
Frage 12 – Gibt es jetzt außer der „Merzung“ ein Behandlungs- und Sanierungskonzept? Wenn ja, welches?
Antwort – Wie bereits in der Vorlage aus 9/687 ausgeführt, ist wegen des sehr hohen Durchseuchungsgrades die Erstellung eines Sanierungskonzeptes nicht möglich. Behandlungsmöglichkeiten, die eine Heilung der Ziegen implizieren, bestehen nicht. Die einzige verbleibende Maßnahme ist die Merzung der sichtbar erkrankten Tiere.
Frage 13 – Wenn nein, warum gibt es kein anderes?
Antwort – Siehe Antwort zu Frage 12.
Frage 14 – Werden die Tiere regelmäßig auf verschiedene Krankheiten hin untersucht und vorbeugend geimpft, z.B. auch gegen Pseudotuberkulose, was ja möglich sein soll?
(Dazu schreibt die Landwirtschaftskammer NRW: „Zur Sanierung einer betroffenen Herde sollte eine regelmäßige Untersuchung erfolgen, wobei Tiere mit eindeutigen Knoten möglichst gemerzt werden sollten. In manchen Herden können jedoch wertvolle Milchziegen nicht einfach abgeschafft werden, wobei die Alternative ein striktes Sanierungsprogramm darstellt. Dazu gehört die räumliche Separation der betroffenen von – augenscheinlich – nicht befallenen Tieren, die sofortige Trennung der Lämmer von den Muttertieren nach der Geburt mit sorgfältiger Nabeldesinfektion, um eine omphalogene Infektion zu vermeiden, idealerweise das Einrichten eines zweiten Melkstandes sowie eine Impfung der Herde mit einem bestandsspezifischen Impfstoff. Durch den Impfstoff werden die Symptome gemildert, nicht eliminiert!“)
Antwort – Die Herde weist bekanntlich einen sehr hohen Durchseuchungsgrad an Pseudotuberkulose auf. Die Wirksamkeit eines stallspezifischen Impfstoffes im Hinblick auf das Zurückdrängen klinischer Symptome bei sehr hohem Durchseuchungsgrad werden in der veterinärmedizinischen Praxis eher negativ beurteilt.
Frage 15 – Leiden viele Ziegen immer noch unter Verletzungen (offene Wunden, humpeln, lahmen)? Wie war und ist der Zustand der Klauen?
Antwort – Siehe Antwort zu Frage 12. Ein Besuch des Klauenpflegers hat am 07.08.2017 und am 26.08.2017 stattgefunden.
Frage 16 – Wie viele und welche Ziegen haben regelmäßig Weidegang?
Antwort – Alle Ziegen haben regelmäßig Weidegang.
Frage 17 – Wie hoch ist auf dem Hof B. seit Anfang Januar 2017 bis heute die „offizielle“ Sterberate der Ziegen, wie hoch die der Lämmer?
Antwort – Die Verlustrate der Ziegen beträgt 14,3 % (einzelne verendete und überwiegend gemerzte Tiere), diejenige der Lämmer 5,8% (sehr geringe Verlustrate, da muttergebundene Aufzucht in den ersten Lebenstagen)
Frage 18 – Wie und unter welchem Label wird die Ziegenmilch vom Hof B. derzeit vermark-tet?
Antwort – Die Ziegenmilch wird von einer Molkerei aufgekauft und unter dem Euro-Biolabel vermarktet.
Frage 19 – Handelt es sich bei den Mitarbeitern des Ziegenhofs B. um geschultes und korrekt entlohntes Personal (Sozialversicherungspflicht!), das mit den Ziegen art- und fachgerecht und mitfühlend umgeht (und auf Schläge und Tritte verzichtet)?
Antwort – Die Versorgung und das Melken der Ziegen erfolgt durch den Betriebsinhaber.
In Ausnahmefällen sind Familienmitglieder am Melkvorgang unter Aufsicht des Betriebsinhabers beteiligt. Einzelne Kontrollen des Veterinäramtes erfolgten während des Melkvorgangs der Ziegen. Dabei wurde ein sach- und tiergerechter Umgang des Melkpersonals mit den Ziegen festgestellt.
Frage 20 – Wann erwarten Sie von der Staatsanwaltschaft neue Informationen über den Stand der Ermittlungen im Fall dieses Ziegenhofs?
Antwort – Angaben über den zeitlichen Rahmen und Stand der Ermittlungen obliegen aus-schließlich der Staatsanwaltschaft.