Was kosten Abschiebungen und Abschiebeversuche? – Die SBL/FW auf hartnäckiger Suche nach Antworten
Vorrede
Welche Kosten sind dem Hochsauerlandkreis in den letzten Jahren für Abschiebungen und gescheiterte Abschiebeversuche entstanden? Das hatte die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) den Hochsauerlandkreis erstmals (in diesem Jahr!) am 11. Juli gefragt. Aus der Antwort des HSK wurde die Fraktion leider nicht ganz schlau. Die Abschiebekosten blieben ein gut gehütetes Geheimnis.
Klick:
http://sbl-fraktion.de/?p=7710
Da muss es doch einen anderen Ansatzpunkt geben, um das Geheimnis zu lüften. Er könnte „Kreishaushalt“ heißen!
SBL/FW-Fraktionssprecher Reinhard Loos schickte also am 08.08.2017 wieder eine Anfrage an den Landrat.
Kurzer „Sermon“
So, aber bevor wir hier für die Lesewütigen den ganzen „Sermon“, sprich das ganze Hin und Her, einstellen, zuerst in Kurzform die wenig lustige Quintessenz:
• Die HSK-Ausländerbehörde nennt zu den Abschiebekosten weiter keine konkreten Zahlen.
• Die HSK-Ausländerbehörde trägt die bei Abschiebungen entstehenden Personalkosten.
• Der HSK-Ausländerbehörde werden Transportkosten und Kosten für „Dienstleistungen Dritter“ vom Land NRW erstattet.
• Die HSK-Ausländerbehörde trägt weder die Kosten für Abschiebehaft noch für Abschiebeflüge (Die werden direkt vom Land NRW bezahlt).
Kosten für Abschiebungen und Abschiebeversuche sind laut Antwort des HSK allesamt im Kreishaushalt unter der „Produkt-Nr. 0203101 Ausländerangelegenheiten“ verbucht.
Ok! Welche Zahlen stehen denn da für 2016 und 2017?
Das wären u.a.
Erstattung von Abschiebekosten durch das Land
2016: 33.563,40 Euro 2017: 18.000,00 Euro
Erstattung von Abschiebekosten durch Ausländer und sonstige Dritte (gemeint sind wohl die Abgeschobenen und deren Familien sowie Hilfsorganisationen wie das Kinderrechteforum, das z.B. im Fall der abgeschobenen Elina D. aus Bestwig Spenden für die Finanzierung des Rückflugs gesammelt hat)
2016: 11.463,27 Euro 2017: 7.500,00 Euro
Für die Ausländerüberwachung (was immer das beinhaltet?) sind folgende Beträge angesetzt
2016: 25.421,06 Euro 2017: 20.000,00 Euro
Dann gibt es noch die Aufwendung „Sachverständigen- und Gerichtskosten“, hinter der sich möglicherweise auch Kosten, die mit Abschiebungen zu tun haben, verstecken
2016: 14.439,84 Euro 2017: 10.000,00 Euro
Die gesamten Personalaufwendungen des Ausländeramts schlagen so zu Buche
2016: 1.065.712,34 Euro 2017: -1.083.942,00 Euro
Welche Formel wenden wir jetzt an, um aus diesen Beträgen (und vielleicht noch anderen mehr?) die Kosten des HSK, die aus Abschiebungen und Abschiebeversuchen resultieren, zu berechnen?
Jetzt der lange „Sermon“ …
Die Anfrage
SBL/FW-Fraktionssprecher Reinhard Loos schrieb am 08.08.2017:
„Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrter Herr Ausschussvorsitzender,
vielen Dank für Ihr Antwortschreiben vom 25.07.2017, wonach zu unseren Fragen vom 11.07.2017 zu den Kosten der Abschiebungen und Abschiebeversuche leider keine konkreten Angaben gemacht werden konnten und es offensichtlich gegenüber den Antworten aus dem Jahr 2010 keinen Erkenntnisgewinn gab.
Wir möchten daher auf den Kreishaushalt eingehen. Hier ist u.a. aus dem „Teilergebnisplan Jahr 2017 – Produkt: 020301 Ausländerangelegenheiten“ unter “6 Kostenerstattungen und Kostenumlagen” folgender Haushaltsansatz zu ersehen:
“4481610000 Erstattung von Abschiebekosten durch das Land”
• im Jahr 2016 in Höhe von 15.000 Euro
• im Jahr 2017 in Höhe von 18.000 Euro
Für das Jahr 2017 gab es laut “Ergebnis Jahresabschluss” Erstattungen von Abschiebekosten durch das Land sogar in Höhe von 26.979,20 Euro.
Der Kreishaushalt 2017 weist für dieses “Produkt” unter laufender Nr. 28 „Aufwendungen int. Leistungsbezieh.” aus:
• Jahr 2016 -406.178 Euro
• Jahr 2017 -427.132 Euro
Es ist zu vermuten, dass damit nicht nur Personal- und Sachkosten z.B. für das Personalamt und für das IT-Amt intern verrechnet werden.
Und als Ergebnisplanung werden für das gesamte “Produkt: 020301 Ausländerangelegenheiten” für das
• Jahr 2017 -1.573.281 Euro
veranschlagt.
Aufgrund dessen stellen wir die Fragen:
1. Welche Leistungen verbergen sich im Einzelnen unter den oben angegebenen Positionen?
2. Wie wurden bzw. werden die Erstattungen durch das Land in den Jahren seit 2015 berechnet?
Welche Kosten sind erstattungsfähig und welche nicht?
3. In welchen einzelnen Sachkonten werden Kosten für Abschiebungen und Abschiebeversuche verbucht?
4. Bei welchen anderen Produkten im Kreishaushalt werden ggf. Kosten für Abschiebungen und Abschiebeversuche verbucht?
5. Welche Arten von Reise-, Personal- und Sachkosten, die bei Abschiebungen und Abschiebeversuchen entstehen, werden bei anderen Ämtern als dem Amt 32 verbucht?
Welche dieser Arten von Kosten werden über interne Leistungsbeziehungen mit dem Amt 32 verrechnet, welche nicht?
6. Wo finden wir im Haushaltsplan 2017 und in den Jahresrechnungen für die Haushaltsjahre 2015 und 2016 die konkreten Ergebnis- bzw. Plan-Zahlen der Kosten für Abschiebungen und Abschiebeversuche, bezogen auf die Jahre 2015, 2016 und 2017?“
Pause …..
….. und der lange Schluss
Nach fast drei Monaten Wartezeit kam die Antwort (mit Datum vom 03.11.2017). Hier ihr Wortlaut:
„Ihre Anfrage gem. § 11 GeschO für den Kreistag des Hochsauerlandkreises;
hier: Kosten der Abschiebungen und Abschiebeversuche II
Sehr geehrter Herr Loos,
ich beziehe mich auf Ihre Anfrage vom 08.08.2017. Ihre Anfrage wird wie folgt beantwortet:
1. Welche Leistungen verbergen sich im Einzelnen unter den oben angegebenen Positionen?
Ein Teil der Kosten, welche meiner Ausländerbehörde im Rahmen von Abschiebungen entstehen, werden nach dem Abschluss der Maßnahme durch das Land Nordrhein-Westfalen erstattet.
Diese Erstattungen des Landes werden im Teilergebnisplan des Produktes „Ausländerangelegenheiten” unter der Position 6 „Kostenerstattungen und Kostenumlagen“ und der Kontonummer 4481610000 „Erstattung von Abschiebungskosten durch das Land“ verbucht.
Die im Kreishaushalt angegebene laufende Nr. 28 „Aufwendungen interne Leistungsbeziehung“ für das Produkt mit der Nr. 020301 „Ausländerangelegenheiten“ umfasst, wie bei allen anderen Produkten im Kreishaushalt, die folgenden einzelnen Leistungen:
– Druck- und Papierkosten
– Gebäudebewirtschaftung (Heizung, etc.)
– Versorgung (Beamte)
– GUW (Angestellte)
– BeihiIfe
– Rückstellungen Pensionen/Beihilfe
– Fuhrpark
– KDVZ
– sonstige Versicherungen
– Porto
2. Wie wurden bzw. werden die Erstattungen durch das Land in den Jahren seit 2016 berechnet? Welche Kosten sind erstattungsfähig und welche nicht?
Durch das Land werden meiner Ausländerbehörde Transportkosten und Kosten für Dienstleistungen Dritter erstattet. Die Höhe der Erstattungen ist jeweils abhängig von den im Einzelfall entstandenen Kosten.
Die meiner Ausländerbehörde bei Abschiebungen entstehenden Personalkosten werden durch das Land nicht erstattet.
Die weiteren anlässlich einer Abschiebung auftretenden Flugkosten und Kosten für Abschiebungshaft werden direkt vom Land getragen.
3. In welche einzelne Sachkonten werden Kosten für Abschiebungen und Abschiebeversuche verbucht?
Die meiner Ausländerbehörde im Rahmen von Abschiebungen und Abschiebeversuchen entstandenen Kosten werden in den folgenden Sachkonten verbucht:
– Personalaufwandungen (Jahressummen für Personalaufwand)
– Dienstaufwendungen für sonstige Beschäftigte
– Ausländerüberwachung
4. Bei welchen anderen Produkten im Kreishaushalt werden ggf. Kosten für Abschiebungen und Abschiebeversuche verbucht?
Bei anderen Produkten im Kreishaushalt werden keine Kosten für Abschiebungen und Abschiebever-suche verbucht. Darüber hinaus venNeise ich auf die Antwort zu Frage 3).
5. Welche Arten von Reise-, Personal- und Sachkosten, die bei Abschiebungen und Abschiebeversuchen entstehen, werden bei anderen Ämtern als dem Amt 32 verbucht? Welche dieser Arten von Kosten werden über interne Leistungsbeziehungen mit dem Amt 32 verrechnet, welche nicht?
Wie bereits bei der Beantwortung zu den Fragen 1) und 4) ausgeführt, werden Kosten für Abschiebungen und Abschiebeversuche ausschließlich unter dem Produkt „AusländerangeIegenheiten“ mit der Nr. 020301 verbucht. Andere Produkte und demzufolge auch andere Fachdienste werden hierfür nicht in Anspruch genommen.
6. Wo finden wir im Haushaltsplan 2017 und in den Jahresrechnungen für die Haushaltsjahre 2015 und 2016 die konkreten Ergebnis- bzw. Plan-Zahlen der Kosten für Abschiebungen und Abschiebeversuche, bezogen auf die Jahre 2015, 2016 und 2017?
Wie bereits bei der Beantwortung zu Frage 3) ausgeführt, werden die meiner Ausländerbehörde im Rahmen von Abschiebungen und Abschiebeversuchen entstandenen Kosten in
verschiedenen Sachkonten verbucht.
Im Hinblick auf die Antwort zu Frage 1) weise ich darauf hin, dass in diesen Sachkonten jedoch nicht nur die Kosten für Abschiebungen und Abschiebeversuche verbucht werden,
sondern auch andere Kostenarten, welche dem Zweck des jeweiligen Sachkontos unterfallen.
Aus diesem Grunde sind konkrete Ergebnis- und Planzahlen für den von Ihnen angefragten Teilbereich „Kosten der Abschiebungen und Abschiebeversuche“ nicht vorhanden.
Zuletzt möchte ich noch klarstellen, dass es sich bei dem in Ihrer Anfrage genannten Betrag in Höhe von 26.979,20 € (Erstattung von Abschiebungskosten durch das Land) um das Ergebnis des Jahresabschlusses von 2015 und nicht vom Jahr 2017 handelt.“
Kritik
Schon verwunderlich, dass der Hochsauerlandkreis keine konkreten Zahlen für die Kosten, die ihm durch Abschiebungen und Abschiebeversuche entstehen, beziffern will.
Erwähnen sollten wir auch noch die ebenfalls sicherlich erheblichen Kosten, die in diesem Zusammenhang bei der Polizei und den Ordnungsämtern der Städte und Gemeinden entstehen. In Brilon war im Mai bei einer Abschiebung sogar ein Arbeitsvermittler des Job-Centers im Auftrag des Ordnungsamtes im Einsatz!
Wie viel besser könnte dieses Geld für Deutschkurse und andere sinnvolle Integrationsmaßnahmen verwendet werden!