Pleite mit Hilfe von Bürgerhaushalt abgewendet
Mit der Hilfe ihrer Bürger hat die Stadt Solingen eine drohende Pleite abgewendet. Nachdem die Solinger in einem Bürgerhaushalt Sparvorschläge gemacht haben, die von der Politik teilweise übernommen wurden, darf die Stadt jetzt wieder investieren. Die gab Regierungspräsidentin Anne Lütkes (Grüne) der Stadt jetzt schriftlich. Solingen gilt in der Augen der Aufsichtsbehörde landesweit als Beispiel, wie es eine von der Pleite bedrohte Stadt aus eigener Kraft schaffen kann, sich aus dem Schuldensumpf zu ziehen. Lütkes lobte dabei ausdrücklich auch die breite Bürgerbeteiligung per Internet.
Für manchen überraschend hatten sich auf der Internetseite solingen-spart.de klare Mehrheiten für weitreichende Sparmaßnahmen und Abgabenerhöhungen ergeben. So votierten die Bürger online für die Schließung der Festhalle Ohligs sowie des Stadtsaals Wald und für die Aufgabe des Stadions Hermann-Löns-Weg. Mehrheiten gab es außerdem für die Erhöhung der Hundesteuer, für die Einrichtung eines zentralen Bürgerbüros, für die Aufgabe von Schulstandorten und für die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung.
Oberbürgermeister Norbert Feith (CDU) lobte im Solinger Tageblatt das Engagement der Bürger als „gut und konstruktiv“. Er habe sich aber gewünscht, dass die Fraktionen den Ball zum Teil stärker aufgenommen hätten. „An manchen Stellen sind die Bürger ja weiter gegangen als die Politik. Man hätte schon noch etwas mehr daraus machen können“, so Feith. Man werde die Bürgerbeteiligung mit Sicherheit wiederholen.
„Die Solinger haben mit ihren Sparvorschlägen die weit verbreitete Meinung widerlegt, dass die Bürger nur die Steuern senken und die Ausgaben erhöhen, wenn sie selber darüber entscheiden dürfen“, kommentierte Alexander Slonka, Landesgeschäftsführer der Initiative „Mehr Demokratie“, den Ausgang des Bürgerbeteiligungsverfahrens. Daraus solle auch der Landtag Konsequenzen ziehen und etwa das Finanztabu für landesweite Volksbegehren aus der Verfassung streichen. „Volksentscheide mit relevanter Wirkung auf den Landeshaushalt sind in NRW nicht möglich“, bedauert Slonka mit Blick auf Themenbereiche wie die Schulpolitik oder die Jugendförderung. „Wenn Bürger hier mehr Mittel fordern oder aber sparen wollen, ist ihnen der Weg der direkten Demokratie verschlossen“. Mehr Demokratie fordert, dem Beispiel der Länder Berlin, Bremen und Sachsen zu folgen, wo die Bürger auch über haushaltsrelevante Fragen abstimmen können.
(Pressemitteilung von “Mehr Demokratie e.V.” vom 25.10.2010)