OGS ohne Flexibilität?
In einigen Gemeinden wird derzeit wieder darüber diskutiert, ob Eltern ihre Kinder in der Offenen Ganztagsschule im Primarbereich (1. – 4. Schuljahr) an allen Schultagen immer erst am Ende der Betreuungszeit abholen dürfen, oder ob die Kinder auch nur an einigen Nachmmittagen oder nur teilweise an der OGS teilnehmen können.
Ein drastisches Beispiel von Desinformation lieferte jetzt der Bürgermeister einer der Gemeinden im HSK. Er schrieb alle Eltern der OGS-Schüler an und teilte ihnen sinngemäß mit, die Kinder dürften nur in langfristig vorher vereinbarten Ausnahmefällen vor 15 Uhr abgeholt werden. Andernfalls drohte der Kommune die Rückforderung von Zuschüssen des Landes, wie es bereits in vielen anderen Kommunen der Fall gewesen sei.
Dem Schulausschuss dieser Gemeinde gehören 2 SBL-Mitglieder an. Sie schrieben nach der Ausschusssitzung am 21.03. den folgenden Brief an den Bürgermeister und forderten ihn zur Korrektur seines Schreibens auf:
“Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Ende Februar haben Sie einen Brief an die Eltern der Kinder, die die offene Ganztagsschule besuchen, geschrieben. In diesem Brief geht es darum, dass die Gewährung der Fördermittel für die Offene Ganztagsschule (OGS) “an die Einhaltung von bestimmten Vorschriften gebunden” sei. Weiter heißt es in Ihrem Brief u.a.: “Die Abholzeit 15.00 Uhr ist als Ausnahme zu verstehen und mit der OGS-Leitung frühzeitig zu besprechen.
Die Stadt X ist an diese Regelungen zwingend gebunden. Die Einhaltung der Richtlinien wird verstärkt geprüft. Viele Städte haben bei einem Verstoß gegen die vorgegebenen Betreuungszeiten bereits Fördermittel zurückzahlen müssen. Der Fortbestand Offener Ganztagsschulen wird gefährdet, da die Kommunen nicht ohne Fördermittel die Betreuung finanzieren können.
Es ist daher nicht möglich, dass Sie Ihr Kind ohne triftigen Grund vor 15.00 Uhr aus der OGS abholen. Sollte dies doch einmal notwendig sein, sprechen Sie dies bitte vorher mit der OGS Leitung ab.” (die Unterstreichungen stammen von uns)
Ihre Aussagen zu den finanziellen Konsequenzen sind unzutreffend. Die Landesregierung hat im Oktober 2012 und im Januar 2013 drei “Kleine Anfragen” von Landtagsmitgliedern zu der Flexibilität von Betreuungszeiten in der OGS beantwortet (Drucksachen 16/1105, 16/1799 und 16/1800). Daraus ergibt sich eindeutig:
•Relevant für die OGS-Zuschüsse des Landes ist nur die Anzahl der am ersten Schultag nach den Herbstferien (= Stichtag) in der OGS angemeldeten Kinder („Dabei ging es nicht um die Frage, ob Kinder täglich teilnehmen, sondern wie viele Kinder am Stichtag, d.h. der erste Tag nach den Herbstferien, angemeldet waren.“).
•Es gibt keine Vorgaben an die GPA für die zeitliche Beteiligung der Schüler und Schülerinnen an der OGS (“Die Gemeindeprüfungsanstalt hat solche zeitlichen Kriterien weder angelegt noch überprüft. Es ging bei der Überprüfung lediglich um die Frage der angemeldeten Kinder am Stichtag.”)
•„Auf Grundlage der Prüfungen der Gemeindeprüfungsanstalt gab es keine Rückforderungen.“
Bisher musste erst eine einzige Stadt (Hamm) Zuschüsse für die OGS zurückzahlen, und zwar nicht wegen Nichteinhaltung der Betreuungszeiten, sondern weil am Stichtag “die Zahl der abgerechneten Kinder nachweislich deutlich über der Zahl der tatsächlichen betreuten Kinder lag”. Außerdem hatte die Stadt Oberhausen ein einzelnes Kind falsch abgerechnet.
Es ist sicherlich pädagogisch gut begründbar, dass in der OGS betreute Kinder kontinuierlich an den Gruppenaktivitäten teilnehmen. Pädagogische Gründe werden in Ihrem Brief jedoch überhaupt nicht angesprochen; es geht darin nur um die finanziellen Konsequenzen. Außerdem ist das Interesse der OGS an der regelmäßigen Teilnahme der Kinder abzuwägen mit dem Interesse der Eltern und Kinder, Zeit gemeinsam zu verbringen. Es dürfte z.B. im Interesse aller Beteiligten liegen, wenn ein 6jähriger Schüler, dessen Mutter an ein oder zwei Nachmittagen pro Woche arbeitsfrei hat, an diesen Tagen nicht an der OGS teilnimmt. Der Grundlagenerlass der Landesregierung vom 23.12.2010 zur OGS ermöglicht diese Flexibilität.
Wir halten es für sehr wichtig, dass der Bürgermeister und die Stadtverwaltung fair mit den an einer OGS angemeldeten Kindern und ihren Eltern umgehen. Eine derartige “Desinformation” wie in Ihrem Brief erfüllt diese Zielsetzung nicht. Daher fordern wir Sie auf – wie bereits in der gestrigen Ausschusssitzung -, die unzutreffenden Informationen unverzüglich und klar zu korrigieren.
Mit freundlichen Grüßen”
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