Dürftige Infos für Millionen-Entscheidung.
Für die Musikbildungsakademie in Bad Fredeburg soll vom Hochsauerlandkreis der 3. Stern als Regionale-Projekt beantragt werden. Das beschloss der Kulturausschuss des Kreistags am Donnerstag in Fredeburg. Damit dürfte wahrscheinlich alles sehr schnell gehen. Die Bezirksregierung hat angekündigt, bis zur Sitzung des Regionale-Ausschusses am 07.12. eine Förderzusage zu geben. Und der Regionale-Ausschuss, der für die Vergabe der Sterne zuständig ist, kann den ersehnten 3. Stern verleihen und damit den Weg für die Verwirklichung des Projekts frei machen.
Grundsätzlich ist es ja löblich, ein Musikbildungszentrum im Kreis zu haben. Vieles an dem bisherigen Projektverlauf bietet jedoch Anlaß zu Zweifeln.
Da ist vor allem die Kostenentwicklung zu nennen. 6,6 Mio Euro (netto, also ohne Mehrwertsteuer!) waren vorgesehen. Ende Oktober gab der Architekt dann der Kreisverwaltung bekannt, dass es erheblich teurer würde. Welche Zahl der Architekt dabei nannte, war bis gestern unbekannt. Auf Nachfrage der SBL ergab sich, dass es 10,2 Mio Euro werden sollten, also eine Steigerung um ca. 55%! Das wurde dann in den nächsten Wochen abgespeckt. U.a. der Verzicht auf 200 qm Fläche soll dazu geführt werden, dass dieses Projekt nun “nur” noch 8,2 Mio Euro kosten soll. Das sind immer noch 1,6 Mio Euro bzw. fast ein Viertel mehr als bisher geplant. Für Kreis und Stadt bleibt ein Eigenanteil von mindestens 2,9 Mio Euro.
An der Kostenentwicklung und der Informationspolitik gab es in der Ausschusssitzung aus mehreren Fraktionen Kritik. Folglich wurde auch beschlossen, dass ein Gremium aus der Politik die Baumaßnahme begleiten soll; damit sollen u.a. zeitnahe und aktuelle Informationen über Veränderungen sichergestellt werden. Außerdem soll ein Kosten-Controller eingesetzt werden.
Vieles blieb jedoch weiterhin unklar. So konnte der Architekt die Frage der SBL nicht beantworten, auf wie viele Zimmer sich die geplanten 140 Betten verteilen sollen. Das spielt eine große Rolle für die Wirtschaftlichkeit, denn nicht jeder Kurs läßt sich in 6-Bett-Zimmern unterbringen, und wenn es zu viele Zimmer mit vielen Betten gibt, bleiben häufig viele Betten leer.
Der Architekt kannte nicht nur die von ihm geplante Zimmerzahl nicht, er konnte auch nichts konkretes zu den Baukostensteigerungen sagen. Der Ausschuss erfuhr zwar, dass es allgemeine Baukostensteigerungen von 6% gäbe. Aber die Verwaltung hatte 18 Monate zuvor ein konkretes Raumprogramm vorgelegt, mit Quadratmeterzahlen und Kosten je Quadratmeter für die einzelnen Raumtypen. So etwas hätte man sich aktualisiert gewünscht, mit Auflistung der Kostensteigerungen für die einzelnen Positionen. So bleibt die Sorge, dass die Baukosten am Ende noch erheblich weiter steigen. Es kann dann ja niemand überprüfen, woran das lag…
Schlechtes Beispiel: Die Sanierung eines anderen von der HSK-Musikschule genutzten Gebäudes in Arnsberg kostete vor 3 Jahren 1,74 Mio Euro statt geplanter 0,7 Mio Euro, also das 2 1/2 fache!
Zwar war zu hören, dass es ein Wirtschaftlichkeitsgutachten für die Musikbildungsakademie geben soll, aber auch dessen Inhalte wurden dem Ausschuss bisher vorenthalten. Da soll z.B. etwas über die künftigen Zimmerpreise für die Nutzer drinstehen. Wenn man die kennt, wüßte man, wer sich das Haus überhaupt leisten kann. Klar ist nur, dass die Nutzer im Vergleich zu anderen Bildungshäusern Mehrkosten für die Mehrwertsteuer zahlen müssen. Denn weil jetzt nur die Nettokosten betrachtet werden und die Mehrwertsteuer als Vorsteuer geltend gemacht wird, muß künftig auf alle Leistungen der Akademie den Kunden Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt werden.
Nicht mehr diskutiert werden durften der Standort und seine Erreichbarkeit. Denn Fredeburg hat zwar eine schöne Lage, ist aber für die Jugendlichen und Kinder mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr schlecht zu erreichen.
Ein Fazit: Mit so dürftigen Informationen würde kein Unternehmen eine Investition in solch einer Größenordnung beschließen und eine Standortentscheidung treffen.